Nicht zuletzt spielt der Einsatz von Pestiziden eine große Rolle beim Verschwinden der Bienen. Experten geben an, dass bereits vier Milliardstel Gramm des Wirkstoffs dieses Pflanzenschutzmittels pro Biene tödlich sein kann.
Weit schwächere Dosierungen beeinträchtigen Biene und Co. bei der Orientierung. Sie reduzieren die Fortpflanzungsfähigkeit und setzen das Immunsystem aus, alles mit entsprechenden Folgen.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat die Neonicotinoide einer neuen Risikobewertung unterzogen. Das ist schon einmal erfolgt. Allerdings war die Datenbasis damals so, dass das nicht zu entsprechenden Konsequenzen geführt hat. Aber wir haben bereits – das will ich hier noch einmal sagen, weil das kein neues Thema ist – im Jahr 2008 im Rheintal entsprechende Auswirkungen feststellen können. Behandeltes Saatgut hat nämlich letztlich ungewollte Auswirkungen auf die Bienen- und Insektenpopulation.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so weit zur Problematik und dazu, was die Politik tut. Vieles ist schon angesprochen worden. Für uns als CDU ist ganz klar: Was schadet, darf nicht zugelassen werden bzw. muss verboten werden. Insofern findet das, was seitens der EU jetzt vorgeschlagen worden ist und worüber am 27. April entschieden wird, unsere ausdrückliche Zustimmung.
Richtig ist, der Landwirtschaft durch die Beschleunigung von Entwicklung und Zulassungsverfahren alternative Wirkstoffe und Behandlungsmethoden zur Verfügung zu stellen. Das ist sozusagen die zweite Seite der Medaille. Falsch ist es – und das sage ich auch deutlich –, den Konzernen Bayer und BASF die Bilanzen aufzubessern, wenn man jetzt noch abwartet und keine weitreichenden Konsequenzen zum Schutz von Biene und Co. zieht.
In Deutschland gingen – das will ich noch anmerken – die Bestimmungen bereits über das hinaus, was von der EU bislang gefordert wurde. Bei uns ist schon seit 2009 die sogenannte Beizung von Getreidesaatgut mit Neonics verboten. Auch die Einfuhr und Verbreitung von gebeiztem Getreidesaatgut wurde unterbunden.
In der Zierpflanzenproduktion haben sich die betroffenen Verbände des Landschafts- und Gartenbaus in Deutschland bereits vor zwei Jahren freiwillig auf einen Verzicht auf die Anwendung dieser Pflanzenschutzmittel geeinigt.
Neben der Problematik des Einsatzes von Insektiziden ist auch die Beschaffenheit des Lebensraums von Insekten von enormer Bedeutung. Das ist bereits angeklungen. Dafür gibt es in Hessen das Programm HALM. Ich denke, es
ist gut, dass daraus sehr viel gefördert wird, dass direkt gefördert wird und dass es auch Beratungsangebote gibt.
Da wir immer die Landwirtschaft vor Augen haben, will ich Sie auf Folgendes hinweisen. Wenn Sie durch eine Vorortsiedlung gehen und sich die Vorgärten anschauen, dann sehen Sie einen fatalen Trend. Der Trend besteht darin, dass es dort nicht mehr Beete, Rabatten oder Ähnliches gibt, sondern dass man sich Geröll und Kies in den Vorgarten setzt und als einzige Begrünung vielleicht eine Konifere hinzufügt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist kein Lebensraum für Bienen und Co. Das ist Totraum. Darum darf man sich nicht wundern, wenn es zu bestimmten Folgen kommt.
Die Verbesserung der Lebensbedingungen von Bienen und anderen Insekten dient nicht nur der Verbesserung der Agrarstruktur, sondern sie schafft auch die Voraussetzung dafür, dass die Lebensgrundlagen der Bienen entweder wiederhergestellt oder gestärkt werden.
Eine wichtige Hilfestellung bietet unser Bieneninstitut in Kirchhain. Darauf will ich eingehen, weil es, wie ich glaube, noch nicht deutlich genug angesprochen worden ist. Es feiert in diesem Jahr sein 90-jähriges Bestehen. Dort werden neben umfangreichen Beratungsangeboten auch Forschungen betrieben und andere Dienstleistungen erbracht. Das Institut verfügt auch über Demonstrationsflächen, auf denen man Interessierten zeigen kann, wie Blühpflanzenmischungen zu entsprechenden Resultaten führen.
