Protocol of the Session on November 15, 2007

(Beifall der Abg.Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Das ist das Entscheidende. Sie haben nichts getan, während wir uns auf den Weg begeben haben.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Jetzt hat Herr Kollege Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bevor ich zu meiner Rede über G 8 komme, noch zwei Anmerkungen zu Herrn Kollegen Weinmeister.

Herr Kollege Weinmeister, Sie müssten sich jetzt schon einmal entscheiden, wie Sie hier mit dem Landeselternbeirat umgehen wollen.

(Beifall des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Gestern erklärt der Kollege Irmer,der Landeselternbeirat sei parteipolitisch instrumentalisiert, und beschimpft dieses Gremium auf übelste Art und Weise.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Ich habe die Vorsitzende kritisiert!)

Okay, Herr Irmer, Sie haben die Vorsitzende kritisiert. Das macht es aber mitnichten besser.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich finde es allein schon inakzeptabel, so mit der Elternvertretung in unserem Land umzugehen.

(Zurufe von der CDU)

Machen Sie nur so weiter.– Einen Tag später sagt der Kollege Weinmeister, der Landeselternbeirat und seine Vorsitzende seien die Kronzeugen gegen das, was die SPD hier betreibt. Schizophrener geht es nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg.Mark Weinmeister (CDU) hält eine Unterlage hoch.)

Ich schlage einfach einmal vor: Wir instrumentalisieren den Landeselternbeirat nicht, sondern nehmen ernst, was er sagt. Damit kämen wir bei der G-8-Debatte ein gutes Stück weiter.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann lobt Herr Kollege Weinmeister die Möglichkeit, dass man nach dem Besuch einer integrierten Gesamtschule das Abitur nach neun Jahren ablegen kann

(Mark Weinmeister (CDU): Und nach dem Besuch von Realschulen!)

und nach dem Besuch von Realschulen. Herr Kollege Weinmeister,es ist gut, dass Sie erkannt haben, dass Wahlfreiheit sehr wichtig ist. Da nähern Sie sich sehr dem an, was wir GRÜNEN sagen. Ich frage Sie nur: Warum genehmigen Sie dann integrierte Gesamtschulen landauf, landab in diesem Land nicht, obwohl es die Schulgemeinden wollen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

In Frankfurt, in Offenbach, in Waldeck-Frankenberg, auch der Schulentwicklungsplan in Limburg-Weilburg ist noch nicht genehmigt – überall genehmigen Sie es nicht. Das zeigt, dass Sie hier mit gespaltener Zunge sprechen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, jetzt komme ich zum Thema G 8. Bei dem Thema G 8 verbinden sich wie so oft bei dieser Landesregierung zwei Sachen auf eine sehr unheilige Art und Weise, nämlich missionarischer Eifer und handwerkliches Unvermögen. Im Ergebnis haben Sie, Frau Kultusministerin, zusammen mit dem Ministerpräsidenten an einer ganzen Schülergeneration einen unverantwortlichen Feldversuch durchgeführt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben Gymnasien zu Zwangsganztagsschulen ohne Mittagessen gemacht. Die Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern leiden massiv unter dem, was Sie an den Gymnasien angerichtet haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

So sagt der Landeselternbeirat anlässlich des Weltkindertages am 20. September:

Stress, Überbelastung und mangelnde Freizeit aufgrund längerer Unterrichtszeiten sowie eine regelmäßig sehr hohe Hausaufgabenbelastung lassen kaum noch Freistunden für sportliche und musikalische Aktivitäten. Das Familienleben leidet häufig unter der immensen Arbeitsbelastung der Kinder.

So weit der Landeselternbeirat von Hessen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU,man muss einfach einmal wörtlich zitieren, was der Landeselternbeirat sagt, und ihn nicht instrumentalisieren.

Was sagt der Philologenverband? Ich zitiere:

Die Einführung von G 8 war eine krasse Fehlentscheidung, die zulasten der Beteiligten, der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen geht. Sie bedarf dringend der Korrektur.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Der Ministerpräsident hat in der Generaldebatte gestern Herrn Dinges vom „Darmstädter Echo“ als Kronzeugen für bildungspolitische Fragen angeführt, sicher nicht ganz zu Unrecht.Was sagt Herr Dinges, der der Kronzeuge der Landesregierung in der Bildungspolitik ist? Ich zitiere aus dem „Darmstädter Echo“ vom 13. November:

Überlange Schulzeiten, dazu noch in den meisten Fällen ohne eine richtige Mittagspause und warmes Mittagessen, Hausaufgaben am späten Nachmittag und somit keine Zeit mehr für Freizeitaktivitäten.

So weit die Bilanz Ihres bildungspolitischen Kronzeugen aus dem Journalismus über Ihr G 8.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

In der „Frankfurter Rundschau“ finden wir die Schilderung des Arbeitsalltags – man muss bei Schülerinnen und Schülern in G 8 leider mittlerweile „Arbeitsalltag“ sagen – einer Elfjährigen. Ich zitiere: „Katja geht in die 6c. Heute hat sie neun Stunden. ,Ich finde das nicht gut’, sagt sie, als sie zur Bushaltestelle stapft. 35 Stunden stehen auf dem Wochenplan. Mutter Gaby schüttelt den Kopf: ,Viel zu viel. Wo soll das hinführen?’“ Später wird die Mutter zitiert: „Für unsere Kinder ist G 8 die Hölle.“

Das ist die Wahrheit, was Sie mit G 8 angerichtet haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Mark Weinmeister (CDU))

Sie hätten es, das ist das Schlimmste, alles wissen können. Es handelt sich nicht nur um handwerkliches Unvermögen, sondern es war auch missionarischer Eifer, wie Sie G 8 eingeführt haben.

(Zuruf des Abg. Mark Weinmeister (CDU))

In den Jahren 2003 und 2004 wurde in diesem Hessischen Landtag sehr intensiv über diese Fragen diskutiert.Auf all die Fehlentwicklungen wurden Sie damals schon hingewiesen. Ich zitiere aus einer Rede meiner Kollegin Priska Hinz vom 9. Juli 2003:

Man muss einfach sehen, dass es in den Klassen 5 bis 9 zu einer erhöhten Stundenzahl kommen wird. Dort müssen die Schülerinnen und Schüler in einer kürzeren Zeit mehr lernen.

Frau Hinz hatte sehr recht.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Das hat keiner bestritten!)

Jetzt ruft Herr Kollege Irmer, ähnlich wie im Jahr 2003, dazwischen: Na und! – Herr Kollege Irmer, im Jahr 2003 hatten Sie dazwischengerufen: „Mein Gott, das ist unglaublich! Was für ein Skandal ist das!“

Dafür gibt es jetzt zwei Erklärungen. Entweder Sie haben diese beiden Sätze ernst gemeint und damals schon erkannt,dass es Murks ist,was Sie hier auf den Weg bringen, oder – das ist viel schlimmer – Sie verhöhnen die Belastung, die mit G 8 in unsere Schulen Einkehr gehalten hat. Das ist wirklich ein Skandal.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Der Hessische Jugendring hatte schon im Jahr 2004 auf die erheblichen Probleme hingewiesen, der Philologenverband selbstverständlich auch und im Übrigen auch der Landeselternbeirat. Ich finde es einer Ministerin nicht würdig, wie sie mit diesem Gremium umgeht, indem Sie versuchen, den Eindruck zu erwecken, der Landeselternbeirat hätte damals der Einführung von G 8 zugestimmt.

(Zuruf der Ministerin Karin Wolff)