Protocol of the Session on September 17, 2009

Dieses Vierte Zukunftsenergie- und Klimaschutzgesetz wird die hessische Landesplanung beeinflussen. Wir wollen den erneuerbaren Energien Vorrang einräumen, und wir wollen gleichzeitig ineffiziente Großkraftwerke, wozu auch das Kraftwerk Staudinger zählt, verhindern. Das ist für uns ganz wichtig. Ein weiterer Bereich, den wir planerisch verändern wollen, ist der Siedlungs- und Verkehrsbereich. Meine Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf unterstützt aber nicht nur den dringend notwendigen Klimaschutz, sondern auch unser grünes Ziel, die hessische Stromversorgung bis Jahr 2030 zu 100 % auf erneuerbare Energien umzustellen. Wir verbinden das mit der Schaffung von 40.000 neuen Arbeitsplätzen im Umweltbereich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben in unserem Gesetzentwurf auch berücksichtigt, dass es seit der Erstellung unseres damaligen Energiekonzeptes in Hessen leider weder Fortschritte beim Ausbau der erneuerbaren Energien noch Verbesserungen im Bereich der Energieeffizienz und der Energieeinsparung gegeben hat. Das möchte ich an einem Beispiel darstellen. Im ersten Halbjahr 2009 wurden in Hessen fünf Windkraftanlagen mit einer Leistung von 8,8 MW ans Netz genommen. Bundesweit waren es 401 Anlagen mit insgesamt 802 MW. Hessen liegt damit bei einem Anteil von knapp über 1 %. Wenn wir in unser Nachbarland Rheinland-Pfalz schauen, dann können wir feststellen, dass im gleichen Zeitraum die doppelte Menge Anlagen ans Netz gegangen ist.

Meine Damen und Herren, hier ist eine Veränderung dringend notwendig, und es ist auch bedauerlich – das habe ich eingangs schon erwähnt –, dass es nicht gelungen ist, in Hessen in der Zeit seit der Erstellung unseres Konzepts den Stromverbrauch deutlich zu senken.Als wir unser Konzept erstellt haben, mussten wir einen Verbrauch von 35 Terawattstunden zugrunde legen. Leider müssen wir feststellen, dass der Verbrauch im Jahr 2007 auf 41 Terawattstunden gestiegen ist. Dadurch ist der Ausbau erneuerbarer Energien umso dringender geworden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, unser Gesetzentwurf dient der Modernisierung der hessischen Energieversorgung, dem Klimaschutz und einer modernen und damit nachhaltigen Wirtschaftsweise. Wir wollen erreichen, dass in Hessen bis zum Jahr 2020 eine Stromleistung von 4.500 MWh aus Windkraft installiert wird. Das entspricht der Leistung des Kohlekraftwerks Staudinger und des Atomkraftwerks in Biblis – zusammengenommen.

Unser Gesetzentwurf schlägt dazu erstmals vor, auch Grundsätze der Raumordnung in das Landesplanungsgesetz aufzunehmen.Der erste und ganz wichtige Grundsatz lautet, dass die erneuerbaren Energien endlich Vorrang erhalten. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Selbst Ministerpräsident Koch redet davon, dass Hessen zu einem Musterland für erneuerbare Energien werden soll. Leider haben wir von ihm bisher aber nur Ankündigungen gehört,und wir müssen feststellen,dass sich in diesem Bereich kaum etwas getan hat. Der Anteil erneuerbarer Energien ist nur ganz marginal gestiegen. Wir sind noch weit von dem entfernt, was Hessen erbringen könnte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie können uns daher wirklich dankbar sein, denn einzig und allein die Oppositionsparteien haben sich hier Mühe gemacht, Ideen vorgetragen und Gesetzentwürfe eingebracht.Wir hoffen,dass Sie das ernst nehmen,was wir hier tun; denn unser Ziel ist tatsächlich, in diesem Bereich etwas zu verändern, eine sichere Energieversorgung in Hessen aus erneuerbaren Energien zu erreichen und massiv Klimaschutz zu betreiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir wollen den Bau ineffizienter Kraftwerke verhindern. Dazu gehört das Kraftwerk Staudinger.Wenn unser Gesetzentwurf eine Mehrheit finden sollte, und es gäbe noch keine Genehmigung für dieses Kraftwerk, würde das auch bedeuten, dass diese Neuplanung niemals realisiert würde.

Aber zu unseren Grundsätzen gehört auch, dass die Stromleitungen dort, wo es möglich und vorteilhaft ist, unterirdisch verlegt werden. Das müsste gerade denen entgegenkommen, die sich immer an den Masten in der Natur stören.Wir hoffen also auch hier auf Ihr Entgegenkommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiterer in unserem Gesetzentwurf formulierter Grundsatz betrifft den Verkehrssektor. Gerade in diesem Sektor müssen in Hessen CO2-Einsparungen erbracht werden; denn es gibt kaum ein Bundesland, in dem der Verkehrsanteil am Ausstoß von Kohlendioxid höher ist als bei uns.

