Protocol of the Session on July 4, 2007

(Beifall der Abg. Michael Boddenberg (CDU) und Nicola Beer (FDP))

Es geht also um die Umsetzung dieser Möglichkeiten, die wir damit erwirkt haben, in Landesrecht. Das heißt, wir wollen die landesplanerischen und landesrechtlichen Verfahren beschleunigen. Zugleich wollen wir aufgrund der Verwaltungsvereinfachung die Angleichung des Planungsrechts.

Lassen Sie mich nur wenige Vorschläge, die in den Gesetzentwurf aufgenommen wurden, im Einzelnen nennen. Zum einen ist dies die Möglichkeit des Verzichts auf die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.Das ist einer der wichtigsten Punkte.Die Benachrichtigung von der Einleitung des Anhörungsverfahrens soll grundsätzlich nur noch durch ortsübliche Bekanntmachung erfolgen. Hier geht es also um die Prozessoptimierung und die Überwindung vieler Hindernisse, die es bisher in vielen kleinen Dingen gab.

Eine schriftliche Benachrichtigung nicht Ortsansässiger soll nur noch erfolgen, wenn der Anhörungsbehörde der Aufenthaltsort bekannt ist.Wir müssen also den nicht Bekannten nicht mehr mit viel Zeitaufwand hinterherspüren. Möglicherweise finden wir sie auch nicht.

Es soll einen Verzicht auf die Durchführung eines obligatorischen Erörterungstermins zugunsten eines fakultativen Erörterungstermins geben. Das ist der zweite wichtige Grundsatz neben der Möglichkeit des Verzichts auf ein Raumordnungsverfahren.

Es soll eine an die Rechtsprechung angepasste Regelung hinsichtlich des Vorbehalts noch nicht möglicher Entscheidungen geben. Schließlich soll die Pflicht entfallen, das Grunderwerbsverzeichnis zu anonymisieren. Dies soll im Interesse der betroffenen Eigentümer der Grundstücke auch bei Planfeststellungsverfahren nach Bundesrecht der Fall sein.

Ich komme jetzt zum zweiten Teil des Entwurfs dieses Artikelgesetzes, nämlich zur vorgesehenen Änderung des Landesplanungsgesetzes.Hier will ich zunächst einmal die Gründe nennen.

Das Hessische Landesplanungsgesetz bedarf aus verschiedenen Gründen der Anpassung und Modernisierung.Zum einen fehlen bislang im Gesetz Regelungen zur

Umsetzung der Richtlinie über die Durchführung der strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung. Dies soll nun durch dieses Artikelgesetz aufgenommen werden.

Sodann ermöglicht das geänderte Raumordnungsgesetz des Bundes, vermehrt auf die Durchführung der Raumordnungsverfahren zu verzichten.Auch das muss im Landesplanungsgesetz verankert werden. Das war eine unserer zentralen Initiativen.

Das Landschaftsprogramm nach § 10 des Hessischen Naturschutzgesetzes soll in den Landesentwicklungsplan integriert werden.Auch das ist eine Erkenntnis aus den Erfahrungen der Vergangenheit.

Schließlich sollen durch die Verkürzung der Anhörungsfristen und die Einführung der elektronischen Beteiligung die Aufstellung und Änderung des Raumordnungsplans beschleunigt werden.

Ich komme jetzt auf die Vorschläge im Einzelnen zu sprechen. Bisher galten die Regelungen des Raumordnungsgesetzes über die Durchführung der strategischen Umweltprüfung gemäß der Richtlinie 2001/42/EG in Hessen unmittelbar, da das Raumordnungsgesetz hier keine vollständige Regelung getroffen hat, sondern teilweise unvollständig ist. Deswegen ist in dem Hessischen Landesplanungsgesetz eine abschließende Regelung zu treffen. Hier sollen Klarheit und eine Vereinfachung geschaffen werden.

Neben der schriftlichen Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit bei der Aufstellung und Änderung der Raumordnungspläne soll nunmehr auch die Möglichkeit der Stellungnahme in elektronischer Form eingeräumt werden.Auch das ist sozusagen Ausfluss aus der Änderung des Gesetzes des Bundes.

Die künftig zulässige elektronische Korrespondenz wird zu einer erheblichen Verfahrensbeschleunigung führen. Es ist daher vertretbar, die bisherige Offenlegungsfrist von drei auf zwei Monate zu verkürzen. Das ist ein materiell wichtiger Bestandteil. Darauf wird sicherlich Bezug genommen.

Das auf Initiative des Landes geänderte Raumordnungsverfahren öffnet zudem die Möglichkeit, vermehrt auf die Durchführung von Raumordnungsverfahren zu verzichten. Damit wird das Planungsverfahren erheblich beschleunigt werden. Auch dieser Möglichkeit trägt dieser Gesetzentwurf Rechnung. In den einzelnen Verfahren kann aber natürlich unter dem Gesichtspunkt der Opportunität entschieden werden, ob es sinnvoll ist, ein Raumordnungsverfahren durchzuführen.

