Protocol of the Session on November 14, 2007

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wir beantragen die dritte Lesung!)

Hier ist die dritte Lesung beantragt. Der Gesetzentwurf soll zur Vorbereitung der dritten Lesung an den Haushaltsausschuss überwiesen werden.

Dann sind wir mit den Abstimmungen zum Haushalt durch und können in der Tagesordnung fortfahren.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 6:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Zehntes Gesetz zur Änderung des Hessischen Abgeordnetengesetzes – Drucks. 16/8059 –

zusammen mit Tagesordnungspunkt 50:

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Änderung der Verhaltensregeln für die Mitglieder des Hessischen Landtags – Drucks. 16/8062 –

Zur Einbringung darf ich Herrn Wintermeyer das Wort erteilen. Die verabredete Redezeit beträgt zehn Minuten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn ich mich an die verabredete Redezeit halten würde,würde ich mich unbeliebt machen. Deswegen kündige ich jetzt schon an, dass ich sie nicht voll ausschöpfen werde.

Die CDU und die FDP bringen heute einen Gesetzentwurf zum Thema Transparenz im Hessischen Landtag ein, ebenso einen Änderungsantrag über die Verhaltensregeln für die Mitglieder des Hessischen Landtags. Wie Sie wissen, haben Abgeordnete eine hohe Verantwortung, nicht nur vor dem Volk, sondern auch vor sich selbst.Wir gehen regelmäßig mit der Frage Diäten, Altersversorgung und auch Nebenbeschäftigungen um.An diese Verantwortung möchte ich auch erinnern,wenn wir heute und auch in den nächsten Sitzungen über die Frage der Transparenzregeln sprechen.Wir von der CDU, und ich darf ausdrücklich mit Erlaubnis der Kollegin Beer auch die FDP einschließen, nehmen diese Verantwortung wahr, indem wir heute diesen Gesetzentwurf vorlegen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir hätten uns gewünscht, dass wir die Frage der Nebentätigkeiten von Abgeordneten und auch der Transparenz, um die es dort geht, zu Beginn der nächsten Wahlperiode

in Ruhe besprochen hätten, um zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen.

Wie Sie wissen, hat der Deutsche Bundestag eine entsprechende Regelung gefasst. Diese wurde beklagt und vor dem Bundesverfassungsgericht behandelt.Herr Al-Wazir, der jetzt leider nicht da ist, sagt, das Bundesverfassungsgericht habe diesen Gesetzentwurf auf Berliner Ebene für verfassungsgemäß erklärt. Ich sage: Vier der acht Verfassungsrichter haben ihn für nicht verfassungsgemäß gehalten. Nur aufgrund der Stimmengleichheit und der entsprechenden Regelung hat er zunächst Bestand.

Wir wissen, dass die Kollegen in Berlin die Frage weiter erörtern.Es gibt eine ganze Menge Fragen,die dort in Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf gestellt werden.Die GRÜNEN haben einen ähnlichen Gesetzentwurf im Jahr 2005 in den Hessischen Landtag eingebracht. Wir haben diesen Gesetzentwurf der GRÜNEN im Ältestenrat behandelt. Zunächst wurde er vertagt. Ich sage allerdings, dass wir diesem Gesetzentwurf der GRÜNEN nicht folgen werden, weil dieser viel zu weit geht. Die Veröffentlichung der Einkünfte von Abgeordneten soll so weit gehen, dass auch Privateinkünfte aus dem ausgeübten Beruf offengelegt werden, die nichts, aber auch gar nichts mit irgendwelchen Interessenverflechtungen zu tun haben, um die es gehen soll.

(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da lachen ja die Hühner!)

Herr Kaufmann,wenn Sie ehrlich sind – ich hoffe,das sind Sie –, müssen Sie zugeben, dass es um Sinn und Zweck der Angelegenheit geht. Es geht darum, dass Nebeneinkünfte von Abgeordneten, die aufgrund des Mandats erzielt werden, veröffentlicht werden müssen. Es geht aber nicht darum, Privateinkünfte zu veröffentlichen. Als Beispiel nenne ich unseren Kollegen Landau, der Augenoptikermeister ist.Er muss doch nicht angeben,was er mit seinem Optikergeschäft verdient.