(Zuruf von der FDP: Hessen ist ein Transitland!)

Leider müssen wir feststellen, dass die Landesregierung diesen Faktor einfach ausblendet. Zaghafte Klimaschutzbemühungen sind für uns erkennbar. Aber auch Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich beim Energieverbrauch alles nur auf Strom und Wärme konzentriert. Der Anteil des Verkehrs wird völlig ausgeblendet.Dem wollen wir über die Änderung des Landesplanungsgesetzes entgegensteuern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für uns ist ganz klar,dass effiziente Motoren und Elektromobilität sehr wichtig sind. Man erkennt es auch auf der IAA in Frankfurt: Die Autoindustrie zeigt sich in einem grünen Mäntelchen. Auch hier hat man die Zeichen der Zeit erkannt. Wir sagen, es ist ganz wichtig, dass sich in diesem Bereich etwas tut.

Aber um wirklich zu einer Reduktion des CO2-Ausstoßes im Verkehrssektor zu kommen, ist es mindestens genauso wichtig,die Siedlungsstruktur künftig dahin gehend zu beeinflussen, dass kurze Wege und eine wohnortnahe Versorgung ermöglicht werden. Auf diese Weise kann Verkehr vermieden werden.

An zweiter Stelle kommt die Verlagerung des Verkehrs auf den Umweltverbund. Dazu gehören Bahn-, Bus-, Fahrrad- und Fußverkehr. Deshalb sorgen wir in unserem Gesetzentwurf dafür,dass im Landesplanungsgesetz diese Verkehre Vorrang vor immer neuen Straßenbauvorhaben erhalten.

Es ist klar: Ein hohes Mobilitätsniveau lässt sich auch klimafreundlich gestalten, und die Vorschläge dazu liegen schon lange auf dem Tisch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In unserem Gesetzentwurf ist ein weiterer Grundsatz zu finden: Wir wollen auch die Breitbandversorgung in der Landesplanung verankert wissen. Sie soll hier ebenfalls einen Vorrang erhalten.

Mit weiteren Grundsätzen sorgen wir dafür, dass bei der Entwicklung von Hessens Städten und Dörfern auf den Bau immer neuer Wohn- und Gewerbegebiete auf der grünen Wiese verzichtet und stattdessen die Innenentwicklung vorangetrieben wird.Wir wollen ein Netto-NullPrinzip einführen. Das ist gar nichts Neues. Wenn man nach Baden-Württemberg schaut, stellt man fest, dass Ministerpräsident Oettinger dies für sein Land bereits formuliert hat. Ich denke, es ist angebracht, dass wir genau dies im Hessischen Landesplanungsgesetz verankern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kommen wir zu einem weiteren, für uns ganz wichtigen Grundsatz.

Frau Kollegin, viel weiter können Sie nicht kommen. Ihre Redezeit ist erschöpft.

Ich werde es kurz machen. – Wir haben die Windenergie. Die Potenziale in Hessen müssen genutzt werden. Sie können in unserem Gesetzentwurf lesen, dass wir statt einer festgelegten Fläche für Vorranggebiete im Landesplanungsgesetz Stromleistungen für die drei Regierungsbezirke verankern wollen.

Damit wird es uns gelingen,auf dem Weg zu unserem Ziel, in Hessen eine 100-prozentige Versorgung mit erneuerbaren Energien zu etablieren, ein ganzes Stück weiterzukommen.Wir hoffen auf Ihre Unterstützung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war wie immer entwaffnend, Frau Kollegin. – Als Nächster hat Herr Kollege Görig für die Fraktion der SPD das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie Frau Kollegin Hammann richtig gesagt hat, ist der Klimaschutz eine Aufgabe,der wir uns widmen müssen.Ich hatte schon genug Gelegenheit, um Folgendes zum Ausdruck zu bringen:Wir wissen, dass uns nur eine gewisse Zeitspanne zur Verfügung steht,um wirklich zu handeln und bei dem,was uns im Zusammenhang mit der Änderung des Klimas erwartet, noch eingreifen zu können.

Der vorliegende Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Änderung des Hessischen Landesplanungsgesetzes als ein wichtiger Punkt zur Sicherung der Ressourcen für erneuerbare Energien und des Vorrangs von erneuerbaren Energien vor anderen Energieträgern wird von uns begrüßt und – wenn auch nur in diesen Teilen – unterstützt.

(Zuruf des Ministers Dieter Posch)

Herr Minister Posch, Sie werden noch hören, wohin ich will. – Wir sind uns im Ziel einig; unser Weg ist etwas anders.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ein Umweg!)

