Protocol of the Session on April 23, 2013

Die Pressemitteilung der GRÜNEN ist schon herausgegangen, bevor die Regierungserklärung vollständig gegeben war. Weil die Arbeit des Integrationsministers und der Landesregierung so erfolgreich ist, wird krampfhaft versucht, Gräben aufzureißen, die es nicht gibt. Das geschieht bloß, weil man es nicht über die Lippen bringt, die erfolgreiche Arbeit zu loben. Ich finde, das ist wirklich unseriös.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Kurt Wiegel (CDU))

Ich komme auf die Punkte noch im Einzelnen zu sprechen. Ich möchte einen Gedanken hervorheben. Hier wurde viel von kultureller Teilhabe, Bildungschancen, Bildungsgerechtigkeit und auch von der Teilhabe am Wirtschaftsleben

und am Arbeitsmarkt sowie von politischer Partizipation gesprochen.

Ich möchte das Ganze einmal auf einen einfachen Begriff herunterbrechen, der es, wie ich finde, sehr gut beschreibt. Es geht um die Verbesserung des Alltags. Die Menschen sollen hier ein gutes Leben führen können. Sie sollen ihr Leben erfolgreich führen können. Sie sollen das Leben führen können, das sie sich wünschen. Darum geht es im Prinzip bei der Integrationspolitik, und zwar unabhängig davon, welchen Hintergrund sie haben. Dazu haben wir in den letzten vier Jahren viele Maßnahmen umgesetzt, die wirklich sehr erfolgreich sind. Sie tragen zur Verbesserung des Alltags bei.

Ich glaube, das Thema Integrationspolitik ist eines, bei dem wir Politiker viele große Diskussionen über Themen führen können, bei denen man sich ideologisch schön voneinander abgrenzen kann. Ich stimme da Frau Kollegin Öztürk zu: Wichtig ist, was hinten herauskommt. Es geht um das, was den Alltag der Menschen wirklich verbessert. Da hilft es uns nicht, ideologische Diskussionen zu führen. Vielmehr sollten wir uns auf die Maßnahmen konzentrieren, die den Alltag der Menschen verbessern.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Kurt Wiegel (CDU))

Das sind oftmals nicht die großen Würfe. Man sollte jetzt nicht so tun, als ob man da einen großen Wurf machen könnte, etwa in Form eines Integrationsgesetzes oder etwa, indem man den Schalter umlegt, und dann funktioniert das.

(Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Doch!)

Vielmehr handelt es sich um viele einzelne kleine Schritte, die gemacht werden müssen. Ich möchte einen Gedanken aufgreifen, den die Bundeskanzlerin in ihrer ersten Regierungserklärung in der Großen Koalition eingebracht hat. Sie hat gesagt, dass da eine Politik der kleinen Schritte erforderlich sei. Sie ist damals dafür ziemlich stark kritisiert worden. Ich fand die Aussage eigentlich ziemlich gut. Denn sie passt ziemlich gut. Den Alltag können wir mit kleinen Schritten verbessern. Ich glaube, wenn wir versuchen würden, so zu tun, als ob wir mit einem großen Wurf alle Probleme beseitigen könnten, dann würden wir den Menschen falsche Hoffnungen machen.

Ich möchte jetzt auf die Maßnahmen im Einzelnen zu sprechen kommen. Ich habe gesagt, dass das Thema vielschichtig ist und dass es viele verschiedene Bereiche betrifft. Wir haben deswegen das Integrationsministerium geschaffen, um diese vielen Einzelmaßnahmen und die Arbeit in den verschiedenen Ressorts, die zum Teil nur mittelbar mit dem Thema Integrationspolitik in Berührung kommt, unter dem Blickwinkel der Integrationspolitik zu koordinieren.

Ich möchte jetzt zunächst einmal auf die Maßnahmen eingehen, die im Integrationsministerium gelaufen sind. Ich habe gesagt: Der Alltag soll verbessert werden. – Der Alltag wird natürlich vor Ort gelebt. Das heißt, dass die Integrationsarbeit vor allem in den Kommunen stattfindet. Wir haben die Kommunen mit dem Programm „Modellregionen Integration“ dabei unterstützt, die Strukturen langfristig so anzulegen, dass sie für eine offenere und vielfältigere Gesellschaft fit sind.

