Protocol of the Session on November 13, 2007

Die freundlichen Herrschaften von den GRÜNEN, Herr Kollege Frömmrich, sind immer gleich beim Staatsanwalt, der dann den Finanzminister und den Innenminister entsprechend zitiert. Das ist dann die Fortsetzung der Politik mit dem Staatsanwalt, wie Sie es im vergangenen Jahr bei dem Gesetz über Einmalzahlungen gemacht haben.

Meine Damen und Herren, Herr Prof. Rieble – das war der eine, der unbestreitbar unsere Auffassung unterstützt hat – hat gesagt: Mit dem Gesetz haben wir ein vereinfachtes Verfahren gegenüber dem Vorgang, dass wir 50.000 Arbeitsverträge anpassen.– Er war der Auffassung, dass hier eine Verfassungsmäßigkeit gegeben ist. Er hat im Übrigen dargestellt, dass es auch geboten ist, da wir nach Art. 33 des Grundgesetzes eine Verantwortung, eine Fürsorgepflicht für unsere Mitarbeiter haben und insofern auch dafür sorgen müssen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung beteiligt sind.

Meine Damen und Herren, dass einseitige freiwillige Leistungen eines Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer, seine Mitarbeiter zulässig und sogar üblich sind, das ist auch völlig unbestreitbar. Das Land handelt nur, weil es im Hessischen Landtag nur durch Gesetz handeln kann. Ich denke, auch hier sind wir auf der sicheren Seite.

Meine Damen und Herren, es sind hier gelegentlich auch Krokodilstränen geflossen. Das will ich nicht unerwähnt lassen. Man mag sich daran erinnern, dass dort, wo Privatisierungen im öffentlichen Bereich anstehen, die Gewerkschaften geradezu danach lechzten, dass am Ende ein betriebsübergangsähnliches Schutzrecht wie in § 613a BGB durch den Gesetzgeber geschaffen wird. Meine Damen und Herren, da ist es der Wunsch der Gewerkschaften, dass das Land, dass die öffentliche Hand entsprechende Regelungen per Gesetz vorsieht. Hinsichtlich der Frage, wie man etwas regeln kann, will ich Sie daran erinnern, was im vergangenen Jahr im November im Hessischen Landtag verhandelt wurde. Herr Kollege Frömmrich hat uns am Rednerpult aufgefordert, dass wir die Tarifbeschäftigten in das hessische Gesetz für Einmalzahlungen in den Jahren 2006 und 2007 einbeziehen.

Herr Kollege Beuth, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme sofort zum Schluss. – Sie haben uns von diesem Rednerpult aus aufgefordert, ein Gesetz für Tarifbeschäftigte in diesem Bereich zu machen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das stimmt überhaupt nicht! Quatsch!)

Das macht die Heuchelei deutlich, mit der Sie am Rednerpult Besoldungs- und Tarifdiktat hinterherlaufen und welch unseriöser und inkonsequenter Politik Sie frönen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ganz schwaches Argument! – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es wird nicht besser dadurch, dass Sie so einen Unsinn erzählen!)

Ich denke, wir haben ein gutes Gesetz gemacht, das sicherstellt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes Hessen an der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung beteiligt werden. In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu dem Gesetz. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Beuth. – Der nächste Redner ist der Kollege Rudolph für die SPD-Fraktion.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Warum ist er nicht Innenministerkandidat geworden? – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Keine Spitzen, Herr Kollege Irmer!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Beuth, man muss sich fragen, ob Sie die Anhörung überhaupt wahrgenommen haben. Sie waren körperlich anwesend. Das kann ich bestätigen. Aber den Ausführungen sind Sie, glaube ich, nicht gefolgt. Meine Damen und Herren, deswegen ist es ziemlich absurd, was Sie hier heute veranstalten. Der vorliegende Gesetzentwurf für Einmalzahlungen und Einkommensverbesserungen für die Tarifbeschäftigten des Landes Hessen entlarvt einmal mehr das mangelnde Demokratieverständnis dieser Landesregierung.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Herren Koch und Bouffier – –

(Zuruf des Ministers Volker Bouffier)

