Protocol of the Session on March 28, 2019

eigentlich geschlechtergerechte Gestaltung im öffentlichen Raum – Stichwort Stadtentwicklung und Co.? Vom Verkehr bis hin zu dem, wie ein Gebäude aussieht. Dann ein ganz großes Thema die Entwicklung von Gender-Budgeting. Wir waren extra in Wien und haben uns das angesehen.

Daten, Zahlen, Fakten, Ziele, Abgleiche, Kontrollen, Auswertungen: Nichts! Die Datenlage lässt zum Teil auch zu wünschen übrig. Ich möchte jetzt auf diesen Zusammenhang zu sprechen kommen, bei dem so etwas wie die Eiswette und das Schaffermahl nur eine Art Ausdruck dessen sind, wie es aussieht. In dem Zusammenhang habe ich aus dem Ressort Zuschriften bekommen. In denen stand: Von mir wird viel verlangt, ich muss mich sehr anstrengen, weil ich etwas aufschreiben muss zu Gender-Mainstreaming und der Frage, wie wirkt sich die Maßnahme auf Frauen und Männer aus. Gleichzeitig laufen unsere Senatoren zur Eiswette und zum Schaffermahl. Das halte ich in dem Fall überhaupt nicht für motivierend.

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Das waren Rückmeldungen. Ja, ich finde verständlich, dass das Frauen aufstößt, weil es natürlich etwas ist, bei dem man sieht, dass es Prozesse gibt, bei denen das ganz anders funktioniert. Ich sage ganz ehrlich, es gibt frauenpolitisch wirklich wichtigere Themen. Das möchte ich keinesfalls bestreiten. Das hatte auch Antje Grotheer gestern angesprochen. Es ist aber ein Ärgernis, dass man sich immer wieder damit auseinandersetzen muss.

Die Auseinandersetzung ist uns zum Teil aufgezwungen worden. Es ist ein offener diplomatischer Affront gewesen, und ich meine, im Grunde genommen kann sich der Präsident der Eiswette sonst wohin begeben, aber wirklich nicht mehr mit solchen Ausreden in unsere Stadtgesellschaft. Das ist eine einzige Frechheit!

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Es war eine Äußerung, und danach kann man nicht sagen, man geht zur Tagesordnung über, oder wir wollen damit nichts mehr zu tun haben. Das, was mich so daran ärgert, ist die Tatsache, dass Bremen nicht so ist, wie es im Rahmen von Schaffermahl und Eiswette dargestellt wird. Das ist etwas, was ich in dem Zusammenhang wichtig finde. Wir sind eine moderne, offene Stadtgesellschaft, und das verträgt sich schlichtweg damit nicht. Wir sind heraus aus dem 20. Jahrhundert. Wir haben so etwas wie Frauenemanzipation.

Ich weiß, ich lästere und ich ärgere mich über zu wenig Fortschritt. Das ist dem aber wirklich nicht angemessen, und deshalb möchten wir nicht mehr bundesweit mit Berichten über Männervereine in der Zeitung stehen und dem, dass sie das in Bremen und Bremerhaven nicht anders vermarkten können, weil, und das ist der andere Punkt, man sagt, in Ordnung, natürlich könnt ihr auch eure Frauenveranstaltungen machen.

(Abgeordnete Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen]: Das bringt doch nicht so viel Geld!)

Ja, genau. Macht, Einfluss, entsprechende Positionen. Auch das, was ökonomisch verhandelt wird, wird in diesen Runden erörtert. Das darf man nicht vergessen. Deswegen finde ich es wichtig, aus diesem Grunde haben wir diesen Antrag gestellt, und darin sind zwei Dinge entscheidend: Erstens, das muss der Senat klarstellen: Er geht dort nicht mehr hin! Die können feiern, wo sie wollen, sie können auch machen, was sie wollen, dass ist alles in Ordnung. Aber es ist etwas, von dem ich finde, dass Vertreter unseres Senats dort nichts mehr verloren haben. Sie gehen nicht als Privatperson dort hin, das darf man nicht vergessen.

