Deshalb müssen der Betrieb und Besuch der Spielhallen reglementiert werden. Zum Schutz der Spielsüchtigen und insbesondere der Jugendlichen müssen auch diejenigen Kundinnen und Kunden Einschränkungen hinnehmen, die nicht von der Spielsucht betroffen sind. Dieser Schutz ist das ganz grundsätzliche Thema, das dem Gesetz zugrunde liegt.
Auf welche aktuellen Entwicklungen müssen wir außerdem reagieren? – Seit das gegenwärtige gültige Spielhallengesetz der Vorgängerregierung in Kraft ist – das war das Jahr 2012 –, benötigen alle Spielhallen eine neue Erlaubnis. Das wurde bereits gesagt: Die Übergangsfrist, bis zu der die Erlaubnis zu erlangen war, läuft übermorgen, also am 30. Juni 2017, ab. Ab dann sind Mehrfachkonzessionen, also mehr als eine Automatenhalle an einem Standort, nicht mehr erlaubt. Mehrfachkonzessionen sind nach dem bereits erwähnten Staatsvertrag bekanntermaßen verboten.
Außerdem müssen ab Freitag bestimmte Mindestabstände zwischen zwei Spielhallen eingehalten werden. Das alles besagt bereits das Gesetz aus dem Jahr 2012.
Aufgrund des Auslaufens dieser Frist herrscht in der Branche Unruhe. Das ist nicht ganz unverständlich. Denn ausweislich der Informationen der Landesregierung während der Ausschusssitzung vor zwei Wochen gab es damals 725 Betriebe in Hessen, die noch keine neue Erlaubnis hatten. Davon sind 381 vom Verbot der Mehrfachkonzession betroffen. Bei 228 wird der Mindestabstand unterschritten. Deshalb ist die ohnehin anstehende Novellierung dieses Gesetzes eine gute Gelegenheit, für mehr Klarheit zu sorgen.
(Beifall der Abg. Mathias Wagner (Taunus), Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Klaus Dietz (CDU))
Der uns vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung tut das auch. Er wird konkret und wird die in den Kommunen sehr unterschiedlich ausgelegten Ausnahmemöglichkeiten streichen. Ich will das anhand ein paar weniger Beispiele klarmachen.
Die Anforderung, von Spielhalle zu Spielhalle einen Mindestabstand von 300 m Luftlinie einzuhalten, wird künftig entschiedener durchgesetzt werden. Eine dazu derzeit geltende Ausnahmeregelung wird sehr viel restriktiver und klarer gefasst werden. Damit wird Rechtssicherheit entstehen.
Unser Ziel ist es, künftig keine Stadtquartiere mehr entstehen zu lassen, die von Spielhallen dominiert und geprägt werden. Ich bin mir ganz sicher, jede und jeder von Ihnen hat sofort ein solches Quartier im Kopf.
Um Einrichtungen, die vorwiegend von Kindern und Jugendlichen besucht werden, z. B. Schulen und Kindergärten, muss künftig sogar ein Mindestabstand von 500 m Luftlinie herrschen. Kinder und Jugendliche sollen auf ihren täglichen Wegen eben nicht den Eindruck gewinnen, dass Spielhallen zum selbstverständlichen Konsumangebot gehören. Sie sollen nicht zu ihrem Alltag werden.
Die Regelungen zum Sozialkonzept, das ein Spielhallenbetreiber entwickeln muss, werden ebenfalls deutlicher gefasst werden. Es wird klargestellt, dass dieses Konzept alle zwei Jahre zu aktualisieren ist.
Die Sperrzeit, in der die Spielhallen geschlossen bleiben müssen, wird für alle Betreiber von 4 Uhr bis 10 Uhr vereinheitlicht. Die Ausnahmemöglichkeiten werden gestrichen. So wird, wiederum zum Schutz der Spielerinnen und Spieler, das sogenannte Spielhallen-Hopping unterbunden.
