Protocol of the Session on September 6, 2007

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich trage die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Hessisches Gesetz zur Neuausrichtung des öffentlichen Vermessungs- und Geoinformationswesens, Drucks. 16/7234, vor. Hierzu gab es den Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucks. 16/7418, den Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucks. 16/7635, den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 16/7640, und den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucks. 16/7651.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung der Änderungsanträge Drucks. 16/7418 und Drucks. 16/7635 in zweiter Lesung anzunehmen.

Der Gesetzentwurf war dem Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr in der 130. Plenarsitzung am 2. Mai 2007 nach der ersten Lesung zur Vorbereitung der zweiten Lesung überwiesen worden.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr hat am 21. Juni 2007 eine öffentliche Anhörung betroffener Verbände und Organisationen zu dem Gesetzentwurf durchgeführt.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr hat sich in seiner Sitzung am 23. August 2007 mit dem Gesetzentwurf befasst und ist mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu dem eben genannten Votum gelangt. Der Änderungsantrag Drucks. 16/7418 war zuvor mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN angenommen worden, der Änderungsantrag Drucks. 16/7635 war einstimmig angenommen worden.

Der Änderungsantrag Drucks. 16/7640 war abgelehnt worden, und zwar zu Nr. 4 mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, im Übrigen mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucks. 16/7651, war abgelehnt worden, und zwar zu Nr. 1, 2 und 6 mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zu Nr. 3 und 5 mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und zu Nr. 4 mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen der SPD bei Stimmenthaltung des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der Abg.Nancy Faeser (SPD),Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Florian Rentsch (FDP))

Danke sehr, Herr Schäfer-Gümbel. – Herr Milde von der CDU-Fraktion hat sich als Erster zu Wort gemeldet. Fünf Minuten Redezeit sind vereinbart.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen nun zu dem Gesetzentwurf, mit dem wir in der Tat die Bauordnung ändern möchten. Es geht aber im Wesentlichen um das Hessische Gesetz über das öffentliche Vermessungs- und Geoinformationswesen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Aber nicht nur!)

Nicht nur,noch mit anderen Gesetzen.– Wir haben dazu eine Anhörung durchgeführt. Im Wesentlichen gab es Zustimmung zu dem Gesetzentwurf. Es gab ein paar Änderungswünsche seitens der öffentlich bestellten Vermesser und auch der Kommunen.Wir sind in Teilen auf diese Änderungswünsche eingegangen.

Ich möchte zunächst sagen, wir haben als CDU-Fraktion bei dieser Gelegenheit einen Änderungsantrag zur Bauordnung mit eingebracht. Dabei geht es um die Frage, wie hoch Gewächshäuser sein dürfen, ohne dass sie genehmigungspflichtig sind.Wir haben gleichzeitig auch die Größe von Garagen und Carports geändert, die unter die Genehmigungspflicht fallen. Also auch hier ein Stückchen mehr Freiheit für die Bürger, ohne die Sicherheit einzuschränken.Ich glaube,das ist sinnvoll,zumal das in andern Bundesländern so geregelt ist, wie wir es jetzt in Hessen regeln.

Beim Geoinformationsgesetz war sicherlich die Frage der Abmarkung am strittigsten: Sollen grundsätzlich Grenzsteine von den Vermessern gesetzt werden, oder sollen sie grundsätzlich nicht gesetzt werden? Der Wunsch der öffentlich bestellten Vermesser war, dass sie grundsätzlich gesetzt werden und der Bürger dann einen Antrag stellen muss, wenn er von dieser Pflicht befreit werden möchte. Die Alternative, die im Gesetzentwurf steht, ist, andersherum: Der Bürger kann entscheiden, wenn er eine Abmarkung wünscht. Ich glaube, das entspricht unter dem Strich dem Freiheitssinn, der in dem Gesetz steht, am meisten.

