Protocol of the Session on September 26, 2007

Herr Ministerpräsident Koch, ich komme jetzt auf Sie zu sprechen. Sie haben versprochen, dass die Ausbildungsplatzsituation besser werde. Bewerberinnen und Bewerber in Hessen sollten ein Angebot finden können. Ihre Umschreibung ist immer, dass jeder qualifizierte Bewerber einen Ausbildungsplatz finden solle.

Das ist natürlich nicht der Fall. Zehntausende Bewerber befinden sich in Warteschleifen. Zehntausende Bewerber haben in den letzten Jahren keinen Ausbildungsplatz gefunden. Wenn Sie jetzt das Ausbildungsplatzprogramm fortschreiben oder sogar ein wenig aufstocken, ist das nur wieder der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Herr Ministerpräsident, Sie werden damit nicht den Versprechungen gerecht, die Sie gemacht haben. Das finde ich schlimm.

Wahrscheinlich haben Sie mit Ihrer Aussage recht, dass viele Handwerker auch glücklich wurden, obwohl sie Platon nicht im Original gelesen haben. Damit stellen Sie das Bild, dass man neben dem Abitur und dem Studium auch andere Wege gehen kann. Das ist völlig klar.

Aber Sie als Politiker müssen dann doch dazu beitragen, dass diese Menschen tatsächlich einen Ausbildungsplatz finden. Oben machen Sie die Tore beim Studium und mit einem wenig durchlässigen Bildungssystem zu. Die Leute, die dann den anderen Weg gehen müssen, werden, wenn sie aus der Schule herauskommen, alleine gelassen. Ich finde, das ist ein trauriges Bild. Das ist sozusagen die typische Politik der CDU.

(Beifall bei der SPD)

Zum KNIRPS-Programm fällt mir wenig ein. Denn es handelt sich dabei um eine Täuschung. Das wird mit kommunalen Mitteln finanziert. Sie heften sich da wiederum ein Etikett für etwas an die Brust, das Sie sich überhaupt nicht verdient haben. Das ist ein Programm, das durch die Kommunen finanziert wird. Damit soll auch nur wieder ein Problem gelöst werden, das Sie sich selbst geschaffen haben. Das ist selbst verschuldet. Hessen hat hinsichtlich der Krippenplätze in Deutschland und damit hinsichtlich der Betreuung mit den schlechtesten Platz. Wir nehmen da in Deutschland nur Platz 10 ein und zwar mit 77 – –

(Minister Karlheinz Weimar: Wir sind da an der Spitze!)

Das ist so, weil Sie die privaten Plätze mit einrechnen.

(Zurufe von der CDU und des Ministers Karlheinz Weimar)

Herr Finanzminister Weimar, das, was die Politik zu verantworten hat – –

(Fortgesetzte Zurufe von der CDU – Zuruf des Mi- nisters Karlheinz Weimar)

Die Politik hat die Betreuungsplätze in den Einrichtungen zu verantworten.

(Petra Fuhrmann (SPD): So ist es!)

Da gibt es in Hessen pro 1.000 Kinder nur 77 Plätze. Das ist Platz 10. Ich kann Ihnen auch die anderen Zahlen gerne vortragen.

(Zurufe)

Herr Finanzminister und Herr Ministerpräsident, Sie machen schon mit Ihren Zwischenrufen deutlich, dass Sie die Probleme Hessens nicht verstanden haben. Ich brauche mich deswegen nicht darüber zu wundern, dass Sie nicht in der Lage sind, die Probleme dieses Landes zu lösen. – Das ist die Studie dazu.

(Beifall bei der SPD)

Die Gesamtsumme für die Kinderbetreuung aus dem Landeshaushalt – also die originären Landesmittel; damit komme ich genau zu Ihrem potemkinschen Dorf – soll genau 48,9 Millionen c betragen. Das liegt immer noch unter dem Ansatz, den die letzte rot-grüne Landesregierung dafür vorgesehen hatte. 1998 hat das Land 66 Millionen c originärer Landesmittel für die Kinderbetreuung zur Verfügung gestellt. Das sind also rund 17 Millionen c pro Jahr weniger.

Wenn Sie diese 17 Millionen c und vielleicht sogar noch etwas mehr draufgelegt hätten, würde Hessen nicht am unteren Tabellenende stehen, sondern dann würde Hessen da stehen, wo wir eigentlich hingehören. Hessen würde dann auch hinsichtlich der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren einen guten Platz einnehmen.

(Minister Karlheinz Weimar: Wir haben den Spit- zenplatz!)