Ich führe zum Schluss noch kurz an, dass Hessen gemeinsam mit anderen Ländern und dem Bund das deutsche Bienenmonitoring-Projekt finanziert. Das ist außerordentlich wichtig. Das ist ein europaweit einzigartiges Programm, das seit 2004 wichtige Erkenntnisse zur Bienengesundheit und zur Bienenhaltung liefert.
Lassen Sie mich mit einem Zitat schließen, um die Bedeutung dieses Themas nochmals zu unterstreichen. Liebe Frau Löber, das Zitat stammt von einem Imker. Er hat formuliert: Wenn es nicht mehr summt, haben wir alle ein Problem. – Er hat recht. Das, was ich eben vorgetragen habe, zeigt, dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen nicht nur freundlich zu den Bienen sind, sondern dass wir im Sinne der Formulierung des Imkers schon viel für die Bienen geleistet haben und künftig noch leisten wollen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Biene produziert Honig sowie andere wertvolle Bienenprodukte. Die Biene ist das wichtigste landwirtschaftliche Nutztier nach Rind und Schwein. Die Biene bestäubt, was den Fortbestand zahlreicher Kultur- und Wildpflanzen sichert, und sie bestäubt auch über ein Drittel der
Frau Feldmayer hat eben gesagt – eigentlich stammt diese Aussage von Frau Klöckner –, die Biene sei systemrelevant. Es macht daher Sinn, sich mit Maßnahmen auseinanderzusetzen, die insbesondere den Schutz der Wildbienen zum Ziel haben.
Um es vorwegzunehmen: Ihr Antrag enthält, abgesehen von einer übertriebenen Beweihräucherung der Landesregierung, viel Richtiges, und wir teilen weitgehend die Zielsetzungen dieses Antrags.
Etwas unsystematisch werden Sie in Punkt 7 des Antrags, wo Sie auf die Europapolitik zu sprechen kommen und die Wirtschaftlichkeit aus unserer Sicht unter die Räder kommt.
Ich möchte aber auch deutlich machen, dass die Ursachen der Populationsentwicklung bei den Insekten und insbesondere bei den Bienen sehr vielschichtig sind. Wir Freie Demokraten beteiligen uns nicht an einseitigen Schuldzuweisungen, die hier immer wieder vorgenommen werden.
Gerade die Zahl der Honigbienenvölker steigt seit einigen Jahren. Das hat sicherlich auch etwas mit den Aktionen und mit dem Blühstreifenprogramm zu tun, das die Landwirte umsetzen. Die Landwirte stellen inzwischen 5 % ihrer Flächen für Umweltleistungen, das sogenannte Greening, zur Verfügung. Es sind also auch die Landwirte, die die Bienen schützen.
Ein Verbot von Neonicotinoiden ist aus unserer Sicht zu pauschal, um der Situation in der Landwirtschaft auf wissenschaftlicher Grundlage zu begegnen. Es kann in Teilen sogar einen gegenläufigen Effekt produzieren, da, wie schon Aristoteles gesagt hat, nur der kräftig arbeiten kann, der kräftig isst. Das gilt auch für die Bienen. Die gelben Rapsblüten, die dieser Tage deutschlandweit zu sehen sind, sind die Hauptnahrung für Bienen. Bei Raps ist die Saatgutbeizung mit Neonicotinoiden bereits verboten, und der Anbau von Raps ist rückläufig. Auf jeder zehnten Fläche, auf der vor Kurzem noch Raps stand, wächst heute etwas anderes, und es gibt keine Auswahl an Pflanzenschutzmitteln mehr. Insofern trifft das Verbot der Neonicotinoide die Bienen eher negativ.
Besonders hart wird das Verbot die Zuckerrübenbauern treffen. Gerade im Schwalm-Eder-Kreis haben wir große Anbauflächen für Zuckerrüben, z. B. rund um Wabern. Die sollten Sie alle sich einmal anschauen. Dabei ist das Verbot hier besonders unverständlich; denn Zuckerrüben werden geerntet, bevor sie blühen. Deshalb werden die Pflanzen von den Bienen überhaupt nicht angeflogen. Ich sehe aber die selbst ernannten Ernährungsexpertinnen hier vorne jubeln, weil Zucker ohnehin ungesund ist; Zucker braucht man nicht. Aber sowohl Raps als auch die Zuckerrübe sind Bestandteile vielfältiger Fruchtfolgen und abwechslungsreicher Kulturlandschaften.
