Protocol of the Session on November 15, 2007

Wir haben das bereits in der Debatte am vergangenen Dienstag hier miteinander behandelt. Förmliche Tarifverhandlungen wurden von den Gewerkschaften selbst als verfrüht angesehen. Es hat ein Angebot der Landesregierung gegeben. Der Minister hat aus dem Schreiben zitiert.

Die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung hat es aber gleichwohl zugelassen – im Grunde genommen erfordert sie es auch –, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Erfolg des Landes Hessen zu beteiligen. Das war aber aufgrund der Meistbegünstigungsklausel vor dem 1. Januar 2008 nicht möglich. Das haben wir hier miteinander hinreichend diskutiert.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Es ist doch schon alles gesagt!)

Es war aber auch nicht möglich, die Verhandlungen vor dem 1. Januar 2008 zum Abschluss zu bringen.

Ich möchte eines noch einmal erwähnen, denn Herr Kollege Frömmrich war so freundlich, das in der Debatte am Dienstag noch einmal vorzutragen. Natürlich ist es am Ende nicht von dieser Welt, zu glauben, dass, wenn man am 1. Januar des nächsten Jahres beginnen würde, Tarifverhandlungen zu führen – man muss es dann auch erst einmal hinbringen, dass das dann gleich beginnt –, man im ersten Quartal des kommenden Jahres zu einem Abschluss kommen würde.

(Günter Rudolph (SPD):Wieso? Sie haben es doch noch gar nicht versucht!)

Wir haben am 27. Januar 2008 einen Termin, der uns alle beschäftigt. Danach wird es zur Regierungsbildung kommen.Vor dem Sommer wäre nichts geschehen.Wenn man Ihrer Vorstellung überhaupt folgen wollte, dann würde den Tarifbeschäftigten dieses Landes im Grunde genommen mit einem Jahr Verspätung eine Einkommensverbesserung ermöglicht.Das heißt,dass Sie möglicherweise den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Einkommensverbesserung zwar gönnen, aber nicht jetzt. Das ist das Ergebnis.

Herr Kollege Hahn

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Hier!)

hat davon gesprochen, dass sich das am Rande der Verfassungswidrigkeit bewegen würde. Ich war noch die Fundstelle für die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts schuldig geblieben.In Band 94,Seite 268,steht etwas anderes.Danach haben die Tarifvertragsparteien kein Normsetzungsmonopol. Deswegen bleibt dem Gesetzgeber eine Regelung auch im Schutzbereich des Art.9 Abs. 3 Grundgesetz nicht verwehrt. Das haben im Übrigen im vergangenen Jahr auch die Kolleginnen und Kollegen der SPD und der GRÜNEN so gesehen, als sie beim Gesetz hinsichtlich der Einmalzahlung einen entsprechenden Antrag für die Tarifbeschäftigten eingebracht haben.

Am Ende bleibt noch festzuhalten, dass weder die Bezeichnung „Gutsherrenart“ noch die Bezeichnung „Tarifdiktat“ die richtigen Begriffe sind.Vielmehr haben wir die Verantwortung und die Fürsorge für die Mitarbeiter übernommen. Das wird in unserem Gesetzentwurf ordentlich beschrieben. In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Beuth, vielen Dank. – Das Wort hat nun Herr Abg. Rudolph von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Beuth, wir hatten immer noch gehofft. Sie hatten bis zur dritten Lesung noch einmal Zeit, diese falsche politische Weichenstellung zu korrigieren. Ihrem Beitrag konnte man aber entnehmen, dass das nichts genutzt hat. Denn Sie sind beratungsresistent.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung wollen einen Tarifvertrag und kein Lohn- oder Gesetzesdiktat, wie diese Landesregierung es vorsieht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das ist die klare und eindeutige Botschaft der letzten Wochen. Einkommensverbesserungen für Tarifbeschäftigte per Gesetz zu beschließen – meine Damen und Herren der CDU, das wollen Sie tun –, ist und bleibt ein schwerer Verstoß gegen die in Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz besonders geschützte Tarifautonomie. Da fühlen wir uns durch die Anhörung bestätigt. Selbst Herr Hahn musste konstatieren, dass sich das am Rande des Verfassungsbruchs bewegt.Auf gut Deutsch heißt das:Eigentlich ist das ein Verfassungsbruch. – Das wollte ich hier sehr deutlich sagen. Deswegen ist das falsch, was die Landesregierung hier tun will.

