Diesem Gesetzentwurf werden heute vermutlich die Mitglieder der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion zustimmen. In der Anhörung hat dem Gesetzentwurf nur der Bankenverband Hessen zugestimmt. Er hat gesagt, man habe nichts dagegen, wenn das Filialnetz im ländlichen Raum ausgedünnt werde, die Bankenlandschaft sei sowieso zu dicht. Er sagte, bei ihnen bestünde durchaus Interesse, Sparkassen zu erwerben.
Ferner hat in der schriftlichen Anhörung die Wirtschaftskanzlei Freshfields zugestimmt. Das verwundert nicht wirklich. Denn deren Vertreter haben an der Erarbeitung des Gesetzentwurfs mitgewirkt.
Ansonsten erfuhr der Gesetzentwurf in der Anhörung einhellige Ablehnung.Der Hessische Landkreistag sprach sich ebenso dagegen aus wie der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen, der Gesamtpersonalrat, der Hessische Handwerkstag, ver.di und Deutscher Gewerkschaftsbund,die IHKs aus Dillenburg und Wetzlar,die Arbeitsgemeinschaft der Personalräte und Betriebsräte S-Finanzgruppe Hessen-Thüringen, die IHK Kassel und die Handwerkskammer Kassel. Ebenso sprachen sich die Vertreter von JPMorgan und Herr Prof. Kühling vom Zentrum für angewandte Rechtswissenschaft der Universität Karlsruhe dagegen aus.
Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie unterbreche. – Es herrscht hier im Saal wieder extreme Unruhe. Ich bitte Sie, der Rednerin zuzuhören oder Ihre Gespräche draußen fortzusetzen. – Herzlichen Dank.
Sie sehen:Was die Sachargumente betrifft, ist deutlich geworden, dass die Fachwelt den Gesetzentwurf ablehnt.
Das Einzige, was den Rednern der FDP und der CDU dann einfiel, war, ein paar chauvinistische Sprüche loszulassen. Herr Posch stellte die Frage, ob ich überhaupt schon einmal irgendetwas mit der Sparkasse zu tun gehabt hätte. Herr Reif unterstellte mir Sozialromantik. Herr Rentsch meinte, ich würde eine Weltspartagsrede halten. Ich glaube, das ist bestenfalls Ausdruck Ihrer Hilflosigkeit gewesen.
Sie wissen nämlich, dass die Sachargumente nicht auf Ihrer Seite sind. Dieser Gesetzentwurf steht im Zeichen der Machtpolitik statt der Sachpolitik.
Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller, vielen Dank. – Als nächster Redner erhält Herr Frankenberger für die SPDFraktion das Wort.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Vor zwei Tagen forderte ich die Kolleginnen und Kollegen der CDU und der FDP auf, die Zeit bis heute zu nutzen und zur Besinnung zu kommen.
Um Ihnen gedanklich auf die Sprünge zu helfen, möchte ich kurz rekapitulieren, was wir in Hessen verlieren werden, wenn dieses Änderungsgesetz in Kraft treten sollte.
„Der Aufschwung wird von den Sparkassen finanziert“ – das war ein Titel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vor etwa zwei Wochen. Bei der Vergabe von Krediten an Unternehmen hatten die bundesdeutschen Sparkassen im Jahr 2006 einen Marktanteil von insgesamt 44,1 %. Das ist in diesem stagnierenden Markt eine Steigerung um einen Prozentpunkt gegenüber dem Vorjahr. Trotz der Konkurrenz durch die Direktbanken sind im Privatkundengeschäft die Einlagen im Jahr 2006 um 2,3 % auf 700 Milliarden c angestiegen.
Diese Zahlen verdeutlichen die enorme Bedeutung der Sparkassen sowohl für die Finanzierung der Unternehmen als auch für die privaten Haushalte. Es besteht über
Herr Minister Rhiel, Sie setzen sich über alle in der Anhörung vorgetragenen Argumente hinweg. Die Frau Kollegin hat schon darauf hingewiesen. Sie verbreiten hier weiterhin das Märchen von der Untauglichkeit des geltenden Hessischen Sparkassengesetzes.
Ich bin davon überzeugt, dass die Kommission der Europäischen Union keine diesbezügliche Zusicherung abgeben kann.Denn die Kommission der Europäischen Union ist überhaupt nicht dazu befugt, das Gemeinschaftsrecht in irgendeiner Art und Weise bindend auszulegen. Herr Rhiel, Sie können das noch so oft betont sagen. Das wird nicht geschehen. Das kann auch nicht sein.
