Protocol of the Session on December 16, 2003

Was Sie hier tun, ist genau das Gegenteil davon.

(Beifall bei der FDP)

Da Sie keine Daten haben – Herr Boddenberg, ich unterstelle, Sie haben uns nicht belogen; ich weiß, dass Sie in einer Ausschusssitzung dabei auch führend tätig waren –, frage ich:Wo ist die Aufgabenkritik?

(Gerhard Bökel (SPD): So ist es!)

Wie sind Sie eigentlich an dieses Thema herangegangen?

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Staatsminister Grüttner hat nicht mit einem Satz hier erklärt, was überhaupt die Grundlage der Überlegungen war. Feiern Sie sich doch nicht von hinten nach oben – nach dem Motto: Wir schaffen aber die Umstrukturierung.

Sie haben etwas zur Umstrukturierung vorgelegt. Ob das aber gut oder schlecht ist, das kann der Stefan Grüttner hier überhaupt nicht vortragen – kein einziger Satz zur Transparenz und zur Aufgabenkritik für diese Umstrukturierung.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Journalisten haben es bereits aus der Pressekonferenz berichtet:Auf jede dezidierte Frage, was das denn eigentlich weniger kostet, wo welches Personal wie hingeschafft wird, kam eine nicht transparente Antwort.

(Zuruf von der SPD)

Offensichtlich gibt es die auch nicht. Ich sage es noch einmal:Ich unterstelle der Mehrheitsfraktion in diesem Haus und der Landesregierung positiv, dass sie die FDP bei den parlamentarischen Initiativen nicht belogen haben, die wir eingebracht haben. Dann können Sie aber, bitte schön,nicht so tun,als ob Sie jetzt fachlich fundiert ein Papier vorlegten.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nein, das ist ein Schnellschuss. Leider haben wir – Kollege von Hunnius und ich – das beim Thema Haushalt in den letzten Monaten immer wieder sagen müssen.

(Beifall des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Es ist nicht durchdacht. „Respice finem“ hat ein Ministerpräsident dieses Landes – er hieß Dr.Wallmann – uns jungen Abgeordneten einmal eingetrichtert.Dieser Gedanke scheint sich bei dieser Landesregierung auf die Frage der verbalen Verarbeitung zu reduzieren.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, Hessen braucht dringend eine Umstrukturierung der Behörden. Hessen braucht aber eine Umstrukturierung der Behörden, die nachvollziehbar ist.

(Günter Rudolph (SPD): Mit Sinn und Verstand!)

Sie muss effizient sein, effektiv. Sie muss beachten, dass wir einen Ausgleich zwischen ländlichem und städtischem Bereich brauchen. Sie muss möglicherweise so klug orga

nisiert sein, dass wir die Arbeitsplätze zu den Wohnorten der Mitarbeiter bringen können. Sie muss möglicherweise den Unsinn unterlassen, dass in teueren 1-a-Lagen, wie z. B. in Wiesbaden, Landesoberbehörden sitzen, die genauso gut in Eschwege sitzen können.

(Beifall bei der FDP)

All das ist hier aber offensichtlich nicht beachtet worden. Jedenfalls hat der Staatsminister weder in seiner Erklärung vor der Presse noch hier im Plenum vorgetragen,was denn eigentlich die Kriterien waren.

Lassen Sie mich deshalb etwas spitz für die FDP zusammenfassen: War es möglicherweise die Gesäßgeographie einzelner Minister oder Abgeordneter?

(Beifall bei der FDP)

Oder waren es wirklich günstige Mieten? Was waren denn die Argumente, mit denen Sie die Behörde von hier nach dort oder auch woanders hin verlagert haben?

(Günter Rudolph (SPD): Das wissen sie doch nicht!)

Nichts ist hier vorgetragen worden. Sie retten sich auch nicht dadurch, dass Sie nun eigene Betroffenheit bekunden.Ich finde es schon schade,dass der Landtagspräsident genauso wie mein Kollege Fraktionsvorsitzender bei diesem Spiel offensichtlich als Verlierer abgestempelt worden ist.

(Norbert Schmitt (SPD):Auch das noch!)

Denn wenn ich sehe, was im Wetteraukreis, was in Eltville gestrichen wird,dann kann man das möglicherweise in der politischen Diskussion nutzen, um zu sagen, es war nicht diese Gesäßgeographie.

Vielleicht habt ihr das bewusst so gemacht, um zu sagen, bei Dr. Jung und bei Kartmann funktionierts nicht, aber bei vielen anderen Ministern ist das offensichtlich zu erkennen.

(Beifall bei der FDP)

Ich fasse in der letzten Minute meiner Rede an diesem Pult zusammen:Herr Ministerpräsident,hätten Sie im Juli den Vorschlag der FDP-Fraktion ernst genommen, hätten Sie die vier Fraktionen dieses Hauses an einen Tisch zusammengezogen, wie es jetzt beispielsweise Ihr Kollege Beck in Rheinland-Pfalz und Ihr Kollege Wowereit in Berlin machen, dann hätten wir gemeinsam eine vernünftige Lösung zur Umstrukturierung der Verwaltung in Hessen erarbeiten können. So haben Sie das Risiko und auch die Gefahr, dass sämtliche Maßnahmen, die Sie hier vorgebracht haben, zerredet werden, weil sie intransparent sind. Sie sind den Mitarbeitern und diesem Hause, dem Hause des Landes Hessen, nicht erklärbar und den Menschen schon gar nicht.