Es gilt deshalb, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten; denn es gibt Alternativen zu einem Verbot. Neben dem Auflösen des Zulassungsstaus bei den Pflanzenschutzmitteln, um neue, innovativere und bessere Mittel auf den Markt zu bringen, gibt es Applikationsverfahren, die Pflanzenschutzmittel unter den Blüten aufzubringen, um einen
Kontakt mit den Bienen auszuschließen. Eines davon heißt Dropleg, wurde an der Universität Hohenheim entwickelt und sogar mit dem Bio-Award ausgezeichnet. Die Freien Demokraten möchten solche Innovationen verbreiten und Rückschritte durch stumpfe Verbote vermeiden.
Was mich bei Ihrem Antrag verwundert: Die Hauptgefahr für die Biene schlechthin, die Varroamilbe, wird mit keinem Wort erwähnt. Das kann ich natürlich nachvollziehen; denn die Varroamilbe kann man nicht so einfach verbieten.
Gestatten Sie mir noch einen Vorschlag, bevor ich zum Ende komme. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, neben den Blühstreifen und den vielfältigen Fruchtfolgen, die durch das Greening unterstützt werden, auch technische Lösungen zur Verbesserung der Aufbringung von Pflanzenschutzmitteln nach vorne zu bringen. Die Technik ist hier eben nicht das Problem, sondern ein Teil der Lösung. Unsere Landwirtschaft braucht eine Zukunft in unserem Land, und wir möchten daran arbeiten, dass es eine Zukunft für die Bienen und für die Landwirte gibt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Biodiversitätsverlust, das Insektensterben und seine Ursachen gehören ganz oben auf die politische Agenda. Dieses Thema ist so wichtig, dass es nicht nur Gegenstand von Schaufensteranträgen – wie dem vorliegenden von CDU und GRÜNEN – sein darf.
Die Regierungsfraktionen fordern ihre eigene Regierung auf, die von ihr aufgestellte Biodiversitätsstrategie weiterzuverfolgen, begrüßen, dass die Regierung Steuermittel für die Kampagne „Bienenfreundliches Hessen“ eingesetzt hat, und loben sie für die tolle Umsetzung. Mehr Selbstbeweihräucherung geht kaum.
Blasen wir den Weihrauch einmal weg. Jährlich werden 1,2 Millionen € aus Steuermitteln in Blühflächen investiert, um Schäden auszugleichen, die vor allem durch eine ebenfalls aus Steuermitteln subventionierte Landwirtschaft entstanden sind. Dass dies aber kein Nullsummenspiel ist, haben wir in den letzten Jahrzehnten gesehen: Flächenversiegelungen, durch Totalherbizide, z. B. Glyphosat, erzeugte Agrarsteppen, erspritzte Monokulturen und die großflächige Anwendung von Insektengiften bedeuten nicht nur für Bienen das Aus. Die Landwirtschaft ist ein Biodiversitätskiller. Sie vergiftet unser Trinkwasser mit Nitraten und schadet der Bodenfruchtbarkeit sowie dem Klima.
Ich glaube, die ist schon seit mehr als 20 Jahren nicht mehr da. Darauf sollte man sich nicht mehr beziehen, wenn man aktuell eine gescheite Politik betreiben will.
Blühstreifen sind ganz schön anzusehen, können aber die Schäden durch das großflächige Ausräumen der Landschaften nicht ausgleichen.
Das kann nur gelingen, wenn die konventionelle Landwirtschaft in der Fläche – das bedeutet deutlich mehr als 12 bis 13 % Ökolandbau – umweltverträglicher wird. Das kann doch nicht gegen Ihr Interesse sein.
Liebe GRÜNE, dass wir eine Agrarwende brauchen – d. h. eine umweltverträglichere Landwirtschaft, die auf Glyphosat und Co. verzichtet und äußerst sparsam mit Kunstdüngern und Energie umgeht –, muss ich Ihnen nicht erzählen. Aber dass es der Koalitionspartner ist, der den großen Agrarmultis – wir hören das Geschrei im Plenarsaal – weiterhin den Weg bereitet, und dass sich diese Konzerne mit aller Kraft gegen die Ökologisierung der Landwirtschaft stemmen, weil Insektizide, Totalherbizide und Kunstdünger ihr Hauptgeschäft sind, könnte einen Hinweis wert sein.