Natürlich ist es so: Ein Blick durch die entsprechenden Straßen zeigt, dass sich bisher kein wesentlich anderes Bild ergibt als vor Erlass des Gesetzes. Die Anzahl der Spielhallenkonzessionen ist in Hessen nur geringfügig zurückgegangen. Bisweilen sind sogar neue Standorte entstanden. Die Frage ist natürlich: Warum ist das so?
Zum einen liegt das natürlich an der Übergangsfrist, die im gültigen Gesetz richtigerweise eingebaut worden ist. Legal betriebene Unternehmen können nicht einfach von einem auf den anderen Tag geschlossen werden. Auch Spielhallenbetreiber haben Grundrechte, und das ist auch gut so. Um die Grundrechte der Spielhallenbetreiber zu wahren, musste es eine Übergangsfrist geben. Diese Frist läuft diesen Freitag, am 30.06.2017, aus.
Ich will es noch einmal ausdrücklich sagen, weil manchmal in der Debatte vieles durcheinander ging: Wir reden hier über die Novellierung des gültigen Spielhallengesetzes, die am 1. Januar des nächsten Jahres in Kraft treten soll. Das heißt aber nicht, dass das jetzt geltende Spielhal
lengesetz nicht umzusetzen wäre. Das sind zwar verwandte Themengebiete, aber es ist nicht das Gleiche.
Zweitens müssen wir uns die Erfahrungen mit dem bisherigen Spielhallengesetz anschauen. Gemeinden als Konzessionsbehörden haben vielerorts von Ausnahmeregelungen des Gesetzes Gebrauch gemacht. Ausnahmen vom Abstandsgebot, Ausnahmen vom Verbot der Mehrfachkonzessionen wurden in manchen Gemeinden großzügig zugelassen. Die Gemeinden hatten nach den bisherigen Regelungen des Gesetzes ja die alleinige Verantwortung.
Damit kommen wir zu einem Problem, denn Mehrfachkonzessionen sind verboten – so sieht es der Glücksspielstaatsvertrag vor. Diese klare Regelung soll, so schlagen wir vor, zukünftig auch in Hessen gelten, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die bisherige Ausnahmemöglichkeit soll gestrichen werden, die Härtefallregelung aber bestehen bleiben. Auch das gehört dazu.
Außerdem wollen wir einige Unklarheiten bei den Kriterien beseitigen; wir wollen also klarer werden. Ein Beispiel ist die Regelung zum Mindestabstand zwischen den Spielhallen: Die Voraussetzungen der Abweichungsmöglichkeiten wurden in den Gemeinden bisher sehr unterschiedlich angewandt. Deswegen soll jetzt gesetzlich konkretisiert werden, dass 300 m auch wirklich 300 m sein müssen. Das bedeutet z. B., dass der kürzeste Fußweg zwischen zwei Spielhallen länger als 300 m sein muss und dass zukünftig auch keine Sichtachse zu einer anderen Spielhalle bestehen soll.
Ich will ausdrücklich sagen: Das dient dem Spielerschutz. Der sogenannte pathologische Spieler – man könnte auch sagen: der Spielsüchtige – soll beim Verlassen der Spielhalle im wahrsten Sinne des Wortes einen Abstand zum Spiel bekommen.
Zur Stärkung des Kinder- und Jugendschutzes sieht der vorliegende Entwurf zukünftig einen Mindestabstand von 500 m zu Kinder- und Jugendeinrichtungen vor. Es ist klar, dass das Glücksspiel eine besondere Anziehungskraft auf Jugendliche ausübt. Der nun festgelegte Mindestabstand soll also wirklich als präventiver Jugendschutz dienen und das derzeit schon geltende Betretungsverbot für Jugendliche unter 18 Jahren ergänzen.
Klar ist, dass die Abstandsregelungen faktisch zu einer Verringerung der möglichen Spielhallenstandorte führen werden, jedenfalls in den sogenannten begehrten Lagen. Da aber grundsätzlich allen Spielhallenbetreibern die Möglichkeit eröffnet werden soll, auch eine Spielhalle in solchen Lagen zu führen, soll die Dauer der Spielhallenerlaubnis um fünf Jahre auf maximal zehn Jahre herabgesetzt werden und damit eine Fluktuation zugunsten von Mitbewerbern gestärkt werden.
