Es besteht die Hoffnung, dass das bei der Diskussion im Hauptausschuss über dieses Thema noch einmal in geordneter Art und Weise getan wird. Ihr Beitrag heute hat jedenfalls dazu keine nennenswert neuen Erkenntnisse gebracht.
Schönen Dank, Herr Kollege Blum. – Bevor ich Frau Wissler für eine Kurzintervention das Wort gebe, begrüße ich die frühere Sozialministerin Frau Stolterfoht auf der Tribüne recht herzlich. Herzlich willkommen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Rentsch hatte doch vorhin gebeten, dass ich mich noch einmal zu Wort melde. Herr Blum, natürlich sollen sich Interessengruppen aller Art artikulieren können. Natürlich müssen sich Interessengruppen aller Art gerade gegenüber Politikern artikulieren können. Das habe ich auch nicht in Abrede gestellt. Alles, was ich sage, ist, dass dafür kein Geld fließen soll. Natürlich müssen sich Politiker – Sie werden es nicht glauben,das machen auch wir – mit Unternehmen treffen, um verschiedene Interessen abzuwägen.
Die Frage ist: Gibt es einen Stundenlohn dafür oder in dem Zusammenhang Parteispenden? – Herr Rentsch, Sie haben sich eben für Attac und Greenpeace so stark gemacht.Das kennt man von Ihnen sonst nicht.Ja,die haben aber nicht die Mittel von BMW. Das ist genau das Problem. Wenn wir Parteispenden zulassen, dann hat Attac nicht so viel Geld, das es an die FDP spenden könnte, wie BMW das macht. Deswegen haben wir überhaupt keine Chancengleichheit zwischen den Interessengruppen.
Herr Blum, deswegen finde ich, ein Verbot von Parteispenden von juristischen Personen, damit keine Abhängigkeiten entstehen, müsste doch in Ihrem Interesse sein. Sie sagen doch: Um Gottes willen, es darf nicht einen Verdacht geben, die FDP senkt die Steuern, weil sie Geld dafür bekommt. – Es müsste Ihnen doch ein Anliegen sein, unter Beweis zu stellen, dass Neoliberalismus wirklich Ihre Gesinnung ist und Sie kein Geld dafür bekommen müssen.
Ja, wir haben nach sorgfältiger Prüfung Vorschläge des DGB hier in den Landtag eingebracht. Aber wir haben keine 1,1 Millionen c dafür bekommen.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Abgeschrieben, sogar mit Schreibfehler! – Zurufe von der FDP)
Herr Blum, die Karenzzeit ist auch dafür da, dass überhaupt kein Verdacht entstehen kann, dass man im Amt Dinge tut, für die sich dann später in der Privatwirtschaft bedankt wird. Ich denke, Ihr Beitrag zeigt doch gerade, wir brauchen eine Anhörung. Natürlich sind Grenzen auch fließend. Natürlich ist es nicht einfach, das zu regulieren. Aber wir brauchen eine Regulierung des Lobbyismus. Deswegen lassen Sie uns doch im Landtag darüber reden
mit Lobby Control, mit Transparency International –, ob wir ein Lobbyistenregister brauchen, welche Regulierung wir brauchen. Liebe Herren von der FDP, ich frage mich: Wovor haben Sie eigentlich Angst?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Thema ist wichtig und ernst. Frau Kollegin Wissler, Ihr Antrag enthält viele gute Ansätze – Ihr Redebeitrag aber würde mich fast dazu verleiten, den Antrag abzulehnen. Das war nämlich ein bisschen arg viel Schwarz-Weiß-Malerei – um das einmal freundlich zu formulieren.
Wenn Sie sich diesem Thema ernsthaft widmen wollen – das müssen wir als Abgeordnete –, dann sollten Sie nicht so argumentieren, wie Sie es tun.
Wir haben es in der Debatte um den ehemaligen Abg. Hoff deutlich gemacht:Wir sind sehr dafür, dass das Mandat als Abgeordneter frei sein muss. Die wirtschaftliche Unabhängigkeit muss gegeben sein. Wenn man wirtschaftlich-unternehmerisch tätig sein will, muss man sich entscheiden.
Wir haben es nicht zu kritisieren, dass Opel Herrn Hoff beruft. Das ist eine Unternehmensentscheidung. Wir haben aber klar gefordert, Herr Hoff muss sich entscheiden.