Auch die Regelungen zur Spielersperre – die Selbstsperre durch den Spieler selbst oder die Fremdsperre – werden deutlicher und funktionstüchtiger gefasst. Natürlich mögen Spielhallenbetreiber keine Sperren. Denn es ist unstrittig so, dass sie mit den Süchtigen auf eine gewisse Art und Weise ihre besten Kunden verlieren. Trotzdem haben sie solche Sperren zu beachten. Schlupflöcher, mit denen man sich um solche Sperren herummogeln kann, müssen, so gut es geht, geschlossen werden.
Bereits an diesen wenigen Beispielen ist erkennbar: Eine vernünftige Regulierung der Spielhallen erfordert detaillierte und passgenaue gesetzliche Regelungen. Wir danken dem Ministerium deshalb für den nach erstem Eindruck gut gelungenen Gesetzentwurf. An diesem Entwurf selbst – wie auch in der bereits begonnenen Diskussion um ihn – wird aber auch deutlich, welche unterschiedlichen Interessen hier aufeinandertreffen. Darauf wurde von beiden Vorrednern auch schon hingewiesen. Das lässt eine durchaus kontroverse und spannende Anhörung erwarten. Ich freue mich darauf. – Vielen Dank.
Ich möchte auf der Besucherbühne ganz herzlich unsere ehemalige Kollegin Frau Henzler begrüßen. Herzlich willkommen.
Als nächste Rednerin spricht nun Frau Kollegin Wolff von der CDU-Fraktion. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In den Jahren 2006 bis 2010 ist die Zahl der Konzessionen um über 41 % hochgegangen, die Zahl der Standorte um rund 20 % und die Zahl der Geräte um 60 %. Das war damals der Anlass, das Gesetz gemeinsam mit dem Glücksspielstaatsvertrag zu novellieren. Jetzt ist die Grundlage dessen, auf der wir heute beraten und auf der die Kommunen und Betriebe handeln müssen, schon seit fünf Jahren dieses Gesetz. Seitdem sind rund 100 Betriebe aufgrund der geänderten Bedingungen, die jetzt herrschen, geschlossen worden. Trotzdem ist die Gesamtzahl nicht nur gleich geblieben, sondern sogar noch gewachsen. Das ist keine hessische Entwicklung, sondern das ist eine bundesdeutsche Entwicklung. Auch die Zahl der Teilnehmer und der Suchtprobleme, die wir haben – so ist es auch dem Bericht
des Sozialministers zu entnehmen –, ist nicht gesunken, sondern nach wie vor gestiegen. Deswegen gilt es immer noch zu justieren: Wie sind die Maßnahmen in diesem sehr speziellen wirtschaftlichen Betätigungsfeld neu vorzunehmen?
Meine Damen und Herren, deswegen schauen wir uns kurz die Übergangszeit an. Normalerweise ist eine solche Übergangszeit, die das Gesetz bestimmt hat, dazu gedacht, dass Selektionsverfahren dann auch tatsächlich eintreten. Das heißt, dass die Betriebe wissen, worauf sie sich einstellen, und dementsprechend verfahren, dass die Verbände entsprechend handeln und dass sich auch die Kommunen schrittweise darauf einrichten. Nach einem bestimmten Zeitraum innerhalb der Übergangszeit haben wir dann eine sortierte Marktlage.
Dazu haben die Kommunalen Spitzenverbände einen Durchführungserlass vom Ministerium erbeten. Sie haben ihn vor gut einem Jahr erhalten. Danach haben sie sich ausrichten können. Ich will auch dazu sagen: Es sind nicht alle Kommunen im Verzug. Vielmehr gibt es etliche Kommunen, die à jour sind, die diesem Durchführungserlass gefolgt sind, die ihre Bescheide herausgegeben haben, die aber natürlich nicht davor gefeit sind, dass es auch jetzt noch Gerichtsverfahren auf dieser Grundlage geben kann. Dafür kann man sie sicherlich nicht haftbar machen.
Von den Betrieben konnte man erwarten, dass sie innerhalb des Verbandes auch darauf achten, mithilfe einer bestimmten Zertifizierung dafür zu sorgen, dass ihre Zukunft auf eine sichere Grundlage gestellt wird. Das heißt auch, dass die vorhandenen Betriebe oder die, die neu gebildet werden, ihr Eigentum und die Zahl der Mitarbeiter sowie deren Existenz schützen.
