mit Weinbau, mit der Bekämpfung der Alkoholsteuer. Sie haben in Ihrer damaligen Vorstellung auf der Pressekonferenz sehr vehement dagegen gekämpft, dass Warnhinweise auf Bierflaschen oder Weinflaschen kommen. Da sind wir vielleicht noch d’accord, dass es nicht damit getan ist,Warnhinweise draufzusetzen.Aber dass Sie sich dagegen sperren, dass sich die Europäische Union auch dieses Themas annimmt, finde ich schon etwas verwunderlich. Denn wir haben in der Europäischen Union nicht nur Probleme in der Umweltpolitik, sondern wir haben auch Probleme bei der Bekämpfung von Alkohol. Es wäre durchaus richtig, wenn wir da nicht nur national, sondern im europäischen Rahmen vorgingen. Dass Sie sich so vehement dagegen sperren, kann ich nicht verstehen.
Sie haben sich ganz enorm dafür eingesetzt, dass es keine Biersteuer aus Europa gibt, zusammen mit der Lobby der deutschen Brauereiwirtschaft.Das hätte 1 Cent Erhöhung des Bierpreises verursacht. Die dann beschlossene Mehrwertsteuererhöhung hat immerhin 3 Cent verursacht. Insofern sollten Sie das alles einmal in Relation setzen, wo Sie sich so weit hinauslehnen.
Herr Hoff, auch zum Thema Bürokratie kommt mit Sicherheit einiges Unsinniges aus Brüssel. Völlig d’accord, das muss man öffentlich benennen und auch kritisch ansprechen.
Aber eines stimmt auf jeden Fall nicht: dass die europäische Politik nur Papierberge hervorbringe und Europa sozusagen der bürokratische Moloch sei. Solange zwei Drittel der Steuergesetzgebung deutschen Ursprung haben, wenn man einmal im Internet blättert, so lange sollte man nicht mit dem Finger nach Brüssel zeigen; da zeigen nämlich vier Finger auf einen selbst zurück. Sie sollten sich da nicht so weit aus dem Fenster lehnen. Auch deutsche Bürokratie ist nicht ganz ohne – um das einmal anzumerken. Aber diese Bürokratiekritik kommt bei den Bürgern gut an und setzt ein Bild, das so nicht stimmt. Sie sollten dieses Klischee nicht dauernd noch bedienen.
Herr Minister,wir verstehen nicht ganz,dass Sie sich beim Thema Verbraucherschutz nicht mehr engagieren, dass Sie sich nicht dafür engagieren, dass es in Europa einheitliche Regelungen im Verbraucherschutz gibt, die überall in Europa gleiche Verbraucherrechte umsetzen.
Der Name Künast ist gefallen, Heinrich Heidel – in dem Punkt mit Sicherheit ein Vorbild für fortschrittliche Verbraucherschutzpolitik.
Da kann sich Herr Seehofer noch lange strecken, das wird er so schnell nicht schaffen. Aber Verbraucherschutzpolitik in Europa ist ein wichtiger Ansatz, nicht nur im Bereich der Lebensmittelsicherheit – da kann sich Hessen auch nicht so weit aus dem Fenster lehnen; wir hatten unsere Skandale in Hessen auch –, sondern auch im Durchsetzen gleicher europäischer Rechte aller Verbraucher. Das fängt bei der Bahn an, und das geht weiter über viele Regelungen im Handelsrecht.
Warum nehmen Sie das nicht auf Ihre Agenda und sagen, es ist etwas ganz Wichtiges, in Europa gleiche Normsetzungen zu haben, die dazu führen, dass es gleiche Rechte für alle europäischen Bürger gibt? Nein,Sie setzen wieder das Bild, das sei ein Moloch aus Brüssel, dem müsse man sich entgegenstellen. Das ist ein völlig falscher Ansatz; denn wir brauchen gleiche Normsetzungen. Das ist auch eine Aufgabe der Europäischen Union.Wir brauchen gleiche Normsetzungen in Europa, damit wir gerade solche Vorhaben voranbringen,damit alle Bürger in Europa gleiche Rechte haben, natürlich damit verbunden auch gleiche Pflichten. Aber diese Normsetzung macht doch die europäische Politik, und da sollten Sie sich auch positiv einbringen.
Ein kleines Beispiel. Herr Hoff, Sie kennen sich da nicht so aus.Aber eine Normsetzung, dass es in Europa ein Siegel für Bioware gibt, hat dazu geführt, dass man mit Fug und Recht sagen kann,wir haben auf diesem Gebiet einen europäischen Markt, und diesen europäischen Markt können alle Bürger akzeptieren, darauf kann man sich verlassen.
Das ist eine ganz wichtige Zielsetzung.Heinrich Heidel ist jetzt nicht da.Aber auch das war eine Initiative der damaligen Bundesregierung, um das in Europa voranzubringen.
