Protocol of the Session on December 10, 2009

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man dem Kollegen Blechschmidt folgt, hat man das Gefühl, man sei in einer anderen Anhörung gewesen. Herr Kollege, es gehört schon sehr viel Fantasie dazu, ausgerechnet die drei herauszufinden, die einigermaßen in die Richtung Ihres Gesetzes argumentiert haben. Alle anderen Anzuhörenden haben diesen Gesetzentwurf in der Anhörung zerrissen,und das ist auch gut so.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN – Zurufe der Abg. Dr. Frank Blechschmidt und Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Lesen Sie sich die Stellungnahme der evangelischen Kirchen durch, lesen Sie sich die Stellungnahme der katholischen Kirche durch, lesen Sie sich die Stellungnahme der Gewerkschaften durch, von ver.di, vom DGB, von wem auch immer. Alle lehnen diesen Gesetzentwurf ab. Der Kollege Rudolph hat es vollkommen zu Recht gesagt: Dieses Gesetz braucht in Hessen kein Mensch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Wenn man Sie an die Historie des jetzigen Gesetzes erinnert, muss man ganz deutlich sagen: Das Gesetz, das jetzt existiert, war schon ein Kompromiss. Es ist nach langer Debatte mit vielen Interessenverbänden, mit Kirchen, mit Gewerkschaften, mit vielen entstanden. Es war ein langer Prozess, bis wir dieses Gesetz gehabt haben. Ich glaube, dieses Gesetz hat sich im Grundsatz bewährt, und es ist überhaupt nicht einzusehen, dass Sie jetzt anfangen, sozusagen die Videotheken und auch die Portalwaschanlagen sonntags ab 13 Uhr zu öffnen. Es gibt dafür eigentlich kein Bedürfnis. Es gibt dort eigentlich keinen Regelungsbedarf.Was Sie machen, ist reine Klientelpolitik, um gewisse Teile Ihrer Klientel zu bedienen.Aber dieses Gesetz ist nicht notwendig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Ich könnte es noch verstehen, dass wir uns im Hessischen Landtag in einer zweiten Lesung mit einem solchen Gesetzentwurf beschäftigen, wenn es wirklich eine Notwendigkeit dafür gäbe, wenn sozusagen die Interessenverbände uns die Bude einrennen würden und uns mit EMails bombardieren würden, wenn es Demos vor Videotheken gäbe, damit sonntags ab 13 Uhr geöffnet wird, wenn es Mahnwachen gäbe,

(Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Lächerlich!)

um daran zu erinnern, dass man auch sonntags ab 13 Uhr an seine Videos kommen können soll. Wenn es das gäbe, dann könnte ich verstehen, dass Sie einen solchen Gesetzentwurf einbringen. Wenn es den Autokorso am Sonntag ab 13 Uhr vor der Portalwaschanlage gäbe,dass sozusagen die Autobesitzer förmlich darum betteln, dass diese Anlage aufgemacht wird, dann wäre dies ein Grund, in diesem Hause darüber zu reden. Das alles gibt es aber gar nicht. Das ist ein Beweis dafür, dass dieser Gesetzentwurf vollkommen überflüssig ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Der Kollege Kaufmann hat es in der letzten Plenarrunde gesagt. Ich will gar nicht darauf eingehen, welche Videos er in Bezug auf den Justizminister meint. Ich kann mir vorstellen, dass der Kollege Kaufmann genau das meinte, was Sie gerade als Geschenk verteilt haben, das Aquarium,wo die Blubberbläschen herauskommen.Ich könnte mir vorstellen, dass er das in Bezug auf den jetzigen Justizminister gemeint hat. Etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen. Das entsteht alles in Ihrer Fantasie.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will noch eines tun, was der Kollege Kaufmann dankenswerterweise auch gemacht hat. Er hat den hessischen Innenminister Volker Bouffier zitiert. Das will ich gerne zum Besten geben, weil es zeigt, wie sich die CDU in dieser Frage in diesem Hause verbiegen muss, nur damit die FDP in ihrer neuen Stärke ihre Klientel bedienen darf. Herr Bouffier sagte vor ungefähr einem Jahr:

Herr Kollege Hahn, Sie haben recht, es gibt natürlich veränderte gesellschaftliche Umstände. Aber diese verfassungsrechtliche Grundentscheidung, von der ich ausgehe, dass niemand sie in Zweifel zieht, hat eine Grundbedeutung. Das heißt, dass an Sonn- und Feiertagen gerade nicht geöffnet wird und dass eine Ausnahme ganz besondere Bedingungen braucht.

