Protocol of the Session on June 29, 2017

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Kollegin Hammann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen von SPD und FDP, Ihre Anträge beweisen, dass Sie sich immer mehr vom Tierschutz entfernen. Sie beschäftigen sich nicht ernsthaft mit den Tierarten Waschbär und Kormoran. Sonst könnten Sie nicht zu solchen Aussagen kommen. Ihnen scheint das, was wir in der Verfassung festgehalten haben – Schutz der Tiere –, wirklich egal zu sein. Ich bedauere an dieser Stelle Ihren Populismus sehr;

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Astrid Wallmann und Michael Bod- denberg (CDU))

denn es geht in diesen Anträgen um das Leben – richtigerweise muss man sagen, den Tod – dieser betreffenden Tierarten. Herr Kollege Lotz, ich finde das wirklich anmaßend, wenn Sie einer Spezies das Lebensrecht absprechen, wie es eben von Ihnen hier am Pult getan wurde. Sie verkleistern das Ganze ein bisschen. Sie haben gesagt, Sie wollten Gespräche mit der Wissenschaft und mit der Wirtschaft, Sie wollten einen Maßnahmenplan. Das wäre das, was Sie wollten. Aber was steht in Ihrem Antrag?

Der Hessische Landtag fordert die Landesregierung auf, das Jagdrecht dahin gehend zu ändern, die Erle

gung des Waschbären ohne Einschränkungen zuzulassen.

Das ist Ihr Ziel. Meine Damen und Herren, ich finde das angesichts der Fakten, die uns vorliegen, absolut absurd. Wir haben in Hessen den Elternschutz bei einigen Tierarten zeitlich konkretisiert. Dazu zählt auch der Waschbär. Damit tragen wir zur Rechtssicherheit bei und verhindern auch, dass Welpen getötet werden und dann erst die Elterntiere. Die Elterntiere konnten deshalb getötet werden, weil sie eben nicht mehr den Elternschutz hatten. Das heißt, dass diese Unsitte damit auch beendet wird.

Es ist doch nicht so, dass die Hessen die Einzigen sind, die eine Schonzeit haben. Sie brauchen doch nur einmal in die anderen Bundesländer zu schauen: In Baden-Württemberg, in Berlin und im Saarland gibt es fast ähnliche Regelungen, wie wir sie in Hessen haben. Da gibt es auch keine Bejagung der Jungwaschbären.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

In Hessen kann – das muss man noch einmal deutlich machen – bei einer erwiesenen Störung des biologischen Gleichgewichts für einen fest definierten Zeitraum und unter entsprechender wissenschaftlicher Begleitung eine Ausnahme für ein bestimmtes Gebiet vorgenommen werden.

Herr Kollege Lenders, suggerieren Sie doch nicht immer wieder, die Landesregierung würde sich nicht dafür einsetzen, dass in Privatwohnungen oder in urbanen Räumen Schäden von Waschbären verhindert werden. Das ist nicht so. Eine wirksame Entfernung des Waschbären ist in den urbanen Räumen und insbesondere in Privatwohnungen möglich gewesen, und das ist es auch heute noch. Schildern Sie nicht eine Unwahrheit; denn das ist es nämlich.

Es gibt auch bestimmte Fakten, die in dem ganzen Bereich wichtig sind und die wir auch zu beachten haben. Was sind denn die gesundheitlichen Risiken, die immer wieder in den Raum gestellt werden?

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Herr Kollege Lenders, ich würde mich freuen, wenn Sie noch ein bisschen zuhören würden. – Die gesundheitlichen Risiken werden als äußerst gering bewertet. Tollwut, Fuchsbandwurm und Trichinen spielen keine Rolle. Er kann Überträger des Staupevirus sein. Doch Sie wissen, auch die Hunde werden in der Regel gegen Staupe geimpft.

