Meine Damen und Herren, dies alles bringt den Menschen in der Region weit mehr als Polemik, als Aufwiegelung und energiepolitische Fantasterei. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mich auf den Beitrag des Abg. Lortz melden. Er hat sich hier als Retter der regionalen Interessen dargestellt.
Dem möchte ich in aller Entschiedenheit widersprechen. Es vergeht kein Tag, an dem nicht neue Unterschriften eingehen, sich neue Initiativen gründen und neue Resolutionen gegen diesen Gigaausbau in der Region verfasst werden. Wir wissen, warum Sie ein spezielles Verfahren erfinden, das in der Region stattfinden soll, das nicht gerichtsgeeignet ist.
Wir wissen, warum Sie kein länderübergreifendes regionales Raumordnungsverfahren wollen. Wir wissen, warum sich die Firmenleitung bis zum heutigen Tag sicher sein darf, dass sie seitens der CDU-Regierung positive Signale empfangen hat, diesen Antrag zu stellen.
(Michael Boddenberg (CDU): Wenn ich so einen Bundesumweltminister hätte, würde ich mich auch so verhalten!)
Wir kennen den Herrn Abg. Lortz als einen Abgeordneten, der beispielsweise vor der Kommunalwahl gegen die Schließung von Schulen spricht,
Wir wissen, dass, wenn es Ihnen gelingt, das Verfahren zu verschleppen, Sie, Herr Lortz, die weiße Salbe wieder auf die Region auftragen. Das ist etwas, was der Öffentlichkeit mitgeteilt werden muss.
Wir bestehen darauf, dass die ordentlichen Verfahren, die auch andere Standorte in den Blick nehmen, gewählt werden. Denn wir haben es mit einem Konzern zu tun, der irgendeinen süddeutschen Standort benötigt.
Die Landesregierung hat einen großen Nachholbedarf in Sachen Infrastruktur des Ostens des Rhein-Main-Gebiets. Herr Lortz, Sie müssen Nachhilfeunterricht nehmen: Die Verkehrswege sind nicht geeignet. Wenn E.ON sich eine Schienenanbindung wünscht, dann kann ich feststellen, dass Sie dazu nicht mit der Bundesbahn verhandelt haben. Es kann nicht möglich sein, dass der Osten des Rhein-Main-Gebiets in einer solchen Weise von der CDU-Landesregierung betreut wird. Der Widerstand in der Region – –
Wir lassen uns als SPD in der Region von Ihnen nicht titulieren, Herr Lortz. Reißen Sie sich am Riemen, und treten Sie für die Region ein.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Oh! – Clemens Reif (CDU): Ich muss sagen, jetzt habe ich eine ganz andere Vorstellung von Herrn Kollegen Lortz!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Lortz, ganz kurz und knapp fünf Punkte.
Sie haben sich gegen Polemik und für eine Regierungsanhörung ausgesprochen. Das ist ein Widerspruch in sich. Das wissen Sie auch. Denn die Regierungsanhörung wird nichts liefern, was verwertbar ist. Insofern geht es uns nicht um Polemik, sondern es geht uns darum, diesen größten Kraftwerksblock der Welt,ausgerechnet am Main bei Großkrotzenburg, zu verhindern. Fragen Sie einmal Ihren Parteifreund und Bürgermeister von Hainburg, Herrn Bessel, was er davon hält, dass seine Gemeinde noch sehr viel stärker als jetzt schon im Winter von den Nebelschwaden, die aus den Kühltürmen kommen, quasi verdunkelt wird.
Von meinem Wohnort in Dietzenbach, dem Hexenberg, der höchsten Erhebung im Kreis Offenbach, kann man jetzt schon immer Staudinger arbeiten sehen. Sie wollen das, was die Dimension angeht, ungefähr vervierfachen, auch was die Störung angeht.Aber es soll kein Raumordnungsverfahren geben, um dies zu überprüfen. Herr Lortz, Sie sind auf dem falschen Weg.
Mein dritter Punkt. Er stellt sich hierhin und beschwört, der Schadstoffausstoß soll nicht erhöht werden, wie der Vorstandsvorsitzende sagte. Das Schlimme ist – das scheinen Sie nicht zu kapieren –, er soll für 40 Jahre festgeschrieben werden; denn das ist die Laufdauer.
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Al-Wazir hat es Ihnen deutlich gemacht: Die Zeit haben wir nicht. Deswegen ist es überhaupt keine Frage, ob man es will oder nicht. Man wird es tun müssen; denn sonst werden spätestens unsere Enkel überhaupt nicht mehr in dieser Welt leben können, wenn es so weitergeht.Wir können uns den CO2-Ausstoß wie jetzt nicht mehr erlauben.