Wenn Sie noch einen Scherz machen und eine neue Einrichtung – hören Sie bitte genau zu – Bodenmanagementbehörde nennen, so wird deutlich, dass Ihnen bei den Wortschöpfungen noch einiges einfallen muss.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, es ist eine Grundlage zur Diskussion, mehr aber auch nicht – leider mit dem Parlament nicht abgesprochen, ein Schnellschuss, der nach Weihnachten weiterhin in diesem Lande diskutiert werden wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abg. Frömmrich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die CDU sagt nichts! – Volker Hoff (CDU): Die ist sehr verschnupft!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es erstaunt schon, dass sich Staatsminister Grüttner heute hierhin stellt,aus einer Presseerklärung vorliest und uns sagt, wie es demnächst mit der Struktur der Verwaltung im Lande Hessen aussieht, nachdem wir als Abgeordnete des Hessischen Landtags in verschiedenen Funktionen in der Vergangenheit über Anfragen, über Dringliche Anträge versucht haben, zumindest ein bisschen Licht ins Dunkel zu bekommen. Sie haben immer gesagt, das sei alles noch nicht so weit.

Heute stellen Sie sich hierhin und tun in der Öffentlichkeit so,als hätten Sie in dem Bereich den Stein der Weisen gefunden. Sie stellen sich hierhin und erzählen uns, dass das eine umfassende Verwaltungsreform in der Geschichte Hessens sei. Nach dem, was ich gehört habe, wie vorhin die Pressekonferenz abgelaufen ist, kann ich nur feststellen, dass es sozusagen das größtmögliche Chaos war, was Sie heute hier verbreitet haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Von Verwaltungsreform kann nach meiner Ansicht nicht die Rede sein. Ich gehe davon aus, dass es keinen in diesem Hause gibt, der nicht über Verwaltungsreform, Staatsmodernisierung und diese Dinge mit Ihnen diskutieren würde – in einem konstruktiven Diskurs.Wir brauchen uns nicht hierhin zu stellen und in Anbetracht der Finanzlage eine Debatte zu führen. Es ist doch selbstverständlich und klar, dass wir als Abgeordnete im Hessischen Landtag und Sie als Regierung in die Debatte darüber eintreten müssen, wie demnächst die Verwaltung in Hessen funktionieren soll, welche Aufgaben wir als hessische Verwaltung noch erfüllen wollen, welches Personal wir dazu brauchen.

Aber um diese Debatte führen zu können, müssten Sie erst einmal eine Aufgabenkritik durchführen. Sie müssen erst einmal sagen: Diese Aufgaben wollen wir im Lande Hessen demnächst noch erfüllen, diese Aufgaben können anderweitig erfüllt werden, und andere Aufgaben verlagern wir eventuell auf Landkreise und Kommunen. – Aber dafür ist es doch notwendig, eine Aufgabenkritik durchzuführen.Sie zäumen das Pferd von hinten auf,ohne das zu tun, was wichtig ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Sie reden über die Zukunftsfähigkeit des Landes Hessen. Es stellt sich die Frage: Wo war die Frage nach der Zukunftsfähigkeit des Landes Hessen in den letzten vier Jahren? Wie haben Sie in den letzten vier Jahren agiert? Wie haben Sie die Personalkostenquote im Lande Hessen nach oben getrieben? Wie haben Sie Finanzpolitik in den letzten vier Jahren hier im Lande Hessen gemacht? Jetzt fällt es Ihnen auf einmal vor die Füße.

Anstatt in einen offenen Diskurs mit den Betroffenen einzutreten, gehen Sie her und legen etwas vor, was mit hei

ßer Nadel gestrickt ist, was ganz und gar nicht regional ausgewogen ist und was in vielen Punkten erst einmal hinterfragt werden muss, wie Sie z. B. überhaupt auf die Idee kommen, dieses Forstamt zu schließen und ein anderes offen zu lassen.

Bei den Regierungspräsidien genau das Gleiche. Ich hatte das Vergnügen,in der letzten Woche noch einmal das Umweltamt in Marburg zu besuchen, das nach Ihren Vorstellungen jetzt geschlossen werden soll. Jetzt wollen Sie auf einmal das Umweltamt schließen. Sie wollen es in das Regierungspräsidium Gießen eingliedern.Wetzlar bleibt dafür offen.Aber ich kann mich noch erinnern, dass Sie z. B. vor vier Jahren noch im Programm der CDU geschrieben haben, Sie wollten eigentlich die Regierungspräsidien ganz auflösen. Jetzt ist es das, was Sie uns als Konzept vorlegen.

(Michael Boddenberg (CDU): Wollen Sie Regierungspräsidien auflösen? – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD):Aber Sie!)

Das ist jetzt die Debatte um die Einbindung der Betroffenen. Herr Kollege Grüttner, dazu muss ich sagen, Sie sollten sich vielleicht einmal an Ihren eigenen Aussagen messen lassen. Ich kann mich daran erinnern, wir hatten hier eine Debatte über die Schließung von Militärstandorten geführt, zugegebenermaßen eine schwierige Diskussion. Aber in einer Zeit, in der sich auch die Aufgaben der Bundeswehr verändern, haben wir eine treffliche Diskussion geführt. Sie hatten sich als zuständiger Staatsminister hier hingestellt und darüber beschwert, dass die Bundesregierung diese ganzen Maßnahmen beschlossen hat, ohne nur einmal mit den betroffenen Kommunen den Diskurs zu suchen.Was machen Sie hier?

(Michael Boddenberg (CDU): Da hat er doch Recht gehabt! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist etwas anderes!)

Sie schließen über das gesamte Land Hessen Standorte. Sie organisieren um. Sie haben eben nicht die Debatte mit den Betroffenen vor Ort geführt.