Die Fraktion der SPD geht heute mit ihrem Änderungsantrag so weit, unseren Gesetzentwurf aufzunehmen. Das macht deutlich, dass es sinnvoll war, es im Gesetzgebungsverfahren in der Abstimmung mit allen Verbänden so auszuarbeiten, wie wir es vorgelegt haben, um tatsächlich viele unterschiedliche Institutionen einzubinden und
zu einer vernünftigen und nicht überhasteten Regelung zu kommen. Ich gehe davon aus, dass das Hessische Nichtraucherschutzgesetz auf eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung stoßen wird und dass wir gemeinsam dafür sorgen müssen, dass Bürgerinnen und Bürger vernünftig miteinander umgehen – im Sinne eines umfassenden Gesundheitsschutzes.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), zur CDU gewandt: Beifall! – Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Beifall bei den Rauchern!)
Vielen Dank, Frau Ministerin. – Herzlichen Dank, Herr Kollege Dr. Wagner und Herr Kollege Wintermeyer, für den Applaus.
Bevor wir zur Aussprache kommen, erfolgt noch die Berichterstattung für die zweite Lesung des SPD-Gesetzentwurfes. Berichterstatter ist Herr Abg. Holler.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Sozialpolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung abzulehnen.
Der Gesetzentwurf war dem Sozialpolitischen Ausschuss in der 115. Plenarsitzung am 21. November 2006 nach der ersten Lesung zur Vorbereitung der zweiten Lesung überwiesen worden.
Der Sozialpolitische Ausschuss hat eine schriftliche Anhörung und am 1.März 2007 eine mündliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf durchgeführt. Der Sozialpolitische Ausschuss hat den Gesetzentwurf zuletzt in seiner Sitzung am 28. Juni 2007 behandelt und ist mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen der SPD bei Stimmenthaltung des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zu dem genannten Votum gelangt. – Danke.
Herzlichen Dank für die Berichterstattung. – Wir kommen zur Aussprache. Der erste Redner ist Herr Kollege Spies für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ganz sicher werde ich die zur Verfügung stehende Redezeit heute nicht ausschöpfen; denn die Frau Ministerin war so freundlich, den umfangreichen Änderungsantrag der SPD-Fraktion, den wir zu unserem Gesetzentwurf heute eingebracht haben, bereits im Detail und, wie ich finde, durchaus nachvollziehbar begründet vorzutragen. Denn in der Frage des Nichtraucherschutzes und seiner zukünftigen Gestaltung gibt es, mit Ausnahme der FDP-Fraktion, in diesem Haus eine große Übereinstimmung.
Die FDP meint allerdings, dass auch zukünftig Leute, die keinen Rauch einatmen möchten, ihn trotzdem einatmen sollen.
Alle anderen sind sich in dieser Frage einig, und die Effekte, die mit einem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion in diesem Landtag begonnen haben, schlagen wilde Wellen. Wie wir heute dem Presseticker entnehmen konnten, geht es so weit, dass sich sogar die Tabaklobby in Wohlgefallen auflöst. Die hat vor vier Tagen beschlossen, den Verband der Zigarettenindustrie aufzulösen. Deshalb werden nächstes Jahr ganz sicherlich auf dem Hessenfest keine Zigaretten mehr von ihm verteilt werden;denn der größte Unterstützer, Philip Morris, ist ausgetreten.
Meine Damen und Herren,rekapitulieren wir die aktuelle Debatte, zu der wir heute über zwei Gesetzentwürfe diskutieren können. Sie hat ihren hoch dynamischen Ursprung vor über einem Jahr genommen, als im Frühjahr 2006 eine Initiative – die insgesamt dritte Initiative für eine bundesgesetzliche Regelung – in Angriff genommen wurde. Dann allerdings wurden im Hessischen Landtag mehrere Anträge eingebracht.Wir wollen nicht im Detail darauf herumreiten, aber es gab ein interessantes Spektrum an Vorschlägen von denen, die mehr Nichtraucherschutz wollten, und denen, die eine gesetzliche Regelung nicht wollten. Aber wir alle wissen, die Vernunft siegt am Ende doch.