Sie sind zuständig.Deswegen muss ich Sie erwähnen.Sie sind der geistige Vater dieses Gesetzentwurfs. So viel der Ehre.Das darf schon sein.Das macht es nicht besser.Aber ich will das noch einmal klarstellen. Sie wollen das seit Jahrzehnten bewährte Tarifsystem abschaffen, indem Sie nicht mehr den konstruktiven Dialog und Verhandlungsergebnisse mit den Gewerkschaften suchen, sondern nach Gutsherrenart mit Ihrer Mehrheit per Gesetz auch den Angestellten und Arbeitern künftig die Arbeitsbedingungen diktieren wollen. Das ist in der Tat ein einmaliger und unerträglicher Zustand für die Tarifpolitik in diesem Lande.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Beuth, Sie sind von Hause aus Jurist. Ich nehme an, dass Sie sich in Ihrem Studium auch einmal mit Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und deren Charakter auseinandergesetzt haben. Das Aushandeln von Tarifverträgen zählt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum wesentlichen Bestandteil der Gewerkschaftstätigkeit und ist besonders geschützt.Art.9 Abs. 3 des Grundgesetztes schützt die Tarifautonomie ausdrücklich, und zwar aus gutem Grund.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es war guter Brauch in Hessen und es ist guter Brauch in 14 anderen Bundesländern, dass die Tarifpartner im öffentlichen Dienst gemeinsam Einkommensveränderungen aushandeln – als Partner und nicht in gönnerhafter Herabsetzung per Gesetz, wie es diese Landesregierung tut. Der Charakter von Tarifverhandlungen ist ein Auseinandersetzen mit unterschiedlichen Erfah

rungen. Das kann notfalls auch einmal per Streik gelingen.Aber das ist das Ergebnis. Ich finde, die Bundesrepublik und die Bundesländer sind im Interesse aller Beschäftigten gut damit gefahren, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deren Interessenvertretung ernst zu nehmen. So sollte es sein. Es ist ein Grundfehler, per Gesetzesdiktat Tarifverhandlungen aushandeln zu wollen. Das ist der Grundfehler, der Kardinalfehler. Es bleibt falsch.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Beuth, Sie haben an einer Stelle gesagt, bei der Anhörung im Innenausschuss waren drei Sachverständige anwesend sowie Gewerkschaftsvertreter, die Beamtenunion, der dbb, übrigens unisono mit ver.di. Es gibt weitere schriftliche Stellungnahmen, die in die gleiche Richtung gehen. Das Ergebnis, wenn ich es in Prozenten ausdrücke, ist fast wie beim Kopftuchurteil. 90 % aller Gutachter haben gesagt, dieses Gesetz halten sie für verfassungswidrig oder zumindest für mehr als bedenklich.

(Sabine Waschke (SPD): Das war ziemlich klar!)

Herr Beuth, nun kann man sagen: „Was interessiert uns der geballte Sachverstand?“, wie Sie es eben getan haben. Uns interessiert er schon, weil wir der Auffassung sind, dass das Grundgesetz einzuhalten

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Deswegen machen wir Anhörungen!)

und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beachten ist. Dazu gibt es Anhörungen. Man sollte Anhörungen ernst nehmen und entsprechende Konsequenzen ziehen. Sie brauchen die Anhörung offensichtlich nicht.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Armin Klein (Wiesbaden) (CDU): Wir haben eine andere Rechtsauffassung!)

Herr Klein, es gab einmal einen Satz von Herrn Grüttner bei einer anderen Gelegenheit, aber das haben Sie unisono gemacht: Mehrheit ist Wahrheit. – Aber keine Angst, diese Zeiten sind demnächst vorbei, und das ist gut so für die Menschen in diesem Land.

(Zurufe der Abg. Armin Klein (Wiesbaden) und Axel Wintermeyer (CDU))

Das war im Zusammenhang mit der Schwarzgeld-Affäre. Wenn Sie keine Argumente mehr hatten und etwas vertuschen mussten: „Mehrheit ist Wahrheit“, war Ihr Standardsatz an dieser Stelle. Das wird dadurch aber auch nicht besser.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, um noch einmal auf die Anhörung und die Auswertung zu kommen: Nach Auffassung von namhaften Juristen darf das Land im Zusammenhang mit einem Tarifstreit nicht einfach zu einem Gesetz greifen.Offensichtlich sollen damit die Stellung der Gewerkschaften und die Streikbereitschaft der Gewerkschaftsmitglieder geschwächt werden. Auch die sind durch die Tarifautonomie ausdrücklich geschützt. Daher ist es ein schwerwiegender Eingriff in die Tarifautonomie. Er ist falsch, und er muss korrigiert werden. Auch das werden wir tun.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir erleben just zu diesem Zeitpunkt auf dem Dernschen Gelände wieder eine Demonstration von Mitarbeitern der Landesverwaltung.

(Axel Wintermeyer (CDU): Es sind dieselben Demonstranten wie beim letzten Mal!)

