Protocol of the Session on March 8, 2012

In Darmstadt sind sich CDU, SPD, FDP und GRÜNE völlig einig, dass man jetzt auf einen Weg des Dialogs mit der HSE einschwenken muss, dass man eine Lösung für die künftige Unternehmensstrategie finden muss. Die Einzigen, die hier Krawall machen, weil sie mit ihren Parteikollegen vor Ort offenkundig nicht geredet haben, sind CDU und FDP. Dem Unternehmen dienen Sie damit nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU)

Ich sage hier ausdrücklich: Ich glaube, dass die Strategie der Stadt Darmstadt, getragen von einer ganz großen

Mehrheit im Stadtparlament und vertreten vom Darmstädter Oberbürgermeister Jochen Partsch, für die HSE der richtige Weg ist.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Warum dann Frau Scheel?)

Ich akzeptiere und respektiere aber auch, dass das Unternehmen, das große Verdienste insbesondere auf dem Ökostrommarkt erworben hat, eine andere Auffassung vertritt. Ich respektiere und akzeptiere auch, dass sich dieses Unternehmen die Leute holt, von denen es glaubt, dass sie diese Auffassung am besten vertreten können. Trotzdem brauche ich die Meinung der HSE nicht zu teilen. Jetzt müssen beide Seiten im Interesse des Unternehmens zusammenkommen. Gestatten Sie mir einen Hinweis: Was eine umweltfreundliche Stromerzeugung angeht, also das, was die HSE exemplarisch leistet, sind CDU und FDP ganz schlechte Ratgeber.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU)

Sie müssen sich auch einmal entscheiden, wie Sie argumentieren. Was werfen Sie vor?

(Peter Beuth (CDU): Wer hat Einfluss genommen?)

Herr Kollege Beuth, werfen Sie vor, dass Jochen Partsch, getragen vom Stadtparlament in Darmstadt, Christine Scheel sagt, dass sie aus der Sicht der Stadt Darmstadt eine falsche Politik macht? Oder werfen Sie vor, dass GRÜNE Christine Scheel angeblich in den Aufsichtsrat geholt haben?

(Peter Beuth (CDU): So ist es!)

Beides passt doch nicht zusammen. GRÜNE können doch nicht gleichzeitig diejenigen sein, die sie da hineingeholt haben und jetzt die schärfsten Kritiker sind. Das passt doch überhaupt nicht zusammen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lebhafte Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, bitte!

Denken Sie an Ihre bürgerliche Kinderstube, Herr Wagner.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN)

Ich denke ja immer noch, dass es die gibt. – Denken Sie an die Interessen des Unternehmens. Da helfen solche Krawallversuche nicht, wie Sie sie hier unternehmen. Ich weiß, Sie haben eine große Oppositionssehnsucht. Sie wird bald erfüllt werden.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Das Wort hat Herr Abg. Schaus, DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Möglicherweise – ich will niemandem zu nahe treten – bin ich in dieser Debatte der Einzige, der ein Stück weit die Hintergründe und die Geschichte dieses Konzerns kennt, weil ich, wie der Kollege Blum schon gesagt hat, mindestens acht Jahre lang Aufsichtsratmitglied der HEAG Holding, also der städtischen Muttergesellschaft, war und die Entwicklung hin zu einem stadtnahen Konzern als Arbeitnehmervertreter begleitet habe. Insofern will ich durchaus Sachlichkeit in diese Debatte hineinbringen.

(Große Unruhe)

Regt euch doch wieder ab. – In der Tat wollte ich Sachlichkeit in die Debatte bringen. Wenn das aber nicht gewünscht wird, fange ich eben anders an.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Bei dem Entschließungsantrag von CDU und FDP habe ich mich gefragt: Was soll das? Sie sprechen in Ihrem Entschließungsantrag davon, dass der Landtag „Aufklärung über die Hintergründe der Nominierung von Frau Christine Scheel“ erwarte. Sie wittern da Parteienfilz. Das könnte sein; das will ich nicht ausschließen.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Ich habe durchaus Vertrauen in Sie als CDU, weil Sie ja absolute Experten sind, was Parteienfilz angeht.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Da kennen Sie sich aus. Ich habe aber eher den Eindruck, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, dass Sie sich ärgern, in der Koalition, die Sie mit den GRÜNEN in Darmstadt eingegangen sind, in irgendeiner Art und Weise hier abgehängt worden zu sein. Das scheint mir der wahre Hintergrund dieser Debatte zu sein. Insofern kann ich Ihr Verhalten nicht verstehen.

