Protocol of the Session on February 1, 2012

Wir sind aber gut beraten, wenn wir dieses Thema in aller Ruhe, in aller Gelassenheit und in aller Sachlichkeit miteinander im Ausschuss im Rahmen einer Anhörung beraten. Nach dem, was vorgetragen worden ist, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass wir einen Weg finden, wie das eine oder andere in diesem Bereich optimiert und verbessert werden kann. – Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Innenminister. – Nun hat sich Frau Pauly-Bender noch einmal zu Wort gemeldet.

Meine Damen und Herren, ich möchte mich noch einmal bei allen Fraktionen für die Sachlichkeit in der Auseinandersetzung bedanken.

(Günter Rudolph (SPD): Im letzten Beitrag nicht so sehr!)

Ich möchte Sie einladen, sich mit dem – wie es der Herr Innenminister formuliert hat – weiter gehenden Regelungszweck des Vorschlags der SPD auseinanderzusetzen. Wir sind schon der Auffassung – einige sind auf die Rasseliste und deren Abschaffung oder Beibehaltung eingegangen –, dass wir uns etwas ausführlicher mit diesem für viele Menschen wichtigen Alltagsthema befassen müssen.

Wir haben rund um den Hund sehr viele Unfälle, Herr Innenminister. Wenn die Versicherungen in der Anhörung ihre Schadensstatistiken vorlegen, werden wir sehen, um welche Art von Unfällen es sich handelt. Herr Kaufmann hat vorhin dazwischengerufen, eventuell sollten den Versicherungsgesellschaften neue Geschäftszweige eröffnet werden können, wenn sich die FDP in unserer Folge dafür ausspricht. Aber lassen Sie die Versicherungen erst einmal vortragen, um welche Unfälle und Schadensklassen es geht, wenn beispielsweise ein kleiner Hund auf die Fahrbahn läuft und einen schweren Verkehrsunfall zeitigt. Insofern geht es bei dieser Versicherungspflicht auch um die Opfer.

Es wurde angesprochen, wir hätten nicht bedacht, wie die Sachkunde der normalen Bürgerinnen und Bürger finanziert werden könnte. In unserem Fachkreis, den wir zwei Jahre geführt haben – kein selbstverständlicher Aufwand für eine Oppositionsfraktion –, haben wir gelernt, dass die Vereine in Hessen, die mehr als 100.000 Mitglieder haben, bereitstehen und sogenannte Team-Tests für ausgesprochen geringe Beträge in jeder Gemeinde anbieten können, sodass jeder, der sich auf das Abenteuer „Hund“ einlassen möchte, diese Zumutung gerne auf sich nehmen wird. Sie müssen dabei berücksichtigen, was sonst für die Haustiere ausgegeben wird. Nicht von ungefähr habe ich vorhin gesagt, es handele sich um ein Milliardengeschäft. Die Menschen geben für ihre Haustiere tatsächlich ein Vielfaches aus. Das kann jeder in einem Gemeindehaushalt anhand der Gewerbesteuer eines solchen großen Marktes erkennen, der Haustierbedarf anbietet.

Es wurde angesprochen, dass wir vielleicht überregeln, wenn wir in unserem Gesetzentwurf einen Erinnerungspunkt dazu aufnehmen, welche Anforderungen an Kinder zu stellen sind, die einen Hund führen. Wir haben die Berufsverbände der Hundetrainer vortragen lassen, zu welch misslichen Situationen es im hessischen Verkehrsraum kommen kann, wenn etwa ein zwölfjähriges Kind einen Großhund ausführt, dieser einem anderen Hund begegnet, das Kind oder auch der erwachsene Führer des anderen Hundes sich nicht zu helfen wissen und es zu den üblichen Konfrontationen kommt, die Sie alle sich wahrscheinlich sehr gut vorstellen können. Das sollten wir im Ausschuss besprechen.

Zu dem Thema „Kinder“ möchte ich eines unterstreichen, was Herr Bocklet nur sehr kurz gestreift hat: Es gibt Untersuchungen, die uns zeigen, dass auch in Hessen Hunderte von Bissen im häuslichen Bereich vorkommen,

die nicht angezeigt werden. Meine Damen und Herren, die Sie der Sachkunde noch reserviert gegenüberstehen: Deswegen sind wir der Auffassung, dass die Sachkunde um den Hund etwas ist, womit wir auch Kinder schützen können. Die meisten schlimmen Bissunfälle kommen in den Familien vor, und zwar bei Kindern unter sechs Jahren. Da ich seit Jahren Sozialpolitikerin bin, vertrete ich die Auffassung, dass es auch dem sozialpolitischen Auftrag entspricht, hier schützend einzugreifen.

