Protocol of the Session on November 23, 2005

Das war das Ergebnis Ihres Untersuchungsausschusses und des Themas, das Sie heute erneut zu reiten versuchen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich möchte dem Kollegen Williges noch ein paar Minuten Zeit geben, um dem Kollegen Schmitt noch einmal in aller Deutlichkeit diese Amtsverfügung zu erklären. Aber zusammenfassend möchte ich sagen – ich komme jetzt auf Ihren Antrag zurück, über den Sie gar nicht gesprochen haben –:

(Norbert Schmitt (SPD): Natürlich!)

Erstens. Es war keine Strafmaßnahme.

Zweitens. Herr Staatssekretär Abeln – damals noch in seiner Funktion als Finanzstaatssekretär – hat in der Sommerpause, als Herr Weimar nicht da war,

(Norbert Schmitt (SPD): Die Unwahrheit gesagt!)

die Wahrheit gesagt. Er hat genau das, was Herr Schad im Untersuchungsausschuss bestätigt hat, ebenfalls gesagt: Die Personaldecke ist insgesamt gut, im Übrigen auch bei der Staatsanwaltschaft. Sämtliche Fälle, die im Jahr 2001 bei der Steuerfahndung angefallen waren, sind zusammen mit der Staatsanwaltschaft und der Steuerfahndung abgearbeitet worden, zum Wohle dieses Landes.

Ich muss sagen, es ist wirklich schäbig, in welcher Weise Sie die Situation von zwei, drei Steuerfahndern ausnutzen, und welchen Imageschaden Sie damit in der Landesverwaltung angerichtet haben. Das, was die Landesregierung in diesem Zusammenhang getan hat, war ausdrücklich zu begrüßen. Es war erfolgreich für das Land Hessen. Ich kann nur sagen:Weiter so. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank,Herr Milde.– Zu einer Kurzintervention hat nunmehr Herr Riege Gelegenheit.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Milde, ich möchte Ihnen bestätigen, dass Sie wie ein pawlowscher Hund reagieren und hier Teilergebnisse aus dem Untersuchungsausschuss vortragen – obwohl der erste, wesentliche Teil unseres Angriffs auf diejenigen geht und ging, die den Oberstaatsanwalt Schaupensteiner in der Zeitung unwidersprochen behaupten lassen, die Landesregierung versetze ihn nicht in die Lage, seine Arbeit ordentlich zu machen. Das ist Ihnen keinen einzigen Satz wert.

(Beifall bei der SPD)

Sie lesen doch auch das „Darmstädter Echo“. Herr von Hunnius hat in einer überaus seriösen Form

(Nicola Beer (FDP):Wie er das immer tut!)

dargestellt, was bei diesem Untersuchungsausschuss bisher herausgekommen ist. Das ist für jeden Angehörigen der Regierungsfraktion Grund genug, sich erhebliche Gedanken zu machen. Sie aber stellen sie hierhin und tun so, als wäre alles in Butter – abgesehen davon, dass Sie nicht ein Sterbenswort auf diesen Vorwurf verwendet haben, den Herr Schaupensteiner erhoben hat: Die Großen lässt man laufen, die Kleinen fängt man.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU):Das habe ich doch erklärt!)

Dieser Herr ist jetzt dafür verantwortlich. Ich gehe davon aus, dass er dazu auch noch etwas sagt.

Wir sind hier angetreten, um den Beweis zu erbringen, dass es nicht sein darf, dass ein Oberstaatsanwalt in der Zeitung kritisiert, die Landesregierung schlafe, und wir das noch nicht einmal wahrnehmen – geschweige denn, dass wir etwas dagegen tun können.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie sind eine lahme Regierungsfraktion. Die hat dieses Land nicht verdient.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir fahren in der Rednerliste fort. Herr Wagner, Sie haben für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Möglichkeit, Ihren Beitrag zu geben. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, nach den Ausführungen von Herrn Kollegen Milde muss man kurz darlegen, worüber wir heute hier reden – und worüber wir nicht reden.

Wir reden nicht über eine Auswertung des Untersuchungsausschusses.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Das werden wir zu einem anderen Zeitpunkt tun. Das ist heute nicht das Thema.

(Norbert Schmitt (SPD): Genau so ist es!)

Der Untersuchungsausschuss hatte die Aufgabe, zu prüfen, ob es eine politisch motivierte Steueramnestie für Steuersünder in Hessen gegeben hat. Herr Kollege Milde, darüber reden wir heute ausdrücklich nicht. Insofern war Ihre Rede völlig am Thema vorbei.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir reden heute darüber, wie in Teilen der hessischen Finanzverwaltung mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgegangen wurde, ob dieser Umgang richtig war und ob er vom obersten Dienstherrn – nämlich von Minister Weimar und seinem Staatssekretär – gutgeheißen wird, oder ob die beiden Anlass sehen, das – so, wie mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgegangen wurde – zu korrigieren, und ob es da Anlass zu Kritik gibt. Darüber reden wir. Deshalb möchte ich zunächst einmal sehr präzise sagen, was der Sachverhalt ist.

Der Sachverhalt ist, dass am 30. August 2001 eine Amtsverfügung erlassen wurde, die innerhalb des früheren Finanzamts Frankfurt V auf erhebliche Kritik von Steuerfahndern gestoßen ist. Diese Kritik haben sie in geordneten Bahnen geäußert, sind aber natürlich – wie es ihre Amtspflicht verlangt – nach dieser Amtsverfügung verfahren. Aber sie haben das Gespräch mit ihrer Amtsleitung darüber gesucht, ob diese Amtsverfügung der richtige Weg zur Erfüllung ihrer Aufgaben ist.Ich finde,da haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortlich gehandelt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Am 29. Oktober 2001 wird der erste dieser kritischen Steuerfahnder abgeordnet. Im Dezember 2001 wendet sich der Personalrat wegen dieser Abordnung an Herrn Finanzminister Weimar.Also gibt es ab diesem Zeitpunkt Kenntnis von diesem Vorgang. Ich sage nur: Kenntnis, nicht mehr.