Wir wollen auch das, was glücklicherweise schon jetzt gängige Praxis ist, nämlich z. B. die Regelung zur Spielersperre, zukünftig ins Gesetz aufnehmen. Damit ist klar, dass jemand, der eine Spielhalle betreibt, auch am Sperrsystem beteiligt sein muss und dass der Anschluss an dieses System und dessen Nutzung kostenpflichtig sind. Es gibt eine Verpflichtung zur Statusabfrage bei jedem, der dort Einlass begehrt, damit klar ist, dass jemand, der gesperrt ist, wirklich nicht in die Spielhalle kann.
Als die Spielersperrsysteme entstanden, ging man davon aus, dass Sperren eher von anderen beantragt werden. Die klassische Situation – das sage ich jetzt, weil der Kollege
Merz gerade von Art. 3 des Grundgesetzes gesprochen hat –: Der Mann verspielt das Haushaltseinkommen, und die Frau beantragt, den Mann zu sperren, damit im nächsten Monat noch etwas zu essen da ist. So hat man sich das ursprünglich einmal gedacht. Wir stellen aber fest, dass die weit überwiegende Zahl der Spielersperren von den Spielern selbst beantragt wird. Sie sagen: „Wenn ich in Zukunft an dieser Spielhalle vorbeigehe und es dann doch nicht schaffe, am Eingang vorbeizukommen, möchte ich, dass ich aufgehalten werde.“ Deswegen müssen wir dafür sorgen, dass solche Regelungen wirklich überall umgesetzt werden.
Ich will noch erwähnen, dass das neue Änderungsgesetz auch Erleichterungen für die Betreiber beinhaltet. Wir haben festgestellt, dass – jedenfalls für die Betreiber – manche Punkte nicht in klare Regeln gegossen sind. Stichwort: Sozialkonzepte. Im bisher geltenden Gesetz steht, sie seien „laufend“ zu aktualisieren. Das ist ein sehr unbestimmter Zeitraum. Wir haben deshalb jetzt vorgeschlagen, dass dies zukünftig nicht mehr laufend, sondern alle zwei Jahre zu aktualisieren ist.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Es soll eine einheitliche Sperrzeit für Spielhallen erreicht werden, um das sogenannte Spielhallen-Hopping zu unterbinden.
Deswegen sage ich an dieser Stelle: Wir hatten mit dem Gesetz von 2012 die Situation, dass dort eingegriffen wird, dass wir aber – das ist die Feststellung nach viereinhalb Jahren – mindestens bei der Frage des Verbots von Mehrfachkonzessionen mit den bisherigen Regelungen nicht weitergekommen sind. Ich will ausdrücklich sagen, dass das Ziel weiterhin lautet: weniger Spielhallen. Deshalb schlagen wir dem Landtag diese Änderungen vor.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Es gibt in diesem Bereich viele Interessen, sehr viele Interessen. Es gibt die Kommunen, die einerseits dieses Gesetz umsetzen müssen und andererseits – Stichwort: Spielapparatesteuer – an bestimmten Punkten auch wieder profitieren. Es gibt die Betreiber, die ebenfalls ihre Interessen haben, das ist klar. Es gibt – Stichwort: Suchtgefahren – aber beispielsweise auch Organisationen, die sich um jene kümmern, die damit nicht umgehen können.
Dementsprechend ist völlig klar, dass wir bei den weiteren Beratungen im Ausschuss noch viele Diskussionen haben werden. Das wird eine muntere Anhörung, da bin ich mir ganz sicher. Vielleicht wird es auch jetzt eine muntere Debatte, aber auf jeden Fall bekommen wir im Ausschuss eine muntere Anhörung. Ich will ausdrücklich sagen, dass ich mich darauf freue. Es wird eine spannende Anhörung. Ich bin gespannt auf die vielen Änderungsvorschläge, die wir sicherlich bekommen werden.
Mir ist schon jetzt klar, dass das Gesetz, das wir beschließen werden, sicherlich nicht bei allen Jubel hervorrufen wird. Es wird manchen zu weit gehen, anderen nicht weit genug. Aber genau dafür ist eine Volksvertretung da: um die unterschiedlichen Interessen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger auszugleichen. Deswegen freue ich mich auf die Anhörung. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Staatsminister, für die Einbringung in der ersten Lesung. – Ich eröffne nun die Debatte; Wortmeldungen liegen mir schon vor. Herr Kollege Eckert von der SPD hat sich zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es ja ganz passend, Herr Minister, dass Sie in der neuen Legislaturperiode jetzt auch für diese Themen zuständig sind. Aber wie das bei Ihnen so ist, muss man durchaus auch Glück haben, damit in den Vorschlägen, die Sie nachher hier vorlegen, auch wirklich etwas Gutes und Richtiges enthalten ist.