Wir haben das große Anliegen – Herr Rhein hat schon vorgetragen, dass wir seit zehn Jahren diese gemeinsame Liste haben –, gemeinsam einen qualitativen Schritt zu der Aussage zu machen: Wir sind die Volksvertreter, es handelt sich um ein Alltagsthema von Millionen von Menschen in diesem Land, und wir hören uns einmal an, was die Fachverbände dazu zu sagen haben. – Wir haben eine Voranhörung zu unserem Entwurf durchgeführt. Zum einen hat es keine einzige Stimme gegeben, die sich einer obligatorischen Sachkunde – wie auch immer im Einzelnen ausgestattet – verwehrt hätte. Zum anderen sollte man mit der Illusion aufräumen, dass man eine geeignete Rasseliste fände, um aufzulisten, wo die Beißkraft wirklich verortet ist, Herr Bocklet.

Jetzt muss ich noch etwas scharf hinzufügen. Herr Bocklet, im Zusammenhang mit der Rasseliste haben Sie gesagt, Sie würden an ein Milieu denken, das Kampfhunde hält. Gleichzeitig haben Sie gesagt, im Prinzip müsse der Deutsche Schäferhund dazugehören.

Jetzt möchte ich einmal in die Runde der Kommunalpolitiker fragen, die wahrscheinlich auch zu den Sommerfesten ihrer Sportvereine gehen: Würden Sie die Schäferhundehalter in Hessen als Milieu bezeichnen? Unser Argument ist – damit müssen wir uns im Ausschuss auseinandersetzen –, dass wir eine Rasseliste bekommen, die entweder überverhältnismäßig lang sein müsste oder ungeeignet ist.

Frau Pauly-Bender, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Wir laden Sie alle herzlich ein, im Ausschuss den Dingen auf den Grund zu gehen.

Ich bedanke mich für Ihre Offenheit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Pauly-Bender. Wie Sie vorhin bereits angedeutet haben, überweisen wir diesen Gesetzentwurf zur Vorbereitung der zweiten Lesung dem Innenausschuss, federführend, und dem Ausschuss für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, beteiligt.

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 6:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Hessisches Spielhallengesetz – Drucks. 18/5186 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt 7,5 Minuten je Fraktion. Zur Einbringung hat Herr Innenminister Rhein das Wort.

(Günter Rudolph (SPD): Da muss der Innenminister schon wieder ran!)

Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass ich heute den Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Landesspielhallengesetz in den Hessischen Landtag einbringen darf. Wenn es in Kraft tritt, wird Hessen das erste Flächenland in Deutschland sein, das den Bereich des Glücksspiels ordnet und im Sinne der Suchtprävention reglementiert, aber auch reguliert.

(Petra Fuhrmann (SPD): Vielleicht in 15 Jahren!)

Insbesondere – und das ist ausschlaggebend – wird dieses Gesetz den sofortigen Stopp des ungehemmten Wachstums von Spielhallen bewirken. Es trifft zu, dass Handlungsbedarf besteht, weil sich auf dem Glücksspielmarkt – vor allem im Bereich der Spielhallen, verehrte Frau Kollegin Fuhrmann – eine besorgniserregende Entwicklung zeigt.

Wachstum einzuschränken ist grundsätzlich nicht die Position von CDU und FDP und auch nicht dieser Landesregierung. Die FDP ist die Wachstumspartei, wie wir gelesen haben.

(Lachen des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Wir sprechen nicht von einem x-beliebigen Gewerbe. Sondern wir sprechen von einem Angebot, das in einem hohen Maße ein suchtgefährdendes Angebot ist. 70 % der Spielsüchtigen spielen an Spielautomaten. Deswegen ist ein reglementierender und ordnender Eingriff aus unserer Sicht dringend geboten.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Petra Fuhr- mann (SPD): Warum machen Sie es dann nicht?)

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Von 2006 bis 2010 haben wir bei den Konzessionen eine Zunahme um 41,19 %. Bei den Standorten ist eine Zunahme von über 20 % zu verzeichnen. Bei den Geräten – und das ist die besorgniserregendste Zahl – zeigt sich ein Plus von 60,49 %.

Am 24. März 2011 habe ich ein Eckpunktepapier vorgestellt, das die Ziele der Landesregierung enthält. Am 16. Mai 2011 habe ich den Entwurf eines Gesetzentwurfs in das Kabinett eingebracht. Das Kabinett hat dazu die Durchführung einer Regierungsanhörung beschlossen. Am 23. Januar 2012 hat das Kabinett erneut hierüber beraten und die Einbringung in den Landtag beschlossen.

Bisher hat es immer geheißen: Warum kommt der Gesetzentwurf nicht? Warum liefert er nicht? – Er hat deswegen nicht umgehend geliefert, weil es manchmal Sinn macht, die Dinge abzuwägen und sich umzuschauen, was sich drum herum entwickelt. Ich habe immer betont, dass wir einen bundeseinheitlichen Rahmen für diesen Gesetzentwurf bevorzugen. Wie Sie wissen, wurde der Glücksspieländerungsstaatsvertrag von der Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember 2011 beschlossen. Allein die Ratifikation durch die Landesparlamente steht noch aus.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es gab Lieferschwierigkeiten!)

