Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erhält das Land Hessen nunmehr eine gesetzliche Regelung und einen gesetzlichen Rahmen für die Abschiebungshaft. Diese Abschiebungshaft in Hessen folgt damit klaren Regeln, und – das will ich hinzufügen – sie folgt eigenen Regeln.
Frau Faulhaber, ich komme gleich noch auf Sie zurück. – Wir haben nunmehr eigene Regeln festgelegt, weil wir eine eigene Verwaltungshaftanstalt, eine eigene Abschiebungshaftanstalt in Darmstadt errichten wollen.
In der Vergangenheit sind Abschiebungshäftlinge auch aus Hessen auf der Basis der schmalen rechtlichen Regelung von Rheinland-Pfalz in einer rheinland-pfälzischen Abschiebehaftanstalt untergebracht worden oder auf der Basis von Regelungen in Nordrhein-Westfalen oder von Brandenburg in deren Abschiebungshaftanstalten. Wir schaffen nunmehr mit unserem gesetzlichen Rahmen eigene Regeln.
Wir haben umfangreiche Regeln, Regeln, die weit über das hinausgehen, was z. B. in unserem Nachbarland gemacht wird. Ich glaube, es ist eine gute Entwicklung, die wir hier genommen haben, meine Damen und Herren.
Weil wir eine eigene Abschiebungshaftanstalt haben werden, haben wir dort natürlich auch entsprechendes Personal vorzusehen. Kollege Blechschmidt, Sie dürfen davon ausgehen, dass wir selbstverständlich darauf achten werden, dass dort gut ausgebildetes Personal eingesetzt wird. Sie kennen die Debatte darüber, dass wir nunmehr mit einer Aufgabe befasst sind, die bei der Verwaltung zunächst einmal gar nicht vorgesehen ist. Die Einzigen, die bei uns in Hessen derzeit Erfahrungen mit Haftanstalten haben, sind die Kolleginnen und Kollegen von der Justiz. Deswegen sind wir dort in einem guten Austausch, damit wir uns dort qualifiziertes Personal ausleihen, um die Abschiebungshaftanstalt unter diesem Gesichtspunkt qualitativ gut organisieren können. Ich glaube nicht, dass wir dafür eine extra rechtliche Regelung haben müssen.
Meine Damen und Herren, wir haben darüber hinaus mit dem Gesetz nunmehr die Möglichkeit, vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer unterzubringen, die versuchen, sich ihrer Abschiebung zu entziehen. Frau Kollegin Faulhaber, das ist der Unterschied zu dem, was Sie vorhin gesagt haben. Nicht jeder, der in unserem Land nicht bleibeberechtigt ist, wäre jeweils ein Kandidat für die Abschiebehaft. Das ist nicht korrekt, und das ist auch nicht vernünftig, weil man den Leuten damit Angst macht.
Das stimmt schlicht und ergreifend nicht. Bei uns geht man nur dann in Abschiebungshaft, wenn das zuvor von einem Richter entsprechend festgestellt wurde. Außerdem muss es sich um jemanden handeln, der sich voraussichtlich der Abschiebung entziehen möchte. Das ist der einzige Grund, der dazu berechtigt, eine Abschiebungshaft anzuordnen.
Meine Damen und Herren, wir haben die Ultima-Ratio-Regel hier noch einmal klargestellt. Das ist auch im Aufenthaltsgesetz entsprechend geregelt. Dennoch haben wir das in unseren Gesetzentwurf aufgenommen. Selbstverständlich werden wir an den Prinzipien festhalten, die der Kollege Frömmrich vorhin noch einmal dargestellt hat.
Die nicht Bleibeberechtigten werden zunächst einmal dazu beraten, freiwillig auszureisen, freiwillig das Land zu verlassen, um allen Beteiligten den Abschiebevorgang zu ersparen. Nur dann, wenn das nicht gelingt, kommt es zur Frage der Abschiebung. Nur wenn es zu diesen besonderen Umständen kommt, ist eine Abschiebungshaft vorgesehen.
