(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Schutzziele sind doch ganz andere! – Reinhard Kahl (SPD): Vielleicht weiß der Heidel, was das für den Naturpark bedeutet!)
Frau Hammann, hören Sie doch auf, uns mit Ihrer charmanten Art immer Moralin in die Suppe zu spucken.
Wenn in den Jahren 2004 und 2005 insgesamt 68 Landschaftsschutzgebiete gelöscht worden sind, dann kann ich zunächst prinzipiell nichts so Schlimmes daran finden, wenn jetzt 15 weitere – ich gebe zu, das sind großflächigere als die anderen, die ich eben benannt habe – gelöscht werden.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch einmal zusammenfassen. Ja, die FDP, nicht nur im Hessischen Landtag, ist dafür, dass in Hessen weiter ein sehr prononcierter Naturschutz organisiert wird. Wir sind der festen Überzeugung, dass dies nur erfolgreich sein kann, wenn wir unsere hessischen Mitbürgerinnen und Mitbürger dazu verleiten können, sie anleiten können, sie überzeugen können, dass sie mitmachen. Das können wir nur, wenn wir ihnen die Möglichkeit geben, zu verstehen, was wir machen – und nicht, indem wir inflationär alles mit irgendwelchen Schutzbelegen belegen. Das können wir nur, wenn wir z. B. bei den Streuobstwiesen deutlich machen, dass die Leute vor Ort genauso einen Schutz aussprechen können, dass es aber jedenfalls für die Natur nicht positiv ist,
wenn die Vergreisung eintritt und damit der Naturschutzeffekt und der Umweltschutzeffekt weggenommen werden.
Eine letzte Bemerkung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht schon so weit, dass sich die Naturschutzverbände in Hessen derartig von den Menschen entfernt haben. Ich will jetzt nur auf die Blockadehaltung hinweisen, die die Verbände im Zusammenhang mit wichtigen Straßenbauprojekten haben.
Ich will nur darauf hinweisen, was der Bürgermeister von Hessisch Lichtenau von diesem Pult aus in der Plenarsitzung vor dem Hessentag gesagt hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dann sage ich: Natürlich müssen wir die Naturschutzverbände ernst nehmen. Aber wir nehmen auch andere ernst. Wir sind zunächst einmal für die Menschen und nicht für die Verbände da. – Vielen herzlichen Dank.
Nein,es ist eigentlich eher ein sachlicher Punkt.Herr Abg. Hahn, ich finde, es wäre gut, Sie würden von den Dingen reden, von denen Sie etwas verstehen.
Es handelt sich bei den Gebieten, die aus Landschaftsschutzgebieten gelöscht werden, um ausgegrenzte, einzelne Teillöschungen in größeren Landschaftsschutzgebieten, wo für eine bestimmte Bebauung oder einen bestimmten gewerblichen Zweck eine kleine Fläche herausgenommen wird. Diese ganzen Teile machen nicht einmal 1 Promille der Gesamtfläche eines der großen Landschaftsgebiete aus. Sie vergleichen Stecknadeln mit Hochhäusern.
Uns geht es im Kern darum, dass die Landschaft in ihrer Gesamtheit für die Menschen geschützt bleibt.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der heutigen zweiten Lesung möchte ich noch einmal die Ziele der Hessischen Landesregierung klarmachen: Erstens. Wir wollen das Bundesrecht umsetzen und das, was mit dem Naturschutzgesetz im Jahre 2002 gekommen ist. Zweitens. Wir wollen europäisches Recht umsetzen, das mit der FFH-Richtlinie bei uns angekommen ist. Drittens.Wir wollen das Naturschutzrecht vereinfachen, und zwar nach dem Grundsatz „Kooperation statt Konfrontation“.
Meine Damen und Herren, ich gebe zu, am 6. September hat eine durchaus sehr lebhafte Verbändeanhörung im Hessischen Landtag stattgefunden. Sie hat gezeigt, dass die Naturschutzverbände gut aufgestellt sind. Ich sage Ihnen trotzdem: Es gab in Hessen noch nie so viel Naturschutz wie heute.Auch Frau Kollegin Apel hat das in hervorragender Weise dargestellt.
Deswegen stellt sich die Frage: Wo wird Naturschutzpolitik gemacht? – Die Antwort lautet: mehr und mehr in Brüssel von der Europäischen Union. Das mag für einen Landespolitiker schmerzlich sein; das mag für einen Funktionär eines Umweltverbandes ernüchternd sein, aber man muss sich auch fragen,wie diese Dinge – die Europäisierung der Naturschutzpolitik, dass die Naturschutzverbände mit Schattenlisten in Richtung Europäischer Union unterwegs waren, dass bei der Europäischen Union ständige Beschwerden angekommen sind und dass sie insgesamt,ich habe das Gefühl,gute Kontakte zur EUKommission gehabt haben – zustande gekommen sind.
Meine Damen und Herren, wenn wir uns über den Vogelschutz, die FFH-Richtlinie oder das Netzwerk Natura 2000 unterhalten, dann denke ich, dass wir in Hessen unsere Hausaufgaben gemacht haben: 14,7 % der Landesfläche sind Vogelschutzgebiete; 9,3 % der Landesfläche sind FFH-Gebiete und 20,9 % der Landesfläche sind Natura-2000-Gebiete, die sich mit den FFH-Gebieten etwas überschneiden. Das sind über 440.000 ha oder insgesamt 639 Gebiete.
Wenn wir uns weiterhin darüber unterhalten, dass es eine Kostenschätzung des Sachverständigenrates für Umweltfragen gibt und dass Verwaltung und Pflege von Natura2000-Gebieten pro Hektar und Jahr 126 c kosten sollen, dann sind wir uns darüber einig, dass das billiger sein muss; denn wir haben keine 55 Millionen c zur Verfügung.