Ich möchte da mit einem Missverständnis aufräumen. Vielleicht haben Sie es bewusst falsch verstanden oder zumin

dest bewusst falsch formuliert. Herr Minister Hahn hat niemals davon gesprochen, dass wir in zehn Jahren das Integrationsministerium nicht mehr brauchen würden, weil es dann keine Zuwanderung mehr gebe. Das hat er nie gesagt. Der Ansatz ist vielmehr, dass wir versuchen müssen, die Strukturen sowohl in den Kommunen als auch im Land so umzustellen, dass wir kein eigenes Integrationsministerium mehr brauchen, weil alle Ressorts und alle Institutionen für die Integration, die Zuwanderung und eine vielfältige Gesellschaft fit sind. Das hat er gesagt. Dieser Ansatz ist vollkommen richtig. Das meinte er damit.

(Beifall bei der FDP)

Natürlich ist es so: Die Bürger haben regelmäßig zu kommunalen Stellen, zu Ämtern und zu der Verwaltung Kontakt. Aber auf der kommunalen Ebene gibt es auch viele Vereine, Initiativen und Verbände. Es handelt sich dabei um die sogenannte Zivilgesellschaft. Ich mag dieses Wort nicht. Aber das wird oftmals mit diesem Wort beschrieben. Das sind diejenigen, die sich vor Ort für die Integration engagieren.

Aber das tun auch andere Vereine. Ich möchte sie jetzt einmal als klassische Vereine bezeichnen. Das ist z. B. die Feuerwehr. Alle diese Institutionen agieren vor Ort. Deswegen haben wir mit „Modellregionen Integration“ ein Unterstützungsprogramm auf den Weg gebracht, mit dem wir die Integrationsarbeit in diesen Institutionen dauerhaft verankern.

Natürlich ging es niemals darum, eine dauerhafte Säule der Finanzierung durch das Land zu schaffen. Es ging nie darum, das dauerhaft finanziell zu unterstützen. Vielmehr wollten wir die Kommunen fit machen. Denn es ist klar, dass die Integration vor Ort stattfindet. Das ist eine kommunale Aufgabe. Wir wollten den Kommunen nichts abnehmen. Vielmehr wollten wir ihnen Starthilfe geben, um sie, wie ich es schon erwähnt habe, für die Integrationsarbeit fit zu machen.

Von einer dauerhaften strukturellen Finanzierung war nie die Rede. Es kann auch nicht Aufgabe des Landes sein, all das, was an Gutem auf kommunaler Ebene läuft, dauerhaft zu finanzieren. Vielmehr ging es um die Umstellung und die Öffnung dieser Institutionen.

Deswegen werden wir am Ende dieses Programmes den Kommunen das sogenannte „Kochbuch“ – Handreichung könnte man das nennen – zur Verfügung stellen, damit auch die anderen Kommunen, die nicht von dem Programm „Modellregionen Integration“ profitiert haben, ihre Strukturen umstellen können. Sie sollen von den wegweisenden und guten Ansätzen der anderen Kommunen lernen können.

Das ist ein guter Weg. Man schaut vor Ort, stellt die Strukturen um, um dann die Ergebnisse allen anderen zur Verfügung zu stellen, damit alle anderen diese Maßnahmen bei sich einführen können. Sie können dann auch schauen, was vielleicht für sie passgenau vor Ort von Bedeutung ist.

Die Problemlagen in den Kommunen sind unterschiedlich. Deswegen bringt es auch nichts, ein Landesgesetz zur Integration aufzulegen, sondern wir müssen auf die jeweiligen Gegebenheiten vor Ort Rücksicht nehmen. Das können nur die kommunal Verantwortlichen vor Ort selbst entscheiden. Wir haben ihnen die Handreichungen gegeben. Wir haben sie unterstützt. Jetzt ist es Aufgabe der Kommunen, sich auf den Weg zu machen. Das Engagement in den Mo

dellregionen bestärkt uns auch in der Einschätzung, dass das von den Kommunen angenommen und umgesetzt wird.

