Sie stellen hier ein Bild, das mit der Realität nichts zu tun hat. Es hat von Ihnen nie ein Bekenntnis zu dem Ergebnis der Mediation, geschweige denn zu den Vorschlägen der drei Mediatoren gegeben. Also stimmt die Basis Ihrer Aussagen mit dem, was Sie wollen, überhaupt nicht überein.
Nein. Verehrter Herr Kaufmann, wenn sich Ihr Fraktionsvorsitzender hierhin stellt und gönnerhaft sagt,
(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie brechen Ihre Versprechen! – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))
er gebe uns die Chance, heute noch einmal unsere Position darzustellen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Es bedarf Ihrer parlamentarischen Initiativen nicht.
Denn das, was wir politisch wollen, haben wir seit Beginn der Diskussion um den Ausbau des Frankfurter Flughafens gesagt. Dieses Thema geht nicht nur in die vorherige Legislaturperiode, sondern hat seinen Anfang in der Legislaturperiode davor.Es war unter Rot-Grün,als man gesagt hat:Das mit dem Zaun vergessen wir und fangen wieder an, nachzudenken. – Seither sind Sie dort stehen geblieben. Aber Sie versuchen, den Eindruck zu erwecken, es ginge Ihnen um die Nachtruhe der Menschen. Es geht Ihnen um Ihre ureigenen Interessen, aber nicht um die Interessen der Region.
Herr Tarek Al-Wazir, ich will Folgendes sagen. Sich hierhin zu stellen und von Herrn Boddenberg und anderen apodiktisch zu verlangen, jetzt zu definieren, was Nachtflugverbot ist: Sie wissen es auch besser. Sie wissen sehr wohl, dass wir im Laufe der jahrelangen Diskussionen immer wieder versucht haben, deutlich zu machen, dass wir es mit einer Parallelität der Diskussionen zu tun haben, und zwar einer Parallelität der Diskussionen insoweit, als wir im Hessischen Landtag darüber diskutieren, was wir politisch wollen, dass wir den Bürgern sagen, dass wir ihre Bedenken und Beeinträchtigungen ernst nehmen.
Unsere Antwort darauf war das, was die drei Fraktionen zum Thema Anti-Lärm-Pakt und Nachtflugverbot hier gesagt haben, nämlich, dass sie ein Nachtflugverbot wollen. Aber sich hier apodiktisch hinzustellen und in der Art eines Prüfers zu sagen: „Nun definiert einmal, was Nachtflugverbot ist“,
Sie übernehmen sich wahnsinnig. Ich mache keinen Hehl daraus. Herr Boddenberg hat darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht etwas zum Thema Schönefeld und auch etwas zum Thema Leipzig gesagt hat. Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass wir im Landtag diese rechtliche Diskussion nachvollziehen, geschweige denn vorherbestimmen können.
Es geht in der Tat um die Frage: Ist Schönefeld vergleichbar mit Frankfurt? – Es geht um die Frage: Ist das übertragbar? – Ich sage Ihnen sehr offen – jetzt bin ich aber nicht bei der politischen Diskussion, sondern bei der genehmigungsrechtlichen Problematik –:Mich hat das etwas überrascht, weil ich persönlich das Luftverkehrsgesetz in der Vergangenheit in dieser Frage etwas anders interpretiert habe, was die Frage der Öffnungszeiten einer öffentlichen Einrichtung,sprich:Flughafen,angeht.Dort hat das Bundesverwaltungsgericht sehr deutlich gesagt: Das kann man so einseitig, wie ich das sehe, nicht sehen. Es hat das Luftverkehrsgesetz in der Weise interpretiert, dass dieser Abwägungsvorgang, von dem wir sprechen, viel dringlicher wird, als man das vielleicht am Anfang gesehen hat. Jetzt stellt sich die Frage – ich sage das ausdrücklich in der genehmigungsrechtlichen Diskussion, nicht in der politischen Diskussion –, ob man das auf den Frankfurter Flughafen übertragen kann, weil der eine andere Rolle spielt. Ich bin gespannt, was in dieser Frage am Schluss tatsächlich entschieden wird.
Jetzt komme ich zurück zu der anderen Seite, dass wir – CDU, SPD und FDP – gesagt haben, wir wollen bestimmte Dinge realisieren. Deswegen empfinde ich den Beschluss, den wir im Mai schon einmal gefasst haben und den wir Ihnen heute noch einmal zur Beschlussfassung vorlegen, als einen sehr ehrlichen Beschluss. Wir begrüßen dort die Arbeit des Regionalen Dialogforums.Ich will mich dem Dank anschließen,der hier eben ausgesprochen worden ist, weil Herr Prof. Wörner eine Aufgabe übernommen hat, die unheimlich schwierig ist, nämlich das fortzusetzen, was die drei Mediatoren seinerzeit begonnen haben.
