Protocol of the Session on May 14, 2009

Ja, der Schuldackel der GRÜNEN hat auch gebellt, sehr schön.

Frau Habermann,wenn wir Ihrem Antrag,wie er hier vorliegt, folgen, dann tragen wir dazu bei, dass Unsicherheit und Chaos an Hessens Gymnasien einkehren. Das ist klar der Fall.Der Antrag zeigt mir auch:Nicht wir – wie Sie das vorhin gesagt haben –,sondern Sie haben aus Ihrem Wahlergebnis nichts gelernt.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hessens Gymnasien wollen keine Reform der Reform. Sie wollen in Ruhe und in klaren gesetzlichen Vorgaben das tun, was sie immer getan haben: Schülerinnen und Schülern Wissen vermitteln und sie zum Abitur führen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Sicherlich kann man im Rahmen einer Anhörung überlegen, wie man die gymnasiale Oberstufe weiterentwickeln kann.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na also!)

Was aber Ihre krude Idee von einer flexiblen gymnasialen Oberstufe angeht, so frage ich mich: Wie stellen Sie sich das in der Praxis vor?

(Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD))

Sollen die Lehrkräfte mit vier oder vielleicht sogar mit fünf Lehrplänen in der Tasche herumlaufen: dem alten G-9-, dem neuen G-8-Lehrplan, möglicherweise noch drei Oberstufenlehrplänen,je nachdem,in welchem Kurs man gerade ist, ob das eine zwei-, drei- oder vierjährige Oberstufe ist?

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Sie wollen doch die Vielfalt!)

Ich muss sagen, das ist doch eine sehr schwierige Frage.

(Heike Habermann (SPD): Nicht jeder Lehrer hat Ahnung von Bildungspolitik!)

Ihre Idee hat noch einen Fehler. Ich finde sie schlicht überflüssig. Wenn Eltern meinen, für ihr Kind sei es besser, das Abitur in 13 statt in zwölf Jahren zu machen, dann können sie das jetzt schon ermöglichen, indem sie ihr Kind an einer integrierten Gesamtschule anmelden – freier Wille der Eltern.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Jetzt zum zweiten Teil Ihres Antrags. Für mich ist es wirklich nicht an Inszenierung zu überbieten, wie Sie hier das Zentralabitur infrage stellen. Offensichtlich haben Sie sich das bei den GRÜNEN abgeschaut. Seit einer Woche wissen wir ja,dass Sie das können.Das haben wir gesehen.

(Zurufe von der SPD)

Aufgrund einer – zugegebenermaßen ärgerlichen – Panne das gesamte System Zentralabitur infrage zu stellen, das ist doch schlicht ein Witz.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

In Zeiten, in denen manche über ein Bundeszentralabitur diskutieren – von dem ich persönlich übrigens nichts halte, das möchte ich auch nicht verschweigen –, das inzwischen bewährte und akzeptierte Landeszentralabitur infrage zu stellen,zeigt mir,dass die SPD-Fraktion hier offensichtlich in ihrer eigenen kleinen Welt lebt. Die aber hat mit den Problemen der Menschen in Hessen im Moment nicht mehr viel zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Noch einen kleinen Satz zur LINKEN. Ich bin doch ein wenig verwundert, dass sich DIE LINKE gegen das Zentralabitur ausspricht. Ich möchte es eigentlich nicht aufwerten, aber Entschuldigung:Wollten Sie nicht irgendwie die sozialistische Einheitsschule – mit zentralen Prüfungen, wie das einmal in der DDR war? – Sehr merkwürdig.

(Beifall bei der FDP)

Ich jedenfalls gehöre einer Partei an, die für die Freiheit steht. Wir wollen auch Hessens Schulen eine größtmögliche Freiheit in der Gestaltung des Schullebens und des Unterrichts gewähren.

(Beifall bei der FDP)

Dazu gehören allerdings auch ein paar Spielregeln, damit die Schülerinnen und Schüler nicht darunter zu leiden haben. Im Falle der Gymnasien heißt eine dieser Spielregeln: Zentralabitur. Das ist von allen Beteiligten akzeptiert und wird auch nicht infrage gestellt – außer möglicherweise von der SPD.

Ich bleibe dabei: Wenn Ihnen in Zeiten wie diesen kein besseres Thema für einen Setzpunkt einfällt, dann lassen Sie es lieber. Wir können dem auf jeden Fall so nicht zustimmen. – Vielen Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Danke sehr, Herr Döweling. – Frau Staatsministerin Henzler, Sie haben jetzt das Wort, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bevor ich zu der Oberstufe komme, möchte ich doch noch etwas zur IGS sagen. Augenscheinlich haben Sie das vorgestern nicht verstanden, oder Sie haben zwei Tage lang darüber nachgedacht und haben es immer noch nicht klar bekommen. Wir haben für die IGS keinerlei Dinge verschlechtert, und wir haben auch keinerlei Sachen an einer IGS beendet.

(Heike Habermann (SPD): Es geht um Neugründungen! Das haben wir festgestellt!)

