Wir haben, auch wenn das bei den Menschen und in der SPD – ich gebe das unumwunden zu, und ich kann mir nicht vorstellen, dass das bei CDU und FDP nicht auch
innerhalb der Mitgliedschaft diskutiert wurde – zu Diskussionen geführt hat, immer wieder gesagt, wir wollen den Ausbau des Frankfurter Flughafens,
weil wir wissen, dass der Frankfurter Flughafen eine herausragende Bedeutung für die Wirtschaftsentwicklung nicht nur im Rhein-Main-Gebiet,sondern auch in Hessen, ja, über Hessen hinaus hat. Aber das war die Grundlage für unser Versprechen.Wir wissen auch, dass mit dem Betrieb dieses Flughafens erhebliche gesundheitliche Belastungen für die Anlieger des Flughafens verbunden sind. Insbesondere die Risiken durch Fluglärm waren und sind immer noch Gegenstand von Diskussionen in der Bevölkerung, aber auch im Hessischen Landtag.
Meine Damen und Herren, erinnern wir uns daran: Wir haben die gesundheitlichen Risiken durch Fluglärmbelastungen unter uns unstrittig diskutiert. Wir wissen, wie wichtig fluglärmfreie Zeit in der Nacht für die Gesundheit der Menschen ist. Der Landtag hat im Mai 2006– daran muss man CDU und FDP hier im Haus erinnern – einstimmig beschlossen: Der Landtag hält deshalb die Einführung eines Nachtflugverbotes als Kompensation für den Ausbau für unbedingt erforderlich.
Weil wir wissen, dass der Ausbau des Frankfurter Flughafens wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung von Arbeitsplätzen ist, war dieser Beschluss für die Parteien, die den Ausbau getragen haben – für SPD, CDU und FDP – Grundlage für ein Versprechen, das wir gegenüber den Menschen in der Region abgegeben haben, nämlich keinen Ausbau ohne Nachtflugverbot.
Wir nehmen für uns in Anspruch,diese Kopplung sieht die SPD heute noch genauso, meine Damen und Herren.
Jetzt muss man auch noch einmal erwähnen: Dieses Bedürfnis auf fluglärmfreie Nachtruhe wurde als so bedeutsam angesehen, dass die Landesregierung vorgeschlagen hat, für die besonders schutzbedürftige Bevölkerung die Forderung nach einem umfassenden Lärmschutz in den Kernstunden der Nacht in den Landesentwicklungsplan aufzunehmen. Dem ist der Landtag im Mai 2007 nachgekommen.
Aber im Nachhinein müssen wir leider feststellen: Bereits nach sieben Monaten war für die damalige CDU-Regierung, aber auch für die Fraktionen von CDU und FDP dieser Beschluss bereits Makulatur. Meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, man kann es nicht oft genug sagen: Sie haben Ihr Versprechen, das wir einmütig hier im Landtag gegenüber den Menschen in der Region abgegeben haben, gebrochen.
Plötzlich war nicht mehr von einem Nachtflugverbot, sondern von einem sogenannten rechtssicheren Nachtflugverbot die Rede.
Für diese Rechtssicherheit waren plötzlich 17 Nachtflüge notwendig, die insbesondere den Bedürfnissen der
Frachtflieger geschuldet waren. Meine Damen und Herren, es ist nicht so, dass die Bedürfnisse dieser Frachtflieger plötzlich im Dezember 2007 vom Himmel gefallen sind.
Die Bedürfnisse der Frachtflieger und die wirtschaftlichen Argumente, die Bedenken der großen CharterFrachtunternehmen,der Fluggesellschaften sind nicht erst im Jahr 2007 als Argumente aufgetaucht. Die waren uns allen schon bekannt, als wir im Mai 2000 diesen Beschluss gefasst haben: Ein Nachtflugverbot hält der Hessische Landtag für unbedingt erforderlich.
Ich muss das leider sagen. So, wie die Landesregierung, wie CDU und FDP mit diesem Versprechen jetzt umgehen, lässt das bei vielen Menschen – zu Recht – den Verdacht aufkommen, so ernst war dieses Versprechen wohl nicht gemeint.
Andere werden da noch deutlicher: Der Revisionsantrag gegen die Urteile des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21.August 2009 ist ein glatter Wortbruch gegenüber der Region.
Kollege Kaufmann hat bereits darauf hingewiesen:Das ist schon merkwürdig – mit der Revisionsklage klagt die Landesregierung gegen ein Versprechen, das sie selbst abgegeben hat. Da muss man sich über den Vertrauensverlust in die Politik und über die Empörung der Menschen nicht wundern.
Sie sind auch nicht nachvollziehbar. Das, was der Kollege Dr. Arnold und der Kollege Müller hier vorgetragen haben, war jedenfalls keine Begründung, die für uns nachvollziehbar war, warum man in die Revision gehen muss.
Es ist doch ganz einfach. Der VGH hat mit Hinweis auf die Ausnahmegenehmigung für 17 Nachtflüge festgestellt – ich zitiere nochmals aus dem Urteil –:
Dieses Konzept hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand, soweit es 17 planmäßige Flüge in der Zeit zwischen 23 und 5 Uhr zulässt und das Kalenderjahr als Bezugszeitraum für die Ermittlung des Kontingents von 150 Flügen je Nacht bestimmt. Insoweit ist der Beklagte zu einer Neubescheidung zu verpflichten.
Sie konstruieren hier, in der Begründung des VGH sei sozusagen die Revision vorgezeichnet. Meine Damen und Herren, das ist doch an den Haaren herbeigezogen. Der VGH hat Ihnen den Weg aufgezeigt, den Sie gehen müssen. Sie müssen nur der Neubescheidung nachkommen.
Stattdessen haben Sie sich entschieden, beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in Revision zu gehen.Aber das Argument der Rechtssicherheit, das immer wieder ins Feld geführt wird, wird doch in der Begründung des VGH widerlegt.
Die Zulassung von 17 planmäßigen Flügen von 23 bis 5 Uhr genügt jedoch nicht den besonderen Anforderungen an den Nachtlärmschutz, die sich aus § 29b Abs. 1 Satz 2 Luftverkehrsgesetz ergeben. Nach dieser Vorschrift ist die Planfeststellungsbehörde verpflichtet, auf die Nachtruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen.
Aus dieser Regelung hat das Bundesverwaltungsgericht in mehreren Entscheidungen in den letzten Jahren Voraussetzungen abgeleitet, die – gleichsam tatbestandlich – erfüllt sein müssen, damit Nachtflugbetrieb zugelassen werden kann.
Der VGH bezieht sich in seiner Begründung also ausdrücklich auf das Bundesverwaltungsgericht. Warum Sie dann der Meinung sind, man müsse beim Bundesverwaltungsgericht mit dem Ziel der Rechtssicherheit Revision einlegen, ist nicht nachvollziehbar. Das können die Menschen in der Region auch nicht nachvollziehen.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Meine Damen und Herren, die Landesregierung müsste eigentlich nur ihre Hausaufgaben erledigen. Ihr Verhalten trägt massiv zur Verunsicherung der Bevölkerung bei.
Ein letzter Satz:Auch unter dem zeitlichen Aspekt ist die Revision in Leipzig nicht nachvollziehbar. Denn es ist doch nicht wahrscheinlich, dass das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in seinem Urteil zu einer eindeutigen Klärung kommen wird.