Der Minister hat bestätigt, dass es Schreiben an ihn gegeben hat und er informiert war. Er hat bestätigt, dass die Ausschreibung geändert wurde. Er hat also Sachverhalte bestätigt, die ich vorgetragen habe. Der Minister hat auch bestätigt, dass Bewerbungen von diesen Steuerfahndern auf dem Dienstweg verschwunden sind.
Jeder einzelne dieser Vorgänge mag erklärlich sein. Jeder einzelne dieser Vorgänge mag auf einzelnes menschliches Versagen oder menschliche Fehler zurückzuführen sein. In der Summe aber ergibt sich ein völlig eindeutiges Bild. Deshalb kann ich nachvollziehen, dass die betroffenen Steuerfahnder den Eindruck gewinnen, dass kritische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Landes für ihre kritische Haltung sanktioniert werden sollen.
Offenkundig ist auf jeden Fall, dass es innerhalb des Finanzamtes, das ich angesprochen habe, erhebliche Probleme bei der Führung und bei der Personalführung gibt. Das ist doch ganz offenkundig anhand dieser Vorgänge, wenn Ausschreibungen korrigiert werden müssen, wenn sich der Personalrat mehrmals an den Minister wendet und wenn es Hinweise darauf gibt, dass die Integrationsrichtlinien des Landes nicht eingehalten wurden. Dann ist doch völlig offenkundig, dass in diesem Finanzamt etwas nicht gestimmt hat und immer noch nicht stimmt.
Herr Minister, da Sie von all diesen Vorgängen wussten, ist die Frage doch sehr berechtigt, was das Finanzministerium getan hat. Das Finanzministerium hat am 1. Oktober 2004 einen Bericht zu diesen Vorgängen angefordert. Es dauerte ein geschlagenes Jahr, bis dieser Bericht vorlag. Es geht um den Umgang mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, und es dauert ein Jahr, bis dieser Bericht vorliegt. Zudem ist erstaunlich, dass dieser Bericht ausgerechnet dann vorgelegt wurde, nachdem es im Hessen-Fernsehen eine Berichterstattung über diesen Vorgang gab. Diese zeitliche Nähe ist schon sehr beachtlich. Der Landtag hat seit über einem Jahr um eine Stellungnahme gebeten. Zwei Tage, nachdem das Hessen-Fernsehen berichtet hat, hat er auf einmal diesen Bericht bekommen. Man muss nicht sehr böswillig sein, wenn man vermutet, dass hierbei einiges im Argen liegt.
Nun sagt der Minister im Ausschuss, er habe den Bericht entgegengenommen und gelesen. Er wolle sich eigentlich nicht weiter dazu äußern, weil das Vorgänge in einer nachgeordneten Behörde seien,mit denen er nichts zu tun habe.
Hierzu möchte ich feststellen, dass dieser Bericht auf dem Dienstweg erstellt worden ist. Er ist in weiten Teilen von den Menschen erstellt worden, gegen die die Steuerfahnder Kritik übten, und von den Leuten, von denen sich die Steuerfahnder – ob zu Recht oder zu Unrecht, sei zunächst einmal dahingestellt, Herr Finanzminister – ungerecht behandelt fühlen. Ich bin der Meinung, dass es angezeigt ist, dass Sie sich aus eigener Kompetenz eine Mei
nung und ein Bild über die Vorgänge in der Finanzverwaltung machen.Das ist meines Erachtens sehr angezeigt.
Sie müssen vor diesem Landtag erklären, ob Sie sich die Darstellung dieses Berichts aus eigener Kompetenz zu Eigen machen, der im Wesentlichen zum Ausdruck bringt, an den Beschwerden der Steuerfahnder sei nichts dran. Sie müssen außerdem sagen, welche Konsequenzen Sie aus den Vorgängen ziehen, von denen wir jetzt Kenntnis haben. Sie müssen außerdem sagen, ob Sie das Verhalten der Finanzamtsleitung billigen. Das müssen Sie vor dem Landtag erklären, Herr Minister Weimar. Das ist das Mindeste, was Sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schulden.
Herr Minister Weimar, ich möchte Sie an einen schon fast berühmten Satz erinnern, den Sie sicherlich kennen: Für Fehler meiner Mitarbeiter übernehme ich die Verantwortung. – Sie wissen, woher dieser Satz stammt. Er stammt aus dem Visa-Untersuchungsausschuss. Damals hatte die CDU-Bundestagsfraktion gesagt, das reiche ihr nicht. Selbst wenn in einem nachgeordneten Bereich einer Verwaltung etwas schief gehe, müsse der Minister die Verantwortung dafür übernehmen.