Im November 2002 wird vom Leiter des Finanzamts gegen einen weiteren Steuerfahnder, der sich kritisch geäußert hat, ein Disziplinarverfahren eingeleitet, das letztendlich vor Gericht keinen Bestand hat.

Im März 2003 wird ein weiterer Steuerfahnder zuerst abgeordnet und dann umgesetzt. Dazu gibt es ein Schreiben der Vertrauensperson der schwerbehinderten Amtsangehörigen an den Amtsvorsteher, dass bei dieser Abordnung, bei dieser Umsetzung die Integrationsrichtlinien des Landes Hessen nicht beachtet wurden. Auch das ist Teil dieses Vorgangs.

Im Februar 2003 wird ein weiterer Mitarbeiter, der sich gegen die Amtsverfügung gewandt und Kritik geübt hat, abgeordnet und versetzt; im April 2003 der nächste. Im Mai 2003 gibt es zu diesen Vorgängen einen Brief des Personalrats an den Finanzamtsvorsteher.

In der zweiten Jahreshälfte 2003 gibt es dann das Konzept zur Neuordnung der Finanzämter im Rhein-Main-Gebiet – ein völlig normaler Vorgang. Innerhalb dieser Neuorganisation sollen einige Steuerfahnder – die sich ebenfalls kritisch geäußert haben – auf neue Stellen innerhalb der Steuerfahndung versetzt werden. Auch das ist ein völlig normaler Vorgang.

Diese Steuerfahnder wussten schon, wohin sie versetzt werden. Sie hatten schon ihren Arbeitsplatz. Sie wussten schon,wo künftig ihr Schreibtischsessel stehen würde.Gegen Ende des Jahres sagt man diesen Steuerfahndern dann kurzfristig: Ihr kommt jetzt nicht auf diejenigen Dienststellen, für die wir euch eigentlich vorgesehen haben, sondern ihr werdet jetzt auf neu geschaffene Stellen in der neu geschaffenen Servicestelle Recht sowie in die Körperschaftsteuerstelle abgeordnet.Es waren exakt wieder die Steuerfahnder, die Kritik an der Amtsverfügung geäußert haben, die jetzt außerhalb der Steuerfahndung eingesetzt werden sollten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Damit nicht genug. Diese Stellen – auf die diese Steuerfahnder ursprünglich versetzt werden sollten – werden dann, vier Monate später, wieder ausgeschrieben. Es ist also nicht so, dass für diese Stellen, für die diese Steuerfahnder eigentlich vorgesehen waren, kein Bedarf mehr bestand – sondern exakt diese Stellen werden wieder ausgeschrieben.

Bei dieser Ausschreibung, bei der ersten Ausschreibung, die gemacht wurde, wäre es diesen Steuerfahndern möglich gewesen, sich auf die Stellen, für die sie ursprünglich ohnehin vorgesehen waren, wieder zu bewerben.Als man das festgestellt hat, wurde diese Ausschreibung korrigiert, sodass es diesen Steuerfahndern unmöglich wurde, sich auf diese Stellen zu bewerben.

All das ist noch die Schilderung des Sachverhalts.Ich habe noch kein Wort über die Wertung dieser Vorgänge hier gesagt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Im September 2004 gab es ein Schreiben an den Herrn Ministerpräsidenten über die Zustände im Finanzamt Frankfurt V. Ich habe Ihnen diese Zustände eben geschildert – die Versetzungen und Abordnungen im Finanzamt Frankfurt V. Spätestens ab dem September 2004 wusste also auch der Hessische Ministerpräsident, was in Teilen seiner Verwaltung vor sich geht.

Im Oktober 2004 wendet sich der Personalrat an Finanzminister Weimar, um auf diese Zustände aufmerksam zu machen. Im Dezember 2004 wird eine Petition an den Hessischen Landtag gerichtet, die auf diese Zustände hinweist.Weitere sollten folgen.

Also spätestens seit einem Jahr kann eigentlich niemand mehr ignorieren, dass irgendetwas nicht so läuft, wie man es sich von einer geordneten Verwaltung vorstellt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

In der vergangenen Sitzung des Haushaltsausschusses bestätigte uns der Herr Finanzminister auf unser Nachfragen, dass rund ein Dutzend Steuerfahnder versetzt wurden,die meisten gegen ihren Willen.Alle,die versetzt wurden, haben sich gegen die Amtsverfügung gewandt. Der Minister schließt nicht aus, dass in diesem Finanzamt eine geheime Personalakte über einen Steuerfahnder geführt wird. Das schließt der Minister ausdrücklich nicht aus. Sie können nachlesen, dass Sie den Vorgang nicht ausschließen können, dass eine Akte über Personal geführt wurde, die diesem Steuerfahnder zunächst vorenthalten wurde.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): In welcher Sitzung waren Sie denn?)

Der Minister hat bestätigt, dass es Schreiben an ihn gegeben hat und er informiert war. Er hat bestätigt, dass die Ausschreibung geändert wurde. Er hat also Sachverhalte bestätigt, die ich vorgetragen habe. Der Minister hat auch bestätigt, dass Bewerbungen von diesen Steuerfahndern auf dem Dienstweg verschwunden sind.