Ich respektiere, dass der Verband dort Zertifizierungssysteme eingeführt hat. Ich will aber auch nicht verschweigen, dass ich mich wundere, dass angesichts der Übergangssituation nur 20 % der Mitglieder dieses Zertifizierungssystem angenommen und durchgeführt haben. Denn immerhin ist das Gesetz auch juristisch angefochten worden, aber letztendlich und letztinstanzlich ist es dann vom Bundesverfassungsgericht gutgeheißen worden.
Deshalb ist es jetzt auch an der Zeit, dieses Gesetz fortzuschreiben. Die Bestimmungen sind vom Minister und den anderen Rednern mit aufgenommen worden. Ich denke, dass es wichtig ist, dass wir jetzt die Klarstellung haben, die eigentlich schon im Glücksspielstaatsvertrag vorgegeben ist, nämlich dass die Mehrfachlizenzen kein Ausnahmetatbestand mehr sein können. Dass dies beendet werden muss, müsste im Prinzip gleichermaßen auch bundesweit noch sehr viel stärker durchgesetzt werden.
Die sechsstündige verspätete Nachtruhe – es ist schon eine Nachtruhe, wenn sich die Schülerinnen und Schüler auf dem Schulweg befinden – zwischen vier und zehn Uhr, in Bayern zwischen fünf und neun Uhr, ist im Prinzip das Gleiche. Sie trägt auch dazu bei, dass nicht insgeheim eine 24-Stunden-Freiheit eintritt, indem diese sechs vorgeschriebenen Stunden unterschiedlich stattfinden.
Der Radius um Jugendeinrichtungen, unabhängig davon, ob es Schulen oder Jugendhilfeeinrichtungen sind, wird größer. Das ist richtig. Die Flexibilisierung innerhalb des 300-m-Abstands ist richtig. In Bayern ist das übrigens ein Abstand von 500 m. Auch das finde ich interessant.
Es ist auch richtig, dass die Berichtspflichten flexibilisiert werden. Herr Kollege Eckert, ich glaube, dass Sie an dieser Stelle möglicherweise irren. Es werden zwar die Berichtspflichten flexibilisiert, auf der anderen Seite müssen aber die Betriebe jederzeit in der Lage sein, Dinge auf Anforderung hin oder nach Kontrolle vorzulegen. Das soll aber nicht in einem regelmäßigen Zyklus stattfinden, sondern die Betriebe sollen jederzeit aufgefordert werden können, ihre Bericht, ihre Konzepte, auch ihre Sozialkonzepte, vorzulegen.
Meine Damen und Herren, die Verkürzung der Befristung von Lizenzen – Herr Kollege Eckert, Sie haben das auch schon angesprochen – ist durchaus eine Herausforderung im Wettbewerb, weil man sich nicht mehr nur noch auf Zyklen von zehn Jahren einrichten kann. Das ist einerseits wahr. Auf der anderen Seite glaube ich aber, dass es für Betriebe neuerdings nicht nur eine Chance ist, sich um eine Lizenz – und damit auch um den Aufbau einer wirtschaftlichen Existenz – zu bemühen. Ich glaube, dass es auch eine Möglichkeit für Betriebe ist, ihre Qualität auf einen Sockel stellen, wenn sie zertifiziert sind und sich z. B. einem Punktesystem, das noch stärker zu entwickeln wäre, unterwerfen. Dadurch hätten sie dann auch eine Chance, einen neuen Betrieb zulasten eines anderen Betriebs zu eröffnen, der sich diesen Prozessen nicht unterwirft. Das ist im Marktgeschehen auch ein gutes Prinzip.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dass wir durchaus noch in Klammern dazusagen können, dass es weitere Themen im Umfeld gibt. Ich denke, dass das Onlinespielen mit diesem Gesetz noch nicht berührt wird, sondern dass wir darauf angewiesen sind, dass das auf dem Weg des Glücksspielstaatsvertrags geregelt wird, der leider im Moment in einer kleinen Warteschleife ist. Ich glaube auch, dass das System der Wettbüros, die wir überall haben, in gleicher Weise geregelt und auch in der Kontrolle angegangen werden muss, sodass wir hier nur ein Thema aus diesem Segment behandeln. Aber auch dieses Thema wird für die Anhörung hinreichend Spannung garantieren. Insofern freue auch ich mich auf diese Anhörung. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Wolff. – Als nächste Rednerin spricht nun Frau Kollegin Wissler von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Zahl der Spielsüchtigen ist in den letzten zehn Jahren stark gestiegen. Diese Menschen verlieren oft ihre Existenz, materiell und im persönlichen Umfeld. Dieses Phänomen betrifft ausnahmslos alle Bevölkerungsgruppen.
