Protocol of the Session on December 14, 2017

Wir haben den Antrag, der diesem Gesetzentwurf vorausging, schon unglaublich lange im Geschäftsgang. Liebe Regierung, Sie hätten alle Zeit der Welt gehabt, etwas zu tun, um sich dieser Blöße nicht aussetzen zu müssen. Sie haben es aber vorgezogen, Gespräche zu führen, in denen Sie Dinge auf die lange Bank geschoben haben.

(Claudia Ravensburg (CDU): Das haben wir nicht!)

Frau Ravensburg, die Eltern wollen etwas Langfristiges; die meinten damit aber nicht langfristig bis zum Beginn, sondern langfristig etabliert und langfristig funktionierend, also keine Eintagsfliegen, sondern etwas, was wirklich Bestand haben soll. – Geben Sie den Eltern dieser Kinder, die in unseren Kitas sind, die Chance, das zu machen. Die werden das hinbekommen; da bin ich ganz sicher. Wir sollten das auf den Weg bringen. Mehr gibt es an dieser Stelle nicht zu sagen, sondern tun Sie es einfach.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Frau Schott. – Für die Landesregierung spricht Staatsminister Grüttner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung teilt die Intention des Antrags der FDP-Landtagsfraktion, Eltern bei der Gestaltung der Kindertagesbetreuung auf Landesebene zu beteiligen. Ich teile das insbesondere auch deshalb, weil damit natürlich auch zum Ausdruck kommt, dass die Eltern zuvörderst verantwortlich für die Bildung und Erziehung ihrer Kinder und daher zentraler Partner der Kindertagesbetreuung sind.

Wenn wir sehen, was wir über die Regelung im HKJGB, also in diesem Zusammenhang im KiföG, erreicht haben, was die Bildung von Elternbeiräten in unserem Lande anbelangt, so hat der Evaluationsbericht sehr deutlich gezeigt, dass die Bildung von Elternbeiräten damit in einigen Trägerbereichen, insbesondere bei Elterninitiativen, deutlich vorangetrieben worden ist. Wenn man die Aussagen sowohl der Kitaleitungen als auch der Elternvertretungen hört, stellt man fest, diese sind durchaus in der Lage, zu sagen: Jawohl, wir haben uns in einer guten Partnerschaft zusammengefunden, und wir sind zufrieden mit den Anregungen, dem Austausch und dem Diskurs, den wir uns auf Träger- und Einrichtungsebene erarbeitet haben.

Wie gehen wir aber weiterhin mit der Beteiligung von Eltern in Bezug auf Fragen um, die uns alle beschäftigen? Es gibt den sehr harten und apodiktischen Weg, den die FDP vorgeschlagen hat – daher bin ich Herrn Merz für die etwas differenziertere Betrachtung dankbar – und zu dem man, wenn es an die Umsetzung geht, sagen muss: Wie schaffe ich es letztendlich, eine Legitimation zu bekommen? – Dann müssten wir zumindest auf der Ebene der Sonderstatusstädte, der kreisfreien Städte und der Landkreise, d. h. zumindest auf 33 Ebenen, erst einmal per Wahl Beiräte bilden, um aus diesem Bereich heraus, so wie wir es im Schulbereich sehen, zu einem Landeselternbeirat zu kommen.

Das kann ein richtiger Weg sein. Ich habe durchaus gute Erfahrungen mit der Interessenvertretung gehabt. Es gibt beispielsweise in der Stadt Offenbach seit vielen Jahren einen Stadtelternbeirat für die Kindertagesstätten. Diesen gibt es auch in Hanau sowie in anderen Städten – also dort müssen die gar nicht gebildet werden –; und die treten durchaus als Interessenvertretung der Eltern gegenüber der Politik auf. Das ist gut und richtig. Ob ich solche Strukturen aber ad hoc schaffen kann, damit müssen wir uns in der Anhörung erst einmal auseinandersetzen und uns deutlich fragen, ob das der richtige Weg ist.

Vielleicht gibt es auch diesen zweigleisigen Weg, dass man auf der einen Seite an den Strukturen arbeitet und auf der anderen Seite Strukturen nutzt, die bereits vorhanden sind, um die Interessenvertretungen tatsächlich mit in die Entscheidungsfindung einzubinden. Vielleicht fährt man zweigleisig, indem man das eine nicht aus dem Blick verliert, aber das andere durchaus einbindet. Deswegen unterstützen wir die LAG „Kita-Eltern Hessen“. Ab dem Jahr 2018 werden wir dieser LAG eine halbe Personalstelle finanzieren, und zwar für eine Servicestelle, die insbesondere den Auftrag hat, Elternbeiräte, die da sind, zu informieren, zu vernetzen, Einrichtungsträger und ortsübergreifende Elternvertretungen zu fördern und die Vertretung auf Landesebene wahrzunehmen.

Insofern kann die LAG eine landesweite Elternvertretung, denke ich, ganz gut befördern. Dann werden wir auch sehen, wie die Akzeptanz ist und wie das in die Strukturen eingepasst werden kann.