Die einzige Zoonose, der Waschbärspulwurm, wird als äußerst selten von den Wissenschaftlern bewertet. Wie sieht es denn aus mit dem immer propagierten Einfluss auf andere Tierarten? Es gibt bis heute keine wissenschaftlichen Daten, die einen ernsthaften Prädationsdruck belegen. Es gibt eine Untersuchung, die immer wieder gerne herangezogen wird. Das ist die Untersuchung zu der Europäischen Sumpfschildkröte in Brandenburg. Diese Untersuchung belegt keine direkte Einwirkung durch den Waschbären, sondern weist lediglich auf Indizien hin.

(Jürgen Lenders (FDP): Was hat denn jetzt die Sumpfschildkröte mit dem Waschbären zu tun?)

Ich sage auch einmal ganz deutlich: Dort wurden innerhalb von drei Jahren die Überreste von vier Sumpfschildkröten gefunden. Ich habe mich damit auseinandergesetzt, und ich habe auch eine Stellungnahme des Autors. Das ist der Herr Schneeweiß. Er teilt auf eine Anfrage am 10.03.2017 mit,

er habe nicht behauptet, dass der Waschbär die Europäische Sumpfschildkröte ausgerottet hätte.

Ich nenne auch einmal ein Zitat. Er sagt: Natürlich werden darüber hinaus Tausende Waschbären erlegt – in vielen Fällen sinnlos, da die Kadaver weder einer Verwertung zugeführt werden noch ein nennenswerter Effekt im Sinne des Schutzes bedrohter Tierarten erreicht wird.

Er spricht sich auch gegen eine flächendeckende systematische Bejagung aus. Er sagt, nur in einem bestimmten Gebiet und dann als Beispiel auch durch einen Berufsjäger. Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf die Vogelwelt bezogen belegen Untersuchungen, dass die intensive landwirtschaftliche Nutzung, die Zerschneidung und Zersiedelung der Landschaft und die Versiegelung von Flächen Ursachen für großräumige Stoffeinträge sind und deshalb auch die Artenvielfalt beeinträchtigt ist. Ich nenne nur die Drucks. 18/4575 des Bundestages.

Am Beispiel des Hessischen Rieds wird ganz deutlich: Laut Streckenliste des Kreises Groß-Gerau gibt es kein Waschbärenproblem. Gerade einmal zwei Waschbären sind im Jagdjahr 2016/2017 verzeichnet.

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Dennoch ist leider auch hier der Rückgang von Arten feststellbar. Kiebitz, Feldlerche und andere Vogelarten

Frau Kollegin Hammann, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

haben es im Hessischen Ried schwer.

Nur noch einen Satz zum Kormoran. Da ist es mir wichtig, zu sagen, dass es gut veröffentlichte Untersuchungen der Staatlichen Vogelschutzwarte gibt, die das, was von der FDP behauptet wurde, nicht belegen, die sagen, das ist unwahr; denn die Brutbestandszahlen des Kormorans bewegen sich in den letzten Jahren nicht mehr nach oben, sondern sind eher rückläufig. Das kann man einsehen.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Fachlichkeit ist wichtig in dieser Diskussion und nicht Populismus. Das erwarte ich: einen verantwortungsvollen Umgang, den wir alle im Landtag zu pflegen haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat Staatsministerin Hinz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es verblüffend, dass die SPD in der Begründung ihres Antrags die Einstufung der EU als invasive Arten hernimmt, um in Punkt 2 die Schlussfolgerung schon im März zu ziehen,

wie das Ziel der Managementpläne auszusehen hat. Zumindest das ist sehr widersprüchlich an Ihrem Antrag.

Es ist richtig, der Waschbär ist eine invasive Art. Es ist aber so, dass das Bundesnaturschutzrecht zu der Frage, wie Managementpläne erarbeitet werden sollen, erst am nächsten Freitag im Bundesrat endgültig entschieden wird.

Zweitens will ich feststellen: Die Managementpläne werden derzeit in den Entwürfen bereits erarbeitet, und Hessen hat federführend die Bearbeitung für die Managementpläne zum Thema Waschbären übernommen, weil wir das Land mit der größten Population sind. Bei uns sind die Waschbären ausgesetzt worden.

