Letztlich: Wer weiß, dass man nur die Baunutzungsverordnung für Kindergärten ändern will, der weiß auch um die inhaltliche Schwäche – dass nämlich die Kindergärten dabei nur e i n Problem sein werden.
Wir haben auch Klagen gegen öffentliche Spielplätze, nicht gegen genehmigte Betriebskindergärten, nein, auch gegen Spielplätze und Schulhöfe. All das haben wir inhaltlich klar gefasst. Wir haben gesagt: Kinderlärm muss zukünftig für Kindergärten, Schulhöfe und Spielplätze zulässig sein.
Lassen Sie uns heute den Weg für eine hessische landespolitische Lösung gehen – so, wie das übrigens auch, liebe Kollegen von der SPD, die Sozialdemokratie in Berlin getan hat und wie das, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, auch die Hamburger mit einer landespolitischen Lösung getan haben. Berlin und Hamburg sollten ein Vorbild für uns Hessen sein. Deswegen heißt es heute: nicht kneifen, sondern für spielende Kinder kämpfen.
Vielen Dank, Herr Kollege Bocklet. – Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Wiesmann für die CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Als wir uns im vergangenen Oktober an dieser Stelle unterhalten haben, waren wir uns in der Zielsetzung weitestgehend einig. Wir wollen übereinkommen und gemeinsam vereinbaren: Kinder sind eine Bereicherung und keine Belästigung.
Wir wollen, dass Kinder mit all ihren Bedürfnissen in unserer Mitte leben und aufwachsen können, dass Schule mitten bei uns stattfinden kann und dass der Ausbau von Spiel- und Sportstätten für Kinder und Jugendliche weiter voranschreiten kann.
Ich bin mir einigermaßen sicher, dies gilt noch. Zumindest ich halte das Ihnen von der Opposition zugute – auch wenn Sie, lieber Herr Bocklet, mittlerweile mit ziemlich kindischen Vergleichen unterwegs sind: „Kinder sind keine Kreissägen“. Das Beste daran ist noch die Alliteration.
Weil uns als CDU dieses Anliegen so wichtig ist, haben wir es sowohl im hessischen Koalitionsvertrag als auch in der Berliner Koalitionsvereinbarung mit der FDP jeweils unmissverständlich verankert. Im Berliner Vertrag heißt es:
Kinderlärm darf keinen Anlass für gerichtliche Auseinandersetzungen geben. Wir werden die Gesetzeslage entsprechend ändern.
Unser hessisches Vorhaben einer Bundesratsinitiative zur Änderung des Lärmschutzrechts haben wir, gemeinsam mit Rheinland-Pfalz und anderen, schon im vergangenen November auf den Weg gebracht.
Meine sehr geehrten Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sie haben sich zweifellos angestrengt. Mit Ihrem überarbeiteten Gesetzentwurf versuchen Sie, die – mit Verlaub – sehr eindeutigen Hinweise der bei der Anhörung zu Wort gekommenen Fachleute aufzunehmen.
Diese hatten insbesondere die geringe Klarheit der von Ihnen vorgeschlagenen Regelungen bemängelt und sogar eine Verschärfung der Rechtsunsicherheit befürchtet.
Es braucht großen Optimismus – man könnte auch Blauäugigkeit dazu sagen –, nun anzunehmen, der geänderte Entwurf werde dem Anliegen besser gerecht.
Am Rande will ich bemerken: Eine Reihe von Veränderungen, die Sie vorgenommen haben, um die Klarheit zu erhöhen, bedeutet auch, dass vorbeugende Maßnahmen
zum Lärmschutz nunmehr kaum noch verlangt werden. Ob das dem Nachbarschaftsfrieden dient, mag bezweifelt werden.
Aber seis drum. Die von Ihnen nach wie vor nicht überzeugend beantwortete, aber entscheidende Frage ist die der gesetzgeberischen Zuständigkeit. Denn sie entscheidet über die Rechtssicherheit – und das ist irgendwann auch die Gerichtsfestigkeit der zu treffenden Regelungen.
Rechtsexperten wie auch die Bundesregierung selbst – übrigens in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage Ihrer Kollegen von den GRÜNEN in Berlin – stimmen darin überein, dass, erstens, Kindertagesstätten rechtlich gesehen nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind und, zweitens, die Zuständigkeit für den Schutz vor anlagenbezogenem Lärm ebenso beim Bund liegt wie die Zuständigkeiten für das Bauplanungsrecht – auf das auch Ihr Gesetzentwurf in wesentlichen Teilen zielt – und für das Nachbarschaftsrecht. Auf dieser Grundlage getroffene Regelungen müssen alle miteinander in Einklang stehen. Nur dann kann die Privilegierung von Kinderlärm gelingen. Nur dann wird es uns möglich, nicht nur in der politischen Willensbekundung mehr Toleranz für Kinderlärm aufzubringen, sondern eine tatsächlich rechtssichere Lösung für Kinder zu erreichen.
Denn welchem Kind und welchem Kindergarten ist damit gedient, wenn aufgrund auseinanderdriftender Regelungen in Bund und Land der Klageweg nicht verwehrt, sondern verkompliziert oder gegebenenfalls sogar verlängert wird?
Das sagt sich so leicht dahin, und es füllt Spalten in Zeitungen.Aber in der Realität löst das kein Problem.