Ja, und, das macht es nicht schlechter.Wenn die gleichen Menschen für ihre gleichen berechtigten Interessen eintreten, dann sollten Sie das wahrnehmen.Die demonstrieren freiwillig. Sie nehmen ein Grundrecht in Anspruch. Das ist gut so.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Wintermeyer, wir werden am Schluss irgendwann einmal zu bewerten haben. Die Menschen in Hessen werden abstimmen, ob sie das wollen, was die CDU gut findet, und ob sie dann die Stimmen kriegt. Ich glaube mittlerweile, dass die Menschen weiter sind, auch in der Landesverwaltung, weil diese Landesregierung einiges dazu beigetragen hat.Das,was in Hessen vorgemacht wird – ein kleines Schmankerl –, ist offensichtlich der Stil, der in CDU-geführten Kommunen auch betrieben wird. Die Personalversammlung der Landeshauptstadt Wiesbaden fand, glaube ich, gestern statt. 1.500 Beschäftigte im Kurhaus; die Miete wird sicherlich günstig sein.

(Armin Klein (Wiesbaden) (CDU): Sicherlich!)

Sicherlich,Herr Klein.Aber Wiesbaden hat es ja.–Wenn meine Informationen stimmen – den kleinen Vorbehalt mache ich, aber sie stimmen natürlich –, hat der Oberbürgermeister in der bekannten Manier verkündet: Der Stadt Wiesbaden geht es bekanntermaßen gut; jeder Mitarbeiter bekommt 300 c als Sondergratifikation.– Dazu gibt es weder einen Magistratsbeschluss noch einen Stadtverordnetenbeschluss, noch hat man mit den Mitarbeitern geredet. Das ist Personalpolitik. Herr Müller war einmal Büroleiter bei Herrn Koch. So stellt sich die CDU offensichtlich eine moderne Tarifpolitik vor. Das ist geradezu abenteuerlich.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die im Gesetzentwurf vorgesehene Tariferhöhung von 2,4 % bleibt auch deutlich unter dem Tarifabschluss der Länder mit 2,9 % zurück. Deswegen ist das falsch.Wir wollen einen fairen Ausgleich der Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Rahmen der Tarifautonomie. Ihr Vorgehen an dieser Stelle ist konsequent zu anderen falschen Weichenstellungen der letzten Jahre im öffentlichen Dienst. Dabei haben Sie ständige Beeinträchtigungen vorgenommen, etwa der Mitbestimmung und der Arbeitsbedingungen, Einschnitte in die Rechte der Personalräte, Austritt aus der Tarifgemeinschaft, aufgezwungene Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden und unsinniger Stellenabbau in vielen Bereichen der Landesverwaltung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,die Mitarbeiter der Landesverwaltung wollen als gleichberechtigte Partner behandelt werden und an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilhaben. Sie wollen keine Personalund Tarifpolitik nach Gutsherrenart aus dem letzten Jahrhundert, wie es die Herren Koch und Bouffier vorhaben.

Deswegen ist das, was Sie machen, falsch. Sie sind auch nicht auf Ihren Änderungsantrag eingegangen. Sie haben jetzt mitbekommen, dass man noch etwas für die Waldarbeiter tun muss – eine Gruppe,die ohnehin schwierige Ar

beitsbedingungen hat. Die hatten Sie gerade vergessen, und jetzt haben Sie noch etwas eingefügt, weil sie gemerkt haben, es könnte möglicherweise Ärger geben.

Herr Beuth, sie haben gesagt, die Argumentation sei an der einen oder anderen Stelle schäbig. – Damit das relativ klar ist: Die Art, wie Sie mit dem Personal umgehen, ist schäbig; denn Sie stellen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor vollendete Tatsachen, geben vor der Landtagswahl Steuergeschenke heraus und wollen sich dann noch dafür feiern lassen.Mein Eindruck ist:Die Mitarbeiter haben diesen Wahlbetrug erkannt, und das ist die richtige Antwort darauf.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Minister Ste- fan Grüttner: Das war eine „machtvolle“ Demon- stration, bei der Sie eben waren!)

Herr Grüttner, in der Ihnen eigenen eitlen Arroganz nehmen Sie Demonstrationen nicht wahr. Deswegen bin ich an der Stelle relaxt. Das wird Ihnen alles auf die Füße fallen. Ich bin sehr zuversichtlich. Auch das gehört zum Grundrecht der Demokratie. Schaffen Sie es doch ab, wenn Ihnen das alles nicht mehr passt. Das können Sie ja mit Ihrer Mehrheit im Hessischen Landtag.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren,noch eines.Es gibt jetzt Rundschreiben und Rundbriefe des Innenministeriums, in denen auf die 500 c Fangprämie hingewiesen wird. Die Mitarbeiter bekommen 500 c zusätzlich, wenn sie gleichzeitig den Arbeitsvertrag auf 42 Stunden ändern. Zur Deutlichkeit: Das kommt auf 3,12 c heraus. Mit einem Betrag unter der Hälfte des Mindestlohns,wie wir ihn alle wollen, wollen Sie die Mitarbeiter ködern. Ich finde, das ist auch eine Art und Weise, wie Sie die Leute vergackeiern wollen, und das alles mit Steuergeldern.