(Beifall der Abg. Reinhard Kahl (SPD) und Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber was schert die Anhörung, was schert der Sachverstand die CDU in ihrer bekannten Art und Weise? Mit Ihrer absoluten Mehrheit ignorieren Sie einfach die Gesetze und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Wir hingegen wollen, dass der faire Ausgleich der Interessen der Beschäftigten und der Arbeitgeber, der in Hessen aufgrund der ideologischen Verbohrtheit der CDU nicht möglich ist, wie in 14 Bundesländern per Tarifvertrag geregelt wird. Die Mitarbeiter in der Landesverwaltung haben einen Anspruch auf Teilhabe an der allgemeinen Einkommensentwicklung – nicht mehr und nicht weniger. Die Mitarbeiter dürfen nicht nach dem Motto „Es steht eine Landtagswahl an,deshalb gibt es eine Erhöhung“ behandelt werden. Das ist der entscheidende Unterschied: Wie wollen ordentliche Tarifverhandlungen, wie es Praxis und guter Brauch war.Die Mitarbeiter der Landesverwaltung werden von der CDU wie ein politischer Spielball behandelt.

(Beifall bei der SPD)

Herr Innenminister,Sie haben am Dienstag in der zweiten Lesung gesagt, die SPD habe im letzten Jahr den Änderungsantrag eingebracht, per Gesetz festzulegen, auch den Tarifbeschäftigten mehr Geld zu geben. Sie haben das Ganze natürlich nicht im Zusammenhang dargestellt. Der Änderungsantrag bezog sich nämlich auf eine Einmalzahlung an Beamte. Unser Ansatz war, dass die Tarifbeschäftigten im Sinne einer Gleichbehandlung ebenfalls eine Einmalzahlung bekommen sollten. Was war das Ergebnis? Sie haben den Antrag abgelehnt, und die Tarifbeschäftigten haben im letzten Jahr keine Einmalzahlung bekommen. Das war sozial ungerecht und Hintergrund unseres Antrags. Das haben Sie so natürlich nicht dargestellt. Es war ein ganz netter Versuch, Herr Bouffier, aber er ist kläglich gescheitert.

(Beifall bei der SPD)

Im Ergebnis bleibt bei den Mitarbeitern viel Frust. Die Landesregierung setzt auf das Prinzip „Wir gewähren eine kleine Gehaltserhöhung, dann werden sich zwar ei

nige ärgern, aber die Masse wird sie nehmen”. Ein kleiner Hinweis: Bayern erhöht die Besoldung seiner Beamten, übrigens rückwirkend zum Oktober, um 3 %. Die Hessische Landesregierung protzt und prahlt damit, dass sie den Beamten 2,4 % mehr zahlen wird, das sei ganz toll. Ich sage Ihnen das, weil Sie sich auch sonst an Bayern orientieren.

In der Konsequenz liegen wir richtig.Wir lehnen den Gesetzentwurf ab. Wir fordern die Landesregierung auf, in die Tarifgemeinschaft der Länder zurückzukehren und in einem geordneten Verfahren einen Tarifvertrag auszuhandeln. Das ist das Gebot der Stunde. Da Sie dazu weder willens noch bereit sind, werden die Wählerinnen und Wähler die Gelegenheit haben, solch ein Verfahren zu ermöglichen. Wir sind zuversichtlich, dass wir das hinbekommen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Das Wort hat der Abg. Hahn,Vorsitzender der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu diesem Themenbereich ist alles gesagt, auch von der FDPFraktion.Wenn jemand, ohne auch nur einen einzigen inhaltlichen Vorschlag vorzutragen, eine dritte Lesung provoziert, sollte man die Debatte nicht weiter ausdehnen.

Wir sind der festen Überzeugung, dass es richtig ist, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Landesverwaltung an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben. Das Ob stand deshalb auch nie infrage, aber das Wie ist hart an der Grenze der Verfassungswidrigkeit. Das habe ich am Dienstag für die FDP-Fraktion ausgeführt. Deshalb ist eines klar: Ab dem 5. April nächsten Jahres wird der dann gewählte Innenminister des Landes Hessen den Auftrag erhalten, mit den Tarifparteien unverzüglich einen Tarifvertrag auszuhandeln, damit dieser an der Grenze zur Verfassungswidrigkeit liegende Akt aufgehoben wird und wir wieder zu Tarifverträgen in Hessen zurückkommen – aber nicht zu bundesweit geltenden Verträgen, sondern zu einem passgenauen Tarifvertrag für unser Land und unsere Mitarbeiter.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Hahn, wir haben deshalb eine dritte Lesung beantragt, weil wir nach dem Motto „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ der CDU-Fraktion in diesem Hause die Möglichkeit geben wollten, noch einmal darüber nachzudenken, wie sie Personalpolitik, Tarifpolitik betreibt und ob es richtig ist, die Einkommensentwicklung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter per Gesetz festzusetzen.

