Protocol of the Session on November 14, 2007

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum lehnen Sie ihn ab, wenn sogar die Frankfurter CDU sagt, dass sie etwas verändern will?

(Widerspruch der Ministerin Karin Wolff)

Reden Sie einmal mit Petra Roth. Die ist Ihnen in der Frage um Lichtjahre voraus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Für uns gilt: Schluss mit dieser Ideologie. Bei uns gilt Wahlfreiheit für Eltern, Schüler, Lehrer und Schulträger. Für uns gilt Freiheit statt Ihrer Ideologie. Sie, Frau Kultusministerin, verhalten sich so, als seien Sie die Wiedergeburt von Alfred Dregger, und auf der anderen Seite sitze Ludwig von Friedeburg. Das ist doch alles abseitig, was Sie in den letzten Jahren veranstaltet haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Im Übrigen ist die Wiedergeburt auch nicht mit der Schöpfungslehre zu vereinbaren. Aber ich will Ihnen sagen, Herr Ministerpräsident: Sie haben bei der Wiederaufstellung keine 100 % mehr bekommen, sondern zwei Gegenstimmen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Eine Katastrophe! – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Ich sage Ihnen gleich, warum ich das erzähle. – Karin Wolff hat ein Ergebnis von 94 % bekommen.

(Ministerin Karin Wolff: Und Sie?)

Frau Wolff, ich habe eines von 80 % bekommen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Noch schlechter! – Minister Karlheinz Weimar: Das war ein bisschen übertrieben!)

Wissen Sie, was der Unterschied ist? 80 % bei den GRÜNEN ist ein Superergebnis, 94 % bei der hessischen CDU ist kurz vor dem politischen Exitus. Das ist der Unterschied.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Minister Karlheinz Wei- mar: Das waren gar keine 80 %!)

Herr Weimar, ich erkläre es Ihnen. Sie sind in der Hessen-CDU politisch sozialisiert. Deswegen wissen Sie gar nicht, was echte Parteitagswahlergebnisse sind.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Minister Karlheinz Weimar: Das wa- ren doch gar keine 80 %!)

Aber ich erkläre es Ihnen. In normalen demokratischen Parteien, die so strukturiert sind wie auch FDP und SPD in Hessen und übrigens auch die meisten anderen Landesverbände der CDU, gibt es unterschiedliche Meinungen; die werden auch einmal offen ausgetragen. Da gibt es unterschiedliche Flügel, da gibt es Sympathien und Antipathien. Dann gibt es auch einmal Kampfkandidaturen; dann gibt es auch einmal Leute, die mit Nein stimmen – also das, was man in aller Regel als normale Partei bezeichnet. Dann gibt es die hessische CDU, und da bedeuten 94 %, dass man quasi schon weg vom Fenster ist.

(Lachen bei der CDU – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): In welcher Welt leben Sie denn?)

In einer Kaderpartei ist das nun einmal so. Sie müssten es doch am besten wissen, Herr Ministerpräsident, denn Sie sind der Vorsitzende.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ministerpräsident Roland Koch: Ich weiß es! – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist jetzt nur noch blamabel!)

Deswegen kann ich Ihnen schon eines prophezeien. Ich weiß nicht, wie die hessische Landtagswahl ausgehen wird. Das entscheiden auch nicht wir, das entscheiden die Wählerinnen und Wähler am 27. Januar 2008 zwischen 8 und 18 Uhr. Aber eines weiß ich: Egal, wie die Wahl ausgeht – Karin Wolff wird nicht mehr Hessische Kultusministerin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist gut so!)

Das ist zum einen gut so.Aber ich bin ihr dankbar,dass sie bis zur Landtagswahl noch Kultusministerin bleibt; denn eine bessere Wahlkampfhelferin können wir uns in diesem Landtagswahlkampf nicht wünschen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Minister Karl- heinz Weimar: Prognosen sind im Nachhinein im- mer am sichersten!)

Herr Ministerpräsident, wir wollen die Studiengebühren abschaffen, und zwar in politischer Entscheidung und nicht in juristischer. Wir wollen, dass mehr statt weniger junge Menschen in Hessen studieren.Wir wollen das Geld den Hochschulen aus Steuermitteln statt aus Gebührenmitteln geben.

(Minister Karlheinz Weimar: Ausgeplündert habt ihr die Hochschulen in den acht Jahren!)

Insofern kann ich Ihnen nur sagen: Das, was wir in den letzten Tagen von Verwaltungsgerichten erlebt haben, ist doch auch ein Beispiel für Ihre unglaubliche Beratungsresistenz und Arroganz.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das sagt Tarek Al-Wazir, der Prototyp dafür! – Dr. Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU): Diese Rede ist eine einzige Blamage!)