Herr Kollege Lortz, deshalb geht es nicht um mehr, sondern es geht eindeutig darum, weniger auszustoßen.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Ein Aspekt muss noch erwähnt werden. Mit Atomkraftabschaltung hat es nichts zu tun.
Der Kollege Lortz hat selbst festgestellt, es geht um Kohleblöcke in Großkrotzenburg und nicht um ein einziges AKW. Insofern ist das, was Sie reden, Herr Boddenberg, dummes Zeug – wie immer.
(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da stehe ich hier im Frühling, der ein Sommer geworden ist, und höre dem Abg. Lortz zu, der es für angemessen hält, die unterschiedlichen kommunalpolitischen Entscheidungen zu zitieren, wenn es darum geht, eine Grundsatzentscheidung zu treffen. Herr Kollege Lortz, ich glaube, Sie haben das Problem nicht erkannt. Wir reden hier nicht darüber, wie die Welt bei Ihnen vor der Haustür aussieht, sondern wir reden darüber, ob wir Grundsatzentscheidungen fällen, die das Klima stabilisieren, oder ob wir Grundsatzentscheidungen fällen, die das Klima nachweislich verändern. Ich glaube, da sollten wir eine andere Position einnehmen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Stimmt denn, was er zitiert hat?)
Der Fortschritt beginnt bekanntlich im Kopf. Manchmal ist es schwierig, sich von alten Denkmustern zu lösen. Ich will das an einem Beispiel aus der Forschung beschreiben, weil dort das Lösen von Denkmustern manchmal etwas schneller geht. Alle diejenigen, die schon etwas länger im Landtag sind, erinnern sich vielleicht daran, dass wir ab und zu darüber geredet haben, dass es notwendig ist, z. B. für die GSI in Darmstadt Großrechner anzuschaffen. Das Wort Cray wird Ihnen allen bekannt sein.
Dahinter steckt die Idee, dass man bestimmte komplexe Rechenoperationen nur dann durchführen kann, wenn man eine gigantische Rechenkapazität hat. Inzwischen ist die Welt ganz anders. In Darmstadt stehen in der GSI in einer Halle 1.000 Computer, die miteinander vernetzt sind. Die Damen und Herren der Forschung haben nämlich gemerkt: Es ist viel einfacher, ökonomischer und mit weniger Energie- und, mit Verlaub, Geldverbrauch versehen, wenn man präzise gesteuert dezentral arbeitet.
Bei der Energiepolitik machen Sie es jetzt genau umgekehrt. Statt darüber zu reden, dass wir es schaffen, die Gewinne, die alleine durch die dezentrale Energieversorgung möglich sind, zu realisieren, sorgen Sie dafür, dass ein Riesenkraftwerk gebaut wird, das genau das Gegenteil ist und zentral Belastungen und Energie produziert. Ich glaube, Sie sind auf einem Weg, der vielleicht in der alten Sowjetunion, wo es um Tonnen und Tonnen ging, noch funktioniert hätte. In der modernen Gesellschaft sind Sie ziemlich altmodisch, und das muss man deutlich sagen.
Der zweite nette Teil sind Ihre freundlichen Bemerkungen, was alles versprochen ist. Sie gehen immer noch davon aus, dass jeder alles das glaubt, was Sie versprechen. Deswegen scheinen Sie auch alles zu glauben, was andere versprechen. Nehmen das Beispiel CO2 von Staudinger. E.ON selbst sagt: Der Block wird 20 % weniger CO2 ausstoßen als vergleichbare Blöcke. – Leider haben Sie aber vergessen, dass er fast doppelt so groß ist wie das, was er ersetzt. Das heißt, der CO2-Ausstoß von Staudinger steigt alleine um 33 %. Der Stickoxidausstoß steigt um 33 %.
Das Einzige, was möglicherweise konstant bleibt, wenn E.ON recht hat, ist, dass es nicht mehr Staub wird.
Das heißt, Sie haben dort eine Anlage, die die Belastungen,die die Region schon hat,und die Belastungen für das Klima deutlich erhöht, obwohl es anders ginge. Es wäre überhaupt kein Problem, wenn wir darüber reden würden und es keine Alternativen gäbe.Aber, mit Verlaub, lassen wir einen kleinen Moment die ganze Debatte über die erneuerbaren Energien weg. Da haben wir eine ganz klare Position, die sich von der Ihren unterscheidet.
Ich gehe einmal auf das Gedankenspiel ein, die Kohle sei das Einzige, was wir zur Verfügung hätten. Selbst wenn wir allen Strom nur mit Kohle produzieren würden,ist der Weg, es in Staudinger in einer gigantischen Anlage zu machen, der Weg, der am klimaschädlichsten ist, weil er verhindert, dass Wirkungsgrade über 50 % erreicht werden können, die Sie nur mit Kraft-Wärme-Kopplung erreichen können. Das geht nicht, indem Sie einfach nur Strom produzieren.