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Der Senat sollte dafür auch nicht mehr das Rathaus zur Verfügung stellen. Wir haben diesen Antrag schon einmal vor vier, fünf Jahren gestellt, wir hatten auch diese Debatte, es war schwierig. Die Veranstaltungen können stattfinden, wo sie möchten, aber bitteschön nicht mehr im Rathaus.

(Beifall DIE LINKE)

Dem Antrag der Koalition können wir dagegen nicht zustimmen. Ich sehe die gute Absicht. Aber der Beschluss läuft doch darauf hinaus: Wenn die Veranstalter der Eiswette sagen, in Ordnung, beim nächsten Mal würden wir auch die Bürgermeisterin einladen, dann ist alles gut. Das sehe ich so nicht. In dem Antrag heißt es definitiv, es geht um den Ausschluss von Frauen als Repräsentantinnen Bremens. Das ist mir zu wenig. Es geht um den Frauenausschluss, der ganz, ganz grundsätzlich nach außen getragen wird. Das will ich nicht, und das reicht mir auch nicht.

(Beifall DIE LINKE)

Das würde gegenüber den anderen Frauen auch fair sein. Ich möchte nicht, dass wir unseren Töch

tern sagen können, wenn du dich über frauenfeindliches Verhalten beschwerst, und es ändert sich nichts, dann musst du daraus auch die Konsequenzen ziehen. Das wäre nämlich eine zweifelhafte Lösung, und genauso ist es hier auch. Wir müssen eine Grenze ziehen, die Zeit für solche Festivitäten ist abgelaufen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte in dem Zusammenhang auch noch einmal daran appellieren, und das schließt an den Anfang an: Wir haben Fortschritte, wir haben gute historische Erfahrungen gemacht. Wir waren einmal federführend, wir haben Maßstäbe gesetzt. Die Zeiten sind vorbei. Im Grunde genommen sind wir mit unserem Gender-Mainstream-Prozess nicht auf der Höhe der Zeit. Das ist etwas, was wir dringend brauchen. Es ist, was den Prozess anbelangt, und das Schaffermahl ist da nur eine Fußnote, eine Standortpolitik, die wir brauchen.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn wir diese Symbolik ausstrahlen, wenn wir da nicht weiterkommen, ist das ein Riesenproblem für Bremen, und ich werde nicht müde werden, an allen Ecken und Enden, das reicht von der Wohnungs- zur Arbeitsmarktpolitik, in der Bildungspolitik, wo wir hinschauen, bis hin zur Kitaversorgung und, und, und, – –. Wir müssen ausstrahlen, dass wir in der Lage sind zu sagen, wir sind modern, es ist eine emanzipatorisch auf der Höhe der Zeit befindliche Stadt. Dafür hat sie etwas zu tun, das kostet Ressourcen, und dafür müssen wir uns einsetzen. – Vielen Dank!

(Befall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Dertwinkel.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Ich mache weiter mit GenderMainstreaming. Wir haben im Ausschuss eine große Anhörung zu der Umsetzung von GenderMainstreaming in der bremischen Verwaltung gehabt, und aus jedem Ressort teils die Hausspitzen und die Gleichstellungsbeauftragten angehört.

Für mich war es auf der einen Seite erschreckend, auf der anderen Seite aber auch nicht verwunderlich. Leider verstehen nämlich viele Menschen und auch größtenteils die Ressorts unter Gender

Mainstreaming, es wurde an der einen oder anderen Stelle auch schon erwähnt, nach wie vor die Durchsetzung einer Frauenquote und die allgemeine Frauenförderung. Ich habe deswegen einmal zur Erörterung aus dem Duden die Definition von Gender-Mainstreaming herausgesucht: Gender-Mainstreaming ist die Verwirklichung der Gleichstellung von Mann und Frau unter Berücksichtigung der geschlechtsspezifischen Lebensbedingungen und Interessen und nicht nur Frauenförderung und Frauenquote.