Ich sehe, dass Sie allein hier sind und dass die beiden anderen mit dem Thema beschäftigten Ministerien hier durch Abwesenheit glänzen. Sowohl der Sozialminister – was die Themen Sucht und Suchtprävention angeht – als auch der Innenminister, der auch ein großes Wort mitzudiskutieren hat, glänzen durch Abwesenheit.
Ich finde, das ist dem Thema nicht angemessen und zeigt, dass Sie zwar munter Zuständigkeiten hin- und herschieben, dass sich danach aber offensichtlich niemand mehr mit dem Thema beschäftigt. Dafür ist das aber viel zu wichtig, meine Damen und Herren.
Die Debatte war in den letzten Wochen und Monaten in der Tat noch einmal hochaktuell. Herr Minister, Sie haben es angesprochen. Die Frage der Umsetzung des Verbots von Mehrfachkonzessionen war ein Thema, das uns alle beschäftigt hat – die Öffentlichkeit und auch das Parlament, insbesondere dank der Initiativen und Anfragen seitens der FDP und der SPD.
Bei Ihrem Gesetzentwurf muss man sich natürlich sehr lange mit den Details beschäftigen, weil er teilweise sehr kleinteilig ist. Ich finde, es handelt sich um einen Entwurf mit Licht und Schatten, Herr Minister. Es ist durchaus Positives mit dabei.
Sie haben es angesprochen: Wenn man die Veränderung der 300-m-Regelung betrachtet – weg von der Sichtbeziehung, hin zum tatsächlichen Gehweg –, ist das eine Verbesserung, die in der praktischen Umsetzung dieser rechtlichen Regelung vor Ort Rechtssicherheit schafft. Das gilt auch für die 500-m-Abstände zu Einrichtungen, die insbesondere von Kindern und Jugendlichen besucht werden; denn auch dort ist es notwendig, diese Grenze wirklich so deutlich zu ziehen und zu sagen, in welchen Bereichen wir in Hessen Spielhallen zulassen oder eben nicht zulassen wollen.
Sie haben die Überarbeitung des Sozialkonzepts angesprochen. Ich finde, das ist richtig und notwendig, weil damit vor Ort auch die Kontrolle und die gleiche Handhabung gewährleistet sind. Dann ist das eben nicht mehr nur noch regelmäßig vorzulegen und zu überarbeiten, sondern im Zweijahresrhythmus.
Das wird der praktischen Umsetzung vor Ort helfen. Das wird die gleiche Handhabung im gesamten Land schaffen. Wir werden es auch schaffen, dass die Betreiberinnen und Betreiber vor Ort immer up to date hinsichtlich der Veränderungen in der wissenschaftlichen Weiterarbeit bei der Suchtprävention sein werden. Ich glaube, das ist richtig und notwendig.
Dann gibt es aber ein paar Punkte in dem Gesetzentwurf, zu denen ich frage: Wenn Sie diesen Weg gehen, warum gehen Sie ihn dann nicht konsequent? Wenn ich mir die Umsetzung der Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht anschaue, sehe ich, dass Sie da die Kontrolle gerade aufweichen wollen. Vorher haben Sie gesagt, die Betreiberinnen und Betreiber haben die Daten, die man über die Auswirkungen des angebotenen Glücksspiels und das Entstehen einer Spielsucht erheben muss, der Aufsichtsbehörde vorzulegen. Das wollen Sie jetzt aufweichen. Sie sagen: Ihr müsst das zwar sammeln, aber lasst es liegen. Die Behörden sind dafür verantwortlich, das bei Bedarf anzufordern.
Ich finde, der Druck muss dableiben. Das muss vorgelegt werden. Denn nur wenn wir die Daten haben, können wir nachher die notwendigen Veränderungen an den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Suchtprävention und anderes vornehmen. Wenn wir da nicht nachschauen, lassen wir die Kommunen alleine. Sie sollen alleine dafür zuständig bleiben.
Herr Minister, die Spielersperre haben Sie angesprochen. Wir sind da in der Tat – nicht nur bei diesem Thema, das doch sehr umfangreich ist – auf die Anhörung gespannt. Wir hatten uns aber auch gedacht, dass man vielleicht aus Hessen heraus das eine oder andere Thema anschieben könnte. Dabei geht es z. B. um die Frage einer befristeten Selbstsperre, um sozusagen die Hemmschwelle zu senken. Dabei geht es um Menschen, die noch nicht bei der direkten Sperre sind, die aus Eigenschutz aber sagen: Ich bin bereit, mich selbst ein Stück weit herauszunehmen, um mich selbst damit zu schützen. – Die Hemmschwelle zu senken, das wäre ein probates Mittel. Ich bin da auf die Anhörung sehr gespannt.
