Protocol of the Session on October 6, 2006

Meine Damen und Herren,nun zur Pflegeplanung für Naturschutzgebiete: Diese erfolgt künftig nur fakultativ. Ich denke, dass wir auch das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes umsetzen und vor allen Dingen praktikabel machen, der zum Planfeststellungsbeschluss für die A-380-Werft entschieden hat, dass Pflegepläne, wenn sie denn da sind, nicht als Kompensationsmaßnahmen anrechnungsfähig sind. Das ist keine Pflege nach Kassenlage, sondern wir wollen, dass die Pflege von Naturschutzgebieten dauerhaft besser gewährleistet wird. Deswegen wollen wir in ihnen auch Kompensationsmaßnahmen durchführen.Durch diese Änderung des Gesetzes werden wir das auch schaffen.

Meine Damen und Herren, zu den Streuobstwiesen. Ich denke einmal, dass man hierzu anmerken sollte, dass die Streuobstwiesen bei der Verbändeanhörung eine besondere Bedeutung hatten und dass in dieser Diskussion emotionale Dinge nach oben gekocht sind. Ich möchte aber auch eindeutig sagen, dass wir das Bundesrecht 1 : 1 umsetzen; denn Streuobstwiesen sind im Bundesrecht auch nicht vorgesehen.Die unteren Naturschutzbehörden sind aber in der Lage, Streuobstwiesen unter Schutz zu stellen. Wir haben in der Fraktion darüber gesprochen, dass wir dieses Thema noch einmal überdenken wollen; denn Streuobstwiesen sind deshalb ein prägender Bestandteil unserer Landschaft geworden, weil sie genutzt wurden. Deshalb stellen wir uns die Frage, Streuobstwiesen durch Nutzung zu schützen. Ich glaube, dass wir da Ökologie und Ökonomie in Einklang bringen.

Meine Damen und Herren, noch einige Sätze zur Änderung des Hessischen Forstgesetzes. Auch in diesem Be

reich haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wie wir zu Verwaltungsvereinfachungen kommen. Wir haben auch festgestellt, dass eine nachhaltige Waldbewirtschaftung in Hessen und Deutschland seit 200 Jahren an der Tagesordnung ist und dass auch GFC-Zertifizierungen auf freiwilliger Basis von der Masse der Waldbesitzer – nämlich auf 87 % unserer Waldfläche – durchgeführt wurden. Das ist der Spitzenwert in der Bundesrepublik Deutschland. Wir haben die forstwirtschaftliche Rahmenplanung deshalb gestrichen, weil das im Bundeswaldgesetz nicht mehr erforderlich ist und ein anderes Instrument geschaffen wurde, nämlich die Einführung der strategischen Umweltprüfung. Ich glaube, dass dies ein ordentliches Instrument ist, diese Dinge auch in Zukunft durchzuführen.

Bei der Anhörung stellte sich sicherlich auch die Frage, wie sich die Interessenvertreter hierzu geäußert haben. Ich glaube, dass wir diese Dinge nach vorne bringen können. Auch die Verwendungsmöglichkeit der Walderhaltungsabgabe war ein Thema. Wir wollen einen Teil dieses Geldes der Stiftung Natura 2000 zuführen, d. h. mit den Erträgen Vertragsnaturschutz im Wald finanzieren. Diese Stiftung wurde eigens dafür gegründet, und ich glaube, dass das der richtige Weg ist.

Meine Damen und Herren, wir haben in einer der letzten Forstgesetzänderungen den Kommunen Wahlfreiheit gegeben, wie sie die Bewirtschaftung ihres Waldes durchführen wollen,entweder durch staatliche Bewirtschaftung wie z. B. Hessen-Forst oder privat. Obwohl damals viele meinten, dass das eine fluchtartige Bewegung aus dieser Bewirtschaftung gebe, haben nur wenige Kommunen gekündigt. Das heißt, Hessen-Forst ist ein hervorragender Dienstleister, und wenn das für die Kommunen richtig ist, dann ist es auch für die Waldeckische Domanialverwaltung, den größten hessischen Kommunalwaldbesitzer, richtig, diese Möglichkeit zu haben.