Was ist unsere Lösung? Derzeit prüft die Bundesregierung, welche Änderungen des Lärmschutzrechts vorgenommen werden müssen, um dem Anliegen zu entsprechen. Konkret – davon war schon die Rede – sind bislang eine Bauplanungsrechtsnovelle und in Zusammenhang damit eine umfassende Prüfung der Baunutzungsverordnung vorgesehen. Das zuständige Bundesministerium beabsichtigt, in diesem Rahmen eine generelle Zulässigkeit von Kindertagesstätten in reinen Wohngebieten durch eine Änderung von § 3 vorzuschlagen. Die Novellierung des Bauplanungsrechts soll gründlich durch Expertengespräche und Beteiligung der Fachöffentlichkeit vorbereitet und das förmliche Verfahren im kommenden Jahr eingeleitet werden. Wie bereits in früheren Fällen soll auch hier ein Planspiel die Novelle begleiten.
Wie in anderen Fällen, über die wir in dieser Plenarrunde schon gesprochen haben, gilt auch hier: Wir wollen nicht irgendein Gesetz um des Signals willen – ein Gesetz, das den Eindruck vermittelt, die tun etwas; sollte dies eine Spezialität der GRÜNEN sein? –, sondern ein gutes, das bestmögliche Gesetz und die bestmögliche Verordnung.
Derlei will solide vorbereitet werden, und es wird solide vorbereitet. Die Länder ihrerseits, allen voran auch Ihre Kollegen in Rheinland-Pfalz und das Land Hessen,stehen dem Vorhaben positiv gegenüber.
Sie finden die Bundesratsentschließung vom März mickrig – ich weiß Ihre Wortwahl nicht mehr ganz genau –, aber die Länder haben ihre Unterstützung des Vorhabens der Bundesregierung darin eindeutig bekräftigt, die Gesetzeslage so zu ändern, dass Kinderlärm keinen Anlass mehr zu gerichtlichen Auseinandersetzungen bietet.
Es ist in der Gesetzestechnik vielleicht nicht so einfach, wie Sie es gerne hätten.An Ihrem Entwurf hat man es besichtigen können.
Ich möchte gerne zusammenfassen. Kinderlachen ist Zukunftsmusik. Die gesellschaftliche Akzeptanz für Kinder und ihre Bedürfnisse soll erhöht werden. Darin sind wir uns einig.
Die entscheidende Gesetzgebungskompetenz zur Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen hierfür liegt beim Bund. Die Bundesregierung ist sich ihrer Verantwortung bewusst und prüft derzeit umfangreiche gesetzgeberische Maßnahmen, die in den kommenden Jahren in ein förmliches Verfahren münden sollen. Die CDU als Familienpartei wird dafür sorgen, dass ein gutes Ergebnis erzielt wird.
Deshalb werben wir um Zustimmung zu unserem Antrag und lehnen den vorgelegten Gesetzentwurf auch in der geänderten Fassung ab. Ein landespolitischer Schnellschuss gibt auf ein richtig erkanntes Problem die falsche Antwort. Bleiben wir sachlich, und vermeiden wir Flickschusterei um des schönen Scheins willen. Die Kinder haben es verdient. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Kinderlärm, das ist ein Thema, das uns hier sehr beschäftigt hat und wo wir als FDP-Fraktion sowohl in den Koalitionsverträgen wie auch in unserem Programm immer ganz klar und deutlich Position bezogen haben.Für uns ist Kinderlärm Zukunftsmusik und nichts, was man unterdrücken oder verbieten darf. Das ist die klare Position der FDP.
Herr Bocklet, Sie sind an dieses Pult getreten und haben Ihre Rede auf eine ein bisschen seltsame Art und Weise eingeleitet.Ich glaube,Sie haben mit Ihrer Rede nicht den Ton getroffen, der der Sache angemessen ist, genauso wenig wie Ihr Gesetzentwurf die Sache getroffen hat, um die es geht.
Es ist durch alle Wortbeiträge und Presseerklärungen meiner Fraktion und von mir persönlich deutlich geworden, dass wir, wenn es aus unserer Sicht in irgendeiner Weise klug und sinnvoll gewesen wäre,in Hessen eine vernünftige Regelung zu treffen, dafür auch eingetreten wären und es uns egal gewesen wäre, von welcher Fraktion der Gesetzentwurf gekommen wäre.
Ich glaube, es ist kein Zufall, dass sich die SPD-Fraktion hier enthält, aus Solidarität mit den GRÜNEN nicht dagegen stimmt. Denn in der Anhörung ist einiges deutlich geworden. Ich muss ehrlich sagen, als ich Ihre Presseerklärung nach der Anhörung gelesen habe, habe ich gedacht, ich sei in einem anderen Saal gewesen,
ich sei irgendwo gewesen, wo andere Leute gesprochen haben. Oder Sie haben nicht zugehört. Sie können im Nachgang bitte das Protokoll lesen. Ich kann es wirklich nicht mehr ertragen, Herr Bocklet, dass Sie versuchen, diese Anhörung auszublenden, in der Sie sich von allen Anzuhörenden, die da waren, für Ihren Gesetzentwurf einen Verriss eingefangen haben.
Die härteste Aussage war, dass wir, wenn wir Ihren ursprünglichen Gesetzentwurf so beschließen würden, juristisch zusätzliche Angriffsflächen schaffen würden. Ich glaube, das war der härteste Hinweis.