Der jetzige Zustand führt aus Sicht der FDP zu einer Wettbewerbsverzerrung. Von dieser Wettbewerbsverzerrung wären nach Schätzung der Industrie- und Handelskammer in Hessen rund 2.000 gewerbliche Weiterbildungsanbieter betroffen. Darunter sind gut 450 leistungsstarke Unternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind.Vor allem im Interesse dieser Branche sehen wir keinen Handlungsbedarf seitens des Gesetzgebers zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Rahmen des Hessischen Weiterbildungsgesetzes.
Bis auf die genannten Änderungsforderungen der FDP handelt es sich um eine sinnvolle und notwendige Fortschreibung des Weiterbildungsgesetzes, die dazu führen wird, dass lebenslanges Lernen in Hessen rechtlich verankert ist und die entsprechenden Organisationsformen der Träger geschaffen werden können.Wir werden in der Anhörung und im Ausschuss intensiv darüber diskutieren und hoffen, dass wir für unsere Verbesserungs- und Änderungsvorschläge dann auch Zustimmung finden. – Danke.
Vielen Dank, Frau Henzler. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Quanz für die SPD-Fraktion zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Fortschreibung und Überarbeitung des Erwachsenenbildungsgesetzes geht es um nicht mehr und nicht weniger als um das Festhalten an einer wesentlichen Säule des deutschen – und hessischen – Bildungssystems. Die Erwachsenenbildung ist und bleibt ein wesentlicher Baustein nicht nur, was die berufliche Weiterbildung angeht,sondern insbesondere auch,was die allgemeine Fortund Weiterbildung, vor allem die Persönlichkeitsentwicklung und die Teilhabe am öffentlichen, gesellschaftlichen, kulturellen und sozialen Leben in der Gesellschaft insgesamt, betrifft.
Für die SPD ist und bleibt die Erwachsenenbildung auch ein wesentlicher Baustein für ein lebensbegleitendes Ler
nen. In einer Wissensgesellschaft – auf dem Weg dorthin sind wir längst – ist das lebensbegleitende Lernen eine unverzichtbare Grundlage, wenn der Einzelne an den gesellschaftlichen Entwicklungen insgesamt teilhaben will.
Das heißt, dass die SPD an dem öffentlich verantworteten Bildungsauftrag und somit auch an einer ausreichenden finanziellen Förderung durch öffentliche Mittel festhält. Bekanntermaßen gibt es eine erhebliche Differenz zwischen dem Anspruch, den Sie richtig artikulieren, und der finanziellen Ausstattung. Bei der finanziellen Ausstattung sind Sie von Ihrem Anspruch leider zu weit entfernt.
Wir sagen auch, dass sich das Nebeneinander von öffentlichen Einrichtungen und privaten Trägern bewährt hat. Aufgrund dieser Struktur können den unterschiedlichen Gruppen in der Gesellschaft die entsprechenden Angebote gemacht werden.
Es kommt allerdings auch darauf an – Frau Ministerin, diesen Ansatz vermissen wir –, dass wir nicht auf den Anspruch einer weiteren Integration verzichten. Die Ansätze, die gerade in einer lernenden Region erforderlich sind, machen es notwendig, dass wir solche Entwicklungen als gesetzlichen Auftrag begreifen und entsprechend fördern.
Meine Damen und Herren, es ist richtig, wenn die EU sagt, die lernenden Regionen seien die angemessene Antwort auf wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklungen.Wie Herr Kollege Wagner schon deutlich gemacht hat, passt die neue Bescheidenheit der Regierung, wie sie sich im Vorblatt des Gesetzes ausdrückt, nicht dazu. Diese neue Bescheidenheit der Regierung ist zwar sehr wahrhaftig, hat aber nicht zu der logischen Konsequenz geführt, dass die Regionen finanziell in den Stand gesetzt werden, dem öffentlichen Bildungsauftrag nachzukommen.
Wenn nur noch 7 % der Ausgaben der Volkshochschulen über Landesmittel gedeckt werden, zeigt dies, dass die Landesregierung zwar die Richtigkeit und Wichtigkeit der Erwachsenenbildung begriffen hat, die notwendige finanzielle Unterstützung jedoch nicht leistet.Dort setzt unsere Kritik an. Wir sind von einer Drittelfinanzierung, wie sie jahrelang proklamiert wurde, weit entfernt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Kursen sowie die kommunalen und privaten Träger tragen deutlich mehr. Das Land hat sich weitgehend zurückgezogen.
Wir begrüßen die Öffnungsklausel im Gesetz, die die Erprobung neuer pädagogischer und organisatorischer Formen sowie die Finanzierung der Strukturen des lebensbegleitenden Lernens ermöglichen soll, die sich verstetigen müssen.
Wir machen aber darauf aufmerksam, dass dort auch Gefahren lauern.Wenn es dabei bleibt, dass die Finanzierung der Volkshochschulen aufgrund der festgesetzten Stundendeputate im Pflichtangebot gedeckelt ist, während durch die Entwicklung neuer Strukturen gleichzeitig neue Finanzierungsaufgaben auf sie zukommen, wird das dazu führen, dass der Topf für die originären Aufgaben zu klein ist und dass die Gefahr besteht, dass die Volkshochschulen ihr traditionelles Angebot nicht mehr aufrechterhalten können.