Herr Weimar,Sie machen noch nicht einmal das.Sie sagen noch nicht einmal, dass Sie für die Fehler Ihrer Mitarbeiter Verantwortung übernehmen, sondern Sie sagen, dies sei alles im nachgeordneten Bereich geschehen und habe mit Ihnen nichts zu tun. Das geht für einen Minister, der die Ressortverantwortung trägt, nicht.
Wir sind weit davon entfernt,das Thema so zu überziehen, wie es die CDU-Bundestagsfraktion im Visa-Untersuchungsausschuss gemacht hat.
Ein verantwortlicher Minister muss aber sagen,wie er sich zu Missständen in seiner Verwaltung verhält. Er muss sagen, welche Konsequenzen er daraus zieht, welche Umstrukturierungen er daraufhin vornimmt, und er muss vor allem mit den Betroffenen das Gespräch suchen. Das müssen Sie nicht in Person machen,Herr Weimar.Es kann aber nicht sein, dass das Gespräch nur von den Leuten gesucht wird, über die sich die betroffenen Mitarbeiter beschweren.
Jenseits des Einzelfalls geht es um die Frage, welche Art von Verwaltung wir in diesem Land haben wollen.Wollen wir eine Verwaltung,in der auf Führungsebene nach Gutsherrenart mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgegangen wird? Wollen wir eine Verwaltung, in der Untertänigkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verlangt wird? Oder wollen wir eine moderne Verwaltung, in der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihrer Pflicht nachgehen, auch ohne Angst vor Sanktionen Kritik üben können, um das bestmögliche Ergebnis für unser Land zu erreichen? Darum geht es.
Herr Finanzminister,Sie müssen gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern deutlich machen, welche Form der Verwaltung Sie wollen. Wenn Sie feststellen, dass die Zustände, die wir festgestellt haben, nicht korrekt waren, dann müssen Sie mit den Betroffenen eine Lösung für ihre berufliche Zukunft finden. Sie müssen vor allem unmissverständlich in der gesamten Landesverwaltung klarstellen, dass Sie eine Verwaltungsführung nach Gutsherrenart nicht dulden werden. Darum geht es. Dazu können Sie jetzt Stellung nehmen, Herr Minister.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wagner, es ist schon entlarvend und geradezu abenteuerlich, wenn Sie den Vorwurf gegenüber Herrn Kollegen Milde erheben, er habe zu Unrecht über Ergebnisse und Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses gesprochen,und das gehöre an dieser Stelle nicht hierher.Wenn ich Sie richtig verstanden habe,dann sei das zu einem anderen Zeitpunkt zu diskutieren.
Herr Kollege, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist doch wohl legitim und geradezu notwendig, am heutigen Tag über Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses zu sprechen. Ich will Ihnen dafür nur zwei Gründe nennen.
Der erste Grund besteht darin, dass es der Antragsteller in der Begründung, die er dem Antrag voranstellt, explizit aufgeführt hat, indem er von dem Vorwurf der Schonung von Steuerhinterziehern unterhalb der Betragsgrenze von 500.000 DM spricht. Das war der alleinige Gegenstand des Untersuchungsausschusses.
Zum anderen muss sich der Antragsteller – in Person Herr Kollege Schmitt – gefallen lassen, dass man Vorwürfe,die er erhebt,gelegentlich nachprüft und nachfragt, was aus den Vorwürfen geworden ist, die vor einigen Jahren erhoben worden sind. Geschichte wiederholt sich.Vor zweieinhalb Jahren waren „Spiegel“-Artikel Anlass dafür, den Vorwurf zu erheben, dass es in Hessen eine von der Landesregierung organisierte Steueramnestie gebe. Das war der Vorwurf, der im August 2003 zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses 16/1 führte. Meine Damen und Herren, dann darf man doch einmal schauen, was am Ende von diesem Vorwurf übrig geblieben ist.
Ohne dem Abschlussbericht vorgreifen zu wollen, will ich das mit wenigen Beispielen deutlich machen. Nach meiner Erinnerung war es Staatsanwalt Weimann, ein Experte in Sachen Steuerkriminalität, der insbesondere in die Bankenverfahren involviert war, der gesagt hat: Diese Amtsverfügung war ein materiell-rechtliches Nullum.Auf die Frage, ob die Amtsverfügung jemals herangezogen wurde, um einen Anfangsverdacht anzunehmen oder auszuschließen, hat er eindeutig und klar mit Nein geantwortet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns doch einmal zu der Betragsgrenze kommen, die von der SPD immer wieder aufgebauscht wird, in der Absicht, zu skandalisieren, mit 500.000 DM genannt wird, ohne – das gehört zur Wahrheit und Ehrlichkeit – die anderen Kriterien mit zu nennen, wie beispielsweise die Grenze von 4.000 DM, wie beispielsweise die klare und eindeutige Anweisung der Einzelfallprüfung.
