Etwa die kleinen Energieversorger, die Sie mit Ihrer Politik in Existenznöte gebracht haben? Herr Kollege Rhiel, Sie setzen am falschen Hebel an.
(Minister Dr.Alois Rhiel: Es haben sich schon viele gemeldet! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wer hat sich noch gemeldet, die Franzosen?)
Was spricht denn eigentlich gegen eine eigentumsrechtliche Entflechtung von Stromproduktion und -betrieb? – Nach unserer Überzeugung ist eben diese Entflechtung unabdingbar, um einen fairen Wettbewerb am Strommarkt zu gewährleisten. Damit befinden wir uns in guter Gesellschaft der EU. 26 von 27 nationalen Regulierungsbehörden in der EU haben sich für die Trennung von Stromerzeugung und Netzbetrieb ausgesprochen.
Die Sozialdemokraten setzen auf Dezentralisierung der Stromerzeugung. Wir wollen neue Anbieter auf den Markt bringen, die mit dezentraler Energieproduktion wie z.B.Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbaren Energien den großen Energiekonzernen im Wettbewerb echte Konkurrenz sind. Herr Minister Rhiel, Sie haben ein scharfes Schwert angekündigt. Dieses Schwert ist stumpf, Herr Minister Rhiel.
Ich gebe Ihnen Brief und Siegel darauf, dass es auch stumpf bleiben wird; denn das, was Sie gestern in Berlin gemacht haben, war eine reine Ankündigungspolitik. Das Ganze wird sich nach der Landtagswahl wieder in Luft auflösen; davon bin ich überzeugt.
Meine Damen und Herren von der CDU, warum fällt es Ihnen eigentlich so schwer, das einzuräumen, was auf der Hand liegt? Wer einen fairen Wettbewerb auf dem Energiemarkt will, muss sich für eine grundlegend andere Energiepolitik in diesem Land einsetzen. Endliche und damit knapper werdende fossile Energien werden immer teurer.
Das ist das Einmaleins der Marktwirtschaft: Knappe Güter haben ihre Preise. Dafür sorgt der weltweit rasant steigende Energiebedarf.
Eine verantwortungsvolle Standortpolitik für Hessen bedeutet für uns, dass man diese Herausforderung annehmen muss. Damit muss man sich auseinandersetzen; denn es geht um die Zukunft unseres Landes. Wir müssen uns allein um des Wirtschaftsstandorts Hessen willen um Alternativen bemühen. Darauf setzen wir.
Zu den Fakten. Aktuell liegt der Anteil erneuerbarer Energien – Herr Kollege Al-Wazir hat darauf hingewiesen – in Hessen bei gerade einmal 5 %. Was die von Ihnen
propagierte Bioenergie betrifft,so liegen wir hier unter allen Flächenländern in der Bundesrepublik an drittletzter Stelle.
Lediglich 1,7 % der Biogasanlagen in Deutschland befinden sich in Hessen. Das ist ein blamabler Wert für ein so wirtschaftsstarkes Bundesland wie Hessen.
Bei der Windkraft hat Hessen die rote Laterne unter den Bundesländern. Bei Solarstromanlagen erreicht Hessen lediglich ein Drittel des Bundesdurchschnitts.
(Michael Boddenberg (CDU): Schönen Gruß von Herrn Sturm! – Dr. Walter Lübcke (CDU): Gerhard Schröder setzt auf Gazprom!)
Es fällt uns überhaupt auf, dass sich die CDU ziemlich oft mit dem Energiekonzept der SPD beschäftigt. Sie scheinen es sehr ernst zu nehmen.
(Michael Boddenberg (CDU): Wenn es sonst keiner tut, müssen wir es machen! – Weitere Zurufe von der CDU)
Aber, meine Damen und Herren von der CDU, würden Sie es doch auch verstehen. Doch wir vermissen bei Ihnen schon die Bereitschaft, sich mit den Fakten ernsthaft auseinanderzusetzen.
(Dr. Walter Lübcke (CDU): Wer hat Ihnen die Rede geschrieben? – Gegenruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU): Herr Scheer! – Dr. Walter Lübcke (CDU): Der Schattenminister!)