Ja, der Weg ist richtig, aber wir sollten uns genau überlegen, wie wir dies umsetzen. Das hat nichts damit zu tun, dass irgendetwas auf die lange Bank geschoben wird, sondern wir wollen eine vernünftige Struktur haben, in der sich Vertretung entsprechend widerspiegeln kann. Im Übrigen planen wir seitens der Landesregierung, die LAG „Kita-Eltern Hessen“ an der Gestaltung der Kindertagesbetreuung auf Landesebene zu betreuen – nein, Entschuldigung, zu beteiligen.

(Zuruf von der SPD: Was?)

Ja, ach Gott, man kann sich ja einmal versprechen.

(Michael Boddenberg (CDU): Aber es passte zum Thema!)

Man kann ja auch einmal falsch abstimmen. – Man sieht, dass es uns sehr viel wert ist, diejenigen, die zuvörderst für die Erziehung von Kindern verantwortlich sind, nämlich die Eltern, in die Entscheidungsprozesse mit einzubinden. Ich bin gespannt auf die Anhörung.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Herr Minister. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Rock das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Meinen Vorrednern kann ich sagen: Ich finde es erfreulich, dass das, was wir als Gesetzentwurf allein eingebracht haben, positiv aufgenommen wurde. Alle haben schon mit der LAG gesprochen und sind für das Thema sensibilisiert. Ich finde es positiv, wie der Umgang skizziert worden ist.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass es auf Kreisebene und auf der Ebene der Jugendhilfeträger – die Sonderstatusstädte sind uns durchgerutscht, danke für den Hinweis – entscheidend ist. Es ist gut, auf der Ebene eine Vertretung zu haben, weil die Fachberatung und die Genehmigungsgrundlage für neue Einrichtungen auch für die kreisangehörigen Kommunen interessant sind.

Das ist ein konstruktiver Vorschlag, den wir uns in das Aufgabenheft schreiben werden. Ich will es noch einmal deutlich machen: Aus unserer Sicht haben wir alle erkannt – das wird die Debatte bis zur Landtagswahl auch zeigen –, dass dieser Bereich ein wichtiges Zukunftsthema ist. Wir werden dieses Thema dauerhaft und ganz prominent auf der Tagesordnung haben.

(Beifall bei der FDP)

Es ist aus meiner Sicht notwendig, dass wir eine legitimierte Vertretung der Eltern haben. Warum in dieser relativ aufwendigen Form, wie wir es vorgeschlagen haben? – Dieses Gesetz haben wir uns nicht völlig allein ausgedacht, das gibt es schon in dem einen oder anderen Bundesland analog, wo es nach unseren Informationen auch vernünftig umsetzbar ist und umgesetzt wird.

(Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vor- sitz.)

In den letzten Wochen habe ich mir relativ viele Kindertagesstätten verstreut über das Land angeschaut. Ich habe mir nämlich vorgenommen, nie mehr einen Gesetzentwurf in diesem Bereich einzubringen, ohne ausführlich mit den Betroffenen und denen, die es umsetzen sollen, gesprochen zu haben. All das ist natürlich deutlich einfacher, wenn man jemanden hat, der auch für den großen Teil der Eltern in Hessen sprechen kann.

Es ist unglaublich, wie unterschiedlich die Voraussetzungen für eine gute Kinderbetreuung in den verschiedenen Regionen und Städten unseres Landes sind. Wenn man das nicht selbst gesehen hat, hält man das nicht für möglich. Man stellt auch fest, wie gut die vorhandenen Ressourcen vor Ort ausgenutzt werden. Es wird ganz schwierig sein, ein Kindergartenkonzept für ganz Hessen zu haben. Es ist sehr heterogen, deswegen ist es auch notwendig, dass wir eine Vertretung haben, die nach Möglichkeit einen großen Teil Hessens und dessen Interessen abbilden kann.

Darum werbe ich noch einmal dafür und bin sehr zufrieden, dass wir gemeinsam einen konstruktiven Weg beschreiten wollen. Die ersten Hinweise haben wir uns schon ins Aufgabenheft geschrieben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Damit können wir die erste Lesung abschließen und den Gesetzentwurf und den dazugehörigen Antrag an den Sozial- und Integrationspolitischen Ausschuss zur Vorbereitung der zweiten Lesung überweisen. – Dem widerspricht niemand, dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 24 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Hessisches Gesetz zur Anpassung des hessischen Daten

schutzrechts an die Verordnung (EU) Nr. 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) Nr. 2016/680 und zur Informationsfreiheit – Drucks. 19/5728 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt 7,5 Minuten. Für die Einbringung hat der Abg. Heinz für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für die Koalitionsfraktionen bringe ich den Gesetzentwurf zur Anpassung des hessischen Datenschutzrechts an die EU-Datenschutz-Grundverordnung und zur Informationsfreiheit ein. Wir legen Ihnen heute einen umfangreichen Gesetzentwurf vor, der dem Ruf Hessens als führendem Datenschutzland gerecht wird und die neuen europäischen Vorgaben konsequent umsetzt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die EU-Datenschutz-Grundverordnung und die EU-Richtlinie zum Schutz personenbezogener Daten waren der Anlass zur Anpassung des Landesrechts. Den Datenschutz nehmen wir aber so ernst, dass wir das Datenschutzrecht ganz gründlich evaluiert und in Teilen neu gefasst haben.