Es führt auch zu Problemen, wenn wir es in der Form geändert hätten, wie die Vermesser es wollten und wie ich ursprünglich gedacht habe, dass man auf die Vermesser zugehen könnte. Wir hätten dann sicherstellen müssen, dass alle Baubeteiligten gleichzeitig da sind, falls der Wunsch nach einer Nichtabmarkung ausgesprochen wird. Deswegen wäre die Chance des Bürgers, der sagt, er braucht das nicht, gering gewesen, dass das auch umgesetzt wird.

Ich glaube, dass wir auch zusätzlichen Verwaltungsaufwand und Bürokratieaufbau gehabt hätten, weil bestimmte Tatbestände von der Abmarkung hätten befreit werden müssen. Insofern haben wir diesen Tatbestand zu Recht nicht verändert.Was wir allerdings geändert haben – das ist auch eine politische Aussage –:Wir haben die Reihenfolge so geändert, dass zunächst die freien Vermesser und erst dann die Ämter Aufträge für Vermessungen bekommen sollen.

Wir haben auch bei dem Vertrieb von Geodaten – das war auch einer der Wünsche der öffentlich bestellten Vermesser gewesen – einen Weg hin zu den Vermessern und zu den Kommunen gemacht. Es gibt im Gesetz eine Regelung, wie man einschließlich der Kosten damit umgeht.

Ich glaube, alles in allem können wir nach der Anhörung mit dem Ergebnis sagen: Der Gesetzentwurf ist weitestgehend im Sinne aller Beteiligten. Die kleineren Differenzen, die durch die Änderungsanträge von SPD und GRÜNEN deutlich geworden sind, halten wir eher für eine Verschlechterung des Gesetzes als für eine Verbesserung. Deswegen bitte ich um Zustimmung für unseren Gesetzentwurf und für unsere Änderungsvorschläge. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Herr Milde. – Herr Kaufmann, Sie haben jetzt das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Milde,so zurückgenommen kenne ich Sie gar nicht.Er sagt,es gehe im Wesentlichen um das Vermessungs- und Geoinformationsgesetz. Mit dem Gesetzentwurf werden insgesamt 13 Vorschriften geändert und weitere aufgehoben. Das ist rein qualitativ ein Unterschied. Das Vermessungs- und Geoinformationsgesetz ist sicherlich nicht der einzige Bereich, aber er ist sicherlich der wichtigste.Das gebe ich Ihnen gerne zu.Aber „im Wesentlichen“ zu sagen ist etwas zu knapp gegriffen.

Meine Damen und Herren, die gedruckte Landkarte und der Globus, wie wir sie kennen, sind nicht mehr die einzigen Medien, mit denen man die Erdoberfläche darstellen und ihre komplexe Nutzung veranschaulichen kann.

Die Informationstechnologie bietet die Möglichkeit, raumbezogene Daten, auch Geodaten genannt, in Datenbanken digital zu speichern.Am jeweiligen Abgabezweck orientiert können diese digital gespeicherten Daten individuell verknüpft und in Form thematischer Landkarten oder auch dreidimensionaler Bilder ausgegeben werden.

Gegenüber den althergebrachten gedruckten Landkarten ergeben sich aus den digital gespeicherten Geodaten noch weitere Möglichkeiten. Sie kennen Routenplaner, der eine oder die andere von Ihnen hat auch schon Google Earth benutzt oder auch die Navigationssysteme in Fahrzeugen – sie nehmen fast schon überhand. All diese Beispiele zeigen,dass Geoinformation durch ihre digitale Repräsentation und weltweite Verfügbarkeit per Satellit und Internet zu einem wesentlich umfassenderen Wirtschaftsgut als die klassische Landkarte geworden sind.

Neue Unternehmen beschäftigen sich damit,Geodaten zu erheben, zu veredeln und auszuwerten. Insbesondere Unterschiede bei Datenformularen erschweren bisher den Austausch; kommerziell betrachtet heißt dies: den Handel mit den Geodaten.