(Beifall bei der CDU)

Das wäre weder für die Öffentlichkeit noch für seine Konkurrenten von Interesse; und es ist schon gar nicht von Interesse, ob es um irgendwelche Interessenverflechtungen geht. Fassen Sie sich nun bitte alle – das ist ein Appell an alle Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten – an die eigene Nase. Denn was soll es bringen, wenn das Einkommen des Berufsstands angegeben wird, und dann auch noch in Stufen?

Meine Damen und Herren, es kann nicht sein, dass dem Voyeurismus, der hier im Vordergrund steht, Tür und Tor geöffnet wird, sondern es geht darum, Interessensverflechtungen aufzudecken. Das geht mit dem Gesetzentwurf, den wir, CDU und FDP, eingebracht haben.

Zu den Einzelheiten dieses Gesetzentwurfs will ich nur kurz etwas sagen. Es geht darum, dass wir die bisherigen Verhaltensregeln im Hinblick auf die Offenlegungspflichten in das Gesetz aufnehmen. Wir wollen, dass nur die Nebentätigkeiten veröffentlicht werden, bei welchen mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Interessenverflechtung ausgegangen werden kann.

Wir wollen, dass entgeltliche Tätigkeiten für oder gegen das Land in jedem Falle angegeben werden müssen, auch wenn sie im Rahmen eines Berufs ausgeübt werden, der im Handbuch des Hessischen Landtags angegeben wird. Es sollen weiterhin persönliche Zuwendungen an Abgeordnete oder an Kandidaten für die Landtagswahl ausge

wiesen werden, wenn sie im Zusammenhang mit einer politischen Tätigkeit vergeben werden. Die Entgelte – darauf legen wir großen Wert –, die angenommen werden, müssen in voller Höhe angegeben werden.

Wir sind darüber hinaus noch einen Schritt weitergegangen, denn wir haben in den Gesetzentwurf der CDU und der FDP eine Sanktionierung eingebaut: Wenn eine Kollegin oder ein Kollege diese Anzeigepflichten gegenüber dem Präsidenten und damit gegenüber der Öffentlichkeit verletzt, dann ist ein Ordnungsgeld bis zur Höhe der hälftigen jährlichen Abgeordnetenentschädigung zu bezahlen.

Meine Damen und Herren, wir von der CDU haben mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass der Bund der Steuerzahler, der sich generell zu allem äußert, was mit Abgeordneten zu tun hat, den Gesetzentwurf in seiner ersten Stellungnahme durchaus begrüßt hat. Der Bund der Steuerzahler geht allerdings so weit, vorzuschlagen, dass sämtliche beruflichen Einkünfte angegeben werden sollten. In diesem Zusammenhang sage ich sehr deutlich: Die Einkünfte des Vorsitzenden des Bundes der Steuerzahler würde auch ich gern einmal einsehen,um erhellend zu erfahren, wie ich seine Erklärungen einzuordnen habe.

(Beifall bei der CDU)

Von dem Bundesvorsitzenden sind zumindest Teile seines Einkommens bekannt. Aber auch Herr Fried wird mir, wenn ich ihn auffordere, dies offenzulegen, zu Recht entgegenhalten, dass mich diese Auskunft nichts angehe, zumindest solange ich ihm nicht erkläre, zu welchem Zweck ich diese Information benötige.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Doch, ich bin auch Steuerzahler!)

Das ist genau der Punkt. Es geht nämlich niemanden etwas an, wie viel ein Abgeordneter in seinem angestammten Beruf, den er noch ausübt, verdient. Anhand dieses Verdienstes lässt sich nicht entnehmen, wie viel Zeit er in diese Tätigkeit investiert. Darüber sind wir uns alle im Klaren. Daher ist solch eine Auskunft nicht notwendig. Die Öffentlichkeit muss darüber Informationen haben, wie viel Abgeordnete mit Nebentätigkeiten erwirtschaften, die aufgrund des Mandats zu Interessenskonflikten führen könnten. Das berücksichtigt unser Gesetzentwurf.

