Protocol of the Session on November 18, 2010

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben wieder eine Debatte für nichts und wieder nichts geführt. Frau Hammann, vielen Dank dafür, dass wir uns so lange aufgehalten haben. Aber ich werde meine Redezeit nicht ausnutzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Schönen Dank, Herr Kollege Sürmann. – Für eine Kurzintervention hat sich Frau Schott gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin, zwei Minuten.

Herr Sürmann, Sie haben von einer Wellendichtung gesprochen, die ausgewechselt werden müsste, und haben dann ein bisschen theatralisch gesagt, was noch alles wirklich passieren könnte, wenn man jetzt nicht festgestellt hätte, dass das Ding kaputt ist. Verdammt noch einmal, das ist doch genau der Punkt.

Wir haben es hier mit einem uralten Reaktor zu tun. Wir hören mantraartig immer und immer wieder, der sei wunderbar neu. Warum ist denn die Wellendichtung kaputt? Warum haben wir irgendwelche Dübel gehabt, die nicht funktionieren? Warum brauchen wir 66 Maßnahmen – von dem Schalter von unlängst will ich gar nicht reden –, wenn dieses Ding in so einem wunderbaren Zustand ist? Die tagtägliche Betrachtung dieses Reaktors zeigt sehr deutlich, dass er eben nicht funktioniert, sodass man einfach sagen kann: Das Ding ist nicht in Ordnung.

(Zurufe von der CDU)

Natürlich wechselt man die Reifen an einem Auto. Aber irgendwann ist ein Auto so alt, dass der TÜV es aus dem Verkehr zieht. Irgendwann ist ein Auto so alt, dass man es nicht mehr benutzt. Hier hilft ein Reifenwechsel nicht mehr. Hier hilft nur noch abschalten, und zwar sofort.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU: Eieiei!)

Sie haben uns wieder erzählt, wie wunderbar das alles sei. Wir machen gelegentlich Bildungsreisen in diesem Haus.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Warum gibt es beim sozialistischen Bruder so viele Kernkraftwerke?)

Ich schlage vor, Sie hören mir zu und können dann in den Dialog mit mir treten. Dann höre ich Ihnen auch gerne zu. – Ich schlage vor, wir fahren gemeinsam nach Tschernobyl und schauen uns an, was da los ist. Dann reden wir wieder darüber, warum die Schweiz und andere Länder weiterbauen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist überhaupt nicht vergleichbar, meine Güte!)

Wenn irgendjemand von der Brücke springt, springen Sie auch nicht mit. Es ist doch keine Begründung, dass in anderen Ländern dieser Welt weiter mit Atomkraft gearbeitet wird. Dann heißt es, auch wir tun es. Was ist denn das für eine merkwürdige Begründung?

(Beifall bei der LINKEN)

Schönen Dank, Frau Schott. – Zur Gegenrede, Herr Kollege Sürmann.

Es fällt natürlich schwer, inhaltlich eine Gegenrede zu geben, weil Ihre Inhalte nicht richtig erkennbar waren.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Diese Turbine ist nicht uralt oder sonst irgendetwas. Ich will aber eines betonen, weil Sie hier wieder eine Legendenbildung betreiben, was gegenüber der Öffentlichkeit nicht in Ordnung ist. Dieses Kernkraftwerk in Biblis, ob Sie es hören wollen oder nicht, entspricht mehr als dem Neubaustandard der Atomenergiebehörde für ein Kraftwerk, das im Ausland errichtet wird.

(Norbert Schmitt (SPD): Das stimmt ja nicht!)

Herr Schmitt, weisen Sie es nach, dass es nicht stimmt.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich weiß, dass es stimmt. Ich würde es nicht wagen, hier in die Öffentlichkeit zu treten, um so etwas zu verkünden. Aber es ist so. Ich habe es schon einmal gesagt, da haben Sie auch nicht das Gegenteil beweisen können.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD)

Schönen Dank, Herr Kollege Sürmann. – Für die Landesregierung hat Frau Staatsministerin Puttrich jetzt das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich erst einmal einiges feststellen.

Erstens. Biblis befindet sich auf internationalem Sicherheitsstandard.

Zweitens. Wer Biblis mit Tschernobyl vergleichen will, spricht in Phrasen und hat keine Ahnung von der Sache.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Drittens. Wenn sich hier jemand erdreistet, Autos mit AKWs zu vergleichen, dann disqualifiziert er sich in der Diskussion selbst.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Lassen Sie mich auch noch etwas anderes voranstellen. Sie machen den Versuch, diese Debatte wieder zu etwas zu machen, wie Sie es immer machen, zu einer Generaldebatte Ihrer Aversion gegen Atomkraftwerke in Phrasen, in Überschriften, mit wenig Detailkenntnis, aber mit dicken Überschriften.