Meine Damen und Herren, im Regierungsprogramm haben wir auf die Bedeutung der forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse hingewiesen, vor allem für den kleinen Privatwald und den Körperschaftswald. Das wollen wir beibehalten. Ich denke, dass wir das in dem Gesetz verankert haben.

Mit dieser Novelle wollen wir erreichen, dass hessische Natur europäisch effizient und bürgernah geschützt wird. Die Änderung des Naturschutzrechts und des Forstrechts mit dem Abbau von staatlichen Kontrollen und Verwaltung wird die Qualität nicht beeinträchtigen. Wir wollen, wie ich schon sagte, den Grundsatz „Kooperation statt Konfrontation“ und den Vorrang des Vertragsnaturschutzes. Alle Waldbesitzer in Hessen, zumindest 87 %, lassen sich freiwillig zertifizieren. Das zeigt, dass ein geringeres Maß an staatlicher Regelung ausreicht, um einen hochwertigen Naturschutz in Hessen sicherzustellen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Kahl das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, auch durch Ihre Rede konnte nicht

verschleiert werden, dass der Gesetzentwurf, den Sie vorlegen, ein reines Naturschutzabbaugesetz ist.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will auf ein Problem hinweisen.Vor Kurzem haben Sie die Siegerehrung „Unser Dorf“ vorgenommen.Wir waren gemeinsam in Bad Wildungen. Da wird ein Ort mit dem ersten Preis geehrt, der die Ehrung deswegen bekommen hat, weil er Naturschutz in Ortsnähe durch das Anlegen von Streuobstwiesen usw. betreibt.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Weiter so!)

Gleichzeitig wird über Ehrenamtlichkeit im Naturschutz und über Ehrenamtlichkeit insgesamt geredet. Wie mögen die sich vorkommen, wenn sie diesen Gesetzentwurf lesen? Was das heißt, will ich Ihnen anhand einer kleinen Pressemitteilung deutlich machen, die zeigt, was Naturschützer dazu sagen, z. B. der Naturschutzbund in Waldeck-Frankenberg.

Neben Streuobstwiesen sollen auch landschaftsprägende Alleen, Trockenmauern, Feldgehölze und Hecken sowie markante Einzelbäume ihren Schutz verlieren. „Wir haben uns in unzähligen Arbeitseinsätzen engagiert, Streuobstwiesen, Trockenmauern und mehr anzulegen“,berichtet...[der Vorsitzende] „Mit dem Gesetz wird mehr an Natur und Landschaft zerstört, als wir in 40 Jahren Naturschutzarbeit leisten konnten.“ Auch werde es in Zukunft kaum noch möglich sein, Ehrenamtliche, insbesondere Jugendliche, für den Naturschutz zu erwärmen.

Meine Damen und Herren,Sie sollten das ernster nehmen und Ihren Gesetzentwurf deutlich verändern.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldung,Frau Kollegin Hammann,Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Minister Dietzel, das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Wenn Sie hier am Pult sagen, Sie würden die bundesrechtlichen Vorgaben 1 : 1 umsetzen, dann muss ich Ihnen wieder sagen: Das ist unwahr, Herr Minister.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das kann man an zwei Beispielen deutlich machen. Sie haben das Wiederherstellungsgebot nicht in das Gesetz übernommen, und Sie haben den Biotopverbund in dem Ausmaß, wie er im Bundesnaturschutzgesetz geregelt wird, auch nicht vorgenommen. Für andere Bereiche gilt dies ebenfalls. Sie sagen, Sie wollen 1 : 1 umsetzen. Aber warum tun Sie es nicht? Die Vorlagen auf Bundesebene sind da. Das Bundesnaturschutzgesetz gibt es.