So sehen wir uns einer Mehrheit gegenüber, die am Ende den Nichtraucherschutz in geeigneter Weise beschließen wird.
Die SPD-Fraktion hat dann als Erste einen Gesetzentwurf eingebracht. Die GRÜNEN haben ebenfalls einen Gesetzentwurf eingebracht, und auch die FDP-Fraktion hat einen Gesetzentwurf eingebracht, der allerdings in eine andere Richtung geht.
Im März hatten wir eine umfangreiche, sehr detaillierte und fachkompetente Anhörung. Etwas später im März haben die Ministerpräsidenten – jedenfalls der hessische war durch die Anhörung in seiner Erkenntnis bereichert – diskutiert und einen Kompromiss gefunden. Seit Mai kennen wir den freundlicherweise von der Regierung zur Verfügung gestellten Gesetzentwurf der Landesregierung, zu dem eine zweite Anhörung stattgefunden hat, die ohne jeden Zweifel kompetente Anmerkungen zusammengebracht hat.
Jetzt gibt es einen Konsensvorschlag; denn nur so kann man den Gesetzentwurf der Landesregierung verstehen: als einen Vorschlag dafür, wie ein hessisches Nichtrauchergesetz aussehen könnte.So könnte es in 14 Tagen aussehen, wenn dieses Haus es will. Meine Damen und Herren, auch das steht außer Frage: Über ein Jahr des Disputes über ein zwar emotional aufregendes, aber vielleicht nicht ganz so zentrales Thema der Landespolitik sollte genügen, um nunmehr zu einer Lösung zu kommen und sie kurzfristig und entschlossen zu beschließen. Oder haben die Hessische Landesregierung und die CDU so viel Angst davor, dass auf dem Kopf eines Gesetzentwurfs jemand anders als sie selbst gestanden haben könnte, dass sie ihre eigenen Inhalte, ihren eigenen Entwurf heute tatsächlich nicht beschließen wollen?
Meine Damen und Herren, geben Sie sich einen Ruck. Lassen Sie uns entschlossen zu einem Ergebnis, zu einem Ende kommen. Lassen Sie uns gemeinsam den vorge
schlagenen Änderungsantrag von SPD und GRÜNEN zum Gesetzentwurf der SPD beschließen. Inhaltlich kann es keine große Diskrepanz mehr geben. Lassen Sie uns heute den so geänderten Gesetzentwurf beschließen, den die Ministerin eben so entschlossen vorgetragen hat. Sie hat uns überzeugend dargelegt, warum wir genau diese Lösung heute beschließen sollten. Lassen Sie uns dafür sorgen, dass noch im Juli der Nichtraucherschutz in Hessen die Wirkung entfalten kann, die wir alle wollen. Wir müssen nicht noch drei Monate oder sechs Monate warten.Wir müssen nicht das Risiko eingehen,dass dieser Gesetzentwurf der Diskontinuität anheimfällt. Nein, meine Damen und Herren, heute können wir es klären.Also klären Sie es. Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu. – Vielen Dank.
Für den Fall, dass diese Zustimmung nicht erreicht wird, beantrage ich seitens der SPD-Fraktion die dritte Lesung.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Spies. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Gerling für die CDU-Fraktion.
Es gibt hier Missverständnisse, aber Herr Gerling ist damit einverstanden, dass zunächst Herr Kollege Rentsch für die FDP-Fraktion spricht.
Es ist sehr nett, dass Sie mich hier vorlassen. Sie nutzen dann wahrscheinlich die Möglichkeit,auf meine Rede einzugehen.Auch strategisch ist das sehr geschickt.
(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Nicola Beer (FDP) – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die FDP ist strategisch nie geschickt!)
So ist es, Herr Kaufmann. Wir bedanken uns auch für diesen Beitrag.Aber gerade geht es nicht um Sie, sondern um den Kollegen Dr. Spies.Wenn wir mit dem fertig sind, kommen wir vielleicht auch zu den GRÜNEN.