Nach der Rechtsprechung sind Entscheidungen zur Abweichung von den Zielen der Raumordnungspläne durch die Planfeststellungsbehörde zu treffen.Der Entwurf vollzieht diese Rechtsprechung ebenfalls, macht also aus dem gesprochenen geschriebenes Recht.

Schließlich soll das Landschaftsprogramm in den Landesentwicklungsplan integriert werden. Außerdem soll die Gültigkeit des Hessischen Landesplanungsgesetzes bis zum 31. Dezember 2012 verlängert werden. Auch das ist ein Beispiel dafür, dass wir sehr bewusst mit der Frage umgehen, welcher bürokratische Aufwand aufgrund eines Gesetzes begründet werden kann.Wir müssen uns fragen, ob ein Gesetz unter dem Gesichtspunkt dieser Fragestellung einen Anspruch darauf hat, weiter gelten zu können. Wir wollen deutlich machen, dass wir das Gesetz verschlanken und Dinge zusammenführen wollen. Wir wol

len ihm dann eine weitere Laufzeit bis zum Jahr 2012 geben. Dann muss man sich erneut damit beschäftigen.

Ich glaube, bis zu diesem Zeitpunkt wird sich zeigen, dass das Gesetz, das wir Ihnen jetzt als Entwurf zur Beratung und Beschlussfassung vorlegen,ein gutes Gesetz ist.– Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, danke sehr. – Wir kommen nun zu der Aussprache. Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Als erster Redner spricht Herr Frankenberger für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren! In der politischen Diskussion der letzten Jahre ist die Planungsbeschleunigung fast ein geflügeltes Wort. Ähnliches gilt für die Begriffe Bürokratieabbau oder Verfahrensvereinfachung.

Wir finden,das ist zu Recht so.Denn die Umsetzung wichtiger Infrastrukturmaßnahmen dauert angesichts der wichtigen Funktion einer intakten Infrastruktur für die wirtschaftliche Entwicklung und die Stärkung unserer Region in Hessen viel zu lang.

Vor diesem Hintergrund haben wir auf der Bundes- und Landesebene intensive Diskussionen geführt. Schlusspunkt dieser Diskussion ist der verabschiedete Gesetzentwurf von Bundesverkehrsminister Tiefensee.

Die SPD-Fraktion dieses Hauses begrüßt, dass nach der Zustimmung der SPD und der CDU/CSU im Bundestag auch der Bundesrat im November 2006 dem Entwurf dieses Artikelgesetzes zur Beschleunigung der Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben zugestimmt hat. Damit konnte dieses Gesetz im Dezember 2006 in Kraft treten. Darauf hat der Minister schon hingewiesen.

Es ist nun an den Bundesländern, Anpassungen vorzunehmen. Herr Minister, an dieser Stelle muss man noch einmal daran erinnern, dass bereits die ehemalige rotgrüne Koalition im Mai 2005 einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt hatte.

(Dr. Walter Lübcke (CDU): Das war auf Bundesebene! Hier wart ihr nicht mehr in der Regierungsverantwortung!)

Ja, das war auf Bundesebene. Herr Dr. Lübcke, Ihr Gedächtnis hat Sie nicht im Stich gelassen.

(Dr.Walter Lübcke (CDU): Danke schön!)

Das Bundesgesetz ermöglicht eine weitgehende Entbürokratisierung bei den Zulassungsverfahren, und zwar unter Berücksichtigung des Rechts der Europäischen Union. Weiterhin sichert es die Aspekte des Umweltschutzes und die Beteiligung der Öffentlichkeit.

Wir alle wissen, dass es sich um eine schwierige Gratwanderung handelt. Einerseits wird die Verkürzung der Planungsverfahren angeregt.Andererseits muss die Möglichkeit aufrechterhalten werden,dass die Interessen der Bürger gewahrt werden. Ziel des Beschleunigungsgesetzes ist es,für große Planungsverfahren eine Zeitersparnis von bis zu zwei Jahren zu ermöglichen.

Einige Punkte des vorliegenden Gesetzentwurfs bewerten wir positiv. Die Vorschriften zur Beschleunigung des Verfahrens hinsichtlich der Benachrichtigung über die Auslegung der Pläne oder durch die ortsübliche Bekanntmachung oder hinsichtlich der Ermittlung der Grundstückseigentümer und nicht ortsansässiger Betroffener sind aus unserer Sicht sinnvoll. Auch gegen die Einbeziehung der technischen Möglichkeiten gibt es von unserer Seite aus keinen ernsthaften Widerspruch. Das reicht von der Einstellung von Unterlagen ins Internet bis hin zu der Möglichkeit, Einwendungen in elektronischer Form weiterzuleiten.

(Dr. Walter Lübcke (CDU): Das ist sehr zukunftsorientiert!)

Der Einführung der fristgebundenen Beteiligung für Naturschutz- und Umweltverbände, also der sogenannten Präklusion, mit einer Frist zur Abgabe einer Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen nach Ende der einmonatigen Auslegungsfrist, stehen wir ebenfalls offen gegenüber. Eine Gleichstellung klagebefugter Vereinigungen mit privaten Einwendern, wie sie im Bundesgesetz geregelt ist, ist aus unserer Sicht vertretbar.Allerdings weisen wir darauf hin, dass wir uns angesichts der langen Planungs- und Verfahrenszeiträume eine große Beschleunigung der Verfahren davon nicht erwarten.