Aber Sie haben die Mittel gestrichen. Auch da versuchen Sie wieder, ein selbst geschaffenes Problem kurz vor der Wahl zu lösen. Die Leute werden aber darauf nicht hereinfallen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Minister Karlheinz Weimar:Wir haben den Spitzenplatz!)

Herr Weimar, weil es der letzte Haushaltsentwurf sein wird, den Sie einbringen, ist es Zeit für eine Bilanz.

(Lachen des Ministers Karlheinz Weimar)

Wie sieht die Bilanz von fast neun Jahren Regierungstätigkeit des Ministerpräsidenten Koch aus? Die „Wirtschaftswoche“ hat das untersucht und ein Ranking der Bundesländer vorgenommen. Hessen befindet sich hinsichtlich des Zuwachses des Bruttoinlandsprodukts von dem Jahr 2004 auf das Jahr 2006 im Ranking auf Platz 12. Hessen nimmt da den zwölften Platz ein. Hessen befindet sich mittlerweile im unteren Drittel hinsichtlich des Zuwachses des Bruttoinlandsprodukts.

Hessen nimmt hinsichtlich der Zahl der Erfindungen den vorletzten Platz ein.Eigentlich müsste man dabei aber anrechnen, dass die Landesregierung sehr erfinderisch bei der Namensgebung ist.Heute habe ich wieder „LOEWE“ gehört. Es gibt die „Unterrichtsgarantie plus“. Es gibt „KNIRPS“ und „BAMBINI“. Da sind Sie sehr erfinderisch.

Aber ansonsten, also hinsichtlich der Innovationen und der Erfindungen an den Universitäten muss man sagen: Murks. Gute Rahmenbedingungen für Erfinder wurden in Hessen nicht geschaffen. Hessen befindet sich da auf dem vorletzten Platz.

Hessen befindet sich auch beim Ranking der „Wirtschaftswoche“ hinsichtlich der Dynamik auf dem vorletzten Platz. Hessen nimmt Platz 10 hinsichtlich der Kriminalitätsaufklärungsquote ein. Das ist kein Wunder, wenn man Stellen bei der Polizei streicht.

Hessen nimmt Platz 11 bei den Ausgaben für Investitionen ein. Die Überschriften, die Finanzminister Weimar produziert, lauten, wie gesagt: Investieren, investieren, in

vestieren. – Hessen nimmt Platz 11 hinsichtlich der Investitionsquote ein.

Hessen liegt bei der Schüler-Lehrer-Relation auf dem vorletzten Platz.

(Brigitte Hofmeyer (SPD): Das ist traurig!)

Das Fazit lautet: Die Regierung Koch weist eine katastrophale Bilanz auf. Es ist zum Abstieg in allen zentralen Bereichen gekommen. Das betrifft das Wirtschaftswachstum, die Bildung und die Kinderbetreuung. Hinsichtlich der Investitionen befindet sich Hessen am Tabellenende.

Sie behaupten aber, Sie hätten Politik zur Sicherung der Zukunft des Landes gemacht. Das Gegenteil ist der Fall. Diese Landesregierung hat keine Zukunft. Aber leider hat sie mit ihrer Politik auch die Grundlagen dafür gelegt, dass die nachfolgende Regierung einiges wird aufarbeiten müssen, um Hessen wieder sicher für die Zukunft zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Finanzminister Weimar, Sie haben in Ihrer Rede davon gesprochen,dass es in Hessen rund 43.000 Arbeitslose weniger als im letzten Jahr geben würde. Sie haben so getan, als hätten Sie sie selbst sozusagen

(Andrea Ypsilanti (SPD): Eingestellt!)

eingestellt. Sie haben so getan, als ob Sie das Problem selbstständig gelöst hätten. Die Zahlen stimmen. Wenn das aber so wäre, dann müssen Sie sich auch eine andere Statistik vorhalten lassen.

Wir haben uns einmal die Entwicklung der Arbeitslosen, aufgeschlüsselt nach Ländern, vom Jahr 1999, also Ihrem ersten Regierungsjahr, bis zum Jahre 2006 angeschaut. Da es sich um einen Jahresdurchschnitt handelt, sind die Daten aus dem Jahr 2006 die letzten verfügbaren. Wir müssen dann feststellen, dass es in Hessen 44.871 Arbeitslose mehr gibt.

Herr Weimar, sind das Ihre Arbeitslosen? Tragen Sie dafür Verantwortung? Oder tragen Sie die Verantwortung nur, wenn die Zahl der Arbeitslosen zurückgeht?