Bedanken möchte ich mich schon jetzt bei Herrn Prof. Ronellenfitsch, unserem Datenschutzbeauftragten, der wertvolle Hinweise zur Überarbeitung des Gesetzentwurfs gegeben hat.

Wesentliche Änderungen betreffen tatsächlich ihn selbst, nämlich die Arbeit des Datenschutzbeauftragten. Wir halten es für richtig, dem Datenschutzbeauftragten künftig mehr rechtlichen Handlungsspielraum zu geben. Dem Datenschutzbeauftragten sollen Befugnisse eingeräumt werden, die er für die verlässliche und zweckmäßige Kontrolle von privaten und öffentlichen Stellen benötigt. Er bekommt in § 14 des Gesetzentwurfs umfassende Abhilfeund Durchgriffsrechte, um die Verletzungen von datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu ahnden.

Außerdem regeln wir in § 4 des Gesetzentwurfs erstmals die allgemeinen datenschutzrechtlichen Grundlagen für die Videoüberwachung. Die Videoüberwachung soll demnach künftig zulässig sein, wenn sie „1. zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen, 2. zur Wahrnehmung des Hausrechts oder 3. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte entstehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen“. Damit ist die Abwägung von öffentlichen Interessen und schutzwürdigen Interessen des Einzelnen auf eine stabile rechtliche Grundlage gestellt.

Weiterhin wollen wir mit dem neuen § 19 Abs. 5 des Gesetzentwurfs sowohl Behörden als auch dem Datenschutzbeauftragten ermöglichen, Entscheidungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Hier griff bislang das Verbot des sogenannten In-sich-Prozesses, d. h., öffentliche Stellen können vor dem Verwaltungsgericht nicht gegeneinander prozessieren. Künftig soll eine solche juristische Klärung von Konflikten im Interesse der Rechtssicherheit vor Gerichten möglich sein.

Wichtig ist ferner die geplante aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen die Pflicht zur Löschung. Mit § 19 Abs. 6 soll irreversiblen Löschungen vorgebeugt werden.

Gestärkt wird hiermit auch in Zweifelsfällen künftig die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen des Datenschutzbeauftragten.

In unserem Gesetzentwurf sind auch umfangreiche Regelungen zur Informationsfreiheit enthalten.

(Lachen des Abg. Marius Weiß (SPD) – Heike Hofmann (SPD): Das glauben auch nur Sie!)

Es ist kein Geheimnis, in der Vergangenheit hatten die Koalitionsfraktionen hierzu zum Teil unterschiedliche Auffassungen, das ist bekannt. Wir haben jedoch, wie so oft in dieser Koalition, hierfür eine sehr gute Lösung gefunden; das wird Sie nicht überraschen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heike Hofmann (SPD): Minimalistisch nennt man das! – Weitere Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, 70 % der Anfragen betreffen kommunale Behörden. Die Kommunen hatten in der Vergangenheit auch die stärkste Kritik an einem möglichen Informationsfreiheitsgesetz geäußert. Anders, als das in der Vergangenheit von anderer Stelle initiiert war, wollen wir niemanden zwingen. Wir haben uns für eine ausgesprochen kommunalfreundliche Lösung entschieden.

Durch unseren Gesetzentwurf werden nur die Behörden des Landes unmittelbar verpflichtet. Die Kommunen erhalten die Option, das Gesetz für ihre Behörden für anwendbar zu erklären, sie müssen es aber nicht. Das ermöglicht den Kommunen, die es wollen, mit wenig Aufwand den gleichen Rechtsrahmen wie das Land zu setzen und damit eine rechtliche Sicherheit und Stabilität zu bekommen. Da sich auf Dauer eine einheitliche Rechtsprechung und eine einheitliche Verwaltungspraxis entwickeln wird, können wir es den Kommunen, die diese Regelung haben wollen, empfehlen, sich unter den gleichen rechtlichen Schirm zu begeben. Das hätte den Vorteil, zu einer landeseinheitlichen Praxis zu kommen.

(Lachen des Abg. Marius Weiß (SPD))

Es gibt aber auch Kommunen, die bereits Informationsfreiheitssatzungen haben. Diese können sie selbstverständlich beibehalten, wenn sie damit zufrieden sind und damit gute Erfahrungen gemacht haben. Kommunen können natürlich auch für sich entscheiden, dass sie keine Regelungen zur Informationsfreiheit wollen oder benötigen. Das ist auch eine Option. Viel kommunalfreundlicher kann man eigentlich nicht sein.