Lieber Kollege Dr. Spies, Sie sind hier offizieller Sprecher der Verbotspartei SPD. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, das Interessante an der Debatte ist, dass Sie als ehemaliger Raucher – das sind in der Debatte die Militantesten – jetzt den Nichtraucherschutz so nach vorne treiben.
Ich habe dafür Verständnis, weil die ehemaligen Raucher natürlich ein schlechtes Gewissen haben; denn sie haben jahrelang den Nichtrauchern die Bude vollgequalmt.
Mittlerweile wollen sie dafür sorgen, dass sie keine Dritten mehr schädigen. Das ist sozusagen ein Schuldeingeständnis.Aber das ist nicht schlecht, das ist sozusagen der erste Schritt zur Besserung.
Aber, Herr Kollege Dr. Spies, bei aller Liebe, auch in Bezug auf die Nachwirkungen, die Nikotin möglicherweise hat: Dass wir heute Ihren Gesetzentwurf beschließen, das
halte ich für sehr unwahrscheinlich. Ich glaube, weder die CDU noch die GRÜNEN oder die FDP wird dem Gesetzentwurf heute so zustimmen. Insofern müssen Sie sich wahrscheinlich noch ein wenig gedulden.
Das kann sein.Wir werden es sehen,wenn Sie das so machen. Herr Kollege Dr. Jürgens, es obliegt Ihnen, das so zu entscheiden.
Meine Damen und Herren, wir haben in der Debatte um den Nichtraucherschutz lange gewartet. Die FDP hat letztes Jahr einen Antrag im Landtag eingebracht, um den Nichtraucherschutz im Landtag selbst festzulegen, weil wir glauben, dass wir als Parlament hier mit gutem Beispiel vorangehen müssen. Wir haben dann einen Gesetzentwurf eingebracht, der vorsieht, dass das Rauchen im Bereich der öffentlichen Hand untersagt wird. Das geschah aus dem einfachen Grund, dass wir der Auffassung sind, dass einerseits ein Vorbildcharakter besteht und sich auf der anderen Seite die Bürger nicht aussuchen können, ob sie einen Raum der Gemeinde, z. B. die Zulassungsstelle,betreten.Das können sie nicht frei entscheiden,und sie müssen sich dort aus unserer Sicht nicht einer Gesundheitsgefährdung aussetzen.
Es ist interessant gewesen, dass die CDU in Hessen erst einmal abgewartet hat, wie sich die Debatte entwickelt, und sich letztlich doch dazu durchgerungen hat, irgendwann einen Entwurf vorzulegen. Hier teile ich das, was der Vorredner gesagt hat:Wir wären deutlich weiter,wenn die CDU irgendwann einmal in der früheren Phase gesagt hätte, was sie in diesem Bereich möchte.
Meine Damen und Herren, ich will auch sagen, dass ich in den viereinhalb Jahren,die ich bis jetzt dem Parlament angehöre, keine Debatte erlebt habe, in der so schwarz-weiß diskutiert wird und wo man fast von einer Hexenjagd sprechen muss, als wenn es um das Rauchen geht.
Frau Kollegin Schulz-Asche, nun zur Hexenjagd. Ich habe von Verbänden, die sich für das Nichtrauchen einsetzen, noch nie so viele E-Mails bekommen, und diese sind in einem Ton geschrieben, bei dem ich nicht immer weiß, ob er der Sache wirklich dienlich ist.
Meine Damen und Herren, auf einmal wird sich auf einen Bereich konzentriert, der schlechthin als Beispiel der Gesundheitsgefährdung fungiert – nämlich der Gesundheitsgefährdung in Gaststätten. Gaststätten sind in Deutschland – derart führen wir diese Diskussion – das originäre Beispiel dafür, dass der Mensch in seiner Gesundheit gefährdet wird.
Meine Damen und Herren, ich halte das wirklich für abstrus. Wir als Liberale wollen, dass Gaststätteninhaber selbst entscheiden können, ob sie eine Raucher- oder Nichtraucherinstitution betreiben wollen, und wir wollen, dass der Kunde bzw.Verbraucher selbst entscheidet, ob er diese Gaststätte betritt oder nicht.