Da setzt der Gesetzentwurf sicherlich richtig an. Wir sagen aber ganz klar und deutlich, die öffentliche Hand muss das öffentliche Vermessungswesen dem technischen Fortschritt anpassen. Wir haben basierend auf dem Gesetzentwurf unsererseits Änderungsanträge formuliert, die, wie wir von Herrn Milde schon gehört haben, alle

nicht das Wohlwollen der Mehrheitsfraktion gefunden haben.

Der erste Punkt, der uns wichtig ist, ist die Kooperation. Die gesamte öffentliche Hand, alle Fachverwaltungen ebenso wie die Kommunen, sollten möglichst behinderungsfrei von den öffentlich gesammelten Geodaten profitieren können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mithilfe moderner Kommunikationsmittel sollen die unterschiedlichen Behörden die gesammelten Daten untereinander austauschen, damit vor allem auch teure Doppelerhebungen unterbleiben können. Die öffentlich gesammelten Daten sind insbesondere auch bezüglich der Gebäude vollständig zu erhalten und ständig zu aktualisieren.

Nächster Punkt. Die kommerziellen Nutzer sollen nach unserer Auffassung den gleichen Zugang zu den Datenbeständen haben, allerdings zu marktgerechten Preisen, damit es keine Wettbewerbsverzerrungen gibt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sind genau die Probleme, die nach unserer Auffassung in der Formulierung, wie sie jetzt vorliegt, nicht optimal ist. Die CDU-Fraktion hat alle Änderungsvorschläge abgelehnt.

Herr Milde, dann kommt das Problem der Abmarkung. Wir folgen Ihnen noch dahin gehend, dass man sagt: Abmarkung auf Antrag. Der Punkt, den Sie nach unserer Meinung nicht berücksichtigen, ist die Erhaltung der Abmarkung. Das ist häufig in der Praxis genau das Problem. Man hat seinen Grenzstein einmal gehabt, es ist das ein oder andere gemacht worden – es gibt da verschiedene Bezeichnungen dafür, das wollen wir jetzt nicht vertiefen –, und irgendwann braucht man den Grenzstein, z. B.bei einer Erbauseinandersetzung oder bei einem Verkauf, und dann ist nichts mehr da. Dabei wäre Gelegenheit gewesen, in Zusammenhang mit Baumaßnahmen, den Grenzstein wieder neu zu positionieren.

Genau an dieser Stelle hatten wir vorgeschlagen, dass die Abmarkung – sprich: das Positionieren der Grenzsteine – genau geregelt sein muss. Das haben Sie abgelehnt. Die Verbesserung des Gesetzes durch unsere Änderungsanträge empfinden Sie als Verschlechterung. Wir sagen, die Verbesserung wäre nötig gewesen, um ein zustimmungsfähiges Gesetz daraus zu machen. Das haben Sie nicht getan. Dann wundern Sie sich sicherlich auch nicht, dass wir den Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Kaufmann. – Herr Schäfer-Gümbel hat das Wort für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in der ersten Lesung zum Ausdruck gebracht, dass man dieses Gesetz vielleicht am Ende auch gemeinsam tragen kann, weil ich es für ein wesentliches Gesetz halte. Ich habe das ausgeführt. Bis zum Ende der Anhörung und den Nachgesprächen, die es zwischen den Fraktionen teilweise gegeben hat – Herr Milde hat das eben angedeutet – war ich auch verhältnismäßig optimistisch, dass das ge

lingen könnte. Es gab drei bis vier Knackpunkte, die wir diskutiert haben.

Leider mussten wir im Ergebnis feststellen, dass eine Einigung nicht möglich war.Die Union hat sich letztlich entschieden, keinen der Änderungsvorschläge, die wir in der Tat als Verbesserung des Gesetzentwurfs angesehen haben und auch nach wie vor ansehen, zu übernehmen.