Es gäbe noch eine Menge Argumente. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU und der FDP, in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit möchte ich nur noch sagen: Sie haben viel Widerstand gegen die Annahme des Entwurfs dieses Sparkassenänderungsgesetzes erlebt. Im Namen der Sparkassen, ihrer Beschäftigten, der Menschen in den Regionen Hessens und des Mittelstands – sie alle haben zu Recht gegen diesen Gesetzentwurf gute Einwendungen erhoben – appellieren wir noch einmal an Sie: Lassen Sie es sein. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte einem Eindruck widersprechen. Die Sprecherin der GRÜNEN und der Sprecher der Sozialdemokraten haben den Eindruck erweckt, dass ein bestehendes funktionierendes System zerschlagen werden soll.
Das ist die Unwahrheit. Sie sagen das bei vollem Bewusstsein. Eingeräumt werden soll eine Option. Wir werden sehen, inwieweit die Träger diese Option tatsächlich nutzen werden. Ich bin mir sicher, dass auf der Grundlage dessen die Entwicklung der Sparkassen weitergehen wird.
Die Stabilisierung des Dreisäulensystems wird eines Tages die Voraussetzung dafür sein, dass sich auch die Privaten an den öffentlich-rechtlichen Sparkassen irgendwann einmal werden beteiligen können. Dann wird unser Gesetzentwurf, der Gesetzentwurf der FDP-Fraktion, erneut aufgerufen werden. Ich sage Ihnen das voraus. Das wird eines Tages noch die Beschlusslage des Hessischen Landtags werden. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Landtagsfraktion hat die von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geforderte Besinnungsphase genutzt. Ich fasse unsere Argumente wie folgt zusammen.
Erstens. Sparkassen gehören nicht sich selbst. Sie gehören den Kommunen, den Städten, den Gemeinden, den kommunalen Verbänden, den Landkreisen oder Kooperationen davon.
Zweitens. Wir wollen das dreigliedrige Bankensystem in Deutschland erhalten und vor allem die Säule der öffentlich-rechtlichen Banken stärken und nicht zerschlagen.
Drittens. Die Bildung von Stammkapital ist eine Option. Sie ist kein Muss und ausschließlich den kommunalen Trägern in ihrer alleinigen Entscheidung überlassen.
Viertens. Die Bankdienstleistungen der Sparkassen in Hessen werden durch die Bildung von Stammkapital mit diesem Gesetz nicht eingeschränkt. Keine Filiale, keine Dienstleistung wird dadurch geschmälert oder gar eingestellt.
Fünftens. Die Möglichkeit der Sparkassen als Förderer von gemeinnützigen Organisationen aus Kultur, Sport und Sozialem ist von der Bildung von Stammkapital nicht betroffen. Im Gegenteil, höhere Gewinne führen auch zu höheren Spenden.
Sechstens. Das Gesetz ist europatauglich und gleicht in seinen Grundzügen dem Modell, das von einer SPD-geführten Landesregierung in Rheinland-Pfalz seit vielen, vielen Jahren praktiziert wird, und das mit Erfolg.
Siebtens. Sparkassen müssen sich zunehmend den globalen Herausforderungen des internationalen Bankgeschäfts stellen. Das Gesetz erleichtert damit notwendige Zusammenschlüsse, vertikal und horizontal.
Achtens. Das Beispiel der Fraspa hat gezeigt, wie wichtig eine gesetzliche Grundlage ist, um schnell und solide auf gesetzlicher Grundlage handeln zu können.
Neuntens. Das Gesetz stärkt nicht nur die Sparkassenfamilie, sondern auch die den Sparkassen zu 95 % gehörende Helaba, unser hessisch-thüringisches Flaggschiff. Diese bekommt die Möglichkeit, neben Wholesale- auch Retailgeschäft zu betreiben, wie das die LBBW in BadenWürttemberg bereits tut.
Zehntens und letztens. Wir wollen öffentliche Banken durch das Gesetz fit für die Zukunft machen. Kassandrarufe und Sozialromantik sind nicht angebracht.Kassandra wird nicht gehört und vor allem nicht gewählt. SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verfahren nach dem Prinzip „Zurück in die Zukunft“. Wir aber wollen mit diesem Gesetz die Zukunft aktiv gestalten,und bitten deshalb um Ihre Zustimmung. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Reif. – Hallo, hören Sie mir bitte zu. Auch die Landesregierung sollte zuhören, denn die Landesregierung ist jetzt dran. – Herr Minister Rhiel für die Landesregierung.