Meine Damen und Herren, Sie wissen, unser Gesetzentwurf enthielt alle vier Punkte, die die GRÜNEN uns sozusagen scheibchenweise präsentieren. Im Gesetzentwurf der GRÜNEN ist noch nicht alles geregelt, was bei uns drinsteht. Der Vorrang für die erneuerbaren Energien entspricht genau dem, was wir in dem Gesetzentwurf, den wir vorgelegt haben, als Ziel für die Raumordnung vorgesehen haben.

Der Unterschied beim Thema Windenergie besteht darin: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN will, dass man im Regionalplan Mittelhessen bestimmte Leistungen, z. B. 1.500 MW, vorschreibt. Wir halten unsere Variante, 1,5 % der

Landesfläche als Vorranggebiete für alle erneuerbaren Energien auszuweisen, für wesentlich flexibler sowie aufgrund der Regionalplanung für besser und regional angepasster ausführbar.

(Beifall bei der SPD)

Alle anderen Gebiete sind – wie bei Ihnen – auch in unserem Gesetzentwurf Vorranggebiete.

Frau Hammann, ich will im Einzelnen auf die anderen Punkte eingehen, die Sie sehr schnell abgehandelt haben.

Zu Punkt 4 – Grundsätze der Raumordnung –: In Verbindung mit § 16 Landesplanungsgesetz ist das Ihr Versuch, den Bau von Block 6 des Kraftwerks Staudinger in Großkrotzenburg in der jetzigen Form – ohne KWK – zu verhindern. Das gilt auch für alle anderen fossilen Kraftwerke, die gebaut werden sollen.

Es bleibt aber für mich die Frage, ob in der jetzigen rechtlichen Situation – die landesplanerische Beurteilung ist abgeschlossen – im laufenden Bundes-Immissionsschutzverfahren noch die Möglichkeit besteht, über den Weg einer Änderung am Landesplanungsgesetz den Bau von Block 6 des Kraftwerks Staudinger aufzuhalten.

An der Stelle scheiden sich die Geister. Ich denke, das müssten wir – angesichts der Phase, in der wir uns befinden – im Zusammenhang mit dem Thema Bestandsschutz diskutieren. Ich möchte gern erfahren, was die Juristen in der Anhörung dazu sagen und ob sie noch etwas für möglich halten.

Wir halten diese Ergänzung zu Staudinger und zur Effektivität von Kraftwerken dennoch auch für alle zukünftigen Kraftwerke für beachtenswert und stehen diesem Punkt positiv gegenüber. Aber wir haben an der Stelle rechtliche Bedenken.

Zu Punkt 5 – Hochspannungsübertragungsleitungen –: Sie wollen im Grundsatz festschreiben, dass diese Leitungen unterirdisch verlegt werden. Frau Hammann, das halten wir für entbehrlich; denn es gibt seit dem 07.05.2009 auf Bundesebene ein Energieleitungsausbaugesetz, in dem genau das ausgesagt wird und das z. B. – was wir begrüßen – die Speicher für elektrische Energie für zehn Jahre vom Netzentgelt befreit.Das,was Sie wollen,ist also auf Bundesebene schon geschehen.

Zu den Punkten 6 und 7 – Verkehr –: Es ist sinnvoll, den Verkehr einzubeziehen. An der Stelle sind wir bei Ihnen. Das trifft auch für die Reduzierung des Ausstoßes von CO2 um 30 % zu.

Aber eines möchte ich ganz deutlich sagen – darüber habe ich mich mit dem Kollegen Frankenberger abgestimmt –: Für nicht sinnvoll halten wir es, die Bedeutung der Straßenverkehre in der Landesplanung einzuschränken. Wir wollen ein Sowohl-als-auch. Wir brauchen die Träger, deren Ausbau Sie befürworten: Schiene und Wasserstraßen. Wir brauchen aber auch die Straße.Wir wollen nicht, dass man nur auf die eine Seite setzt und die andere vernachlässigt. Das ist auch nicht sinnvoll.Wir brauchen alle Verkehrsträger, um die wirtschaftliche Entwicklung des Landes nach vorne zu bringen. Das ist aus meiner Sicht eindeutig.

Vorrang sollte die Reduzierung der Schadstoffe – von CO2 – haben. Dort sind wir ein Stück vorangekommen. Der Hinweis auf Elektromobilität, Hybridfahrzeuge und Brennstoffzellenfahrzeuge ist an der Stelle richtig angebracht.

Zu den Punkten 8 und 9 – gemeindliche Bauleitplanung –: Der Grundsatz „Innenentwicklung vor Inanspruchnahme neuer Flächen“ ist im Prinzip richtig und wird von uns auch begrüßt. Aber alle anderen Grundsätze und alle anderen Festlegungen, die Sie getroffen haben, halte ich, gerade was die Entwicklungschancen im ländlichen Raum betrifft, für fehl am Platze und für nicht erforderlich. Das ist eindeutig:Es kann nicht sein,dass man sagt,es gebe nur entlang der Schienenwege Entwicklungsachsen. Was ist mit den anderen?