Wenn Sie von Ihrer Seite immer wieder diese Begriffe verwenden, die man inzwischen nicht mehr hören kann – Atomdeal, Geschachere, Schotter –, dann sieht man, dass Sie nicht in der Sache diskutieren, sondern Emotionen wecken wollen, was Sie bei diesem Thema immer wollen. Wenn Sie immer wieder darüber sprechen, dass es einen schmutzigen Atomdeal gegeben habe, dann wollen Sie Bilder bedienen, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Erstens hat diese Bundesregierung einen Atomvertrag gemacht, wie auch die Bundesregierung zuvor einen Atomvertrag abgeschlossen hat.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Kommen Sie doch einmal zur Sache!)

Zweitens. Sie müssen sich daran gewöhnen, dass die Bundesregierung, die den Atomausstieg beschlossen hatte, abgewählt wurde. Sie müssen sich damit abfinden, dass die jetzige Bundesregierung von vornherein mit der Aussage, dass sie die Laufzeiten verlängern wird, gewählt wurde. Insofern ist das sehr transparent und sehr offen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Lassen Sie mich noch mit einer anderen Sache aufräumen. Sie bedienen immer sehr gern das Bild, hier seien die Laufzeiten verlängert worden, und damit würden sich nur Unternehmen reich machen. Ganz bewusst verschweigen Sie dabei, dass hier die Gewinne durch die Kernbrennstoffsteuer abgeschöpft werden sowie auch durch das Sondervermögen Energie- und Klimafonds. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis, nehmen Sie das nicht selektiv wahr.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Nichtsdestoweniger möchte ich gern auf die Kernbrennstoffsteuer eingehen. Am 28.10. wurde dieses Gesetz beschlossen. Am 1. Januar 2011 tritt es in Kraft. Insofern kann man sagen, ob es einem gefällt oder nicht – darüber haben wir uns im Ausschuss unterhalten –: RWE befindet sich hier auf einem legalen Weg. Es ist nicht illegal. Wenn ein Gesetz am 01.01. in Kraft tritt, ist es legal, vorher zu handeln. Ob das politisch klug oder geschickt ist, das kann man ganz unterschiedlich bewerten. Darüber haben wir uns auch unterhalten. Ob das vertrauensfördernd ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Ich glaube, dabei waren wir uns recht einig.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Aber nichtsdestoweniger können Sie jetzt nicht so tun, als würde hier eine illegale Sache passieren. Man befindet sich hier auf rechtlichem Boden.

Selbstverständlich haben wir von unserer Seite her geprüft, inwieweit dieser vorzeitige Brennelementewechsel

genehmigungspflichtig ist. Im Ausschuss habe ich Ihnen darüber Auskunft gegeben: Hierfür ist keine Genehmigung erforderlich. Deswegen ist das möglich gewesen.

(Timon Gremmels (SPD): Sie haben doch einen schriftlichen Vertrag! Offensichtlich haben Sie in Berlin schlecht verhandelt!)

Wir sind hier nicht in Berlin, wir sind hier in Wiesbaden. Ich möchte mich mit Ihnen über die hessischen Verhältnisse unterhalten – auch wenn Sie eine andere Debatte daraus machen wollen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Lassen Sie mich deshalb aus hessischer Sicht zu mehreren Dingen noch etwas sagen.

Sie fordern immer wieder, dass an den Novellen zum Atomgesetz der Bundesrat beteiligt werden soll. Wir schätzen das anders ein als Sie – erlauben Sie das bitte. Die Länder werden hier nicht mit neuen Aufgaben beschäftigt, auch nicht mit neuen Inhalten. Es gibt keine wesentliche neue Bedeutung. Es verlängert sich lediglich die Dauer der Aufgabe.

Das ist unsere rechtliche Beurteilung hierzu. Sie müssen die nicht richtig finden, aber ich bitte Sie darum, mindestens zu akzeptieren, dass wir diese Position vertreten.

Das Zweite. Wenn Sie von Ihrer Seite her das Kernbrennstoffsteuergesetz ansprechen, so hat sich die Hessische Landesregierung dazu positioniert. In den beiden Ausschüssen des Bundesrates, im Ausschuss für Umwelt und im Ausschuss für Finanzen, haben wir die Position vertreten, dass das Kernbrennstoffsteuergesetz in den Vermittlungsausschuss sollte, und zwar aus dem einfachen Grund heraus, weil wir der Meinung sind, es kann nicht sein, dass auf Bundesseite Geld eingenommen wird, das Verfahren auf der anderen Seite aber das Land Geld kostet – und nicht nur das Land, sondern auch die Kommunen, über die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer, die sich reduzieren.