Protocol of the Session on September 26, 2007

Ja, aber auch nicht mehr lange.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, der Haushalt 2008 ist ein Wahlkampfhaushalt. Hier komme ich zu Ihren Wahlgeschenken. Sie haben es genannt. Jetzt gibt es auf einmal 2,4 % mehr Lohn und Gehalt. Jetzt soll es 33 Stellen bei der Polizei und 150 Ausbildungsstellen geben.Auf einmal 130 Lehrer und 10 Millionen c für Vertretungsunterricht, CO2-Minderungsprogramm, KNIRPS, Ausbildungspakt – alles das versuchen Sie jetzt auf den Weg zu bringen.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Hallo wach, kann man da nur sagen!)

Die Tatsache ist doch, dass Sie damit nur versuchen, Probleme, die Sie selbst geschaffen haben oder die in Ihrer neunjährigen Regierungstätigkeit liegen geblieben sind, jetzt schnell noch vor den Wahlen zu lösen. Das ist wirklich ein Armutszeugnis für eine Landesregierung.

Bei den Lohn- und Gehaltserhöhungen,die deutlich unter den Tarifsteigerungen liegen, versuchen Sie,Arbeiter,Angestellte und Beamte kurz vor Toresschluss mit etwas Geld zu beglücken. Meinen Sie wirklich, dass diese Menschen nicht rechnen könnten? Die rechnen sehr gut, weil sie um jeden Cent rechnen müssen. Dass Sie ihnen seit 2003 zum Teil Tausende von Euro genommen und dazu noch Mehrstunden aufgebürdet haben und ihnen jetzt ein paar Euro davon zurückgeben wollen, das wird bei ihnen nicht ankommen. Die Stimmung bei den Demonstranten – in diesem Fall waren es Beamte und Angestellte – war gestern entsprechend. Heute ist eine weitere Großdemonstration geplant. Sie haben die Landesmitarbeiter in Hessen im Stich gelassen. Sie haben sie nicht an fairen Lohn- und Gehaltssteigerungen beteiligt, wie es notwendig gewesen wäre. Das ist ein kapitaler Fehler, und das werden wir rückgängig machen.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme zu Ihren Stellenoperationen. Mit den wenigen Stellen – 33 bei der Polizei und 130 bei den Lehrern – versuchen Sie doch nur, jetzt einige Lücken zu schließen, die Sie aufgerissen haben. Sie haben 1.000 Lehrerstellen und 550 Polizeistellen gestrichen. Es sind sogar noch mehr. Insgesamt haben Sie 1.187 Stellen bei der Polizei gestrichen, davon einige über die PVS, einige beim Wachpersonal und bei den Angestellten. Aber es waren 550 Vollzugsstellen.

Die Streichungen bei den Angestellten führen übrigens jetzt dazu, dass ausgebildete Vollzugsbeamte auf dem Computer herumhacken und Statistik führen müssen.Das ist nicht unser Konzept einer gut ausgebildeten Polizei. Gut ausgebildete Polizeibeamte gehören auch angemessen eingesetzt. Diejenigen, die Büroarbeiten zu erledigen haben,müssen andere sein.Deswegen haben wir an dieser Stelle andere Vorstellungen.

Sie geben nur leicht prozentual zurück bei Problemen und Stellenstreichungen, die Sie selbst vorgenommen haben. Das ist ein durchsichtiger Versuch, vor der Landtagswahl etwas gut Wetter zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Sie wollen sich für diese paar Stellen loben lassen. Das sind aber kaum mehr Stellen als das, was Herr Ministerpräsident Koch seit 1998 zusätzlich in der Staatskanzlei geschaffen hat, nämlich 96 Stellen.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Jetzt geht das wieder los!)

96 Stellen gibt es in der Staatskanzlei jetzt mehr als vor zehn Jahren.Und da lassen Sie sich für 33 Stellen mehr bei der Polizei feiern.

(Beifall bei der SPD – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU):Wo kommen die Stellen denn her?)