So viele Menschen haben Ihnen gesagt – sie können politisch unterschiedliche Meinungen zu Studiengebühren haben; es gibt Menschen, die dafür sind, und es gibt Menschen, die dagegen sind –, es dürfte keinen Streit darüber geben, dass Studiengebühren mit der hessischen Verfassungslage nicht vereinbar sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Minister Karl- heinz Weimar:Ach du liebe Güte!)

Sie werden Schritt für Schritt ein Ergebnis nach dem anderen bekommen.Wir sind dafür,dass dieser Landtag diesen Fehler einsehen und dieses Gesetz rückgängig machen sollte, bevor er von Gerichten dazu gezwungen wird.

(Minister Karlheinz Weimar: Das sagt der promo- vierte und erfahrene Jurist! Oder was war das, was Sie beruflich einbringen?)

Herr Ministerpräsident, ein Punkt, den Sie hier angesprochen haben, hat gezeigt, in welche Richtung das geht. Denn immer dann, wenn Sie völlig ratlos sind, deuten Sie bestimmte Kampagnen in bestimmte Richtungen an.Herr Ministerpräsident, Sie haben völlig recht: 40 % der Menschen in Frankfurt haben einen Migrationshintergrund. Sie haben völlig recht: 70 % der in Frankfurt geborenen Kinder haben einen Migrationshintergrund. – Womit Sie nicht recht haben, ist, dass nur Sie diese Herausforderung für die Gesellschaft erkannt haben. Im Gegenteil, Sie haben als CDU in Hessen, aber auch bundesweit jahrzehntelang diese gesellschaftliche Realität geleugnet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben jahrzehntelang, bis im Herbst 1998 Manfred Kanther als Bundesinnenminister abgelöst worden ist, als offizielle Linie der Bundesrepublik Deutschland durchgesetzt: „Wir sind kein Einwanderungsland“. Jetzt kann ich Ihnen sagen:Wenn wir nie ein Einwanderungsland waren, wie kommen denn diese 70 % der neugeborenen Kinder in Frankfurt zustande? Das heißt, im Prinzip sind diese Zahlen ein Beweis dafür, wie sehr Sie sich an der Lösung der realen gesellschaftlichen Probleme aus ideologischen Gründen versündigt haben, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wenn Sie hier so kryptisch sagen, der hohe Schutz vor kirchlichen Räumen sei Ihnen natürlich wichtig – ich habe mir das genau mitgeschrieben –, aber wenn Sie davon Kenntnis haben, dass Taten gegen das nationale Interesse der Bundesrepublik Deutschland in diesen kirchlichen Räumen geplant werden, dann wollen Sie etwas dagegen unternehmen,

(Norbert Schmitt (SPD): Finde ich auch!)

Herr Ministerpräsident, dann stelle ich Ihnen eine Frage. Entweder Sie haben als amtierender Ministerpräsident Hinweise darauf, dass in kirchlichen Räumen Taten gegen das nationale Interesse der Bundesrepublik Deutschland geplant werden.

(Zuruf des Abg. Frank Gotthardt (CDU) – Ministerpräsident Roland Koch: Das ist ja dreist!)

Passen Sie auf, Herr Ministerpräsident. – Dann müssten Sie hier einmal sagen, was das aus Ihrer Sicht an neuen Bedrohungslagen bedeutet und was Sie dagegen tun wollen.

(Frank Gotthardt (CDU): Dummdreist!)

Oder, Herr Ministerpräsident, Ihre Ratlosigkeit ist so groß, dass Sie insgeheim schon vor lauter Angst vor den Wählerinnen und Wählern für den Januar 2008 die nächste Kampagne planen.

(Frank Gotthardt (CDU): Du weißt es doch! – Jörg Uwe Hahn (FDP): Sitzt du in der Kommission?)

Herr Hahn, ich darf aus dieser Kommission nicht berichten.Aber wir beide wissen ziemlich genau,wer die Berichte gelesen hat und wer nicht. Mehr sage ich jetzt dazu nicht.

(Zurufe der Abg.Jörg-Uwe Hahn (FDP) und Frank Gotthardt (CDU))

Aber ich sage Ihnen ausdrücklich, Herr Ministerpräsident Koch: Ich glaube, dass die Menschen auch in diesem Bereich schon sehr viel weiter sind, als die hessische CDU glaubt. Zweimal funktioniert eine solche Nummer nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Andrea Ypsilanti (SPD):Was ein Glück!)

Herr Ministerpräsident, wir haben 100 Anträge zur Veränderung Ihres Haushaltsentwurfs gestellt. Wir haben nicht nur ca. 400 Millionen – –

(Minister Karlheinz Weimar: Aber die haben wir bisher noch nicht!)