Der zweite Grund war,dass die CDU-Fraktion bei diesem Gesetzentwurf so sehr gemurkst hat. Zuerst musste sie

eine Regelung für die Waldarbeiter nachreichen, dann musste sie eine Regelung für die Auszubildenden in der Forstwirtschaft nachreichen. Von daher gesehen war eine dritte Lesung geboten.

Ich kann, auch nach der Beratung im Innenausschuss, nur feststellen, dass die CDU-Fraktion genauso weitermacht wie bisher. Sie sind beratungsresistent. Anhörungen stören Sie nicht, die Meinungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stören Sie nicht, und auch die Auffassungen der Opposition sind ohne Belang. Sie machen Personalpolitik nach Gutsherrenart – Augen zu und durch. Das haben wir schon mehrfach erlebt. Das haben wir bei den Beamten erlebt. Jetzt erleben wir es bei den Angestellten. Nach dem gebrochenen Versprechen des Ministerpräsidenten, es werde kein Sonderopfer der Beamtinnen und Beamte geben, haben wir jetzt das gebrochene Versprechen des Innenministers, dass es für Angestellte keine solche Regelung geben wird wie für Beamte. Ich habe das schon in der zweiten Lesung zitiert und erspare es mir jetzt.Aber der Umgang der Landesregierung mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern spottet jeder Beschreibung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sie setzen nicht auf Kommunikation, sie setzen nicht auf Ausgleich, sondern Sie setzen auf Konfrontation und fahren damit vor die Wand.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie stehen vor dem zweiten Systemwechsel, den Sie in der Personalpolitik vornehmen. Zum ersten Systemwechsel kam es bei den Beamten, da Sie nur mit einem Verband geredet haben und nicht der alten Prämisse gefolgt sind, dass die Regelung für die Beamten der Regelung für den Tarifbereich folgt. Den zweiten Systemwechsel wollen Sie jetzt vornehmen,indem Sie die Einkommensverbesserungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Tarifbereich per Gesetz festschreiben.

Das ist keine Petitesse in der Landespolitik. Das, was Sie hier machen, ist ein Generalangriff dieser Landesregierung auf die organisierte Arbeitnehmerschaft im öffentlichen Dienst.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Die Gewerkschaften sind Ihnen einfach ein Gräuel. Das haben wir schon vielfach erlebt. Zuletzt haben wir es erlebt, als der Innenminister die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die gegen diese Personalpolitik öffentlich demonstriert haben, als „Krawallmacher“ bezeichnet hat. Auch das ist ein einmaliger Vorgang in diesem Land.

(Zurufe von der CDU)

Sie werden den Gesetzentwurf mit Mehrheit annehmen. Das ist in der Tat ein Angriff auf die Tarifautonomie. Das ist ein Angriff auf Art. 9 des Grundgesetzes, der die Tarifautonomie garantiert. Das haben wir in den Anhörungen im Innenausschuss gehört. Ich möchte Ihnen nur ein Zitat aus der Anhörung vortragen. Der Juristen Prof. Dr. Wieland von der Universität Frankfurt sagte:

Eine gesetzliche Regelung des Arbeitsentgelts greift in die grundgesetzlich geschützte Rechtsstellung der Arbeitnehmer ein, weil ihnen der Staat nicht mehr allein als Arbeitgeber gegenübertritt, sondern einen Kerngehalt der tarifvertraglich zu re

gelnden Beziehungen einseitig hoheitlich bestimmt.

Ich kann Sie nur auffordern, zu einer anderen Politik im Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zurückzukehren.Wir wollen eine andere Form des Umgangs mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir werden das nach der Landtagswahl am 27. Januar auch tun. Wir wollen, dass dieses Land wieder in die Tarifgemeinschaft der Länder zurückkehrt. Wir wollen wieder mit den Gewerkschaften verhandeln und diskutieren.

Auch wir wissen, dass sich die Interessen des Landes als Arbeitgeber und der Gewerkschaften unterscheiden,aber Tarifverhandlungen waren noch nie vergnügungsteuerpflichtige Veranstaltungen.Dass muss auch so sein,weil es eben unterschiedliche Interessen gibt. Wir sind für einen fairen Ausgleich. Wir sind gegen Konfrontation und für Kommunikation. Das, was Sie gemacht haben, verehrte Damen und Herren von der CDU, ist Personalpolitik, die in den letzten viereinhalb Jahren vor die Wand gefahren ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Lebhafte Zurufe von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Das Wort hat Herr Staatsminister Bouffier.