Die Landesregierung wird gebeten, die Ergebnisse der Verhandlungen im Rahmen des Regionalen Dialogforums, so weit es gesetzlich möglich ist, in die Planfeststellung zu übernehmen.
Darin kommt zum Ausdruck, dass wir sehr wohl zwischen dem differenzieren, was wir politisch wollen, und dem, was die Landesregierung bzw. die Planfeststellungsbehörde unter Berücksichtigung der Rechtsprechung und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften tatsächlich rechtlich verbindlich machen kann. Es kann sogar eine Situation eintreten – ich bin gespannt, welchen Vorschlag das Regionale Dialogforum unterbreitet –, dass, soweit es um bilaterale Vereinbarungen geht, die nur Rechte und Pflichten für diejenigen begründen können, die Vertragspartner sind, möglicherweise nur ein Teil dessen, was das Regionale Dialogforum empfiehlt, Allgemeingültigkeit für jedermann, also für jeden Nutzer am Flughafen, erhält und Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses sein kann. Ich bin der Meinung, wir müssen das auch so ehrlich sagen.
Wir müssen differenziert darstellen, was wir in einer jahrelangen Diskussion und in unglaublich vielen Verhandlungen versucht haben zu erreichen. Ich sage an dieser Stelle: Ich habe Verständnis dafür, dass die Wirtschaftsverbände auf Bundesebene sich unlängst, vor wenigen Tagen, in der geschehenen Weise geäußert haben. Denn sie beziehen natürlich in ihre Betrachtungsweise die Betroffenheit, die uns zu unseren Schlussfolgerungen kommen lässt, nicht ein. Ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass die Industrie- und Handelskammer Hessen sich gestern gegen ihre Bundesorganisation ausgesprochen hat,
Die Industrie- und Handelskammern machen das nicht als Verbeugung vor ihrem damaligen Mediator, Herrn Niethammer, sondern ich glaube, sie machen es, weil sie sehr wohl wissen, in welch schwieriger Situation wir sind, nämlich in einem Ballungsraum, der seinesgleichen suchen müsste, wo ein solcher Flughafen expandieren soll, wie wir uns das wünschen. Deswegen habe ich Respekt vor dem, was die Wirtschaft hier gesagt hat.
Herr Kollege Al-Wazir, ich will noch einmal auf etwas zurückkommen.Das hat etwas mit Anstand zu tun.Ich weiß, dass wir in politischen Diskussionen überzeichnen. Aber in einer so substanziellen Frage wie dem Nachtflugverbot und dem Ausbau des Frankfurter Flughafens, über die wir schon jahrelang diskutieren, kann ich es nicht im Raume stehen lassen, dass Sie sagen, es hätte sich nichts getan. Nehmen Sie nicht zur Kenntnis, dass Diskussionen um Lärmpunktekonten stattgefunden haben? Nehmen Sie nicht zur Kenntnis, dass wir es auf diese Art und Weise erreicht haben, Schritt für Schritt die Airlines zu zwingen, weniger lärmintensives Fluggerät einzusetzen?
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dieter, ich wohne da, im Gegensatz zu anderen! Es ist lauter geworden!)
Ich nehme Sie beim Wort. Sie haben gesagt, es habe sich nichts getan. Auf diese Differenzierung lege ich schon Wert. Denn es ist nicht unbedingt selbstverständlich, dass das, was wir hier gemacht haben, im Wesentlichen auch akzeptiert worden ist.
Außerdem haben wir Bewegungskontingente und Lärmpunktekonten eingerichtet, in die demnächst auch die Emissionen einbezogen werden oder schon einbezogen wurden.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Wir bestätigen mit dem Antrag, den CDU, SPD und FDP vorgelegt haben, was wir im Mai gesagt haben. Damit verbinden wir die Erwartung, letztendlich planfeststellungsrechtlich ein Optimum zu verankern.
Ich sehe ein großes Problem bei der Frage, die ich eben angeschnitten habe,wenn es dazu kommen sollte,dass das
eine nur bilateral vereinbart und nicht alles allgemein verbindlich gemacht werden kann,weil der Planfeststellungsbeschluss natürlich letztendlich das Ergebnis einer Abwägung ist.
Ich fasse für die FDP zusammen: Wir waren diejenigen, die unter Rot-Grün das Thema des Ausbaus des Frankfurter Flughafens erstmals in die parlamentarische Debatte eingeführt haben. Wir waren konsequent bei der Frage, ob es notwendig ist, diese Diskussion zu führen, und ich weiß, dass es die schwierigste Diskussion ist, die Landespolitiker in Hessen überhaupt zu führen haben, insbesondere für diejenigen,die auch die Historie kennen.
