Protocol of the Session on July 8, 2003

Dann darf die öffentlich-rechtliche Rechtsform nicht sakrosankt sein.Vielmehr müssen wir darüber nachdenken, andere Rechtsformen zuzulassen.

Deswegen haben wir beispielsweise auch in diesem Gesetzentwurf vorgesehen, dass bei den Sparkassen eine Aufnahme privaten Kapitals bis zur Höhe von 49 % ermöglicht werden soll. Sie wissen, die Industrie- und Handelskammer hat uns dafür gescholten und gesagt, das sei noch nicht weitgehend genug. – Nun gut, wenn ich einmal die Positionen derer sehe, die von vornherein sagen, alles muss so bleiben, wie es ist, und auf der anderen Seite die Position derer,die die Ablösung der öffentlich-rechtlichen Rechtsform zu 100 % in Privatrecht ermöglichen möchten, dann ist der Vorschlag, den wir machen, Holdingmodelle und Aktienrechte mit privater Beteiligung von bis zu 49 % zu erlauben, ein Modell mit Kompromisscharakter. Deswegen sollten wir darüber diskutieren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Noch einmal: Wir stehen dazu, dass wir diese drei Säulen brauchen.Wir wollen diesen wichtigen Partner des Mittelstandes gerade in die Lage versetzen, seine Aufgabe wirklich zu erfüllen.

Ich halte es für falsch, zu sagen, man dürfe hier nicht über den Rechtsformwechsel diskutieren. Im Übrigen sehen Sie in anderen Ländern – deswegen mein Beispiel aus Schleswig-Holstein –, dass dies getan wird. Sie haben die gleiche Situation in Hamburg. Die Diskussion findet also statt. Da frage ich diejenigen, die die öffentlich-rechtliche Rechtsform in reiner Form aufrechterhalten wollen: Wie wollen Sie denn das bewerkstelligen? Die Sparkassen sind ohnehin nicht in der Lage, ihrem Eigentümer noch etwas zu geben – und wenn, dann nur in wenigen Ausnahmefällen.Deswegen ist es doch die Frage:Warum ist es nicht gerade auch im Interesse der Kommunen, für eine andere Rechtsform zu sorgen, um die Ertragslage zu erhöhen? Dann würden Kommunen vielleicht auch wieder in die Lage versetzt werden, eine Ausschüttung von ihrer Sparkasse zu bekommen.

Meine Damen und Herren, bei dieser Gelegenheit sage ich den Kollegen der SPD, aber auch den Kollegen der Union, weil sie natürlich in den Gremien der Sparkassen viel stärker verankert sind, als das bei uns der Fall ist:Wir reden immer von PPP – Public-Private-Partnership. Wir haben das in anderen Bereichen gemacht, beispielsweise beim Innovationsfonds oder bei der Future Capital AG. Herr Kollege Klemm hat das seinerzeit eingeleitet. Warum wollen wir diesen Schritt nicht auch bei den Sparkassen gehen und die Aufnahme privaten Kapitals ermöglichen, um diese Aufgabe erfüllen zu können?

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, das heißt, wir sollten uns bemühen, in der jetzt nachfolgenden Diskussion darüber einen Konsens zu erzielen.Es wäre zu einfach,wenn wir uns hinstellten und sagten: Nur diejenigen sind die Bewahrer des öffentlichen Sparkassenwesens, die das öffentlichrechtliche System lupenrein durchhalten. – Wir müssen weiter gehen, das ist meine Überzeugung.

Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, wie sich die Landesregierung mittlerweile positioniert. Wenn beispielsweise gesagt werden sollte, die Aufnahme privaten Kapitals hätten wir auch früher schon gehabt – Stichwort „Bürgersparkasse“; die ist im Übrigen in der Koalition von 1987 bis 1991 geschaffen worden –, und dieses Instrument sei nicht genutzt worden,so will ich gleich sagen,warum das so ist. Der Grund besteht darin, dass Sie bis zu einer Beteiligung von 5 % keine Mitsprache im Verwaltungsrat haben. Wenn ich privates Kapital in die Sparkasse hineinnehme, dann muss ich natürlich auch demjenigen, der das Geld hineingibt, die Möglichkeit eröffnen, im Verwaltungsrat mitzureden.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Sie kennen die Situation in den öffentlich-rechtlichen Sparkassen. Ich sage es einmal etwas flapsig,etwas überpointiert:Manche Diskussion darüber, ob man jetzt Filialen schließen muss oder nicht, hätte man sich sparen können, wenn man zu einem früheren Zeitpunkt mehr wirtschaftswissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Sachverstand in den Gremien der Sparkassen gehabt hätte. Dann wäre manche Situation gar nicht so eingetreten, wie das geschehen ist.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen habe ich versucht, zu differenzieren. Diese Frage ist auch für den Finanzplatz Frankfurt von besonderer Bedeutung.