Die Abschiebungshaft – das sagt uns § 62 des Aufenthaltsgesetzes – ist auf eine sehr kurze Zeit zu beschränken. Frau Kollegin Faeser, deshalb besteht bezüglich der Seelsorge ein Unterschied zum Strafvollzug, weil die Aufenthaltsdauern in den Haftanstalten länger sind. Das Recht auf Religionsausübung ist auch im Gesetz angelegt; darüber brauchen wir uns nicht zu streiten. Aber eine Seelsorge ist bei einer relativ kleinen Anstalt und einer relativ kurzen Verweildauer nach unserer Einschätzung nicht erforderlich.
Die deklaratorischen Verbesserungsvorschläge, die Sie gemacht haben, die Anregungen, die Sie gegeben haben, hat Frau Kollegin Wallmann schon angesprochen. Lassen Sie mich noch einen Punkt herausgreifen. Sie haben uns Vor
schläge zu Regelungen auf Feldern gemacht, auf denen das Land Hessen schlicht und ergreifend keine Gesetzgebungskompetenz hat. Das muss man hier einmal festhalten. Wir können mit einem hessischen Gesetz nicht über das hinausgehen, was der Bund mit seiner Kompetenz in ein Gesetz geschrieben hat. In § 62 des Aufenthaltsgesetzes sind nun einmal entsprechende Festlegungen getroffen. Frau Kollegin Faeser, Sie sind Generalsekretärin der hessischen SPD. Ich fordere Sie auf: Sorgen Sie mit dafür, dass die SPD in die Bundesregierung eintritt; dann können Sie das Aufenthaltsgesetz ändern. Das müssen Sie aber im Deutschen Bundestag machen, das können Sie nicht hier im Hessischen Landtag tun.
Ich bleibe dabei, dass wir mit diesem Abschiebungshaftgesetz einen ordentlichen Rahmen schaffen und damit unsere Aufgabe auch unter dem Gesichtspunkt erfüllen, in der Bevölkerung Akzeptanz für die Aufnahme von Flüchtlingen zu schaffen. Ich glaube, das ist eine wichtige und gute Maßnahme, und am Ende wird es ein gutes Gesetz sein.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Innenminister, ich nehme Ihre Aussage gerne mit, dass Sie der Auffassung sind, dass man das Aufenthaltsgesetz humanitärer gestalten muss. Ich glaube, für die Tolerierung einer Minderheitsregierung in Berlin ist das ein erster, wichtiger Punkt.
Herr Minister, ich verstehe aber überhaupt nicht, dass Sie sich hierhin stellen und sagen, es sei eine kleine Anstalt, es seien kürzere Verweildauern, es liege ein anderer Haftgrund vor. Wenn die Kirchen in der Anhörung – der Sie nicht beigewohnt haben – vortragen, dass es einer besonderen Regelung für den Einsatz von Seelsorgern bedarf, dann muss man diesen Punkt doch ernst nehmen. Sie haben an anderen Stellen Anregungen von Anzuhörenden durchaus aufgenommen. Sich hierhin zu stellen und zu sagen, bei der Seelsorge sei das nicht nötig, verstehen wir überhaupt nicht. Wir werben noch einmal dafür, im Sinne der Kirchen Regelungen für eine Seelsorge mit aufzunehmen, weil wir sie auch in der Abschiebungshaft für dringend erforderlich halten.
Ich habe mich aber wegen des Kollegen Frömmrich zu Wort gemeldet. Herr Kollege Frömmrich, ich bin wirklich erstaunt über das, was Sie hier vortragen.