Ich bin sehr sicher: Erst die Diskussion, erst der öffentliche Druck hat Herrn Hoff dazu bewogen, sich klar zu entscheiden und sein Mandat zurückzugeben. Ohne diese Debatte wäre das nicht geschehen.Insofern hat das uns an dieser Stelle geholfen.
Zum anderen das Thema Lobbyismus. Lobbyismus ist auch Bestandteil der parlamentarischen Demokratie. Das
kann man gut oder schlecht finden. Entscheidend aber ist, ob Lobbyismus dazu führt, dass politische Entscheidungen letztlich käuflich sind. Das ist die Frage.
Es gibt eine Untersuchung, beispielsweise vom Bundesrechnungshof, auf die Bundesebene bezogen. Darin wird festgestellt: Deutschland ist kein korruptes Land. Das können wir unterschreiben, auch wenn einzelne Personen korrupt sind, keine Frage. Beispielsweise kommen nur etwa 16 % der Externen in Bundesministerien von Privatunternehmen.
Jetzt könnte man das einmal für Hessen untersuchen. Vielleicht ist diese Quote hier ähnlich. Ich finde schon, Transparenz ist hier richtig und wichtig: Lässt sich eine Landes-, eine Bundesregierung beraten? Das kann man öffentlich machen, Auftragsvergabe bei Gutachten und Ähnliches. Ich finde, hier sollten wir mit offenem Visier arbeiten.
Dass wir uns als Abgeordnete, als Fraktionen aber mit Vertretern von Interessenverbänden treffen und Diskussionen führen, das finde ich per se nicht schlecht. Welche Erkenntnisse wir daraus ziehen, das ist unsere ureigenste Entscheidung.
Ich habe etwas dagegen, wenn Sie sich als die Einzigen hinstellen, die bei dem Thema Lobbyismus recht haben.
Natürlich habe ich auch keine Probleme damit, wenn Sie einen Antrag zum Thema Mitbestimmung im öffentlichen Dienst einbringen, der zu 100 % DGB-Position ist. Herr Kollege Frömmrich, das würde ich nicht kritisieren. Das kann man tun, das finde ich okay, das ist eine klare Position.
Das ist eine klare Positionierung. Die muss man nicht teilen.Aber man kann dazu stehen,wenn man etwas so deutlich macht.
Nein, wir sollten uns diesem Thema schon ernsthaft widmen.Vielleicht können wir das im Hauptausschuss diskutieren. Wir sind auch für eine Anhörung. Eine Anhörung macht einen nicht dümmer. Ich halte dieses Ansinnen für berechtigt – nicht aber Ihre Argumentation. Eigentlich haben Sie gegen Ihren eigenen Antrag geredet.
Warum sollten wir nicht auf hessischer Landesebene ein Lobbyismusregister einführen, in dem die in Wiesbaden akkreditierten Interessenverbände offen dargelegt werden? Ja, dann sollte auch dargelegt werden, welche Verbindungen da bestehen und wie die ausgestattet sind – damit nicht der Eindruck entsteht, Lobbyismus bestimme parlamentarische Entscheidungen.
Natürlich müssen sich Parteien, die Spenden bekommen, fragen lassen:Gibt es einen Zusammenhang zwischen den politischen Entscheidungen und Spenden an Parteien?
Die Rechtslage ist eindeutig: Es gelten das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und das Parteienfinanzierungsgesetz.
Natürlich wird es sich die FDP gefallen lassen müssen – wenn sie den Mehrwertsteuersatz für Hoteliers senkt und es in einem zeitlich sehr eng begrenzten, überschaubaren Zusammenhang eine Geldspende gibt –,
dass dann der Vorwurf erhoben wird, eine Partei mache Klientelpolitik. Diesen Vorwurf kann man nachvollziehen. Das muss sich eine Partei auch gefallen lassen. Meine Damen und Herren von der FDP, auch das gehört zum parlamentarischen Betrieb.
Deswegen sollten wir uns gemeinsam überlegen: Wie kann nicht der Eindruck entstehen, Politik sei käuflich?
Sie haben eine Fülle von Einzelfällen genannt – bei fast allen Parteien, außer bei den LINKEN. Aber Sie sind ja so edel und gut, bei Ihnen gibt es das nicht.