Es gab keine Lieferschwierigkeiten. Vielmehr ist es wichtig, dass dieser Gesetzentwurf an den Glücksspieländerungsstaatsvertrag angepasst wird, der den bundeseinheitlichen Rahmen darstellt. Dieser Glücksspieländerungsstaatsvertrag findet auch in dem Gesetzentwurf, den

ich heute für die Landesregierung vorlege, Berücksichtigung.

Dieses Gesetz verpflichtet Betreiber erstmals zur Entwicklung von Präventions- und Suchtkonzepten und natürlich auch zur entsprechenden Schulung der Mitarbeiter.

Dieses Gesetz beinhaltet ein Sperrsystem, das verhindert, dass süchtige Spieler Zutritt zu Spielhallen erhalten. Es ist eine absurde Situation, dass jemand, der beim kleinen Spiel im Kasino abgewiesen wird, weil er in einem Sperrsystem erfasst ist, in eine Spielhalle gehen kann, um dort das Gleiche zu tun, was er im Kasino hätte tun wollen.

Dieses System ist im Übrigen ein Alleinstellungsmerkmal. Allein schon deswegen sollte die GRÜNEN-Fraktion unserem Gesetzentwurf beitreten. Das Sperrsystem ist nämlich ein ganz wichtiger Punkt, der durchaus Wirkung zeigen wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Mit diesem Gesetz wird eine Videoüberwachung in Spielhallen vorgeschrieben. Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes wird es keine neuen Mehrfachkonzessionen mehr auf dem Markt geben. Zudem wird es einen Mindestabstand von 300 m zwischen Spielhallen geben. Spielhallen müssen genauso wie Spielbanken – ich glaube, dass der Gleichklang wichtig ist – ab sofort sechs Stunden täglich schließen. Es wird auch keine grelle und reißerische Werbung mehr für Spielhallen oder an Spielhallen geben, wie es in der Vergangenheit der Fall war.

Ich habe natürlich die Kritik der Opposition gelesen. Jürgen Frömmrich hat direkt im Anschluss an meine Pressekonferenz selbst ein Pressestatement abgegeben. Zudem hat er einen Gesetzentwurf vorgelegt. Das unterscheidet die GRÜNEN im Übrigen von der SPD, die das Thema überhaupt nicht im Fokus hat. Die SPD kümmert sich überhaupt nicht um dieses Thema, weder durch einen Gesetzentwurf noch durch sonstige Aktivitäten. Die SPD hat nicht einmal eine Idee zu diesem Thema. Deswegen kann man das an dieser Stelle durchaus einmal hervorheben.

Zu den Vorwürfen der Opposition möchte ich Folgendes sagen: Ich hätte mir natürlich an der einen oder anderen Stelle eine strengere Regelung gewünscht. Das steht doch völlig außer Frage.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wie jeder andere in diesem Hause freue auch ich mich nicht über Übergangsfristen. Auch das ist völlig klar. Wenn mir aber die Experten und Juristen in einer Anhörung sagen, ich solle es anders machen, weil das Gesetz sonst vor Gericht scheitert, ich solle nicht den Weg gehen, den beispielsweise Berlin gegangen ist, weil dies ein rechtlich riskanter Weg ist, dann muss ich das zur Kenntnis nehmen. Wenn ich das nicht zur Kenntnis nehmen würde, wäre ich in einem hohen Maße beratungsresistent und würde das Anliegen des Gesetzes gefährden.

Deswegen haben wir uns für einen anderen Weg entschieden. Hierbei geht es nicht um einen Wettbewerb um den radikalsten Gesetzentwurf. Hier geht es einzig und allein darum, wer den wirkungsvollsten Gesetzentwurf vorlegt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Dieser Gesetzentwurf soll vor Gericht einer rechtlichen Überprüfung standhalten. Den Menschen vor Ort ist nicht mit einem radikalen, aber aufgehobenen Gesetzentwurf geholfen. Wenn sie dann gar keine Regelung haben,

dann befinden sie sich in der gleichen Situation, in der sie sich heute befinden.

Wenn man keine Übergangsfristen formuliert, dann macht man den Leuten vor, man sei derjenige, der alles sofort regelt. Damit wird aber nicht die Frage beantwortet, was denn bei zwei nebeneinander liegenden Hallen gemacht wird, die zum gleichen Zeitpunkt ihre Konzession bekommen haben und die auch gleich seriös sind. Es gibt schließlich auch seriöse Spielhallen. Welche ist denn dann zu schließen? Das ist doch die Frage, die sich aufdrängt. Wie und mit welcher Schadenersatzfolge entziehe ich mit sofortiger Wirkung Konzessionen, die die Betreiber legal bekommen haben? Sie haben sie schließlich nicht illegal erworben.

Auf alle diese Fragen haben Sie keine Antworten gegeben. Deswegen gibt es für diese beiden Punkte eine Übergangsfrist. Alle anderen Regelungen treten sofort in Kraft.