Ein weiterer Höhepunkt des Feldzugs gegen erneuerbare Energien war die Pressekonferenz der CDU in der letzten Woche. Gestützt auf eine sogenannte Analyse mit wissenschaftlicher Begleitung wollte die CDU das Energiekonzept – ich zitiere Herrn Dr. Christean Wagner, den Fraktionsvorsitzenden – „widerlegen“. Meine Damen und Herren von der CDU, Sie hätten es sich sparen können, diese 28 Seiten lange sogenannte Analyse zu schreiben. Ihr Feldzug gegen erneuerbare Energien geht gründlich daneben.
Sie haben in der hessischen Bevölkerung und auch bundesweit keine Mehrheit für Ihre Position. 91 % der Bevölkerung wollen eine stärkere Nutzung der regenerativen Energien. Lediglich ein Viertel der Bevölkerung setzt auf die zusätzliche Nutzung von Atomstrom.
(Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der CDU – Michael Boddenberg (CDU):Ausdrücklich richtig! Gucken Sie in das Programm!)
Herr Boddenberg, Ihre Horrorszenarien verfangen bei den Bürgerinnen und Bürgern in Hessen nicht. Die Menschen in Hessen sind bereits weiter als die hessische CDU.
Es ist geradezu absurd: Sie behaupten, die Kapazitäten, über die erneuerbare Energien verfügen, seien nicht ausbaubar.
Meine Damen und Herren, das Gegenteil ist der Fall. Natürlich sind die Kapazitäten ausbaubar. In einer Marktwirtschaft wird das Angebot zunehmen, wenn der Bedarf und damit die Nachfrage steigen. Je stärker erneuerbare Energien zur Anwendung kommen, desto kostengünstiger wird der Einsatz, und desto mehr lohnt es sich für die hessischen Bürgerinnen und Bürger.
Auf der anderen Seite wissen wir, dass der Bedarf an regenerativen Energien zunehmen wird, da die anderen Energieträger knapp werden. Meine Damen und Herren von der CDU, das ist ein einfacher Sachverhalt, den auch Sie eigentlich nachvollziehen können müssen.
Wen wollen Sie eigentlich überzeugen? Wir können nicht nachvollziehen, warum es Ihnen schwer fällt, selbst solch einfache Erkenntnisse zu gewinnen. Dann kommt es: Wenn der CDU die Argumente ausgehen – so auch letzte Woche –, kommt gebetsmühlenartig der Vorwurf der Ideologie. (Michael Boddenberg (CDU): Stimmt! – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Demokratischer Sozialismus!)
Wir alle kennen das schon aus der aktuellen Bildungsdiskussion. Das wiederholt sich jetzt in der Energiedebatte. Wenn man aber in dieser Debatte jemandem vorwerfen kann, ideologisch zu argumentieren, dann insbesondere den Mitgliedern der hessischen CDU.
Sie haben in der energiepolitischen Diskussion jeden Anspruch auf das Wahrnehmen von objektiven Tatbeständen aufgegeben.
Nur so ist zu erklären, mit wie vielen Emotionen und mit welcher Feindseligkeit Sie alles, was mit erneuerbaren Energien zu tun hat, und alle, die auf eine notwendige Energiewende setzen, diffamieren.
„Realitätsverlust“ sage ich deswegen, weil Sie insbesondere das Risiko des Einsatzes von Atomenergie leugnen oder ganz einfach verdrängen. Sie weigern sich, die enormen Potenziale der erneuerbaren Energien anzuerkennen.
Seit der Regierung Schröder, unter deren Verantwortung der Einsatz erneuerbarer Energien in diesem Land vorangetrieben wurde, sind in diesem Bereich fast 250.000 neue Arbeitsplätze entstanden – Arbeitsplätze, die in unserem Land eine gute Zukunft haben und die wir dringend benötigen.
(Norbert Schmitt (SPD): Herr Lübcke verdient ganz gut an diesem Gesetz aus rot-grüner Zeit! – Dr. Walter Lübcke (CDU): Wer hat denn das ISET gegründet?)
Herr Kollege Lübcke, Sie haben 1999 als Erstes dem ISET die Zuschüsse gekürzt. Daran darf ich Sie an dieser Stelle erinnern.