Ich lese Ihnen dazu einen der acht Punkt aus den „acht kritischen Thesen zur staatlich organisierten Rückkehrberatung in Hessen“ der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen vor:
Alle in Hessen verbleibenden Flüchtlinge erhalten im Ankunftszentrum in Gießen bereits am zweiten Tag nach der Ankunft – noch vor der Asylantragstellung – eine Rückkehrberatung. Die Tatsache, dass von Januar bis Juli 2017 53,3 % der Schutzsuchenden einen Schutzstatus erhielten …, macht diese verfrühte Rückkehrberatung besonders fragwürdig.
Sie können doch nicht ernsthaft diejenigen, die aus Bürgerkriegsgebieten flüchten, am zweiten Tag auffordern, zurückzukehren. Was ist daran humanitär?
Ein Weiteres, Herr Frömmrich. Sie stellen sich hierhin und sagen, die von der SPD-Fraktion vorgeschlagenen Änderungen am Gesetz seien für besonders Schutzwürdige nicht notwendig. Wir sagen, dass Schwangere eine besondere Gesundheitsversorgung erhalten sollen. Herr Frömmrich, Sie haben hoffentlich nicht ernsthaft vor, Schwangere in Abschiebehaft zu stecken. Ich hoffe jedenfalls, dass das nicht Ihr Vorhaben ist. Vielleicht können Sie dazu noch etwas sagen. Ich hoffe nicht, dass die GRÜNEN Schwangere in Abschiebehaft stecken wollen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe zunächst die Änderungsanträge auf, als Ersten den Änderungsantrag der Fraktion der FDP, Drucks. 19/5753. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – SPD und FDP. Wer ist dagegen? – CDU, die GRÜNEN und die LINKEN. Wer enthält sich? – Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucks. 19/5774. Wer stimmt zu? – SPD und FDP. Wer stimmt dagegen? – CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.
Wir kommen jetzt in dritter Lesung zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz über den Vollzug ausländerrechtlicher Freiheitsentziehungsmaßnahmen. Wer zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? – SPD, FDP und DIE LINKE. Der Gesetzentwurf ist mit der Mehrheit von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen und wird zum Gesetz erhoben.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP für ein Gesetz zur Ergänzung des Artikels 1 der Verfassung des Landes Hessen (Stärkung und Förde- rung der Gleichberechtigung von Frauen und Män- nern) – Drucks. 19/5709 –
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP für ein Gesetz zur Ergänzung des Artikels 4 der Verfassung des Landes Hessen (Stärkung der Kinder- rechte) – Drucks. 19/5710 –
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP für ein Gesetz zur Ergänzung der Verfassung des Landes Hessen (Artikel 12a Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Schutz informationstechnischer Systeme) – Drucks. 19/5711 –
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP für ein Gesetz zur Änderung der Artikel 21 und 109 der Verfassung des Landes Hessen (Aufhebung der Regelungen zur Todesstrafe) – Drucks. 19/5712 –
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP für ein Gesetz zur Ergänzung der Verfassung des Landes Hessen (Artikel 26a Aufnahme eines Staatsziel- begriffs) – Drucks. 19/5713 –
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP für ein Gesetz zur Ergänzung der Verfassung des Landes Hessen (Artikel 26c Staatsziel zur stärkeren Be- rücksichtigung der Nachhaltigkeit) – Drucks. 19/5714 –
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP für ein Gesetz zur Ergänzung der Verfassung des Landes Hessen (Artikel 26d Staatsziel zur Förderung der Infrastruktur) – Drucks. 19/5715 –
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP für ein Gesetz zur Ergänzung der Verfassung des Landes Hessen (Artikel 26e Staatsziel zum Schutz und zur Förderung der Kultur) – Drucks. 19/5716 –
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP für ein Gesetz zur Ergänzung der Verfassung des Landes Hessen (Artikel 26f Staatsziel zum Schutz und zur Förderung des Ehrenamtes) – Drucks. 19/5717 –
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP für ein Gesetz zur Ergänzung der Verfassung des Landes Hessen (Artikel 26g Staatsziel zum Schutz und zur Förderung des Sports) – Drucks. 19/5718 –