Ich kenne die Historie. Wir hatten seinerzeit die Erlebnisse um den Ausbau der Startbahn West. Ich glaube – ich sage es für die FDP –, wir haben unsere Schlussfolgerungen daraus gezogen, weil wir in einen unglaublichen Prozess einschließlich der Mediation eingestiegen sind. Es ist völlig richtig, das ist seinerzeit unter Ministerpräsident Hans Eichel und Minister Klemm initiiert worden. Dabei haben wir von vornherein gesagt,wenn die politische Aussage lautet, dass wir solche Verhältnisse wie damals nicht mehr wollen, dann muss ein anderer, neuer Weg gegangen werden.
Deswegen stehen wir zu dem Ergebnis der Mediation, das aus fünf Punkten besteht.Aber auch heute haben Sie wieder isoliert diskutiert. Zwischen den fünf Punkten besteht ein Zusammenhang. Nicht nur denklogisch, sondern auch politisch besteht ein Zusammenhang zwischen AntiLärm-Pakt und Nachtflugverbot. Daher ist Ihre apodiktische Frage, was das heißt, völlig aus der Luft gegriffen, weil sich das RDF genau mit dieser Frage befasst: Was heißt denn Paket oder Pakt? Was heißt Nachtflugverbot, und wie geht das planungsrechtlich abzusichern?
Meine Damen und Herren, wir hoffen inständig, dass die Beratungen im RDF das Ergebnis erzielen, das damals als Zielsetzung definiert worden ist, nämlich zu einer Befriedung zu finden. Eine Befriedung heißt nicht, dass dann in toto alle zufrieden sind. Das kann nicht sein. Aber ich glaube, dass die Diskussion innerhalb des RDF dazu führen sollte, dass manche sagen: Wenn es bestimmte Entscheidungen gibt, die ich zu akzeptieren habe, muss ich mit dem Ergebnis umgehen. Ich denke an verschiedene Bürgermeister, die in diese Richtung denken. Das halte ich für sinnvoll, weil ich glaube, dass damit eine Diskussion geführt wird, die zum Ausgleich führt. Letztendlich bestehen dann ein gemeinsames Interesse und ein gemeinsamer Wille, dieses Vorhaben zu realisieren. – Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Posch. – Nun hat sich Herr Kollege Kaufmann zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Verehrter Kollege Posch, zwei Punkte will ich aus Ihrer Rede aufgreifen. Zum Ersten sagten Sie sehr deutlich: Es ist heute
nicht mehr so, wie es im Jahr 2000 war, als die Mediation endete. – Herr Kollege Posch, das ist richtig. Es ist heute deutlich lauter. Es gibt heute deutlich mehr Flugbewegungen als damals. Aber es sind sieben Jahre vergangen, und bei der Selbstverpflichtung von Fraport im fünften Punkt des Anti-Lärm-Pakts, sich beispielhaft zu entwickeln, was Strategien gegen Fluglärm angeht, ist nichts zu sehen. Da ist überhaupt nichts realisiert worden.
Sie kennen die Stichworte: Schwellenverschiebung, kleine Rotation, CDA usw. Ich will es hier nicht weiter ausführen.
Beim zweiten Punkt kommen wir zum Nachtflugverbot. Herr Kollege Posch, Sie haben über die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Thema Schönefeld gesprochen. Sie haben dann auf den Unterschied zwischen Schönefeld und dem internationalen Hub Frankfurt am Main abgehoben. Das kann aber nur bedeuten, dass die schon eingeschränkten Restriktionen des Flugverkehrs in der Nacht und die schwierige Abwägung, die in dem Urteil für Schönefeld dargestellt worden ist, für Frankfurt umso mehr gelten, und zwar in der Richtung, dass im Zweifelsfall der internationale Flugbetrieb einen noch höheren Stellenwert hat als der in Schönefeld.Wenn dem aber so ist, dann ist das Nachtflugverbot im Sinne des Nichtfliegens in der Nacht, egal welche Zeit Sie nehmen wollen – 0 Uhr bis 5 Uhr, 23 Uhr bis 5 Uhr, von der Variante 22 bis 6 Uhr ist gar nicht mehr die Rede –, umso gefährdeter. Deswegen schon die klare Aussage, anknüpfend an das Zitat des Kollegen Al-Wazir und seinerzeit von Armin Clauss: „Grundvoraussetzung“, oder, Zitat des Ministerpräsidenten: „Kompensation“.