(Dr.Walter Lübcke (CDU): Na, na, na!)

Ich möchte jetzt auf den eigentlichen Kern der Frage zu sprechen kommen.Alle wollen die Verfahrensbeschleunigung.Aber woran liegt es denn,dass alles so lange dauert? Warum verzögern sich wichtige Infrastrukturprojekte,wie z. B. die Erweiterung des Flughafens Rhein-Main in Frankfurt oder der Weiterbau der A 44?

Die Landesregierung hat da immer wieder einen Feind. Ich sehe jetzt einmal von dem Kammmolch oder dem Hirschkäfer ab. Sie rufen bei verschleppten Verfahren immer: Haltet den Dieb. – Sie meinen dabei den Bürger und seine Beteiligungsrechte.

Ich möchte dazu an die Landesregierung folgende Worte richten: Fassen Sie sich einmal an die eigene Nase. – Ich finde, es ist Zeit, dass Sie über Ihre eigenen Planungsfehler nachdenken. Denn ordentliche Planungsunterlagen und Vorarbeiten erleichtern und verkürzen die Sache ungemein. Das sollten Sie an dem Beispiel der A 44 gelernt haben.

(Beifall der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Ihre Haltung,Verfahrensbeschleunigung durch Beschneidung von Beteiligungsrechten, lassen wir Ihnen nicht so einfach durchgehen – ob bei dem sehr schwammig ausformulierten Verzicht auf einen obligatorischen Erörterungstermin oder dem von Herrn Posch geforderten noch weiter gehenden Verzicht auf das Raumordnungsverfahren. Das werden wir sicher alles noch im folgenden Beratungsprozess erörtern.

Meine Damen und Herren, es ist doch so, dass die Beteiligung der Öffentlichkeit, also der Bürgerinnen und Bürger, bei Straßenbauplanungen im Durchschnitt nur einen fünf- bis sechsprozentigen Zeitanteil – gemessen an dem Gesamtzeitraum – einer Projektierung ausmacht. Eine wirksame Beschleunigung kann unserer Auffassung nach durch eine qualitativ gute Vorbereitung der Planungsunterlagen und durch einen frühzeitigen Beginn der Umweltuntersuchungen allemal besser erzielt werden als durch eine Beschneidung der Beteiligungsrechte. Zum anderen – dieser Frage sollten wir uns in der Anhörung

stellen – ist die Beteiligung der Öffentlichkeit aus unserer Sicht nicht nur eine lästige Pflicht, sondern durchaus gewollt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Auseinandersetzung mit den Einwendungen, das Ausräumen von Bedenken im Rahmen der Erörterung und Abwägung machen doch das Planungsverfahren nur besser und letztendlich auch rechtssicherer. Breite und qualitativ gut durchgeführte Anhörungsverfahren erhöhen aus unserer Sicht den Rechtsfrieden und die Rechtssicherheit. Sie dienen auch der angemessenen Einbeziehung und Abwägung der Belange des Umweltschutzes.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen uns gar nicht von vornherein der Frage verschließen, ob es nicht sinnvoll sein kann, unter gewissen Voraussetzungen von obligatorischen zu fakultativen Erörterungsterminen überzugehen. Darüber ist in der Anhörung zu reden. Aber dies so unbestimmt und so schwammig in das Ermessen der Behörde zu stellen, wie im vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung, das halten wir für problematisch. Wir sind davon überzeugt, das wird Klagen und damit Verfahrensverzögerungen nur noch provozieren.

Abschließend will ich einen zweiten Problembereich ansprechen, bei dem ich insbesondere auf die Stellungnahme der Kommunen in der Anhörung gespannt bin. Beim Landesentwicklungsplan die Frist zur Stellungnahme für die Gebietkörperschaften, die Regionalversammlungen, die anderen Verbände und Institutionen und sonstigen Trägern öffentlicher Belange von drei auf zwei Monate zu kürzen, erschwert eine ernstliche Beteiligung.

Schon jetzt gibt es immer wieder Probleme mit den Abgabefristen der beteiligten Parlamente und Ausschüsse, einfach aufgrund von vorgegebenen Zeitabläufen. Eine Frist zur Kürzung macht aus unserer Sicht eine angemessene Beteiligung nahezu unmöglich. Wir unterstützen alle Bemühungen, die zu einer tatsächlichen Beschleunigung von Verfahrensabläufen und Infrastrukturmaßnahmen bei gleichzeitigem qualitativen Niveau und angemessener Berücksichtigung der Umweltbelange und Beteiligungsrechte führen.

Meine Damen und Herren, im Übrigen gehört auch immer ein Blick auf die Finanzierung von dringlichen Verkehrsvorhaben dazu. Wenn fünf oder zehn Jahre nach Planfeststellung bis zu einem Baubeginn verstreichen, dann hat das sicherlich mehr mit den vorhandenen Finanzmitteln zu tun, aber nichts mit den Rechten von Bürgern im Beteiligungsverfahren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)