(Lebhafter Beifall bei der FDP)

Sie sagen, landauf, landab werde das kritisiert. Sie waren doch selbst bei dieser Abschlussveranstaltung. Da haben Sie gesehen, was in den Modellregionen alles entwickelt worden ist, wie euphorisch sich die Teilnehmer dort an den Ständen der Modellregionen präsentiert haben. Der Minister hat es schon ausgeführt: Das sind eben nicht nur Kommunen, in denen Schwarze oder Gelbe das Sagen haben, sondern es wird parteipolitisch übergreifend von allen Parteien geteilt, dass das ein guter Ansatz war. Deswegen sollten Sie nicht immer so hart mit diesem Programm ins Gericht gehen und es so hart kritisieren. Es sind doch Ihre eigenen Kommunalvertreter vor Ort, die dieses kommunale Programm gelobt haben. Insofern treffen Sie damit nicht nur die Landesregierung, sondern auch Ihre eigenen Vertreter vor Ort.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Ismail Tipi (CDU))

Aber es ist richtig: Mit dem Programm „WIR“ haben wir ein weiteres Programm aufgelegt, in dem wir auch jenen Kommunen, die bisher nicht partizipiert haben, die Möglichkeit geben wollen, diese Ansätze auch bei sich einzuführen. Bei den Modellregionen hat es sich gezeigt, dass es gut ist, wenn wir vor Ort einen Ansprechpartner haben. Die eingesetzten Projektkoordinatoren haben eine große Bedeutung. Deswegen werden wir mit dem Programm „WIR“ auch die Lotsen- und die Projektkoordinatorenarbeit unterstützen. Das zeigt, uns ist daran gelegen, die Integration strukturell dauerhaft in den Kommunen zu verankern.

Aber neben der Verbesserung des Alltags in den Kommunen durch gezielte Maßnahmen kommt es bei der Integration auch auf die weichen Faktoren an. Es ist richtig, in den Medien werden viele Themen strittig diskutiert. Wir haben auch in der Enquetekommission gehört, dass bei der Integration viele negative Images verbreitet werden. Deswegen sind es auch die weichen Faktoren, die den Alltag der Menschen verbessern. Deswegen müssen wir für ein Kennenlernen der Menschen untereinander sorgen.

Deswegen – das wurde hier noch gar nicht angesprochen – haben wir als erstes Bundesland eine Partnerschaft mit einer türkischen Region eingeführt. Auch dies wurde vom ganzen Haus mitgetragen. Der Integrationsminister hat hier einen breiten Konsens gesucht. Damit ermöglichen wir es z. B. Jugendlichen, dort Freizeiten zu verbringen, oder Institutionen wie eben der Feuerwehr oder anderen Verbänden, Partnerschaften einzugehen. Das ist ein sehr guter Punkt, der auch dazu beitragen kann, dem Thema Integration einen positiveren Dreh in der medialen Berichterstattung zu geben. Wenn Menschen sich kennenlernen und zusammen feiern, werden Vorurteile am besten abgebaut. Dafür sorgen wir durch unsere Partnerschaft mit der Partnerregion Bursa in der Türkei. Das ist ein großer Erfolg, und ich freue mich, dass das hier einstimmig angenommen wurde.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Kordula Schulz- Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber den Alltag besser zu machen und zu erleichtern heißt auch, dass in den Schulen eine gesellschaftliche Normalität ankommt. Damit komme ich zum Thema islamischer Religionsunterricht.

Wir haben schon darüber gesprochen: Auch hier besteht eigentlich große Einigkeit im Ziel, islamischen Religionsunterricht in den Schulen einzuführen. 60.000 Schülerinnen und Schüler – diese Zahl ist schon genannt worden – haben einen islamischen Hintergrund, welcher Couleur auch immer, haben aber in hessischen Schulen bislang kein Angebot, in dieser Religion unterrichtet zu werden.

Deswegen haben wir uns gesagt, es muss natürlich auch für diese Kinder ein Angebot geben. Es gibt auch andere Religionsgemeinschaften, abseits der großen christlichen Kirchen, die bereits Religionsunterricht in der Schule haben; die Mennoniten und die Unitarier werden immer genannt. Davon gibt es viel weniger Schüler, als es muslimische Schüler gibt. Deswegen war uns klar: Diese gesellschaftliche Normalität, diese Realität muss es auch in den Schulen geben. Deswegen haben wir uns auf den Weg gemacht und diesen bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht eingeführt.

Zum Thema Querschnittsaufgabe: Natürlich war das eine Querschnittsaufgabe, eine Querschnittleistung, die dort vom Integrationsminister erbracht wurde. Es wurde der runde Tisch eingerichtet. Viele islamische Verbände waren noch nicht fit für das deutsche Modell des bekenntnisorientierten Religionsunterrichts. Deswegen hat der Integrationsminister mit der Kultusministerin und dem Innenminister alle Verbände an einen Tisch gerufen und mit ihnen das Kerncurriculum erarbeitet und die Voraussetzungen geklärt, die sie erfüllen müssen, um als Ansprechpartner anerkannt werden zu können, damit sie diesen Unterricht in den Schulen durchführen dürfen. Das war wirklich eine Herkulesaufgabe, die uns hier gelungen ist. Das illustriert auch sehr schön die Querschnittsaufgabe, die das Integrationsministerium hier geleistet hat.