Es ist aber nicht so, dass die Waschbären als unerwünscht oder nicht erwünscht gelten. Das hat mit der Einstufung als invasive Art erst einmal gar nichts zu tun. Im Gegenteil, die Waschbären gelten als etabliert für bestimmte Regionen und eben für Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen müssen wir unsere Managementpläne darauf abstellen, wie wir mit dieser etablierten Art umgehen, um zu Regulierungen zu kommen. Aber das wird den Managementplänen überlassen sein. Sie werden im Sommer veröffentlicht. Dann gibt es eine Öffentlichkeitsbeteiligung, auch für alle Verbände, für Privatleute. Anschließend werden wir im nächsten Frühjahr entscheiden, wie wir mit weiterer Regulierung umgehen können.

Ich will auch sagen, dass Hessen-Forst schon vor einigen Jahren ein Faltblatt zum Thema Waschbären herausgegeben hat. Auch viele Landkreise und Städte wie Kassel, Usingen und Wiesbaden informieren ihre Bürgerinnen und Bürger über entsprechende Schutzmaßnahmen. Da ist das Wesentliche beim Waschbären, dass man das Füttern unterlässt,

(Beifall der Abg. Claudia Ravensburg (CDU))

den Müll und die Abfälle unzugänglich aufbewahrt. Darum geht es auch beim Management: um die Frage der Prävention.

Natürlich können Waschbären im urbanen Bereich ein Problem darstellen. Deswegen gilt im befriedeten Bereich die Jagdverordnung mit den Schonzeiten so nicht. Auch dies ist klargestellt, und das ist auch schon aus dem Jagdgesetz zu ersehen.

Ich weiß nicht, woher im Moment die Aufregung kommt, zumal wir auch noch zwei Ausnahmen in der Rhön und in der Wetterau zugelassen haben, um dort Populationen von anderen Tieren vor den Waschbären zu schützen. Insofern, glaube ich, sind wir in Hessen durchaus auf der sicheren Seite, was die Schonzeiten, die Bejagung von Waschbären, aber auch die Prävention angeht.

Nun zum Kormoran. Der FDP-Antrag problematisiert das Verhältnis zwischen Kormoran und geschützten Fischarten, allerdings auf falscher Grundlage. Das geforderte Monitoring findet bereits statt. Natürlich betreibt die Vogelschutzwarte ein Monitoring der Bestände. Wir erfassen an den wichtigsten Vogelrastgebieten in Hessen – auch in Rheinland-Pfalz und im Saarland wird das durch die gemeinsame Vogelschutzwarte erfasst – die Bestände etwa von Kiebitz, Kranich und Kormoran. Es ist nicht so, dass sich die Population des Kormorans weiter erhöht hätte. Sie ist stabil, und die Brutvorkommen sind im Gegenteil zurzeit eher etwas rückläufig. Das ergibt das Monitoring.

Das bedeutet: Wir haben aktuell kein ökologisches Problem mit dem Kormoran, was die Fischbestände angeht. Die bestehenden Regelungen sind deshalb derzeit auch völlig ausreichend. Wir haben vielmehr das Problem für Fische, gerade bei den gefährdeten Arten, dass die Gewässergüte und auch die Uferstrukturen teilweise sehr mangelhaft sind. Nach der Wasserrahmenrichtlinie sind immer noch 80 % unserer Oberflächengewässer in einem schlechten oder ungünstigen Zustand. Das drückt auch auf die Fischbestände, vor allem auf die gefährdeten Arten.

Frau Staatsministerin, ich erinnere an die Redezeit der Fraktionen.

Das ist der letzte Satz. – Da, wo sich Fischbestände erholen, haben natürlich auch Wildvögel eher die Möglichkeit, auf diese Bestände zuzugreifen. Aber, wie gesagt, bezüglich des Kormorans sind die Bestände stabil. Es gibt im Moment keine Probleme. – Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen vorliegen.

Dann werden die Anträge unter den Tagesordnungspunkten 17, 30, 21 und 29 dem Umweltausschuss überwiesen.

(Zurufe: Abstimmen!)

Abstimmen. Alle vier? – Gut, dann stimmen wir ab. Das war bei mir noch nicht angekommen.