Mit Interesse habe ich zur Kenntnis genommen, dass die Landesregierung die Aktivitäten der Vorgängerregierung fortsetzt und sagt, wir brauchen dort eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft,und wir müssen auch etwas im Bereich der Börse tun. Das ist alles ganz prima. Dort aber, wo wir unmittelbar Einfluss haben – die Einflussmöglichkeiten hinsichtlich des Finanzplatzes sind ja nicht so groß –, sollten wir die Möglichkeit nutzen.Wir sind wieder Miteigentümer bei der Landesbank geworden. Ich will es mir versagen, in diesem Zusammenhang darüber zu diskutieren, was den Ministerpräsidenten veranlasst haben könnte, zu sagen: Mit meinen 10 % lege ich ein Veto ein. – Das will ich nicht weiter kommentieren; ich habe es ja bereits öffentlich getan. Unser Wiedereinstieg war nicht dem Zweck gewidmet, so etwas zu tun.

(Beifall bei der FDP)

Vielmehr wollten wir hier unsere Einflussmöglichkeiten nutzen.

Meine Damen und Herren, zu Beginn habe ich gesagt – und damit will ich auch zum Schluss kommen –: Die Sache eilt. Als wir den Gesetzentwurf zur Änderung des Sparkassengesetzes, zur Abschaffung der Gewährträgerhaftung und der Anstaltslast infolge der Brüssler Vereinbarungen, hier diskutiert haben, da haben wir gesagt, diese Frage wollen wir bewusst davon trennen. Das heißt aber nicht, dass wir jetzt Zeit haben. Meine Damen und Herren von der Landesregierung, deswegen die Frage: Wann kommt ein solcher Gesetzentwurf?

Ich halte es nicht für angemessen, zu warten, bis erst der Sparkassen- und Giroverband seine Verbundentscheidung getroffen hat. Denn das, was wir in unserem Gesetzentwurf vorschlagen, schließt ein Verbundkonzept nicht aus, sondern eröffnet zusätzliche, weiter gehende Möglichkeiten.

Deswegen will ich das Stichwort „Möglichkeiten“ aufgreifen. Dahinter steht: Dieser Gesetzentwurf enthält keine Regelung, die den Sparkassen aufgezwungen werden soll,

(Beifall bei der FDP)

sondern es sind Optionsmöglichkeiten, von denen die Sparkassen Gebrauch machen können oder nicht.

Herr Posch, ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Eine äußerst wichtige Aussage. Denn ich möchte mich nicht dem Vorwurf ausgesetzt sehen, hier etwas gegen den Willen der Sparkassen durchsetzen zu wollen. Es geht darum, Möglichkeiten zu eröffnen, damit diese Sparkassen auch zukünftig Partner des Mittelstandes sind. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Posch. – Für die SPD-Fraktion hat der Abg. Klemm das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, es hat Sinn, sich schlicht und einfach darüber zu verständigen, wo unsere gemeinsamen Positionen liegen und wo sich unsere Positionen unterscheiden. Denn dieses Thema ist zu ernst, um es im normalen Schlagabtausch zu behandeln.

Im gesamten Finanzdienstleistungsbereich haben wir generell das Problem der sinkenden Erträge. Wir haben generell steigende Kapitalkosten für die Kapitalbeschaffung. Im internationalen Vergleich haben wir in der Bundesrepublik Deutschland einen sehr stark zersplitterten Bankenmarkt, der insgesamt einer Neuorganisation harrt. Daraus folgt der Druck, unter dem wir dieses Thema diskutieren.

Wir haben speziell im Sparkassensektor, in allen Teilen, Ertragsrückgänge. Wir haben speziell in diesem Bereich den Wegfall der Gewährträgerhaftung, der veränderte Ausgangsbedingungen für die Wettbewerbsfähigkeit der Sparkassen mit sich bringt.Wir haben insbesondere, nicht nur in unserem Land, sondern überall in der Bundesrepublik, unter dem Stichwort „Basel II“ eine Neubewertung der Kreditwürdigkeit vorzunehmen, nicht nur der Kreditnehmer, sondern auch der Kreditinstitute.

Wenn man diese Melange zusammen sieht, sind wir ganz sicher an dem Punkt, wo wir sagen müssen:Wenn wir eine Aufforderung zum Handeln haben, dann die: Das Sparkassenwesen muss zukunftsfähig über den Tag hinaus geordnet werden, insbesondere in unserer Region.