Das wollen und dürfen wir uns nicht leisten. Die Volkshochschulen sind für das Angebot in der Erwachsenenbil
dung unverzichtbar. Alle müssen zu solchen Angeboten Zugang haben. Deshalb kommt es sehr darauf an, dass die Träger insgesamt und die Volkshochschulen in die Lage versetzt werden, diese neuen Strukturen im Sinne der Vernetzung innerhalb einer Region aufzubauen.
Richtig und konsequent finden wir die Aufnahme des Gedankens, dass Menschen mit Behinderungen nicht benachteiligt bleiben dürfen. Wir brauchen einen barrierefreien Zugang zu den Einrichtungen, und es ist sehr wichtig, dass die soziale Teilhabe von Menschen mit Behinderungen durch die Aufnahme bestimmter Themen in das Pflichtangebot der einzelnen Organisationen berücksichtigt wird.
Lassen Sie mich die Punkte zusammenfassen und dabei einige wenige Sätze zu den möglichen Änderungsanträgen der FDP-Fraktion sagen. Frau Henzler, in einer Zeit, in der die berufliche Bildung mehr denn je ein Teil der Allgemeinbildung ist, finde ich es verwegen, eine künstliche Trennung herbeiführen zu wollen. Es gibt sehr viele Bereiche, die deutlich machen, dass diese Trennung sehr künstlich ist. Sich allein zum Sprachrohr der IHK zu machen und den öffentlichen Bildungsauftrag hintanzustellen halte ich für einen Rückschritt.
Es geht gerade darum, deutlich zu machen, dass Allgemeinbildung und berufliche Bildung Teil eines Gesamtkonzeptes sind.
Ich fasse das Gesagte zusammen. Erstens. Wir müssen in der weiteren Diskussion darauf achten, dass nicht nur hehre Absichtserklärungen – deren Inhalt durchaus richtig ist – erfolgen, sondern dass auch der finanzielle Rahmen geschaffen wird,damit sie umgesetzt werden können.
Zweitens. Die Unterstützung des Programms „Lernende Regionen – Förderung von Netzwerken“ ist der richtige Ansatz. Deshalb ist es auch konsequent, wenn Vertreter der Projekte, die die lernenden Regionen betreffen, im Landeskuratorium mit beratender Stimme vertreten sind.
Ich sehe allerdings weiterhin Klärungsbedarf hinsichtlich der Rolle der beruflichen Schulen im Rahmen der Projekte der lernenden Regionen. Das von uns aufgelegte Programm „Selbstverantwortung plus“ ist richtig. Deshalb sagen wir aber auch:Wir müssen konsequenterweise dann schauen, wie die beruflichen Schulen sich und das, was sich aus der Selbstverantwortung ergibt, als eigenständige Organisationen insgesamt in das Weiterbildungskonzept einbringen können.
Drittens. Die Laufzeit dieses Gesetzes auf viereinhalb Jahre festzulegen ist sinnvoll. Gleichzeitig erfolgt damit eine Anpassung an die Haushaltsjahre. Der Weiterbildungsbericht und die vorliegenden Ergebnisse der Evaluierungen werten die Erwachsenenbildung im Land Hessen und deren Angebote insgesamt und vom Grundsatz her positiv.
Der öffentlich-rechtliche und im Gesetz verankerte Auftrag muss bestehen bleiben. Frau Henzler, ich möchte noch ein paar Worte zu der Auffassung der Industrie- und Handelskammer sagen. Ich halte die Forderung der Industrie- und Handelskammer für völlig abwegig. Sie ist der Auffassung, dass wir die Weiterbildung unterhalb der Stufe des Gesetzes regeln könnten. Wir brauchen aber selbstverständlich die gesetzliche Grundlage. Es sollte
weiterhin auf einer gesetzlichen Grundlage geregelt werden, dass es dort einen öffentlichen Auftrag gibt, dass dies mit öffentlichen Mitteln finanziert wird und dass es eine Qualitätssicherung und Evaluierung gibt.
Insgesamt sind die ersten bekannt gewordenen Stellungnahmen der Träger vom Grundsatz her positiv. Die Änderungswünsche wurden zum Teil in den Referentenentwurf aufgenommen. Allerdings sollte uns eine schriftliche Anhörung weitere Kenntnisse darüber verschaffen, was die betroffenen Verbände,Träger und die weiteren Organisationen dazu denken. Im Lichte der Ergebnisse dieser Anhörung wird die SPD-Fraktion dann entscheiden, wie sie sich zum Gesetzentwurf verhalten wird. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Einige der letzten Worte des Herrn Quanz betrafen das Geld.Das zog sich durch die Reden der Mitglieder der Opposition immer wieder so durch.
Dazu sollte man sich die Historie anschauen. Es ist so, dass wir zu Beginn der Übernahme der Regierungsverantwortung in Hessen Einschnitte vornehmen mussten. Herr Quanz, Sie gehören diesem Parlament schon länger als ich an. Man sollte sich die Historie angucken. Herr Quanz, Sie haben sicherlich öfter als ich zugestimmt, wenn während Ihrer Regierungsverantwortung Einschnitte vorgenommen wurden.