Wenn Sie mir einmal eine zweizügige IGS in Hessen nennen, dann werde ich es mir gern anschauen, wie sie arbeitet. Sie haben gesagt, wir würden etwas beenden wollen. Wir wollen gar nichts beenden; es geht um Neugründungen. Da wir schon bei Neugründungen sind: Ich habe gerade zwei Neugründungen von IGSen in Offenbach und Frankfurt genehmigt. Diese sind alle mehr als dreizügig, da gibt es also überhaupt kein Problem.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben eines nicht verstanden: Es gibt einen Unterschied zwischen der Zügigkeit und der inneren Differenzierung des Unterrichts. Das eine wird jetzt dreizügig, und das andere kann weiterhin zweizügig bleiben. Also machen Sie nicht so einen Aufstand. Dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen gegen integrierte Gesamtschulen wären, ist alles heiße Luft. Nichts davon ist wahr.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Über die Änderung der Oberstufenverordnung haben wir während unserer ersten gemeinsamen Regierungszeit lange und heftig diskutiert. Ich denke, wir haben uns damals auf ein Modell geeinigt, das wirklich hervorragend funktioniert und das vor allen Dingen eine richtige Mischung aus Grundwissen, Pflichtwissen und freiwilligen Dingen ist, die man als Leistungskurse oder andere Fächer wählen kann.

(Beifall des Abg. Dr. Norbert Herr (CDU))

Ich sage Ihnen sehr klar und deutlich: Das Abitur verleiht die allgemeine Hochschulreife. Wer in Hessen Abitur macht,muss befähigt sein,an einer Universität alle Fächer zu studieren.Da ist es nicht besonders hilfreich,wenn man vorher zwei Jahre Mathematik abwählen kann, um dann

beim Medizin- oder BWL-Studium plötzlich festzustellen, dass man dringend Mathematik gebraucht hätte,um in die Statistikvorlesungen zu gehen.

(Beifall bei der FDP)

Demzufolge wird es dabei bleiben, dass die Grundkurse Deutsch und Mathematik wenigstens sein müssen; und die Kombination mit den jetzigen Leistungskursen halte ich auch für richtig.Zum anderen ist es heute so,dass viele Abiturienten noch gar nicht mal wissen, was sie eigentlich werden sollen. Wenn sie jetzt schon vor dem Abitur Fächer abwählen und gar nicht wissen, was sie hinterher werden wollen, sind sie benachteiligt, wenn sie dann an die Uni gehen, und müssen bestimmte Dinge nachlernen, die ihnen eigentlich die Allgemeine Hochschulreife hätte bringen müssen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die zentralen Aufgabenprüfungen gewähren ein Höchstmaß an Vergleichbarkeit, Berechenbarkeit und Transparenz. Merkwürdigerweise haben alle anderen Bundesländer – bis auf Rheinland-Pfalz – in den letzten Jahren zentrale Abschlussprüfungen eingeführt. Manche Länder überlegen jetzt sogar, ob sie gemeinsam, länderübergreifend oder sogar bundesweit zentrale Prüfungen durchführen. Das sehe auch ich äußerst kritisch, weil ich glaube, dass mit einer Ausdehnung nicht unbedingt die Qualität gefördert wird. Außerdem würde dabei die Besonderheit von Hessen, das hessische Landesabitur, nicht mehr gehen.

Das hessische Landesabitur ist nämlich eine Kombination aus zentralenPrüfungen, die vom IQ und vom Kultusministerium zur Bearbeitung vorgegeben werden, und dezentralen Prüfungen, die von einzelnen Lehrkräften vor Ort erarbeitet werden. Selbst aus den zentral gestellten Prüfungen gibt es noch Wahlmöglichkeiten für Lehrer und Schüler.

Kommen wir nun zur Dauer der gymnasialen Oberstufe. Mathias Wagner ist wenigstens ehrlich. Er sagt ganz klipp und klar, er wolle die Oberstufe verändern, damit er das G 8 abschaffen kann.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So bin ich!)

Sie wollen wieder zurück zu sechs Jahren in der Mittelstufe, damit Sie das dann in der gymnasialen Oberstufe machen können.

Frau Habermann hat das nicht so ganz klar gesagt. Ich sage Ihnen: Die Gymnasien werden es Ihnen danken. Die Gymnasien, die sich jetzt endlich mit dem G 8 zurechtgefunden haben, wo das G 8 funktioniert, werden es Ihnen danken, wenn sie jetzt wieder alles umschmeißen dürfen und zum G 9 zurückkommen können.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Deshalb haben wir das ja beraten!)

Das Tollste daran ist,dass Sie das auch noch mit der Chancengleichheit begründen. Das absolute Gegenteil ist der Fall.Wenn Sie nur Gymnasien hätten, die von Klasse 5 bis zum Abitur durchgehend dieselben Schüler haben, dann wäre es völlig egal, wo Sie eindampfen und strecken. Das können Sie machen, wie Sie wollen. Diese haben Sie aber in Hessen nicht. In Hessen gibt es kein Gymnasium, das in der gymnasialen Oberstufe nicht auch Schüler anderer Schulformen aufnehmen muss und aufnimmt. Das ist die Chance für diejenigen, die eben über die Realschule oder die integrierte Gesamtschule kommen.

Hessen ist auch ein Land mit sehr gut funktionierenden reinen Oberstufenschulen. Da kommen manchmal Schüler von 20 bis 25 Schulen hin. Da brauchen Sie drei Jahre, so wie das auch die KMK vorsieht: ein Jahr Einführungsphase und zwei Jahre Qualifikationsphase. Deshalb können Sie da oben nicht verkürzen. Mit diesem Modell würden Sie schon einmal die beruflichen Gymnasien völlig kaputt machen, zum Nachteil der sehr vielen Kinder, die erst über die Hauptschule, dann über die Realschule zur Oberstufe kommen. Deshalb halte ich die dreijährige Regeloberstufe für richtig.