Die Diskussion über FFH-Gebiete geht weiter. Viele haben mitbekommen, dass der Europäische Gerichtshof am 10.Januar ein Urteil gefällt hat,das nach unserer Meinung weitreichende Folgen für die Planung von Straßenbauoder Infrastrukturmaßnahmen haben wird,was aufwendigerer, teurerer, untersuchungstieferer und größerer Untersuchungsräume bedarf.
Meine Damen und Herren, der Naturschutz nimmt in der heutigen Umweltpolitik eine zentrale Rolle ein. Das Naturschutzrecht ist in seiner Bedeutung gewachsen und stellt sicher, dass bei Planungen ökologische Belange berücksichtigt werden.
Noch einmal zum Urteil vom 10. Januar dieses Jahres, das für uns sicherlich große Probleme machen wird, zum einen für die Verwaltung,aber auch für die Land- und Forstwirtschaft. Das bedeutet auch zusätzliche Aufgaben für das Land, nämlich dass wir weitere Arten untersuchen müssen.
Meine Damen und Herren, wir werden vor allen Dingen sicher auch das Bundesrecht anpassen müssen, und wir werden über eine Änderung des europäischen Rechts auch unsere Bundespolitiker in Gang setzen müssen, um hier zu einer ordentlichen Lösung zu kommen.
Es wird uns vorgeworfen, dass wir uns nur auf die Erfüllung bundespolitischer oder europäischer Aufgaben konzentrierten.
Das Ziel unserer Politik in Hessen ist es,europäisches und Bundesrecht 1 : 1 umzusetzen. Das wollen wir, und dazu stehen wir auch.
Meine Damen und Herren, wenn wir uns über die Deregulierungspolitik unterhalten, sind alle der Meinung – –
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Petra Fuhrmann (SPD): Die CDU-Fraktion ist zu laut!)
Nach dieser Selbsterkenntnis akzeptiere ich das. – Ich bitte die CDU-Fraktion, etwas mehr leise zu sein als die SPD-Fraktion. – Danke schön.
Meine Damen und Herren, von einer Deregulierungspolitik müssen alle Bürger zum einen erwarten, dass sich der Staat zurückzieht und dass in diesen Bereichen die Bürokratie rückläufig ist; zum anderen hat auch die Anhörung wieder gezeigt, dass es in diesem Zusammenhang nicht nur um sachliche und praktische Lösungen geht, sondern dass man glaubt, die Interessen vertreten zu müssen, die einem am meisten nutzen.Deswegen hat mich der Verlauf der Anhörung auch nicht sonderlich überrascht.
Meine Damen und Herren, es gibt einige Punkte, die ich hier noch vortragen wollte: Das sind sicher die 15 großflächigen Landschaftsschutzgebiete. Allein im Jahr 2005 – das ist in der Diskussion hier auch schon angesprochen worden – gab es 61 Anträge auf Entlassungen aus diesen
Landschaftsschutzgebieten, die mit einem großen Verwaltungsaufwand durchgezogen werden sollen und in der Regel positiv beschieden werden. Ich meine, dass diese Dinge so nicht notwendig sind.Deswegen ist auch die Diskussion, dass dieser Bereich als naturschutzrechtlich schutzlos dargestellt wird, völlig falsch. Es gibt zwar das privilegierte Bauen, das heute z. B. auch schon für die Landwirtschaft erlaubt ist. Darüber hinaus müssen aber Bebauungspläne aufgestellt werden. Wir haben die Bauleitplanung, die strategische Umweltüberprüfung, das Bauleitverfahren, das Wasserrecht, das Artenschutzrecht und die FFH-Richtlinie. – Sie sehen, nach wie vor ist der Naturschutz nicht außen vor, sondern findet auch dann hinreichend Beachtung, wenn es kein Landschaftsschutzgebiet ist.
Meine Damen und Herren, es ist interessanterweise auch in der Diskussion gewesen, dass Landschaftsschutzgebiete gebraucht würden, um Windkraftanlagen zu verhindern. Ich denke zum einen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts in Gießen eine andere Sprache spricht; und wenn ich zum anderen sehe, dass in den 15 Landschaftsschutzgebieten, die wir haben, nur im Schutzgebiet Diemelsee und in der Rhön keine Windkraftanlagen stehen, jedoch in allen anderen – ich denke nur an den Vogelsberg, wo wir diese in erheblichem Maße haben –, dann gilt diese Argumentation sicherlich nicht.
Es ist auch nicht so, dass die zehn hessischen Naturparks aufhörten zu existieren.Aus meinem Hause ist am 28.Juni 2006 ein Erlass herausgegangen, mit dem diese in der vorgesehenen Weise nach dem Hessischen Naturschutzgesetz erklärt werden.
Meine Damen und Herren,nun zur Pflegeplanung für Naturschutzgebiete: Diese erfolgt künftig nur fakultativ. Ich denke, dass wir auch das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes umsetzen und vor allen Dingen praktikabel machen, der zum Planfeststellungsbeschluss für die A-380-Werft entschieden hat, dass Pflegepläne, wenn sie denn da sind, nicht als Kompensationsmaßnahmen anrechnungsfähig sind. Das ist keine Pflege nach Kassenlage, sondern wir wollen, dass die Pflege von Naturschutzgebieten dauerhaft besser gewährleistet wird. Deswegen wollen wir in ihnen auch Kompensationsmaßnahmen durchführen.Durch diese Änderung des Gesetzes werden wir das auch schaffen.