Herr Minister,Sie sollten das Europabild,das Sie nach außen tragen, ein wenig positiver gestalten. Es reicht nicht, im Mittelpunkt Europas, in Meerholz, eine Fahne zu hissen. Diese Politik hat etwas mit dem Marketingexperten Volker Hoff zu tun; das will ich Ihnen gar nicht abstreiten. Aber dazu gehören natürlich noch mehr Punkte. Es reicht auch nicht,jetzt nur in Schulen zu gehen,sondern Sie müssen auch sehen, dass der europäische Jugendaustausch vorankommt, dass solche Geschichten institutionalisiert werden und nicht Festveranstaltungen sind, wo sich ein paar berühmte Politiker einmal der Öffentlichkeit zeigen.
Im europäischen Austausch ist die Jugend das Rückgrat; denn sie hat nicht mehr die Erfahrung, die die Generation nach dem Krieg hatte, was für eine positive Sache Europa ist. Ich fürchte und auch viele Europapolitiker fürchten, dass dieser europäische Gedanke deshalb an Schwung verliert, weil es für viele Menschen völlig selbstverständlich ist, dass man sich in Europa frei bewegen kann, dass man in Europa gleiche Rechte hat, dass man eine europäische Währung hat. Das ist für die nachwachsende Generation so eine Selbstverständlichkeit, dass es gerade Aufgabe der Europapolitiker ist, an den Punkten immer zu sagen: Das ist eine Errungenschaft, um die viele Politiker
generationen gekämpft haben und die wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen können, indem wir populistische Klischees bedienen und sagen, natürlich gibt es auch viele schlechte Sachen aus Brüssel.
Nein, der europäische Gedanke muss von vornherein positiv angelegt, positiv gestaltet und nach außen getragen werden. Herr Minister, das haben wir auch im Ausschuss lange diskutiert. Das vermissen wir bei Ihnen, wenn Sie in jedem zweiten Satz sagen: Wir müssen verhindern, wir müssen verhindern, wir müssen verhindern. – Europapolitik ist kein verlängerter Arm der Wirtschaftspolitik, sondern Europapolitik ist eine Umsetzung für die Menschen, um ihre Rechte in Europa wahrzunehmen und den europäischen Gedanken im Endeffekt wirklich zu leben. Da vermissen wir die positiven Ansätze.
Herr Minister, ich will gar nicht bestreiten, dass Sie hessische Wirtschaftsinteressen sehr ernsthaft wahrnehmen. Aber es gibt auch Verbände, die dafür zuständig sind.Wir brauchen eigentlich keinen Europaminister, der sich dafür so ins Zeug legt.Dafür haben wir unsere Vertreter.Wir brauchen nicht noch einen Lobbyisten der Wirtschaft draufzusetzen, sondern wir müssen genau die Bereiche in Europa vertreten – ich habe die Umwelt genannt –,für die es keine Lobby gibt. Auf jeden Europaabgeordneten kommen zehn Lobbyisten.
In Bezug auf die Umwelt sieht es ganz anders aus.Als Minister und für die Hessische Landesvertretung Verantwortlicher sollten Sie diese Themen in den Mittelpunkt Ihrer Politik stellen – und dies wiederum nicht nur mit einem negativen Ansatz nach dem Motto „Wir müssen verhindern, dass...“
Herr Minister, als ich Ihrer Rede zugehört habe, habe ich schon fast gedacht,dass Sie sie endlos überziehen würden. Wahrscheinlich besteht Ihre Politik genau darin, dass Sie zwar viel über Europa erzählen, aber Ihre Handlungen nicht dem entsprechen, was im Endeffekt an positiven Geschichten herauskommt.Sie müssen Ihre Effizienzstrategie ein klein wenig ändern.Wie gesagt, Sie sind ein Marketingexperte.Aber das Marketing allein reicht nicht.Wir warten auf konkrete Ergebnisse.Wenn die Europapolitik, wie Sie es in Ihrer Rede dargestellt haben, konkret im Mittelpunkt der hessischen Landespolitik steht, müssten Sie bald nach vorne rücken.Wir wünschen es Ihnen.
Aber wir sehen bis jetzt noch nicht, dass das im Mittelpunkt der hessischen Landespolitik steht, sondern es ist eher ein Randaspekt. Es ist auch kein Ausweis für diese Politik, dass Sie sagen: Soundso viele Leute haben wir durch die Hessische Landesvertretung geschleust, und 1.000 Menschen waren mit uns auf dem Weinabend. – Das allein reicht nicht, um zu sagen:Wir sind ganz toll und vertreten hessische Interessen in Europa. – Herr Hoff, das allein ist keine Legitimation dafür, dass Sie diesen Posten haben.
Herr Hoff, wir wünschen ganz einfach, dass den positiven Worten, die in Ihren Sonntagsreden – und in denen vieler Mitglieder Ihrer Fraktion – zu hören sind, konkrete Taten folgen. Im Endeffekt werden wir Sie an Ihren Taten messen, nicht aber an Ihren Reden. Herr Hoff, da müssen Sie noch ein klein wenig nachlegen.
Ich habe die Punkte angesprochen. Ich nenne noch einen Punkt – da Sie das vorhin angesprochen haben –: die Besteuerung von Flugbenzin in der Europäischen Union.Ich will das nicht so heftig kritisieren.Aber ich finde es merkwürdig – –
Nehmen Sie, wenn Sie nach Brüssel fahren, den Punkt hinzu, dass es einen Landesminister gab, nämlich Herrn Dietzel, der sich für die Besteuerung von Flugbenzin ausgesprochen hat.
Ja, eher aus Versehen. – Er ist schnell zurückgepfiffen worden. Aber ich denke, bei dieser Aufgabe ist wirklich klar, dass es da nur europäische Regeln geben kann. Zumindest kann Europa an dem Punkt anfangen.Zumindest hat Europa eine besondere Verantwortung.Wenn wir immer nur sagen,dass wir nicht anfangen,fängt auch Europa nicht an, und dann geschieht weltweit nichts. Im Grunde genommen passiert dann also nichts.
Das ist eine ganz wichtige Geschichte, wenn es z. B. darum geht,die Wettbewerbsfähigkeit des Schienennetzes herzustellen. Wir können uns in der Verkehrspolitik an vielen Punkten abmühen; aber wenn wir es nicht schaffen, z. B. für eine europaweite Besteuerung von Flugbenzin zu sorgen, werden wir keine Wettbewerbsfähigkeit des ÖPNV – der Schiene – auf unserer Ebene haben. Deshalb ist das eine ganz wichtige Aufgabe,und ich verstehe nicht,warum Sie Herrn Dietzel an dem Punkt so alleingelassen haben.
Das wäre eine Maßnahme, die Sie auf europäischer Ebene zusammen mit Ihren Kollegen hinbekommen könnten.Wie gesagt, Sie setzen sich viel mit Weinbau auseinander. Da liegen wir gar nicht so weit auseinander.
Herr Hoff,Sie sollten diese Bereiche,die schließlich Kernaufgaben der Umweltpolitik sind, ernst nehmen. – Frau Kollegin, ich will nicht sagen, dass der Weinbau kein wichtiges Politikfeld ist, mit dem wir uns nicht beschäftigen sollten. Da liegen unsere Meinungen nicht so weit auseinander.
Ja, ich komme zum Schluss. – Aber nur ein 365-Tage-Programm zu schreiben – Agrarpolitik ist das wichtige Thema, dahinter steht in Klammern „Weinbau“, und das wars dann –, reicht nicht.
Meine Damen und Herren, es gibt also eine Menge zu tun für Europa. Wichtig ist jedoch, dass wir als Europapolitiker positiv von Europa reden und auch ein positives Bild
nach außen tragen. An den Punkten, wo es nötig ist, sollten wir nicht mit Kritik sparen.Aber insgesamt sollten wir die Europapolitik viel ernster nehmen, als es uns die Landesregierung hier vorführt. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Häusling. – Als Nächste hat Frau Kollegin Hoffmann für die SPD-Fraktion das Wort. Sie haben 24 Minuten Redezeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach zehn Monaten Amtszeit ergreift der Europaminister im Hessischen Landtag endlich einmal das Wort. Ich denke, es wurde auch Zeit.
Vielleicht hat Herrn Hoff die Ergriffenheit gepackt, als er in der letzten Woche in Meerholz die Europafahne gehisst hat. Meerholz im Main-Kinzig-Kreis – das ist nach dem Beitritt Rumäniens und Bulgariens die neue geografische Mitte Europas. Vielleicht war es aber auch die Kritik, die im Europaausschuss an seinem 365-Tage-Programm geübt wurde. Jedenfalls sind wir froh, im Plenum endlich einmal etwas über Ihre europapolitischen Vorstellungen zu hören. Ich werde mich für die SPD-Fraktion kritisch damit auseinandersetzen.
Herr Kollege Wintermeyer, ich will zunächst deutlich herausstellen: In den Grundfragen der Europäischen Union sind sich alle Parteien einig. Die Geschichte Europas wurde über Jahrhunderte von Kriegen geprägt. Aufgrund der europäischen Einigung sind Kriege in Europa nicht mehr vorstellbar. Nach dem Fall der Mauer war die Perspektive des EU-Beitritts für die Länder Mittel- und Osteuropas – –