Lassen Sie mich eines aus der Erinnerung an die Verhandlungen des Untersuchungsausschusses hier noch einmal darstellen. Nach meiner Erinnerung war es der OFDPräsident Pfister, der an einem Rechenbeispiel erläutert hat, dass bei einer Transfersumme von 500.000 DM und bei einer Verzinsung von 6 % am Ende ein Betrag der Steuerverkürzung – letztendlich abhängig von dem individuellen Steuersatz und der Frage, ob der Freibetrag schon ausgeschöpft ist – zwischen 5.000 und 10.000 DM herauskommt.
Jetzt komme ich auf den Vorwurf, der immer wieder erhoben wird und auch heute hier formuliert wurde: Die Kleinen kriegt man dran, die Großen lässt man leben. – Das mag dem sozialdemokratischen Weltbild widersprechen. Ich will nicht die Behauptung aufstellen, 5.000 DM Steuerverkürzung seien wenig Geld.
Bitte, verstehen Sie mich nicht falsch. Aber diese Grenzziehung, so „dilettantisch“ – so wurde es zumindest im Ausschuss gesagt – sie vielleicht war, hatte doch den Sinn, die großen, richtig bedeutenden Fälle in einer anderen Art und Weise als diejenigen bearbeiten zu können, die unter diese Grenze fallen.
Das heißt also, den Vorwurf, den die SPD immer wieder erhebt, dass hier Kleine angegriffen werden und Große laufen gelassen werden, ist absolut nicht zu halten. Mit Genehmigung des Vorsitzenden will ich abschließend zu diesem Komplex aus einem Beitrag des unabhängigen Journalisten Christoph Schmidt-Lunau zitieren, der am 1. Februar 2004 formuliert hat:
Im Jahre 2001 drohten Verjährungs- und Aufbewahrungsfristen auszulaufen. Da wurde die Verfügung erlassen, um zu retten, was zu retten war, so ein Zeuge heute. Bislang gibt es keinen Beweis dafür, dass diese Verfügung unzulässig war. Dass dem Ministerium oder gar dem Minister deshalb etwas vorzuwerfen wäre, ist erst recht nicht erkennbar.
Wenn die SPD, die diesen Ausschuss wollte und will, nicht bald handfeste Beweise erbringt, dass das gewählte Verfahren unrechtmäßig war und der politischen Führung des Finanzministeriums zugerechnet werden kann, droht ihr ein peinliches Ende dieser Untersuchung.
Es steht zu erwarten, dass auch die Vorwürfe, die hier erhoben werden, ein solches peinliches Ende nehmen werden.
Jetzt möchte ich gern im Zusammenhang vortragen und die Gelegenheit nutzen, auf das einzugehen, was die Kollegen Wagner und von Hunnius hier vorgetragen haben, und zwar zur Frage der parlamentarischen Kontrolle.
Herr von Hunnius,nehmen Sie es mir bitte ab – das gilt für alle Kolleginnen und Kollegen der CDU-Landtagsfraktion, aber auch für mich ganz persönlich, der ich in 20 Jahren auf nordhessischen Oppositionsbänken gestählt wurde –: Parlamentarische Kontrolle ist uns sehr wichtig, und die werden wir auf keinen Fall vernachlässigen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber dazu sind doch beispielsweise Dringliche Berichtsanträge ein geeignetes Instrument. Es ist völlig legitim, richtig und konsequent, dass sowohl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als auch Sozialdemokraten Dringliche Berichtsanträge zu dieser Materie gestellt haben.Es hat eine ausführliche Beantwortung durch Staatsminister Weimar im Haushaltsausschuss in der vergangenen Woche gegeben.
Herr Wagner, was man aber nicht so stehen lassen kann: Sie haben nach meiner Erinnerung den Minister falsch zitiert, als Sie sagten, er habe behauptet, dass dort Geheimakten geführt werden; denn er hat dem deutlich widersprochen und hat sehr detailliert dargelegt, dass diese Dokumente, von denen Sie sprechen, ohnehin dem Personal zur Kenntnis gegeben wurden, bevor sie in die Personalakten gelangten. Das heißt also, von Geheimakten kann nicht die Rede sein.