Ich habe mich auch deshalb noch einmal gemeldet, weil man es Ihnen als Naturschutzminister nicht ersparen kann, Ihnen zu sagen, dass Ihre Entscheidungen in die fal

sche Richtung gehen. Wenn Sie die großen Landschaftsschutzgebiete wegnehmen, wenn Sie sagen, dass die FFHGebiete dadurch, dass sie fast deckungsgleich sind – so wird es zumindest behauptet –, den Schutz für diese Gebiete gewährleisten werden, muss ich Ihnen sagen: Das stimmt nicht. Mit Ihrem Gesetz nehmen Sie einen Großteil des Gesamtschutzes in Hessen weg. Die FFH-Richtlinie beinhaltet bestimmte Leitarten. Das wissen Sie auch. Auf Hessen heruntergezoomt sind es ungefähr 170 Tierarten. Wir haben in Hessen aber ca. 40.000 Tierarten. Das heißt, die Naturschutzgebietsschutzverordnungen schützen mehr als die Tierarten,die Sie über FFH schützen wollen.

Was sind Sie für ein Naturschutzminister, wenn Sie das fachlich nicht richtig bewerten und nicht die richtigen Regelungen einleiten?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ein letzter Punkt, der mir am Herzen liegt. Es gibt die Aussage: Die Pflegepläne machen wir nicht mehr, weil kein Geld da ist, und Pflege geschieht nach Kassenlage. – Sie sagen, Sie wollen dafür die Kompensation in die Naturschutzgebiete hineinlenken.

Meine Damen und Herren, 3 % der Fläche sind Naturschutzgebiete. Ich finde, es ist blanker Hohn, wenn Sie Kompensationsmaßnahmen in Naturschutzgebiete hineinlenken wollen. Denn jede Kompensation setzt einen Eingriff voraus. Wie viele Eingriffe, wie viel Naturzerstörung müssen zugelassen werden, damit künftig die Pflege in den Naturschutzgebieten gesichert wird?

(Bernhard Bender (SPD): Das ist ein Witz!)

Das ist eine absolut falsche Entscheidung von Ihrer Seite.

Meine Damen und Herren, stampfen Sie dieses Gesetz ein, nehmen Sie es zurück; denn es bringt unseren Naturschutz nur rückwärts und nicht vorwärts. – Danke.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Minister.

Sehr geehrter Herr Kahl, ich kann mich gut an die Veranstaltung „Unser Dorf“ mit Siegerehrung in Bad Wildungen erinnern, bei der wir am letzten Sonntag waren. Sie sprechen von Altenlotheim, das in unserem Kreis und in Ihrem Wahlkreis liegt. Die Begründung bezog sich möglicherweise auf den Bereich Streuobstwiesen. Aber die Hauptbegründung war eine andere.

(Reinhard Kahl (SPD):Auch!)

Die Meinung der Altenlotheimer zum Nationalpark hat sich völlig verändert. Ursprünglich gab es eine 70-prozentige Ablehnung, und jetzt gibt es eine große Zustimmung.

Sie haben den Bereich Streuobst angesprochen, und dazu hatte ich schon gesagt, dass die unteren Naturschutzbehörden in der Lage sind, Streuobstwiesen als Biotop festzustellen und sie dann unter Schutz zu stellen. Wie ich schon sagte, werden wir hier eine Veränderung vornehmen.

(Reinhard Kahl (SPD): Da bin ich einmal gespannt!)

Frau Hammann, wir sind der Meinung, dass dieses Gesetz eine 1 : 1-Umsetzung von europäischem und Bundesrecht in hessisches Recht ist. Dazu stehen wir. Wir sind auch überzeugt davon, dass es so ist.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Dann müssten Sie es einmal lesen!)

Sie haben auch die FFH-Gebiete angesprochen. Ich nenne nur einmal die Entwicklung. Als ich Minister wurde, hatten wir hier 1,9 % der Landesfläche mit Vogelschutzgebieten. 3,5 % der Landesfläche waren FFH-Gebiete.Jetzt haben wir Natura-2000-Gebiete auf 20,9 % der Landesfläche. So ist die Entwicklung gewesen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren,es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Dann müssen wir den Beschluss fassen, dass der Gesetzentwurf nach der zweiten Lesung zur Vorbereitung der dritten Lesung dem Umweltausschuss überwiesen wird. Wird dem widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 53 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Drittes Gesetz der Änderung des Heilberufsgesetzes – Drucks. 16/6091 zu Drucks. 16/5753 –

Es soll keine Aussprache durchgeführt werden.

Berichterstatter ist Herr Kollege Bocklet.Ich bitte um seinen Bericht. – Herr Kaufmann, bitte schön.