Die Treppe muss von oben gekehrt werden. Da sollten Sie in der Staatskanzlei anfangen. Das wäre der richtige Bereich.Aber bei Ihnen werden Ausbildungsstellen auf A 16 aufgestockt, um diese Staatskanzlei weiterhin und verstärkt zur Wahlkampfzentrale der CDU zu machen. Das ist doch die Tatsache, mit der wir es zu tun haben.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Ministers Karl- heinz Weimar)

Übrigens steigen auch die Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit auf ein nie gekanntes Maß von jetzt 9,2 Millionen c im Haushaltsentwurf 2008. Damit soll die Wahlkampf

kasse der CDU entlastet und der Steuerzahler belastet werden. Das ist doch klar.

(Petra Fuhrmann (SPD): So ist es!)

Das Schwarzgeld ist alle, also muss jetzt die Staatsknete zur Wählerbeglückung herhalten. Das ist die Tatsache.

(Zurufe des Ministerpräsidenten Roland Koch und des Ministers Karlheinz Weimar)

Ihre ganzen Kampagnen sind genau darauf ausgelegt. „An Hessen führt kein Weg vorbei“, plakatieren Sie großflächig. Ich sage es Ihnen, Herr Ministerpräsident Koch: An Frau Ypsilanti wird in Hessen nach der nächsten Landtagswahl kein Weg vorbeigehen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD – Zuruf des Minis- ters Karlheinz Weimar)

Meine Damen und Herren, die 10 Millionen c für U+ sind der letzte Beweis, dass Sie am Ende sind. Sie können noch so viel Geld in U+ hineinpumpen – Laienlehrer sind kein Ersatz für vernünftigen Unterricht. Das sagen alle. Das sagen die Lehrer, das sagen die Kinder, das sagen die Eltern. Das ist auch richtig so, und da können Sie noch so viel Geld hineinstecken.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Die Klassen sind überfüllt. In der Mittelstufe der Gymnasien sind 33 Kinder die Regel. Das sollte die Ausnahme sein, ist aber die Regel. Es ist kein Wunder, dass die stellvertretende Ministerpräsidentin und Kultusministerin, Frau Wolff, keine Statistik über die tatsächlichen Klassengrößen vorlegt. Mit dieser Tatsache haben wir es zu tun. Auch hier wird getrickst. 130 Lehrerstellen sind deshalb lediglich Kosmetik.

Wir benötigen ein Vielfaches davon. Unser Haus der Bildung sieht 250 Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen für die Grundschulen und 1.900 Lehrer zur Umsetzung echter Ganztagsschulen vor. Das ist der richtige Weg.

Herr Ministerpräsident Koch, Sie haben sich bei Ihrem Bildungskongress auch über die Sozialdemokraten ausgelassen und über das, was Sie den Sozialdemokraten so richtig übel nehmen. Da gibt es ein schönes Zitat: „Was ich den Sozialdemokraten übel nehme, ist ihre unglaubliche Fixierung auf die akademische Ausbildung“, sagen Sie.

Herr Ministerpräsident, es ist natürlich peinlich, wenn in der gleichen Zeitung – dieses Zitat findet sich auf Seite 1 – dargestellt wird, wie erbärmlich in Deutschland die akademische Ausbildung ist, wie wenig Akademiker wir haben, und der Aufmacher ist: „Deutschland fehlen die Studenten“.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Das ist peinlich!)

Das ist peinlich. Das zeigt auch wieder, dass Herr Koch an dieser Stelle leider überhaupt nichts verstanden hat. Deswegen sage ich Ihnen: Was wir Sozialdemokraten Ihnen wirklich übel nehmen, ist, das Sie begabte Kinder nur wegen ihrer sozialen Herkunft durch Ihre elende Auslese und durch mangelnde Förderung in dem von Ihnen selbst gestrickten Bildungssystem die Perspektive und die Zukunft nehmen. Sie entscheiden mit Ihrer Politik, dass ein begabtes Arbeiterkind kein Abitur machen kann. Meine Damen und Herren, das ist Ihnen übel zu nehmen. Das werden Ihnen auch die Wähler übel nehmen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Das ist wirklich Pech. Es ist aber auch eine Ironie der Geschichte, dass Sie gegen die höhere Bildung in diesem Land trommeln, dagegen also Stimmung machen. Sie bringen die Sozialdemokraten damit in Verbindung. Am gleichen Tag, an dem Sie das gemacht haben, wurden Sie durch eine internationale Studie widerlegt, die zeigt, dass wir eigentlich den umgekehrten Weg gehen müssten.