Uns, den Mitgliedern der CDU, war von Anfang an klar, dass erst einmal im allgemeinen Bildungsbereich die Grundlage für einen angemessen Start der jungen Menschen gelegt werden muss. Der Ausbau der Weiterbildung muss dann später folgen.
Ich sage ganz bewusst: Ich bin stolz auf unser Weiterbildungsgesetz. Es ist unter Schwierigkeiten entstanden.Wir haben lange darüber diskutiert.Im Endeffekt hat das aber dazu geführt, dass es große Zustimmung gegeben hat. Die Leute haben dem zugestimmt.
Insbesondere durch die Globalisierung und den demographischen Wandel entsteht ein permanenter Druck in Richtung wirtschaftlicher und sozialer Veränderungen. Daraus ergeben sich permanent neue und veränderte Anforderungen an das Wissen und Können der Menschen unseres Landes. Wer auf der Höhe der Zeit bleiben will, bildet sich kontinuierlich weiter, lernt ein Leben lang.
Wer auf der Höhe der Zeit bleiben will, muss sich darum bemühen, sich sein Leben lang weiterzubilden, um den Anschluss nicht zu verlieren.
Die Frau Ministerin hat heute einen Gesetzentwurf dazu eingebracht. Ich möchte an dieser Stelle sowohl der Ministerin als auch den Mitarbeitern des Hauses recht herzlich Dank sagen. Denn da gibt es kein normiertes Verfahren. Da gibt es keine Organisationen, die man standardmäßig anschreiben könnte.
Ich sehe gerade einen Vertreter der Feuerwehr. Die Feuerwehr tritt in Uniform auf. Im Bildungswesen hingegen gibt es Vielfalt. Es gibt einen Blumenstrauß an Bildungsträgern.
Es ist gut, dass wir diese Vielfalt bei den Bildungsträgern haben. Für das Haus war das zwar nicht richtig schwierig; denn das Haus ist gut.Aber für das Haus war es spannend, die vielfältigen Interessen unter einen Hut zu bringen.
Der Gesetzentwurf liegt nun vor. In ihm wird bewusst darauf Wert gelegt, die in Hessen vorkommende Vielfalt nicht zu zerstören. Es gibt öffentliche Träger. Es gibt freie Träger.
Frau Henzler ist leider nicht mehr da.Ich will das nicht bemängeln. Ich weiß, sie muss an ihrer letzten Stadtverordnetenversammlung teilnehmen.
Gerade beim Innovationspool können wir experimentieren. Wenn es dort zu Fehlentwicklungen kommen sollte, werden wir sicherlich bereit sein, etwas zu machen. Ich habe mit Frau Kollegin Kölsch eben darüber gesprochen. Wenn es dort zu Fehlentwicklungen kommt, werden wir sicherlich die Letzten sein, die sich einer fortschrittlichen Weiterentwicklung und einer angemessenen Besetzung der Innovationskommission widersetzen würden. Das wurde aber inzwischen angeleiert. Die Wege sind dort geebnet.
Herr Quanz, Sie haben von der Erwachsenenbildung gesprochen.Wir haben im Jahr 2001 bewusst den Begriff der Weiterbildung geprägt. Das ist in den verschiedenen Häusern nicht unbedingt auf Gegenliebe gestoßen. Meiner Meinung nach haben wir aber im Jahr 2001 dieses Gesetz bewusst das Hessische Weiterbildungsgesetz genannt. Zwar wurden nicht alle Häuser in dem Gesetz angesprochen.Aber man kann dieses Gesetz zur Kenntnis nehmen und sagen, dass man etwas dazu beitragen will, dass wir in Hessen bei der Weiterbildung noch besser werden.
Inzwischen haben wir mit dem Gesetz fünf Jahre lang Erfahrung gesammelt. Ich habe viele Gespräche mit Vertretern der Träger und der Volkshochschulen geführt. Ich kann jetzt eines feststellen.Trotz der Mittelkürzungen,die uns sicherlich nicht leicht gefallen sind – das möchte ich noch einmal betonen –, und trotz der Einschnitte ist es doch so, dass sich dieses Gesetz in dieser schweren Zeit bewährt hat. Diese Einschätzung wird auch von Vertretern der entsprechenden Landesorganisationen sowie von Vertretern des Volkshochschulverbandes bzw. der einzelnen Volkshochschulen bestätigt. Mit deren Vertretern habe ich in der letzten Zeit noch intensive Gespräche geführt.
Eines möchte ich auch sagen. Gerade bei der Weiterbildung engagiert sich eine Klientel an Menschen, die sehr hoch motiviert ist. Sie haben mit vielen Gesprächen dazu beigetragen, dass wir das System weiterentwickeln können. Im Kultusministerium ist Herr Hochstätter der Ansprechpartner. Er hat viele Gespräche geführt. Aber das war sehr wichtig. Denn der Gesetzentwurf musste diskutiert werden, damit das neue Gesetz dann angenommen wird.