Ich glaube, dass es dabei wichtig ist, dass wir uns auf ein paar Ziele verständigen, auch wenn ich die Auffassung teile, dass die Verständigung auf die Ziele vielleicht einfacher ist,als sich auf den genauen Weg zu verständigen.Für die Sozialdemokraten gibt es zwei Punkte, von denen ich glaube, dass sie in der Sache gar nicht streitig sind. Wir wollen bei allem, was wir tun, im Auge behalten, dass in der Fläche ein breit aufgestelltes Sparkassennetz dauerhaft überlebensfähig bleibt.

(Beifall bei der SPD)

Denn wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass andere Teile des Finanzdienstleistungsbereichs – damit meine ich jetzt nicht die Genossenschaftsbanken, sondern die privaten Banken – nicht in der Lage sind, die Versorgung in der Fläche in der Art sicherzustellen, dass man dort tatsächlich gleichwertige Möglichkeiten der Kapitalversorgung zur Verfügung hat.

Für uns ist noch ein zweiter Punkt von ganz besonderer Bedeutung.Am Finanzplatz Frankfurt stellt sich für uns in Hessen die Frage, ob wir in der Lage sind, einen öffentlich-rechtlichen Finanzdienstleister auf Dauer konkurrenzfähig zu etablieren und damit den Spruch von den drei Säulen des deutschen Finanzdienstleistungsbereichs an dem kontinentalen europäischen Bankenplatz tatsächlich mit Leben zu erfüllen.

(Beifall bei der SPD)

Das heißt,unabhängig von allen Fragen der Versorgung in der Fläche gibt es für Hessen als Land, gibt es aber auch als Symbol für die Sparkassenwelt eine Notwendigkeit, sich auf die Bedingungen einer dauerhaft gesicherten Existenz am Bankenplatz Frankfurt unter den Konkurrenzbedingungen dieses Bankenplatzes einzurichten.

Wir diskutieren dies in einem Spannungsfeld. Denn ich teile das, was Herr Posch gesagt hat. Wir haben in der

Sparkassenwelt im ländlichen Hessen und in der RheinMain-Region unterschiedliche Strukturen. Wir haben auch unterschiedliche Einsichten, Einsichtsfähigkeiten und Bereitschaften, auf diese unterschiedlichen Anforderungen tatsächlich zu antworten.

Wir wollen am Bankenplatz Frankfurt das dreigliedrige Bankensystem sichern. Um es in der Reihenfolge abzuarbeiten: Wir begrüßen, dass es jetzt endlich ein Verbundmodell gibt.

(Beifall bei der SPD, bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Wir meinen, dass dieses Verbundmodell eine Voraussetzung dafür bietet, konkurrenzfähig und leistungsfähig zu werden sowie mehr Kooperation,die notwendig und wünschenswert ist, einzuüben, ohne gleichzeitig die Selbstständigkeit vollständig aufgeben zu müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Frank Lortz (CDU): Richtig!)

Wir sehen dieses Modell als einen wichtigen Beitrag, der in der Sparkassenwelt erarbeitet worden ist. Wir hoffen darauf, dass das Verbundmodell zügig realisiert wird,

(Frank Lortz (CDU): Sehr gut!)

dass es von der Papierform in die Alltagspraxis umgesetzt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU)

Jetzt reden wir über diese Frage hinausgehend darüber – da sind wir nicht grundsätzlich unterschiedlicher Meinung –, dass man mindestens fragen muss: Reicht das wirklich aus, um auf Dauer allen Anforderungen Rechnung tragen zu können,

(Beifall des Abg. Dieter Posch (FDP))

die die Wettbewerbsbedingungen des Kapitalmarktes an uns alle und insbesondere an die Sparkassenwelt stellen? Da sage ich – das überrascht Sie nicht –: An die Punkte, die in dem Gesetzentwurf der FDP formuliert worden sind, gibt es aus unserer Sicht abweichende Anforderungen.

Fangen wir mit dem Punkt an, der aus meiner Sicht der zentrale ist. Es gibt einen glasklaren Unterschied. Für die Sozialdemokratie ist der öffentlich-rechtliche Status der Sparkassen das unverzichtbare Wesensmerkmal der Sparkasse deutscher Prägung, so wie sie entstanden ist und wie wir sie kennen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU)

Um nicht so traditionell daherzureden, sage ich das moderner,unter dem Gesichtspunkt des Marketings im Jahre 2003: