Protocol of the Session on February 1, 2007

nein, ein Zitat aus der „Frankfurter Rundschau“ –, er hoffe, dass Monsanto den Antrag aufrechterhalten werde und sich dem Widerstand der Region nicht beuge. Er bezieht also keine Position zur Gentechnik, sondern weist darauf hin, dass eine Region nicht über die Gestaltung ihrer Zukunft entscheiden darf. Das ist der Kernpunkt, das ist Ihre Politik, und die lehnen wir ab.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Das war wieder sinngemäß!)

Wenn man in einer demokratischen Gesellschaft ein solch umstrittenes Thema behandelt, gehört dazu die Transparenz. In dieser Frage bin ich dem Landrat dieses Landkreises höchst dankbar dafür, dass er die Geheimhaltungspolitik beendet und den Bürgern seines Kreises einfach gesagt hat, was los ist. Das erwarte ich auch von jedem Minister. Das wäre in dieser Debatte gut. So müsste das weitergehen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht kennen Sie den netten Text von Herrn Heine über die Weber. Ich möchte Sie – das Ganze hat für mich in einem sehr viel stärkeren Ausmaß einen ökonomischen und freiheitlichen Charakter – an die Parallelen zu der Debatte erinnern, die wir heute führen. Das Gedicht „Die Weber“ ist in einer sozialen Situation entstanden, in der Menschen dazu verurteilt waren, die Rohstoffe, die sie für ihre Produktion benötigten, teuer einzukaufen, weil sie nicht mehr die Alternative hatten, sie selbst herzustellen. Dann mussten sie ihre Endprodukte zu Preisen, die sie auch nicht bestimmen konnten, verkaufen.

Genauso ist es mit dem, was in diesem Bereich läuft und was die Politik der Firma Monsanto ausmacht: Die Menschen werden daran gehindert, ihr eigenes Saatgut zu ziehen.Sie müssen das,was sie für ihre Produktion brauchen, teuer einkaufen.Wir schaffen es nicht, für das, was sie pro

duzieren, anständige Marktpreise zu organisieren. Ich halte das für eine ökonomische Abhängigkeit,die beendet werden muss.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann können wir uns diesen ganzen Glaubenskrieg sparen.Die Menschen in Hessen wollen das Zeug nicht essen, von dem Sie träumen. Die Menschen in der Region wollen es nicht anbauen, weil sie glauben, dass sie dazu da sind, die Bedürfnisse derer zu befriedigen, die in den Läden einkaufen, nicht aber die Bedürfnisse derer, die eine Zwangsbeglückung betreiben.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Ich bin dafür,dass wir auf die Menschen hören,statt ihnen von oben etwas aufzudrücken. Schlicht und einfach: Das hat etwas mit Freiheit zu tun. Dafür sollten CDU und FDP vielleicht einmal einen Sinn entwickeln. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Staatsminister Dietzel.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Gentechnik hat uns in den letzten Jahren beschäftigt – letzte Woche in einer Sondersitzung des Ausschusses für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz. Ich gehe davon aus, dass es uns in den nächsten Jahren weiterhin beschäftigen wird.

Bei aller Heftigkeit der Diskussion, die wir über dieses Thema führen,weise ich Sie darauf hin:Es gibt gesetzliche Vorgaben der Europäischen Union und der Bundesrepublik Deutschland. Diese Regeln müssen eingehalten werden.Trotz aller Kritik in diesen Bereichen: Die Genehmigungsbehörde ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.

Etwas, was nach europäischem und deutschem Recht genehmigungsfähig ist, muss auch genehmigt werden. Deswegen habe ich in der Ausschusssitzung darauf hingewiesen, dass dieses Recht nicht nur für die CDU-Minister in Hessen gilt, sondern dass es auch für die ehemaligen GRÜNEN-Minister in Berlin verbindlich war und so durchgezogen worden ist.

(Beifall bei der CDU)

Das Basisverfahren, das die Grundlage für das Verfahren in Hessen ist, ist am 01.07.2005 genehmigt worden. Damals gab es die Ministerin Künast, die sich an Recht und Gesetz gehalten hat. Gleiches gilt für den Minister in Hessen.