Mit den Handlungsempfehlungen in den Fortschrittsberichten setzt sich der Senat Ziele, die im darauffolgenden Bericht dann überprüft werden. Die Handlungsempfehlungen aus dem vierten Fortschrittsbericht, so mussten wir jetzt wieder lernen, werden auch oder wurden auch nur teilweise umgesetzt. Da fragt man sich allen Ernstes, wieso dann in der Antwort zu Frage eins der Großen Anfrage der Fraktion der FDP steht, dass Bremen die Europäische Charta nicht unterzeichnet, weil man bereits 2002 Gender-Mainstreaming als verpflichtende Gesamtstrategie für das Land Bremen beschlossen und 2003 ein Konzept für dessen Umsetzung vorgelegt hat, wenn diese Maßnahmen und Verpflichtungen nicht auf fruchtbaren Boden treffen.

Nach wie vor sind Defizite vorhanden, und da müssen wir nicht allzu weit schauen. Wenn man sich allein die Genderprüfung in den Vorlagen in Deputationen und Ausschüssen ansieht, ist meiner Meinung nach noch viel zu oft der uns allseits bekannte Satz: „Diese Vorlage hat keine genderrelevanten Auswirkungen.“ zu lesen. Wenn der Senat GenderMainstreaming schon nicht umsetzt beziehungsweise anwendet, dann darf er auch nicht von Institutionen, Unternehmen und Gesellschaften erwarten, dass sie es tun.

Ich gebe dem Senat so weit recht mit seiner Aussage in der Antwort zu der Anfrage drei der Großen Anfrage der Fraktion der FDP, dass die Beschlüsse zur Einführung von Gender-Mainstreaming in der Verwaltung und des LGG als Orientierung für die Gleichstellungspolitik eigentlich reichen sollten. Jedoch zeigt es keine Wirkung, sagte ich gerade schon, beziehungsweise ist es anscheinend mit Gesetzen allein nicht getan. Das zeigt auch der offene Brief der Frauenbeauftragten des Landes Bremen, den wir im Gleichstellungsausschuss erhielten.

In dem Brief heißt es, ich zitiere: „Nach 29 Jahren LGG im Land Bremen ist es Realität, dass erstens

das Bewusstsein für die Zuständigkeit und die Verantwortung für die Umsetzung des gesetzlichen Auftrags zur Gleichberechtigung von Frau und Mann in vielen Köpfen, insbesondere von Entscheiderinnen und Entscheidern fehlt, und dass es zweitens an vielen Stellen im bremischen öffentlichen Dienst gesellschaftsfähig ist, sich über Frauenförderungs- und Gleichberechtigungsbelange hinwegzusetzen.“

Als konkrete Maßnahmen, um der schleppenden Umsetzung von Gender-Mainstreaming in der Verwaltung entgegenzuwirken, nennen die Frauenbeauftragten in ihrem Brief zum Beispiel, verpflichtende Schulung für Vorgesetzte anzubieten. Ich verstehe deswegen ehrlich gesagt nicht, wieso das nicht geschieht, wenn doch in Antwort neun der Großen Anfrage der Fraktion der FDP aufgeführt ist, dass gerade die Hausleitung und Führungskräfte die Strategie des GenderMainstreamings mitzudenken und umzusetzen haben. Es macht für mich keinen Sinn.

Ein gelungenes Beispiel für GenderMainstreaming und eine genderspezifische Umsetzung möchte ich an dieser Stelle jedoch kurz nennen. Es geht um die Konzeptentwicklung für Begegnungsstätten für ältere Menschen, die im Bericht auch beschrieben ist, oder das Beispiel ist dort beschrieben. Hierbei wurde nämlich festgestellt, dass die Begegnungsstätten hauptsächlich von Frauen genutzt werden. Bei der weiteren Planung und konzeptionellen Weiterentwicklung wurde dann nach Ansätzen gesucht, wie auch mehr Männer angesprochen werden können, die Begegnungsstätten zu besuchen.

Ich finde, das ist ein gutes Beispiel für die Umsetzung von Gender-Mainstreaming und verdeutlicht, dass im Zweifel nicht nur Frauen von GenderMainstreaming profitieren. – Dafür danke ich dann für die Aufmerksamkeit in der zweiten Runde!