Aus unserer Sicht wirkt dabei der Wegfall der Abmarkung besonders schwer. Wir haben im Ausschuss dazu unterschiedliche Positionen gehabt, die sich an der Stelle auch von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterschieden haben. Wir haben uns die Position der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure zu eigen gemacht, die in anderen Bundesländern auch praktiziert wird und nach meinem Kenntnisstand dort nicht zu einem überbordenden Bürokratismus und zu Chaos geführt hat, sondern zu sehr klaren Regelungen.

Herr Milde, ich will Ihnen einmal sagen, wie z. B. ein Vermessungsingenieur reagiert hat, nachdem er bei einer mittelhessischen Veranstaltung gehört hat, was am Ende dabei herausgekommen ist. Dass es ein gewichtiges Gesetz für das Ministerium gewesen ist, hat man ja auch schon daran gesehen, dass ein Großteil der Mitarbeiter der Abteilungen in der Anhörung anwesend war.

Der entsprechende Vermessungsingenieur schreibt in seiner E-Mail – mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich die drei ersten Sätze –:

Den Schaden dieser Deregulierung trägt der Bürger durch Mehrkosten und Rechtsunsicherheit.Der Grenzverlauf seines Grundstücks ist in der Örtlichkeit nicht mehr sichtbar.Der mündige Bürger hat in der Schule nie etwas über Grundstücksrecht gehört.

Recht hat er, der Mann. Es führt nämlich nicht jede Form von Bürokratieabbau am Ende zu einer Entbürokratisierung, sondern sie kann für Bürgerinnen und Bürger zu mehr Intransparenz und zu mehr Kosten führen. Meiner Ansicht nach begehen Sie an dieser Stelle einen kapitalen Fehler.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Herr Milde, ich habe Ihnen zugehört, ich weiß, dass wir heute nicht mehr zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen.

Der zweite Punkt, der uns genauso wenig gefreut hat, war die Frage, in welcher Form Sie in die Entscheidungsrechte der Kommunen eingreifen. Natürlich gibt es eine Wettbewerbssituation zu den kommunalen Vermessungsämtern, wobei das eigentlich nur ein Problem der mittelgroßen bis großen Städte ist, weil es in kleineren Städten und Orten keine Vermessungsämter gibt. Das hat am Ende etwas auch mit der Frage der Gebührenordnung zu tun.

Dass aber mit diesem Gesetz faktisch die Nutzungsmöglichkeiten der Vermessungsämter eingeschränkt werden, halten wir für einen eklatanten Verstoß gegen die Selbstbestimmungsrechte der kommunalen Familie. In Gießen haben wir beispielsweise die Situation – von dort wurde das auch kritisch angemerkt –, dass die Eigengesellschaften der Stadt nach diesem Gesetz künftig nicht mehr genutzt werden können. Wir haben den Städten und Gemeinden nicht vorzuschreiben, in welcher Rechtsform sie ihre Aufgaben wahrnehmen.

Der dritte Punkt war die Frage, was eigentlich bedeutsame Bauwerke sind.Wir haben das im ersten Teil des Gesetzes lange diskutiert. Sowohl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als auch wir haben dazu Änderungsvorschläge unterbreitet, auch in der Frage, was die kontinuierliche Fortführung der Kataster angeht. Dem haben Sie sich nicht untergeordnet.

Herr Milde, Herr Staatsminister, deswegen wird es Sie im Ergebnis nicht wundern, dass wir nicht finden, dass dieses Gesetz am Ende besser geworden ist, wenngleich wir die Frage der Gewächshäuser mitgetragen haben. Dies war für uns jedoch kein wesentlicher Punkt. Das Ergebnis dieses Gesetzentwurfs ist jedoch nicht besser geworden.Deswegen können wir den Anspruch,den ich in der ersten Lesung formuliert habe, dass wir nämlich zu einer gemeinsamen Entscheidung kommen, leider nicht mehr tragen. Deswegen werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen. – Herzlichen Dank.