Hat das etwas mit Ihrer Politik zu tun? – Ich finde, es könnte mit Ihrer Politik zu tun haben. Dazu sollten wir uns einmal die Entwicklung in den anderen Ländern anschauen. Im Jahr 1999, also in Ihrem ersten Regierungsjahr, lag die Arbeitslosenquote in Hessen noch unter dem Durchschnitt der westdeutschen Länder. Die Arbeitslosenquote in Hessen betrug 8,3 %, im Durchschnitt der westdeutschen Bundesländer lag sie bei 8,6 %. Mittlerweile, also im Jahr 2006, liegt Hessen beim Jahresdurchschnitt über dem Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer.

Da können Sie doch nicht behaupten, das hätte mit Ihrer Politik nichts zu tun. Das hat sehr wohl damit etwas zu tun. Es hat etwas damit zu tun, dass sich die Wirtschaftsdynamik in Hessen negativ entwickelt hat. Das ist belegt worden. Sie hat sich nicht so wie in den anderen Bundesländern entwickelt.

Gestern wurden vom Statistischen Landesamt die Zahlen für das erste Halbjahr 2007 vorgelegt. Danach entwickelt sich das Bruttoinlandsprodukt in Hessen deutlich unter dem der Bundesebene.Wie schon im Jahr 2006 hinkt Hessen weiterhin hinter dem allgemeinen wirtschaftlichen Aufwärtstrend hinterher.

Bei einem Vergleich der Bundesländer kommt Hessen hinsichtlich der Veränderung zum Vorjahr erst auf dem zehnten Platz. Hessen ist auf Platz 10 hinsichtlich des Wirtschaftswachstums. Während rot-grüner Regierungszeiten lag Hessen da immer auf dem ersten, zweiten oder dritten Platz. Während rot-grüner Regierungszeit war Hessen immer an der Spitze. Länder wie Bayern, BadenWürttemberg und auch Rheinland-Pfalz liegen zum wiederholten Male hinsichtlich des Zuwachses beim Wachstum vor uns.Herr Rhiel und Herr Koch sollten endlich einmal aufwachen. Früher war Hessen die Lokomotive. Mittlerweile ist es zum Mitläufer geworden.

Sie sagten vorhin, Hessen profitiere von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. Früher war das ganz anders. Damals hat Hessen davon nicht profitiert. Vielmehr war Hessen damals Lokomotive. Hessen hat die positive wirtschaftliche Entwicklung bestimmt.

(Beifall bei der SPD)

Mit dieser Formulierung wird doch Ihr zentrales Problem deutlich. Sie wollen nur noch Mitläufer sein. Sie wollen Hessen nicht mehr an die Spitze bringen. Das gilt sowohl für den Bildungsbereich als auch für das Wirtschaftswachstum und den Zuwachs an Stellen für Arbeitskräfte in Hessen. Meine Damen und Herren, Sie geben sich mit der Rolle des Mitläufers zufrieden. Das ist Ihr entscheidendes Problem.

Es fehlt weiterhin an einem vernünftigen Konzept der Landesregierung zur Förderung des Mittelstands.Wir haben dazu Vorschläge gemacht, etwa wie man die Beratungsleistungen und die Förderleistungen in eine Hand bringen könnte.

Es fehlt z. B. auch an einem Konzept für eine Clusterbildung rund um den Automobilstandort Rüsselsheim.Auch dazu kommt von Ihnen nichts. Es fehlt ein überzeugender Beitrag der Landesregierung hinsichtlich der Frage,wie in Hessen die Verbindung zwischen der industriellen Produktion und den dazugehörenden Dienstleistungsbereichen nachhaltig gesichert und ausgebaut werden kann. Das ist ein ganz wichtiges Thema.Wir müssen den Dienstleistungsbereich und die industrielle Produktion zusammenhalten. Denn beide sind voneinander abhängig. Darin bestand in Hessen einmal die große Chance. Aber auch dafür haben Sie kein Konzept.

Wir fallen auch an dieser Stelle immer weiter zurück. Der Anteil der Mittel für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt ist in Hessen deutlich geringer als z.B.in Baden-Württemberg.Dort sind es 4 %,bei uns sind es 2,7 %.Auch das macht die Probleme in Hessen deutlich und erklärt, warum Hessen zurückgefallen ist. Es fehlt eine wirkliche Strukturpolitik für Nordhessen und auch für Mittelhessen.

Auch dem Bankenstandort Frankfurt hat die Landesregierung nichts zu bieten.Außer dem Vorschlag des Ministerpräsidenten, ausländischen Managern die Steuern zu erlassen, hat die Landesregierung nichts auf der Pfanne. Wie sieht denn Ihr Konzept für den Bankenstandort Frankfurt aus? Fehlanzeige.