Lieber Herr Kahl und liebe SPD-Fraktion, wir würden uns sehr freuen, wenn es uns gelänge, dass wir zumindest zwischen drei Fraktionen Einigkeit herstellen könnten, damit dieser Gesetzentwurf noch in dieser Legislaturperiode rechtswirksam werden und für alle Kolleginnen und Kollegen gelten könnte, die in der 17.Wahlperiode in den Hessischen Landtag gewählt werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Kahl das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion ist grundsätzlich für Transparenz in Bezug auf die Nebentätigkeiten. Das haben wir während der ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Ausdruck gebracht; und das sagen wir auch heute. Daher wollen wir uns zu diesem Zeitpunkt nicht wiederholen.

Der Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP beinhaltet zweifellos zwei Punkte, die ganz wichtig sind: zum einen, dass vor Ausschussberatungen ein eventueller Interessenkonflikt offengelegt werden soll. Die Forderung des Ausschlusses widerstreitender Interessen ist richtig.

Zum anderen ist es richtig, dass man, wenn man dies in einem Gesetz regelt, auch über Sanktionen nachdenken muss. Ansonsten wäre dies, um es ganz klar zu sagen, ein zahnloser Tiger. Diese beiden Vorschläge sind vollkommen in Ordnung.

Wir haben aber grundsätzlich gesagt, dass wir zu dem stehen, was die GRÜNEN vorgeschlagen haben. Das entspricht der Regelung des Bundestages. Das können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen, doch ist es vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden – und zwar nicht nur vorläufig.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das muss aber nicht die beste Regelung sein!)

Ich schaue mir nun an, was im Gesetzentwurf der CDU und der FDP steht:

In der Regel entstehen solche Interessenverflechtungen nicht durch den schon bei Mandatsbeginn ausgeübten Beruf, sondern durch die Übernahme zusätzlicher Tätigkeiten gegen Entgelt neben dem Mandat und neben dem ausgeübten Beruf während oder sogar aus Anlass der Mitgliedschaft im Hessischen Landtag.

Ich stimme mit Ihnen vollkommen darin überein, dass dies im Regelfall so ist. Wenn Sie hier als Beispiel Herrn Landau anführen, dann kann ich dem zustimmen. Nun gibt es aber ein Problem, das nicht so einfach zu lösen ist. Denn in diesem Zusammenhang sage ich – ich habe extra zwei Personen des Deutschen Bundestages als Beispiele ausgewählt – klar und deutlich: Herr Merz, der vorher Rechtsanwalt gewesen ist und aufgrund seiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter sicherlich auch in seinem zuvor ausgeübten Beruf ganz andere Möglichkeiten erhalten haben wird, muss diese Nebentätigkeit nicht aufdecken. Herr Schily jedoch, der zuvor Bundesminister war und nun als Rechtsanwalt tätig ist, müsste es offenlegen. Anhand dieser beiden Beispiele sehen Sie, dass die Regeln, die Sie aufgestellt haben, nicht so einfach umzusetzen sind.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist doch die Bundesregelung!)

Sie sagen sehr klar: Wer vorher einen Beruf ausgeübt hat und diesen während der Mandatszeit weiterhin ausübt, der braucht die Einkünfte dieser Nebentätigkeit nicht offenzulegen. – Somit müsste aber beispielsweise jeder Jurist, der vorher als Verwaltungsjurist tätig war und neben dem Mandat als Rechtsanwalt tätig ist, die Einkünfte dieser Nebentätigkeit offenlegen.

Meine Damen und Herren, das ist eine Ungerechtigkeit, über die geredet werden muss.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das haben Sie falsch verstanden!)

Deswegen sage ich für meine Fraktion ganz deutlich, und damit schließen wir uns dem, was der Bund der Steuerzahler gesagt hat, voll an:

Dabei sollten sich die Fraktionen nicht sklavisch an den eigenen Entwurf klammern, sondern gemein

sam die besten Vorschläge der vorliegenden Entwürfe vereinigen.

Dieser schreibt weiterhin:

Ö über fraktionelle Bündelung der Vorschläge, um ein zeitgemäßes und verfassungskonformes Regelwerk entstehen zu lassen.

Dem schließen wir uns voll und ganz an.Deswegen sollten wir über die Einzelheiten auch im Ältestenrat diskutieren. Wir sind daher bereit, über beide Gesetzentwürfe gleichermaßen zu diskutieren, um daraus je nach Gegebenheit den besten Vorschlag zu entwickeln. Das sollten wir gemeinsam tun. Damit hat der Bund der Steuerzahler vollkommen recht. Hierzu stehen wir.

(Beifall bei der SPD)