(Zuruf von der CDU)

Herr Williges, nein, darum geht es nicht. – Herr Finanzminister und Herr Koch, die Studiengebühren, die Sie eingeführt haben, werden das Problem weiter verschärfen. Deswegen sagen wir Ihnen: Sie werden zurückgenommen, auch wenn das eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen wird. – Sie müssen aber nicht nur zum Wohle der Menschen, die betroffen sind, sondern auch zum Wohle dieses Landes zurückgenommen werden.Denn dadurch werden viele Menschen von einem Studium abgehalten. Wir brauchen aber diese gut ausgebildeten Menschen. Deswegen müssen die Studiengebühren fallen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Zum CO2-Minderungsprogramm möchte ich nur kurze Anmerkungen machen. Auch da haben Sie die Entwicklungen für die Zukunft verschlafen. Nach fast neun Regierungsjahren fällt Ihnen auf, dass es da irgendwo ein Problem geben muss.

Ich habe das auch immer mit dem Umweltminister diskutiert. Zu Beginn Ihrer Amtszeit haben Sie als Erstes beim Klimaschutzprogramm aus rot-grünen Zeiten ungeheuer gekürzt.

(Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar)

Das war zu Beginn Ihrer Regierungsjahre das Erste, was Sie vorgenommen haben. Nach fast neun Regierungsjahren fällt Ihnen auf einmal ein, dass es da wirklich ein Problem gibt. Das haben Sie jetzt gemerkt. Nach fast neun Jahren Versäumnissen fällt Ihnen auf, dass Sie da etwas machen müssen. Das merken Sie kurz vor Toresschluss. Auch das ist wenig glaubwürdig. Das ist für eine Landesregierung ein Armutszeugnis.

Meine Damen und Herren, besonders lächerlich ist dabei, dass Sie gleichzeitig den Bau eines Großkraftwerks, nämlich Staudinger, befürworten. Es soll das größte Kohlekraftwerk in Europa werden. Gleichzeitig wollen Sie ein CO2-Minderungsprogramm auflegen.Wie glaubwürdig ist Ihre Politik? Das kleinste Kind erkennt doch, dass das lächerlich ist und im Widerspruch zueinander steht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das ist ein Stück aus dem Tollhaus.

(Ministerpräsident Roland Koch: Die SPD ist die Kohlepartei Deutschlands! Sie wollen sich mit mir über Kohleverbrennung unterhalten! Das ist doch absurd!)

Herr Ministerpräsident, eines stelle ich jetzt fest: Sie scheinen besonders nervös zu sein. So viele Zwischenrufe haben Sie in der Tat noch nie gemacht, seitdem Sie hier vorne sitzen.

(Beifall bei der SPD)

Ich kann da nur ein Stück weit Nervosität ausmachen.Das ist auch gut so. Herr Ministerpräsident, Sie haben wirklich Grund zur Nervosität. Das ist tatsächlich so. Wenn man sich Ihre Bilanz ansieht, erkennt man, dass Sie wirklich

Grund zur Nervosität haben, und zwar wegen aller Punkte.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Ministerpräsident Koch, ich komme jetzt auf Sie zu sprechen. Sie haben versprochen, dass die Ausbildungsplatzsituation besser werde. Bewerberinnen und Bewerber in Hessen sollten ein Angebot finden können. Ihre Umschreibung ist immer, dass jeder qualifizierte Bewerber einen Ausbildungsplatz finden solle.