Glücksspiele haben per se ein großes Suchtpotenzial. Es gibt aber noch einmal Unterschiede in der Gefährlichkeit. Lotto z. B. hat ein relativ geringes Suchtrisiko. Am anderen Ende der Skala stehen aber Geldspielautomaten, die nachgewiesenermaßen ein sehr hohes Risiko darstellen, eine Spielsucht auszulösen oder zu befördern.
Gleichzeitig ist das Geschäft mit Geldspielgeräten im Gegensatz zu Lotterien, Sportwetten oder Spielbanken aber am schlechtesten reguliert. Es gibt diesbezüglich eklatante Lücken im Bundesrecht. Deshalb müssen an der Stelle die Länder einspringen und tun, was sie können. Das erste Landes-Spielhallengesetz wurde übrigens 2011 von RotRot in Berlin beschlossen, wo erstmals Mindestabstände zwischen den Spielhallen und andere Regelungen eingeführt wurden, wie sie sich jetzt auch im Hessischen Spielhallengesetz finden. Das löst zwar nicht die zugrunde liegenden Probleme an der Wurzel, aber kann die Auswirkungen des Spielhallenunwesens zumindest etwas einschränken, und das ist natürlich richtig und wichtig.
Meine Damen und Herren, ich will darauf hinweisen, dass die Gegenspieler in diesem Bereich mächtig sind; denn es geht um geschätzt 10 Milliarden € Umsatz im Jahr. Diese Gegenspieler – um einmal beim Wort zu bleiben – nennen sich z. B. Bundesverband Automatenunternehmer und treten auch gerne in Werbeanzeigen als Deutsche Automatenwirtschaft auf.
Ein Hauptakteur ist Paul Gauselmann von der sogenannten Gauselmann-Gruppe, bekannt unter dem Markennamen „Merkur“. Als einer der umtriebigsten Lobbyisten unterhält er eine riesige PR-Maschinerie – ich bin sicher, Sie haben auch schon das eine oder andere Mal Post von ihm bekommen – und spendet auch an viele Parteien. An uns spendet er übrigens nicht.
Dabei bedient er sich undurchsichtiger Methoden wie Ständen auf Parteitagen. Bei der CDU ist die Deutsche Automatenwirtschaft doch regelmäßig zu Gast oder auch beim Bundesparteitag der FDP.
Herr Boddenberg, es bestehen doch relativ enge Kontakte zur CDU, wenn ich das richtig weiß. Ich habe gelesen, dass der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach gemeinsam mit dem Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft Wendt den „SUMMIT 2015“ der Deutschen Automatenwirtschaft eröffnet hat. Da sagte Wolfgang Bosbach, die Deutsche Automatenwirtschaft würde aus seiner Sicht die Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft immer im Blick haben. Gleichzeitig warnte er die Politik davor, immer neue Regeln für das Spiel zu erfinden.
Das hat mich etwas überrascht; denn sonst liegt Wolfgang Bosbach die Sicherheit so sehr am Herzen. Sonst hat Herr Bosbach nicht so viele Probleme mit einer immer neuen Regelungswut, wenn es um die Überwachung der Bürgerinnen und Bürger geht. An dieser Stelle sieht er das offensichtlich anders, meine Damen und Herren.
(Michael Boddenberg (CDU) begibt sich zum Platz von Minister Tarek Al-Wazir, um mit diesem ein Gespräch zu führen.)