Diese besonderen Bedingungen kann die Landesregierung beim Thema Videotheken wirklich nicht erkennen.

Das sagte dieser Innenminister.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Wenn Sie der bösen Opposition in diesem Hause nicht glauben, wenn Sie den Verbänden und den Kirchen nicht glauben, dann sollten Sie doch wenigstens das nachlesen, was der heutige hessische Innenminister vor einem Jahr erklärt hat. Gehen Sie einmal in sich, lesen Sie das Zitat nach. Damit Sie das tun können und sich die Besinnlichkeit der Feiertage noch zunutze machen können, beantragt auch meine Fraktion die dritte Lesung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Schönen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Für die CDUFraktion erteile ich Herrn Kollegen Bellino das Wort.

(Günter Rudolph (SPD): Eigentlich sind wir dagegen, aber wir müssen dafür sein! So war es doch, Herr Bellino?)

Sie haben doch schon geredet, Herr Kollege. Aber vielleicht haben Sie noch Redezeit übrig.

(Günter Rudolph (SPD): Ja! Ich war schneller!)

Wenn nicht, machen wir es in der dritten Lesung, die beantragt wurde.

Herr Kollege Frömmrich, Sie brauchen sich keine Gedanken zu machen.Wir müssen uns nicht allzu sehr verbiegen, aber in der Tat haben wir immer wieder Dinge zu diskutieren, die sich entweder neu darstellen oder die aufgrund neuer Mehrheitsverhältnisse neu zu diskutieren sind.

(Janine Wissler (DIE LINKE):Eine ganz neue Entwicklung!)

Das ist etwas, was man Demokratie nennt und was auch bedeutet, dass man den Wählerentscheid ernst nehmen muss.Aber damit hat die Opposition immer Probleme gehabt.Deshalb sind Sie im vergangenen Jahr auch zu Recht gescheitert.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute in zweiter Lesung – leider nicht abschließend – und später in dritter Lesung über den Gesetzentwurf zum Hessischen Feiertagsgesetz bzw. zum Ladenöffnungsgesetz sprechen müssen, dann ist dies unseres Erachtens notwendig, da wir zum einen den gesellschaftlichen Anschauungen und auch einem veränderten Freizeitverhalten gerecht werden sollten. Darauf haben wir bereits hingewiesen.Andererseits muss aber – das sage ich

mindestens genauso deutlich – bei allem Wohlwollen und bei aller Flexibilität darauf geachtet werden, dass die Sonn- und Feiertagsruhe weitestgehend erhalten wird und dem Schutz hoher kirchlicher Feiertage Gewährleistung verschafft wird. Dafür haben wir gesorgt, und dafür werden wir auch mit der vorliegenden Fassung sorgen.

Hier geht es im Übrigen nicht nur um die Videotheken, sondern auch um die Bibliotheken. Einer der Vorredner hat gesagt, man soll auch Bücher kaufen können. Zumindest ausleihen kann man sie sich dann; denn das, was wir für die Videotheken machen, gilt auch für die Bibliotheken. Sie können geöffnet werden.

(Minister Volker Bouffier: Das steht im Gesetz!)

Lesen hilft manchmal, Herr Kollege Rudolph. Aber auch Sie haben aufgrund der dritten Lesung die Gelegenheit, das über die Feiertage genauer durchzulesen.

(Günter Rudolph (SPD): Sie können es sich ja auf Video anschauen!)

Unabhängig davon, ob Sie Ihr Auto waschen wollen oder Videos oder Bücher ausleihen oder zurückbringen wollen,wichtiger ist in diesem Zusammenhang – da lassen wir nicht mit uns diskutieren –, dass dies nicht vor 13 Uhr an einem Sonntag möglich ist, da für uns klar ist, dass bis dahin die Hauptgottesdienste in der Regel beendet sind und dass hier nach wie vor ein entsprechender Schutz gewährleistet sein muss und auch gewährleistet ist.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Nancy Fae- ser (SPD))

Hinzu kommt – das wurde von den Vorrednern der Opposition leider verschwiegen –, dass wir durch das neue Gesetz den Gründonnerstag besser schützen. Wir haben festgestellt, dass das bisherige Regelungswerk dies nicht ausreichend gewährleisten konnte. Es gab – das haben wir übrigens in der Anhörung auch so gehört – die eine oder andere Halligalli-Veranstaltung am Gründonnerstag spät abends. Das hat unseres Erachtens am Vorabend des Karfreitags gar nichts zu suchen.Das darf es nicht geben.Deshalb haben die Geschäfte am Gründonnerstag ab 20 Uhr zu schließen.