Da oft – auch heute wieder – auf den Zeitdruck hingewiesen wird: Bei einer Standortnachmeldung gibt der Bund eine Frist von 15 Tagen vor, sodass das Regierungspräsidium, das in Hessen seit etwa 1995 zuständig ist,

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

den Kreisausschuss Schwalm-Eder, die Gemeindeverwaltung Wabern, das Regierungspräsidium Kassel und mein

Haus vorab informiert hat. Die ablehnende Haltung des Schwalm-Eder-Kreises und der Gemeinde Wabern sind dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ausdrücklich mitgeteilt worden.

Das Regierungspräsidium Gießen hat auf fünf Seiten Nachbesserungen gefordert.Aber die Tatsache,dass unserer Behörde ganze sieben Tage zur Verfügung standen,um eine Stellungnahme auszuarbeiten, zeigt, was der Zeitdruck und die Bundesvorgabe bei dem Verfahren der Standortnachmeldung bedeuten.

Man muss aber auch darauf hinweisen, dass das Regierungspräsidium Gießen keine politische Möglichkeit hat, zu entscheiden, sondern dass man sich ausschließlich an fachlichen und bundesgesetzlichen Bestimmungen zu orientieren hat. Erstaunlicherweise hat das BVL, als es eine Stellungnahme des Regierungspräsidiums Gießen angefordert hat, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es keine Stellungnahme abgeben muss. Es hat sie ihm vielmehr freigestellt.Dass es keine einvernehmliche Stellungnahme geben muss, heißt, dass sich das Bundesamt nicht nach dem richten muss, was das Regierungspräsidium Gießen in diesem Bereich meldet.

Bei dieser Nachmeldung ist eines eindeutig:Wenn alle Bestimmungen eingehalten werden, die Bundesrecht und europäisches Recht vorgeben, bedeutet das, dass die Firma Monsanto einen Rechtsanspruch auf eine Genehmigung hat.Auch das muss man hier klar feststellen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Bestimmungen müssen natürlich eingehalten werden; gar keine Frage. Dabei geht es um Abstands- und Isolationsmaßnahmen, die vom Bund vorgegeben worden sind. Das bedeutet einen Abstand von 600 m zur Saatgutproduktion, von 200 m zu anderen Maisbeständen und eine 6 m breite Mantelsaat. Wenn diese Bestimmungen eingehalten werden, wird die Genehmigung erteilt.

Ich glaube, dass es, wenn diese Bestimmungen eingehalten werden, keine Auswirkungen auf Direktvermarkter, Biolandwirte und konventionell wirtschaftende Landwirte in diesem Bereich geben wird. Wir haben im Ausschuss über durchaus unterschiedliche Pflanzenarten diskutiert. Zum Beispiel gibt es beim Mais keine Auskreuzungen, weil in unserer Region keine artverwandten Pflanzen vorkommen. Ganz anders ist das beim Raps. Im Zusammenhang mit Raps wäre diese Diskussion sicherlich wesentlich schwieriger.

Trotzdem hat mich die Aussage eines Mitarbeiters von Monsanto bei einer Veranstaltung am Dienstagabend überrascht, wonach Monsanto zwar den Antrag aufrechterhalten, aber im Jahr 2007 nicht aussäen werde. Da muss man sich eine grundsätzliche Frage stellen – die begegnet uns auch im politischen Bereich immer wieder –: Wenn eine Firma von dem, was sie macht, hundertprozentig überzeugt ist, muss sie meiner Meinung nach auch den Nacken steifhalten und das durchziehen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Grumbach, Sie haben eben die Region angesprochen. Ich habe Ihnen in einer Ausschusssitzung schon einmal ein anderes Beispiel genannt:Wenn Sie in Biblis nachfragen, ob das Kernkraftwerk weiter betrieben werden soll oder nicht, werden Sie ein eindeutiges Ja zu hören bekommen.

(Norbert Schmitt (SPD):Vorsicht,Vorsicht! Ich bezweifle, dass das stimmt!)

Trotzdem ist die SPD auf der Bundesebene gegen den Bau von Kernkraftwerken oder die Verlängerung der Laufzeiten. Auch das könnte man hierzu anmerken. Ich denke, es geht um Grundsätzliches.

(Norbert Schmitt (SPD): Sehr differenziert!)

Die Frage ist, ob wir in Hessen die Ausbreitung des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen aufhalten können. Dazu nur zwei Zahlen: Zurzeit werden in der Welt auf 100 Millionen ha gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut. Die Fachleute gehen davon aus, dass es im Jahr 2015 200 Millionen ha sein werden. Von daher werden wir diese Entwicklung in Hessen nicht aufhalten können – selbst wenn die GRÜNEN das in ihr Parteiprogramm schreiben.

Überrascht hat mich, dass selbst die Parteien, die eindeutig gegen die Gentechnik sind – das gilt auch für die GRÜNEN –, eindeutig für die Forschung sind. Es gibt zwei Felder der Universität Gießen.Ein Feld,mit einer Größe von 9,2 m2, befand sich direkt in Gießen, im Gerstenfeld. Es wurde voriges Jahr teilweise zerstört. In diesem Jahr wurde in Groß-Gerau ein Antrag gestellt. Wenn wir der Meinung sind, dass geforscht werden muss, müssen wir der Universität Gießen die Möglichkeit geben, auch in Hessen zu forschen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Deswegen denke ich, dass wir hier nach geltendem Recht handeln und diese Genehmigung aussprechen müssen. Wir brauchen wissenschaftlich fundierte Überlegungen, damit die entsprechenden Abstände zwischen den Feldern eingehalten werden können.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich bin fest davon überzeugt, dass dies nicht die letzte Debatte über Gentechnik in diesem Landtag gewesen sein wird.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen zu dieser Aktuellen Stunde vor.

Es gibt nach § 81 unserer Geschäftsordnung zwei Wortmeldungen zu persönlichen Erklärungen. Können wir zuerst über die Beschlussempfehlung abstimmen? – Das können wir machen.

Ich rufe die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 16/6829 zu Drucks. 16/6800, auf. Wer der Beschlussempfehlung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – CDU und FDP sind dafür, SPD und GRÜNE dagegen. Damit ist die Beschlussempfehlung so angenommen.

Nach § 81 unserer Geschäftsordnung haben sich der Kollege Wagner, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Frau Kollegin Wagner, FDP-Fraktion, zu einer persönlichen Erklärung gemeldet. Im Zusammenhang mit persönlichen Erklärungen weise ich darauf hin, dass ein Mitglied des Landtags nur Angriffe auf die eigene Person zurück

weisen oder eigene Ausführungen berichtigen darf. – Das Wort hat Herr Kollege Wagner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich zu einer persönlichen Erklärung gemeldet, weil mir Herr Kollege Möller in seinem Redebeitrag Äußerungen unterstellt hat, die ich in der gestrigen Debatte weder wörtlich noch sinngemäß gemacht habe.Ich weise das entschieden zurück; Herr Möller hat das hier falsch zitiert. Ich habe es weder sinngemäß noch wörtlich so gesagt. Ich möchte Ihre Unterstellung in aller Form zurückweisen, Herr Kollege Möller.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir hatten in der gestrigen Debatte eine Aussprache darüber, welche Positionen die Fraktionen in diesem Hause zur Entwicklung von Nordhessen haben. Zu dieser wichtigen Frage gibt es unterschiedliche Auffassungen. Ich habe in der gestrigen Debatte für meine Fraktion dargestellt, wie wir uns die Entwicklung Nordhessens vorstellen, wo wir Chancen dieser Region sehen, wie wir neue Arbeitsplätze in dieser Region schaffen wollen. Herr Kollege Möller, das, was Sie mir unterstellt haben, habe ich in keiner Form gesagt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Möller, ich fordere Sie auf, Ihre Äußerungen über meine angeblichen Zitate, seien sie sinngemäß oder wörtlich, hier zurückzunehmen. Sie entbehren jeder Grundlage.