Protocol of the Session on July 5, 2007

(Ministerin Karin Wolff: Es gibt keine kreationisti- schen Schulbücher!)

Aber natürlich gibt es die.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Es gibt keine zugelassenen kreationistischen Schulbücher!)

Wo sind die restlichen? Wer handelt und nicht überprüft, wohin der Rest der Auflage dieser Schulbücher gegangen ist, der stellt sich – –

(Ministerin Karin Wolff: Es gibt keine kreationisti- schen Schulbücher, die zugelassen sind!)

Ich weiß, dass sie nicht zugelassen sind.

(Zurufe von der CDU)

Warum überprüfen Sie nicht, wo sich der Rest dieser Bücher befindet? Warum haben Sie nie überprüft, wo diese Bücher noch auftauchen? An einer Schule sind 24 dieser Bücher aufgetaucht.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Ursula Ham- mann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Vielen Dank. – Das Wort hat nun Herr Kollege Kaufmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Sie haben versucht, sehr schwungvoll vorzutragen. Dabei haben Sie aber ziemlich viele Nebelkerzen geworfen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Als Regierungschef müssen Sie sich schon entscheiden, was Sie uns hier vortragen. Sie müssen sich entscheiden,

ob Sie auf dem Boden der Hessischen Verfassung stehen oder an der Seite Ihrer Kultusministerin mit ihren wirren Aussagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Genau das haben Sie nicht getan.

Was nenne ich „wirre Aussagen“? Ich zitiere dazu noch einmal aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 29. Juni 2007:

In der biologischen Evolution und der biblischen Erklärung für die Entstehung der Welt sehe sie keinen Widerspruch, vielmehr gebe es in der symbolhaften Erzählung der Bibel von den sieben Schöpfungstagen eine „erstaunliche Übereinstimmung“ mit der wissenschaftlichen Theorie.

(Norbert Schmitt (SPD): Da lachen die Hühner!)

Genau das ist der Punkt. Worin besteht die „erstaunliche Übereinstimmung“?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Ministerpräsident, sind auch Sie der Meinung, dass es eine „erstaunliche Übereinstimmung“ gibt? Erläutern Sie das bitte hier. Mit dem, was Sie zu den Lehrplänen gesagt haben, kommen Sie da nicht heraus. Denn das meint etwas ganz anderes.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Darin kann man Ihnen weitgehend folgen. Aber das andere ist die Äußerung der Kultusministerin. Sie sagte: „erstaunliche Übereinstimmung“.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Genau darum geht es!)

Ich komme zum zweiten Punkt. Ich will auch das ganz konkret machen. Ich beziehe mich auf Art. 56 Abs. 7 der Verfassung des Landes Hessen. Bei Art. 56 Hessische Verfassung geht es um:

Grundsätze der Bildung und Erziehung, Gemeinschaftsschule, Mitbestimmung der Eltern,Toleranzgebot

Das ist die Überschrift des Art. 56 Hessische Verfassung.

(Zuruf des Abg. Dr. Norbert Herr (CDU))

Herr Dr. Herr, in Art. 56 Abs. 7 Hessische Verfassung steht:

Das Nähere regelt das Gesetz. Es muss Vorkehrungen dagegen treffen, dass in der Schule die religiösen und weltanschaulichen Grundsätze verletzt werden, nach denen die Erziehungsberechtigten ihre Kinder erzogen haben wollen.

Das Gesetz räumt demgemäß den Eltern das Recht ein, ihre Kinder nicht am Religionsunterricht teilhaben zu lassen, wenn sie das wollen.

(Ministerin Karin Wolff: Das ist richtig!)

Es wurde mehrfach schon gesagt: Sie verletzen die Verfassung, wenn Sie im Biologieunterricht Religionsunterricht betreiben. Denn dann haben die Eltern nicht die Gelegenheit, darüber zu entscheiden, ob sie das für ihre Kinder wollen oder nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Fächerübergreifender Unterricht ist sehr schön. Er muss aber an der Grenze enden, die Art. 56 Abs. 7 unserer Verfassung zieht. Es darf keinen Eingriff in das Elternrecht geben. Sie entscheiden, ob und in welcher Form ihre Kinder an der Schule religiös unterrichtet werden.

(Norbert Schmitt (SPD): Da sind wir Verfassungspatrioten! Das kann man sagen!)

Wenn die Schule das entscheidet, ist das nicht zulässig. Das betreiben Sie aber mit Ihren Äußerungen. Das geht nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat nun Herr Kollege Hahn.

(Norbert Schmitt (SPD): Da geht es wirklich auch um Fragen der Verfassung!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn jemand diese Debatte verfolgt – ich hoffe, dass viele diese Debatte nicht nur in diesem Haus, sondern auch darüber hinaus verfolgen und verfolgen können –, dann muss er sich doch die Frage stellen: Worüber debattieren wir eigentlich? – Ich habe das Gefühl, wir debattieren hier, weil es erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Ministerpräsidenten des Landes Hessen und der Kultusministerin gibt.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Kordula Schulz- Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Ministerpräsident, ich sage sehr deutlich: Hinter 99 % der Worte, die Sie soeben von diesem Platz aus gewählt haben, steht die FDP-Fraktion dieses Hauses. Jeder Abgeordnete der FDP-Fraktion steht hinter diesen Worten auch persönlich, jeder.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben das noch einmal wiederholt und mit anderen Worten zusammengefasst, was Dorothea Henzler und Ruth Wagner für die FDP-Fraktion deutlich gemacht haben.

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ja, es muss eine Auseinandersetzung mit philosophischen und religiösen Aussagen in naturwissenschaftlichen Diskussionen erfolgen. Das ist vollkommen unstreitig. Aber das hat in der 12. Klasse stattzufinden, und dann im Biologieunterricht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Genau das schreibt der aktuell gültige Lehrplan für unsere Schulen vor. Frau Kultusministerin, deshalb muss man sich fragen:Warum haben Sie die Notwendigkeit gesehen, in der vergangenen Woche noch einmal nachzulegen und dieses Thema öffentlich zu diskutieren? Was hat Sie eigentlich getrieben?

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Das ist eine gute Frage!)