Wenn Sie im dritten Absatz Ihres Entschließungsantrags von der Landtagsfraktion der GRÜNEN ultimativ verlangen, gegen „parteipolitische Patronage und den ,grünen Filz’“ vorzugehen und sich davon zu distanzieren, dann muss ich Ihnen sagen, meine Damen und Herren von CDU und FDP: Überlegen Sie sich noch einmal, ob Sie diese Forderung aufrechterhalten. Ansonsten hätten wir hier in jeder Landtagssitzung ganz viel zu tun und ganz viel zu erklären, was gelben und schwarzen Filz angeht.

(Zurufe von der CDU: Roter Filz!)

Das brächte Sie in Erklärungsnöte. Deshalb kann ich Ihnen nur davon abraten, diese Forderung aufrechtzuerhalten.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

Worum geht es hier? Es geht, wie Sie in Ihrem zweiten Absatz schreiben, um eine angebliche „Interessenverquickung“ bei Frau Scheel. Dazu muss ich sagen: Das ist nicht der Fall. Frau Scheel vertritt als Vorstandssprecherin in der Tat – insoweit kenne ich den Laden noch – die Interessen der HSE. Diese Interessen sind offensichtlich nicht in Übereinstimmung mit den politischen Interessen der

Mehrheit, der Koalition. Das ist eigentlich ein normaler Vorgang, der durchaus immer wieder vorkommt.

Ich denke, wir sollten einen Blick auf die HSE werfen, weil sie in der Tat eine sehr erfolgreiche Geschichte in der ökologischen Energieerzeugung und -versorgung vorzuweisen hat und es uns insgesamt darum gehen muss, diese Erfolgsgeschichte auch unter dem Gesichtspunkt „Förderung der erneuerbaren Energien“ voranzutreiben und zu unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich weiß – auch aus Gesprächen, die ich vor wenigen Tagen mit den Betriebsräten der HSE geführt habe –, dass es unter den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Ängs te gibt. Da geht es in der Tat darum, zu sagen: Wir brauchen einen starken Partner, um die Entwicklung voranzutreiben; wir wollen den stärksten Partner haben. – Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern fragen sich durchaus, ob die Stadt Darmstadt tatsächlich ein starker Partner ist und ob die Entwicklung so weitergehen kann.

Dem Misstrauen, das hier entsteht und das auch durch diese Debatte zusätzlich geschürt wird, müssen wir alle entgegentreten. Es ist eine politische Entscheidung – das muss unterstrichen werden –, wie der Anteilseigner dieser Gesellschaft den Weg ebnet.

Wir LINKE unterstützen jeden Ansatz zur Rekommunalisierung und damit auch den Ankauf weiterer Anteile der HSE, um einen stärkeren politischen Einfluss auf diese Gesellschaft auszuüben.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Herr Präsident, einen Satz noch. – Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Wir brauchen in dieser Debatte eigentlich eine neue Vertrauenskultur zwischen den Arbeitnehmern und den kommunalen Betreibern. Darum geht es letztendlich, und das sollte Ziel unserer Debatte sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Herr Kollege Blum, Fraktion der FDP.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, das Wort hat Herr Blum. Herr Blum, warten Sie. Das geht noch nicht von Ihrer Redezeit ab. – Jetzt, bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor etwas mehr als einem Jahr hat sich der Hessische Landtag auf Antrag der Oppositionsfraktionen – die Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN waren durchaus vorneweg – mit dem Wechsel des ehemaligen Ministerpräsidenten Roland Koch an die Spitze des Baukonzerns Bilfinger Berger beschäftigt. Wir haben Ihnen schon damals zwei Botschaften mit auf den Weg gegeben.

Erste Botschaft – Kollege Pentz hat darauf hingewiesen –: Ja, wir halten einen Austausch zwischen Wirtschaft und Politik bzw. Politik und Wirtschaft durchaus für sinnvoll, damit man in beiden Bereichen nicht unter der eigenen Käseglocke vor sich hinarbeitet, ohne etwas vom anderen zu wissen.

Zweite Botschaft: Es ist schon ein wenig pharisäerhaft, wenn sich ausgerechnet die GRÜNEN über solche Wechsel beschweren. Wir haben Ihnen deutlich gemacht, dass es gerade bei Ihnen genügend Beispiele dafür gibt, dass solche Wechsel stattfinden. Kollege Berninger, Kollege Fischer und jetzt eben Frau Scheel sind beredte Beispiele dafür, dass sich die GRÜNEN, wenn es um die eigene Sache geht, kein bisschen anders verhalten. Vom Plenarsaal in die Vorstandsetage – das ist schon eine sehr eigenwillige Interpretation des Marsches durch die Institutionen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU)

Der einzige Unterschied in diesem Fall ist, dass Roland Koch sehr erfolgreich einen Dax-Konzern führt, während Frau Scheel auf dem besten Weg ist, durch ihr jämmerliches Schauspiel ein erfolgreiches Unternehmen zugrunde zu richten. Das sollte uns zu denken geben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)