Das hat uns nicht überall Freunde gemacht.Auch wenn es dem einen oder anderen nicht recht war, haben wir deutlich gemacht, dass wir auch diesen wichtigen und hohen Feiertag schützen wollen. Dadurch werden der Karfreitag und das gesamte Osterfest entsprechend gewürdigt. Das gehört auch dazu, wenn man über dieses Gesetzeswerk spricht.

Wichtig ist – das wurde bisher von Ihnen nicht dargestellt, auch nicht von Ihnen, Herr Kaufmann, und deshalb sage ich es noch einmal –, dass in dem neuen Gesetzeswerk die besonders geschützten Feiertage wie Ostersonntag, Pfingsten,Weihnachtstage usw. weiter geschützt werden.

Herr Kollege Rudolph hat auf die Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember dieses Jahres hingewiesen. Damit ist unseres Erachtens klar festgestellt worden, dass das hessische Gesetz auch mit diesen Änderungen diesen Ansprüchen gerecht wird und nicht über das Ziel hinausschießt, wie es Herr Wowereit mit seinem rot-roten Senat getan hat. Das würde bei uns überhaupt nicht diskutiert werden. Das haben wir auch nicht diskutiert. Deshalb würde unser Gesetz sicherlich auch eine entsprechende richterliche Zustimmung finden, sollte es nötig sein.

Noch wichtiger ist es uns, dass wir mit diesem Gesetz die Sonn- und Feiertagsruhe sowie die hohen kirchlichen Feiertage schützen.Das war und ist für uns von großer Bedeutung. – Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Bellino. – Für die Fraktion DIE LINKE hat nun Herr Schaus das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns liegt heute ein Gesetzentwurf von CDU und FDP in zweiter Lesung vor, den wir in ähnlicher Form im vergangenen Jahr beraten und aus guten Gründen mehrheitlich abgelehnt haben. Damals gab es noch eine breite Mehrheit gegen einen FDP-Gesetzentwurf zur Sonntagsöffnung von Videotheken.

Nach fünf Jahren scheint es nun der FDP im dritten Anlauf zu gelingen, dieses für sie so bedeutende Gesetz durchzubringen. Die im Jahr 2008 von Herrn Minister Bouffier geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken scheinen sich in der Zwischenzeit in der sauerstoffarmen Koalitionsluft völlig aufgelöst zu haben.

(Beifall bei der LINKEN – Minister Volker Bouf- fier: Frechheit!)

Herr Minister, wenn Sie erlauben, darf ich Sie zitieren. Was Herr Kollege Frömmrich bereits dargestellt hat,kann man nicht oft genug wiederholen. Wir nehmen gerne Bezug auf Sie, wenn Sie etwas Richtiges sagen. In der Plenarsitzung am 28. August 2008 haben Sie auf Art. 140 Grundgesetz und Art. 53 der Hessischen Verfassung Bezug genommen. Demnach sind Sonn- und Feiertage Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung. Wörtlich haben Sie gesagt:

Herr Kollege Hahn, Sie haben recht, es gibt natürlich veränderte gesellschaftliche Umstände. Aber diese verfassungsrechtliche Grundentscheidung, von der ich ausgehe, dass niemand sie in Zweifel zieht, hat eine Grundbedeutung. Das heißt, dass an Sonn- und Feiertagen gerade nicht geöffnet wird und dass eine Ausnahme ganz besondere Bedingungen braucht.

Diese besonderen Bedingungen kann die Landesregierung beim Thema Videotheken wirklich nicht erkennen.

Meine Damen und Herren, in der Anhörung des Innenausschusses wurden unterschiedliche Auffassungen deutlich. In der Stellungnahme der evangelischen Kirchen in Hessen ist nachzulesen:

Die vorgesehenen Ausnahmen stellen erneut einen weiteren Eingriff in den verfassungsrechtlich gewährten Schutz der Sonn- und Feiertage dar.

In der Stellungnahme des Kommissariats der Katholischen Bischöfe im Lande Hessen lesen wir: