Mit welchem Ziel und in welcher Form unterstützen sie und die Bertelsmann Stiftung das Projekt „Musikalische Grundschulen“?
Herr Kollege Dr. Herr, mit dem Projekt, das von der Bertelsmann Stiftung mit 225.000 € und vom Land mit insgesamt drei Stellen unterstützt wird, verbindet sich die Zielsetzung, der musikalischen Bildung und ästhetischen Erfahrung als einem Fundament von Allgemeinbildung bereits in der Grundschule einen besonderen Stellenwert zu verleihen.Wir setzen dort Stellen zum Zweck der Fortbildung ein, um den Schulen in der Erprobungsphase zu helfen, die sich mit ihrem Kollegium auf dem Weg befinden, sich zu einer „Musikalischen Grundschule“ weiterzuentwickeln.
Damit beende ich für heute die Fragestunde. Das nächste Mal beginnen wir wieder mit einer Frage an die Frau Kultusministerin.
(Die Frage 403 und die Antwort der Landesregie- rung sind als Anlage beigefügt. Die Fragen 396 bis 402, 404 und 405 sollen auf Wunsch der Fragestelle- rinnen und Fragesteller in der nächsten Frage- stunde beantwortet werden.)
Vereinbarte Redezeit:15 Minuten pro Fraktion.Zum Verfahren: Zuerst wird Herr Kollege Wintermeyer berichten. In der Aussprache beginnt Herr Kollege Walter. Dann kommen je eine Rednerin bzw. ein Redner der Fraktion der CDU und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Eine Wortmeldung der Fraktion der FDP steht noch aus.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Hessische Landtag hat in seiner 9. Sitzung am 8. Juli 2003 eine Enquetekommission zur Reform der Hessischen Verfassung eingesetzt. Diese hat mir den Auftrag erteilt, Bericht zu erstatten.
Nachdem die Enquetekommission am 18. März dieses Jahres ihre Beratungen abgeschlossen hat, obliegt es mir, Ihnen in der gebotenen Kürze, aber auch in Würdigung fast zwei Jahre dauernder Beratungen über die Arbeit der Enquetekommission zu berichten.
Dieses Haus hat uns den Auftrag erteilt, die Hessische Verfassung auf Veränderungs- und Ergänzungsbedarf zu überprüfen, möglichst einvernehmliche Vorschläge zu ihrer Änderung zu erarbeiten und diese dem Hessischen Landtag zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen.
Der Enquetekommission gehörten elf ordentliche Mitglieder an. Die Sitzungen wurden von Herrn Vizepräsidenten Quanz als Vorsitzendem und Herrn Kollegen Posch als stellvertretendem Vorsitzenden geleitet.Als Obleute fungierten Frau Dr.Pauly-Bender für die SPD-Fraktion,Herr Dr.Jürgens für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
Die Kommission wurde durch Sachverständige mit beratender Stimme ergänzt: Frau Dr. Cancik, Herr Prof. Dr. Kahl, Herr Prof. Dr. Stolleis und Herr Prof. Dr.Wieland.
Nach ihrer Konstituierung im Oktober 2003 fanden insgesamt zwölf Sitzungen der Enquetekommission und diverse Obleutegespräche statt. Die Enquetekommission hat, wie ich meine, über diese zwei Jahre auf einem sehr hohen Niveau gearbeitet. Sie hat im Juli 2004 eine öffentliche Anhörung zu der Fragestellung durchgeführt, welche Bedeutung der historische Charakter der Hessischen Verfassung für ihre Reform hat.Außerdem hat sie die Öffentlichkeit beteiligt bzw. durch eine Podiumsdiskussion sowie diverse Pressekonferenzen und Pressemitteilungen über ihre Arbeit unterrichtet.
Wie Sie dem umfangreichen Bericht der Enquetekommission – nebst der fast 2 Megabyte umfassenden CD, auf der erstmals sämtliche Protokolle der Sitzungen öffentlich gemacht werden – entnehmen können, ist noch nie in der Geschichte der Hessischen Verfassung so grundlegend und so intensiv über den Ergänzungs- und Reformbedarf gesprochen und gerungen worden. Hierbei haben sämtliche Fraktionen Vorschläge zur Änderung und Ergänzung der Hessischen Verfassung vorgelegt. Auch von außen wurden in erheblichem Maße Änderungs- und Ergänzungswünsche an die Kommission herangetragen, die zur Kenntnis genommen und teilweise in das abschließende Ergebnis aufgenommen worden sind.
Die Diskussion wurde aufgeteilt: Im ersten Durchgang wurde über obsolete Bestimmungen in der Hessischen Verfassung beraten, also die Artikel, die zeitlich überholt oder gar grundgesetzwidrig sind.In einem zweiten Durchgang haben wir über Änderungs- und Ergänzungsbedarf anhand der vorgelegten Fraktionsvorschläge gesprochen. Weiterhin wurden die Fragen des notwendigen Gesetzgebungsverfahrens sowie der Abstimmungsmodalitäten eingehend erörtert und hierzu Vorschläge der Sachverständigen sowie des Landeswahlleiters eingeholt.
Im Verlauf der Beratungen, nach Hereinreichung der jeweiligen Fraktionsvorschläge, zeichnete sich aber ab, dass die Enquetekommission an ihre Grenzen – auch an die Grenzen ihres Einsetzungsauftrags – stieß. Insgesamt wurden zu 80 Bestimmungen der Hessischen Verfassung Vorschläge eingereicht und rund 20 Vorschläge für neue Normen vorgelegt.Auf die einzelnen Absätze der Artikel bezogen gab es rund 200 Änderungsvorschläge.
Die große Zahl von Änderungswünschen komme, so wurde dies teilweise festgestellt, dem Versuch gleich, eine neue Verfassung zu gestalten, was von der Kommission nicht zu leisten gewesen wäre. Im Übrigen hatten sich die Fraktionen dahin gehend eingelassen, man wolle zumindest den historischen Charakter der Verfassung von 1946 erhalten.
Die Einschätzungen hierüber gingen aber erheblich auseinander, sodass es in der parlamentarischen Sommerpause 2004 Bestrebungen gab, die Arbeit der Enquetekommission zu beenden. Anhand eines Vorschlags eines Mitglieds der Kommission wurde sodann ein Kompromissvorschlag erarbeitet und vorgelegt, der die Anzahl der Änderungen deutlich reduzierte.Dieser Kompromissvorschlag wurde daraufhin in Obleutegesprächen intensiv diskutiert. Hintergrund dafür waren die Findung eines tragfähigen Kompromisses und die Verständigung auf Eckpunkte.
In der Zeit von September bis Dezember 2004 fanden die genannten Obleutegespräche statt. Diesen Beratungen entsprang der Kompromiss,der die Grundlage für die weiteren Beratungen der Kommission bildete. Die Mehrheit der Fraktionen hat sich kompromissbereit gezeigt, und keine Fraktion hat – wie bei einem Kompromiss nicht anders zu erwarten – ihre Vorstellungen zu 100 % durchsetzen können. Der Kompromissvorschlag wurde sodann von der Enquetekommission einstimmig, bei Nichtbeteiligung der Fraktion der SPD, angenommen.
Im Einzelnen sieht der Kompromissvorschlag inhaltlich Folgendes vor: Die Präambel wird um einen Gottesbezug, um die Bezugnahme auf die leidvollen Erfahrungen unter totalitärer Gewaltherrschaft und die Aufnahme von Begriffen wie Bildung, soziale Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Schutz natürlicher Lebensgrundlagen, Friedensicherung, Rechtsstaat und Europa ergänzt. Der Art. 4 – Ehe und Familie – wird um die Rechte der Kinder und die Förderung häuslicher Pflege ergänzt. Die Todesstrafe – Art. 21 – soll gestrichen werden.
Weiterhin empfiehlt die Enquetekommission die Aufnahme des Tierschutzes in unsere Verfassung sowie Änderungen in der Arbeits- und Wirtschaftsverfassung, die bundesrechtlichen Bestimmungen wie auch gesellschaftspolitischen Tatsächlichkeiten entsprechen.Als Staatsziele sollen Kunst und Kultur sowie die Förderung ehrenamtlichen Engagements aufgenommen werden, ebenso die Anerkennung und Förderung der Eigeninitiative der gesellschaftlichen Kräfte zugunsten des Gemeinwohls.
In Zukunft sollen nach dem Vorschlag der Enquetekommission überdies die Möglichkeiten der Verfassungsänderung ausgeweitet werden. Neben der bisherigen Möglichkeit der Verfassungsänderung – Lesung im Plenum, Verabschiedung und anschließende Volksabstimmung – soll eine Änderung der Verfassung künftig auch möglich sein, wenn der Hessische Landtag mit Zweidrittelmehrheit eine solche beschließt oder das Volk durch Volksbegehen und Volksentscheid eine solche Änderung vornimmt. Eine weitere Stärkung der Beteiligungsmöglichkeiten des Volkes wird seitens der Enquetekommission durch die Senkung der Quoren bei Volksbegehren auf ein Achtel und bei Volksentscheiden auf ein Viertel der Stimmberechtigten vorgeschlagen. Hinzu kommt die Neuaufnahme einer so genannten Volksinitiative, die den Landtag zur Befassung mit bestimmten Themen zwingt.
Meine Damen und Herren, die wichtigsten Neuerungen, die die Enquetekommission zur behutsamen Modernisierung unserer Verfassung vorschlägt, sind also zusammenfassend: die Aufwertung der Präambel, die Streichung der Todesstrafe, die Aufnahme des Tierschutzes, die Förderung der gemeinwohlorientierten Eigeninitiative der Bürger, die Stärkung der Stellung von Familien und Kindern, eine auf dem Grundsatz der sozialen Marktwirtschaft beruhende moderne Wirtschaftsordnung, eine Staatsorganisation,die sich am Subsidiaritätsprinzip orientiert,und die Erweiterung der direkten demokratischen Mitwirkungsrechte der Bürgerinnen und Bürger.
Neben diesen inhaltlichen Punkten empfiehlt die Enquetekommission zur notwendigen Beförderung der öffentlichen Diskussion dem Hessischen Landtag, nach der Beratung des Berichts im Plenum öffentliche Voranhörungen durchzuführen.
Die Vorschläge der Enquetekommission sind bis zum 1. Oktober dieses Jahres – unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Voranhörungen – in ein Gesetzgebungsver
fahren überzuleiten, das möglichst einvernehmlich von allen Fraktionen des Landtags getragen werden sollte.
Der Beschluss der Enquetekommission hinsichtlich des Abschlussberichts, der aus inhaltlichen Vorgaben sowie den eben von mir zitierten Vorschlägen zum weiteren Verfahren besteht, wurde in der Sitzung am 18. März 2005 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP bei Gegenstimmen der Fraktion der SPD beschlossen. Letztere hat ein Sondervotum abgegeben.
Meine Damen und Herren, meinen Bericht möchte ich nicht abschließen,bevor ich – sicher auch in Ihrem Namen – den Mitgliedern der Enquetekommission und insbesondere dem Vorsitzenden, Herrn Vizepräsidenten Quanz, sowie den Sachverständigen und Mitarbeitern der Landtagskanzlei herzlich für die geleistete Arbeit danke.
Meine Damen und Herren, Sie halten heute ein wegweisendes und, wie ich finde, eindrucksvolles Dokument hessischer Verfassungsgeschichte in Ihren Händen. Gehen Sie sorgsam damit um,heute und in der Zukunft.– Danke.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte den Appell des Herrn Wintermeyer aufnehmen und dort anschließen, wo er geendet hat – nämlich mit einem Dank an die Mitglieder der Enquetekommission und insbesondere an den Vorsitzenden der Enquetekommission, natürlich auch an die Obleute, die den Versuch gestaltet haben, unsere gemeinsame Verfassung zu modernisieren und zu reformieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber bei allem Dank für die nun fast zweijährige Arbeit und die – soweit wir das von außen verfolgt haben – auch höchst sachkundigen Debatten müssen wir doch feststellen, dass insbesondere in den letzten Wochen die öffentlich geführte Debatte über die Verfassungsreform eher etwas über die schlechte Verfassung unserer Tagespolitik aussagt als über den Zustand unserer Verfassung. Insbesondere zwei Punkte möchte ich dazu ansprechen.
Allein mit der schlechten Verfassung unserer Tagespolitik sind Presseerklärungen zu verstehen wie die des Herrn Wintermeyer vom gestrigen Tage. Darin hat er der Sozialdemokratie sowie mir als Person vorgeworfen,dem Herrn Walter sei es „erneut nicht gelungen, die Riege linker Frauen zur Vernunft zu bringen und zur Zustimmung...zu bewegen“.
Herr Wintermeyer, ich weiß nicht, welche Erfahrungen oder Vorstellungen Sie dazu haben, Frauen zur Vernunft zu bringen. In der SPD-Fraktion handhaben wir dies so, dass wir die Punkte ausführlich beraten und diskutieren. Auch hier sind wir zu einem Ergebnis gekommen, das von allen getragen wird.
Deswegen stelle ich für meine Person hier ausdrücklich fest:Das Sondervotum der SPD,das gestern nochmals von Frau Ypsilanti, unserer Parteivorsitzenden, und der Kollegin Dr. Pauly-Bender, unserer Obfrau in der Enquetekommission, in der Öffentlichkeit dargestellt worden ist, wird von der gesamten Fraktion und auch von mir in jedem Punkt getragen.
Aber, lieber Kollege Al-Wazir, auch andere haben sich in dieser Debatte öffentlich zu Wort gemeldet. So haben die Bündnisgrünen der SPD in einer Pressemeldung vom 13. April dieses Jahres vorgeworfen, dass wir Sozialdemokraten „die Aufnahme von Kinderrechten in die Verfassung, die Förderung des Ehrenamtes,den Tierschutz,die Förderung von Kunst und Kultur“ und sogar „die Streichung der Todesstrafe“ ablehnen. Ich brauche nicht hinzuzufügen, dass dies insbesondere die SPD-Mitglieder und den Vorsitzenden der Enquetekommission sehr verärgert hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei diesen Vorwürfen ist offensichtlich die Fantasie der Autoren größer als ihre Lesefähigkeit.