Wir brauchen auch den Bericht zu unserem Berichtsantrag, Drucks. 19/4838 vom 26. April 2017, betreffend Glücksspielsperren in Hessen. Denn diese Daten sind natürlich für die weitere Beratung nicht ganz unwesentlich, nämlich hinsichtlich der Frage, wie die konkrete Überarbeitung aussehen soll und wie die Kontrolle im derzeitigen rechtlichen Rahmen in Hessen geschieht.
An einem Punkt sind wir entschieden anderer Auffassung. Sie haben als Wirtschaftsminister gesagt, Sie wollten den Konzessionierungszeitraum von 15 Jahre auf zehn Jahre verändern, weil Sie den Markt öffnen wollen.
Ich sage Ihnen: Das Gegenteil wird passieren. – Das werden danach nur noch wenige große Ketten hinbekommen. Wenn Sie eine solche Spielstätte neu eröffnen wollen, müssen Sie investieren. Das müsste sich innerhalb von zehn Jahren nicht nur amortisieren. Denn es sind nachher wirtschaftliche Betätigungen, die in Hessen stattfinden. Wenn man dann sagt, nach zehn Jahren statt nach 15 Jahren ist schon Schluss, werden wir das für neue Anbieter nicht öffnen. Vielmehr wird sich das dann insbesondere auf Ketten konzentrieren.
Ich glaube, das Ziel, das Sie haben, ist richtig. Aber das Mittel, das Sie wählen, ist falsch. Das zeugt nicht von einem richtigen wirtschaftlichen Ansatz.
Bei diesem Gesetzentwurf gibt es viel Licht und viel Schatten. Herr Minister, auch ich glaube, dass wir eine muntere Anhörung und nachher in der Abwägung der sehr unterschiedlichen Interessen bei diesem Thema eine muntere Debatte bekommen werden. Ich freue mich auf die Debatte und würde mich freuen, wenn die zuständigen Ministerien ihren Beitrag noch leisten würden. – Herzlichen Dank.
Herr Kollege Eckert, vielen Dank. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Klose für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet. Herr Kollege, bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben es gehört: Das Hessische Spielhallengesetz wird Ende des Jahres auslaufen. Das heißt für uns natürlich, dass wir seine Wirksamkeit evaluieren werden und dass die Erkenntnisse daraus in die Überarbeitung einzufließen haben. Genau das ist der Anlass der heutigen Debatte.
Bevor ich jetzt auf die einzelnen konkreten Änderungen eingehen werde, die eben schon angesprochen wurden, will ich noch einmal kurz darlegen, warum es dieses Gesetzes überhaupt bedarf. Die Spielhallenbranche ist meiner Ansicht nach eine Besonderheit. Sie ist ein Musterbeispiel für einen Wirtschaftszweig, den der Staat unseres Erachtens nicht sich selbst überlassen darf.
Das ist der Grund, weshalb es den Glücksspielstaatsvertrag zwischen den Ländern gibt. Das ist auch der Grund, warum Hessen mit diesem Gesetz einen Ordnungsrahmen für unser Bundesland geschaffen hat. Was macht diese Branche also zu einer besonderen? Warum ist hier ein eigener staatlicher Ordnungsrahmen vonnöten?
Eigentlich hat Dostojewski in seinem Buch „Der Spieler“ schon 1867 die Antwort geliefert. „Morgen, morgen wird alles ein Ende haben“, ruft der namensgebende Spieler dort aus. Er schafft es das eine um das andere Mal dann doch nicht, weil er vom Spiel nicht lassen kann. Dostojewski wusste bekanntermaßen, wovon er schrieb. Er war auch häufig Gast in Hessen.
Von Spielhallen geht für Menschen, die von Spielsucht betroffen sind, damals wie heute eine unwiderstehliche Verführung aus. Wer pathologisch oder zwanghaft spielt, ist unfähig, dem Reiz des Glücksspiels zu widerstehen. Das gilt selbst dann, wenn es schlimme Folgen für ihn selbst oder sein familiäres oder berufliches Umfeld hat. Es ist kein Zufall, dass sich viele Spielerinnen und Spieler heute schon selbst für den Zutritt zu einer Spielhalle sperren lassen, weil sie um ihre Gefährdung wissen und so vor sich selbst geschützt werden wollen.