(Beifall CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Bergmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme jetzt zum Bericht der ZGF: Dieses Team beeindruckt mich immer wieder. Mit Beharrlichkeit und unermüdlichen, teilweise hoch diplomatischen Aktivitäten trägt es Schritt für Schritt zur konkreten Umsetzung eines fairen gesellschaftli

chen Umgangs in Bremen bei. Wir Freien Demokraten freuen uns darüber. Dabei bemühen sie sich um parteipolitische Neutralität, sind aber in der Sache, wie es ihr Auftrag ist, durchaus einseitige Kämpferinnen für die Rechte von Frauen. Dies aber immer in dem Wissen, dass das Ergebnis letztlich ein Gewinn für alle Menschen in Bremen ist.

Kontinuierlich bleibt die ZGF dabei, einerseits gezielt Schwerpunkte zu setzen, wie zum Beispiel bei der Arbeit mit geflüchteten Frauen und, trotz am Arbeitsfeld gemessen knapper personeller Besetzung, eine Themenbreite zu bedienen, die von Mädchenarbeit über die Gesundheit der Frau, berufliche Frauenförderung bis hin zur Arbeit mit geflüchteten Frauen und Mädchen reicht. Ich hatte befürchtet, dass das nicht mehr bedient werden könne, aber das ist nicht der Fall. Als Fraktion der FDP bedanken wir uns bei Frau Wilhelm und ihrem Team für die engagierte, kompetente und beeindruckende Arbeit.

(Beifall FDP)

Weil es eine derart umfangreiche Debatte ist, fokussiere ich jetzt auf drei Themenfelder, denen nach unserer Einschätzung in Zukunft noch mehr Aufmerksamkeit zukommen sollte. Das erste ist der Gewaltschutz, genauer die häusliche Gewalt.

(Unruhe – Glocke)

Auch wenn wir jetzt Donnerstagnachmittag haben, bitte ich der Rednerin zuzuhören, weil das eine sehr wichtige Debatte ist. Bitte sehr, Frau Bergmann!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist in Anbetracht mancher Themen, die von untergeordneter Bedeutung sind, in meinen Augen nicht nachvollziehbar, dass ein solches Thema im Parlament nicht die Würdigung einer eigenen Debatte erhält. Gerade die Zahlen von häuslicher Gewalt und allem, das damit zusammenhängt sind alarmierend – dahinter stehen familiäre Dramen. Die meisten Täter gehen laut dem Bericht des Senats straflos aus der Situation heraus, die Verfahren werden eingestellt. Das ist ein unhaltbarer Zustand.

Hier besteht erhöhter Handlungsbedarf, denn es gibt immer noch Frauen, die in Angst leben und Tätergruppen, die am Weiterbestehen von Gewaltstrukturen interessiert sind. Wir haben dazu einen

Antrag eingebracht, der den Senat zu einer systematischen und strategischen Umsetzung der Istanbul-Konvention auffordert, indem er für Bremen eine passgenaue Strategie entwickelt. Die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD stellen mit uns gemeinsam den Antrag und wir bitten, diesem zuzustimmen.

(Beifall FDP – Vizepräsident Imhoff übernimmt den Vorsitz.)

Die Gruppe „Häusliche Gewalt“, die das Thema im Hause ZGF vorantreibt und sich fachlich tief eingearbeitet hat, berichtet differenziert über diese Arbeit. Der Ausschuss für die Gleichstellung der Frau stellt nun einen Dringlichkeitsantrag, in dem sie beziehungsweise wir, ich bin hier in einer Doppelrolle, darum bitten, dass diese Arbeitsgruppe von einem ressortübergreifenden Gremium überdacht werden soll.

Wir wollen uns diesem Dringlichkeitsantrag nicht entziehen und stimmen ihm zu. Allerdings wiederhole ich für die Fraktion der FDP, dass wir die Fachkompetenz und die vorhandenen Netzwerke und Strukturen bei der ZGF erkennen und dass diese im Thema häusliche Gewalt inhaltlich und in der Prozesssteuerung auch die Verantwortung tragen sollte. Das war es zum Thema Gewaltschutz.

Dann der zweite Punkt: Berufe, die vermehrt von Frauen gewählt werden, wie erzieherische, soziale und Gesundheitsberufe müssen attraktiver werden, Aufstiegschancen beinhalten und unter besseren Rahmenbedingungen stattfinden. Zum einen wegen der Beschäftigung selbst und zum anderen, weil wir als Gesellschaft in diesen Feldern einen steigenden Bedarf an Fachkräften haben.