(Beifall bei der FDP)

Einen Punkt muss ich noch nennen, und da möchte ich direkt die GRÜNEN ansprechen – auch, weil es von ihrer Seite jetzt wieder diese Pressemitteilung gab. Ich muss sagen: In diesem Punkt war die SPD wirklich redlich. Sie hat das Modell des bekenntnisorientierten Religionsunterrichts anerkannt. Natürlich hat sie es kritisch begleitet – der Minister hat das gesagt. Aber im Prinzip hat sie es anerkannt, weil auch sie anerkannt hat, dass es auf dem Boden des Grundgesetzes eigentlich nur in dieser Weise möglich ist. Wenn wir davon reden, dass der Islam „auf Augenhöhe mit anderen Religionsgemeinschaften“ agieren muss, dann führt an diesem Modell des bekenntnisorientierten Religionsunterrichts nichts vorbei.

Sie GRÜNE haben in diesem Punkt immer blockiert. Sich jetzt – auch in Ihrer Rede eben – hier hinzustellen, als ob Sie von Anfang an an der Spitze dieser Bewegung gestanden hätten,

(Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben wir auch!)

ist wirklich unredlich.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Das ist unredlich. Sie haben hier mehrere Anträge eingereicht, Aktuelle Stunden und Setzpunkte nach dem Motto: Das geht alles viel zu langsam;

(Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, klar!)

der Weg des bekenntnisorientierten Unterrichts ist der falsche Weg; das sei nur vorgeschoben und eine Blockadetaktik; der Weg der Islamkunde sei der bessere Weg.

Seit die DITIB und die Ahmadiyya ihre Anträge eingereicht haben und als bekannt gegeben wurde, dass die beiden anerkannt wurden, haben Sie erneut denselben Antrag eingebracht. Jetzt aber stehen Sie in der Sackgasse Ihrer Politik. Jetzt ist klar: Ab dem nächsten Schuljahr wird es dieses Angebot geben – und jetzt tun Sie so, als hätten Sie das von Anfang an immer so gefordert. Das ist dreist, wirklich dreist.

(Beifall bei der FDP)

Ihr parlamentarischer Geschäftsführer, Mathias Wagner, spricht immer vom guten Stil und von Ehrlichkeit. Auch Ihnen würde es einmal gut zu Gesicht stehen, wenn Sie diese Äußerungen einmal auf sich münzen und sagen würden: Okay, es stimmt, da haben wir uns vergaloppiert. Hier haben wir aufs falsche Pferd gesetzt; genau so, wie es die Landesregierung umgesetzt hat, war es richtig. – Das würde dem politischen Stil in diesem Hause einmal guttun, wenn Sie einmal über Ihren Schatten springen könnten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber zum Stichwort Querschnittsaufgabe gibt es noch viele andere Einzelmaßnahmen in den verschiedenen Ressorts, die wir – koordiniert durch das Integrationsministerium, aber natürlich letzten Endes ressortiert in den einzelnen Fachministerien – umgesetzt haben.

Das Thema Bildungspolitik ist bereits angesprochen worden. Auch bei dem wichtigen Thema Sprachförderung sind wir uns alle einig. Die Integration spielt natürlich in der Schule eine Rolle, aber auch in der frühkindlichen Bildung – auch hier sind wir uns alle einig.

Im Kultus- und im Sozialministerium haben wir viele gute Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Bildungschancen von Kindern mit Migrationshintergrund zu verbessern. Ich möchte nur das Stichwort Sozialindex ansprechen, eine ganz wichtige Maßnahme: Schulen in den sogenannten sozialen Brennpunkten, in denen viele Kinder mit Deutschproblemen, mit Migrationshintergrund wohnen, bekommen ab dem nächsten Schuljahr eine Lehrerzuweisung nach Sozialindex, damit dort besser auf die Probleme in diesen Problemquartieren eingegangen werden kann.

Dann haben wir mit dem neuen Kinderförderungsgesetz die Pauschale für die Schwerpunkt-Kitas erhöht.