Protocol of the Session on February 27, 2019

Wissenschaftsplan 2025 Mitteilung des Senats vom 12. Februar 2019 (Drucksache 19/2036)

Dazu als Vertreterin des Senats Professor Dr. Quante-Brandt.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat der Abgeordnete Gottschalk das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle wissen, Bremen hat sich in den zurückliegenden Jahren zu einem hervorragenden, breit aufgestellten Standort für Wissenschaft und Forschung entwickelt. Wenn ich Bremen sage, meine ich hier ausdrücklich das Land Bremen, denn auch in Bremerhaven haben wir mittlerweile mit der Hochschule und mit einem beispiellosen Besatz an Forschungseinrichtungen einen sehr starken Standort für Wissenschaft und Forschung.

Trotzdem können wir nicht einfach sagen, weiter so, wir können uns zurücklegen. Wir müssen natürlich feststellen, wenn wir nach vorn schauen, es gibt auch Schwächen, es gibt Herausforderungen und es gibt mehr Potenziale. Wenn ich Schwächen sage, dann berühren die etwas, das auf den ersten Blick gut aussieht. Wir haben hier in Bremen die Universität, die die höchste Drittmittelfinanzierungsquote in der Bundesrepublik aufweist. Das ist aber nicht nur ein Ausweis von hervorragender Wissenschaft, sondern es ist natürlich auch ein Zeichen, dass die Grundfinanzierung der Hochschule, so wie sie ist, der Universität, nicht den Ausmaßen entspricht, die sicherlich wünschenswert wären.

Ein zweiter Punkt, den wir sehen müssen: Es kommen neue Herausforderungen auf die Hochschullandschaft zu, auf die Universitäten. Wir sehen, dass Wissenschaft und Forschung immer mehr auch zu einem Instrument des Wettbewerbes im wirtschaftlichen, im wissenschaftlichen Bereich wird. Wir sehen, dass wir technologische Umbrüche haben. Mit einer künstlichen Intelligenz kommen neue Anforderungen auf die Universitäten zu. Wir sehen, dass in anderen Bundesländern Bereiche, die für uns wichtig sind, wie in der Luft- und Raumfahrt, mit großen Programmen bestückt werden. Wir haben grundlegende Herausforderungen wie die Digitalisierung von Forschung und Lehre. Wir stehen vor der Herausforderung einer Europäisierung der Hochschulen. Dies alles ist von uns zu beantworten.

Der dritte Bereich, den wir auch sehen müssen: Wissenschaft und Forschung sind immer weniger eine abgekapselte Lehr- und Forschungsanstalt. Sie werden immer mehr zu einem bedeutenden Faktor für die wirtschaftliche und die gesellschaftliche Entwicklung.

Das sind drei große Komplexe an Herausforderungen. Der Wissenschaftsplan, der uns am 12. Februar vorgelegt und an die Bürgerschaft weitergereicht wurde, ist die Antwort auf diese und auch auf

weitere Herausforderungen, vor denen wir in diesem Bereich stehen. Ich denke, es ist eine kühne Antwort auf das, was wir in den nächsten Jahren machen wollen.

Bis 2025 ist geplant, dass die Ausgaben im Wissenschaftsbereich von derzeit um die 350 Millionen Euro, auf rund 540 Millionen Euro gesteigert werden sollen.

(Beifall SPD)

Das ist eine Steigerung von über 50 Prozent und mit Sicherheit eine weitaus größere Steigerung, als wir insgesamt in den Haushalten haben werden. Das heißt, wir haben ein klares Zeichen gesetzt, welche Bedeutung wir diesem Wissenschaftsbereich zumessen.

Wenn man sich die einzelnen Sparten in unserer Zielsetzung anschaut, dann sind sicherlich vor allem drei Linien hervorzuheben. Als erstes: In der Umsetzung gerade bei der Besetzung von Professorenstellen, zeigen wir, dass wir an dem Anspruch einer nicht nur hervorragenden, sondern auch an einer exzellenten Forschung hier im Land Bremen, insbesondere an der Universität, festhalten. Es ist ein Bereich, in dem wir Erfolg haben, jetzt auch wieder mit dem MARUM, aber es bleibt für uns das große Ziel, in der nächsten Runde auch wieder den offiziellen Titel einer exzellenten Universität zu tragen. Das ist der erste Bereich.

Der zweite Bereich betrifft den Bereich Lehre. Hier ist darauf hinzuweisen, dass wir neben diesen Herausforderungen der Digitalisierung und der damit verbundenen Reorganisationen mit der stärkeren Orientierung auf ein forschendes Lernen, vor allen Dingen eine große Aufgabe angehen wollen, nämlich eine nachdrückliche Stärkung des Mittelbaus, der im Wesentlichen dann dazu führen wird, dass die Relationen in der Lehre für die Studierenden besser werden.

Und ein dritter, großer Bereich, den wir uns vornehmen, ist der Bereich der Stärkung des Transfers. Wir wissen, dass die Hochschulen, die Universität schon jetzt ein Motor oder auch immer noch ein Impulsgeber für die wirtschaftliche und wissenschaftliche Entwicklung sind. Sie sind wesentlich dazu beitragende Institutionen für die Zuwanderung in unsere beiden Städte. Diese Funktion wollen wir nachdrücklich stärken. Das gilt insbesondere auch für Bremerhaven, wo wir das Ziel setzen, bis 2025 einen Aufwuchs bei den Studierenden zu bekommen auf 4 000 Studierende, 5 000 ist die Vision, die

wir darüber hinaus anpeilen. Liebe Kollegin, Sie wissen auch, es ist gar nicht so einfach, solche Studiengänge aufzubauen.

Insbesondere der Bereich des Transfers ist etwas, was noch mehr dazu beitragen soll, dass der Austausch zwischen der Gesellschaft, den Hochschulen und der Wirtschaft intensiviert wird – und zwar in beide Richtungen. Wenn wir von Transfer sprechen, dann beginnt das von den besseren Erklärungen darüber, was in Wissenschaft und Forschung eigentlich funktioniert, passiert, was erforscht wird, bis hin zu den Fragen von Forschungsprojekten, die über Drittmittel finanziert werden.

Wichtig ist uns dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht nicht nur um einen Transfer von Hochschulen und Universität zur Wirtschaft. Das ist sicherlich ein ganz wesentlicher Punkt für uns hier in Bremen, denn eine Sache muss uns bewusst sein: Wir stehen am Beginn des nächsten großen strukturellen Wandels. Wir haben hier mit den Hochschulen und der Universität ein Pfund in der Hand, um diesem Strukturwandel proaktiv zu begegnen. Die große Herausforderung wird sein, dass wir das auch nutzen.

Es bleibt aber nicht nur bei der Wirtschaft, sondern es geht auch darum, die anderen Bereiche miteinzubeziehen. Es geht um den Transfer zwischen Wirtschaft und den Hochschulen und dem Transfer mit unserer Zivilgesellschaft.

Einen vierten Punkt möchte ich auch noch ansprechen, der auch wesentlich für die Entwicklung in den nächsten Jahren ist, wir werden auch die Herausforderung angehen, in größerem Umfang Gebäude zu sanieren und neue Gebäude zu errichten, was insbesondere auch für die neuen Lehr- und Lernformen wichtig sein wird.

Insgesamt, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die erste Runde, denke ich, dass wir mit diesem Wissenschaftsplan ein starkes Programm auflegen, ein starkes Programm, ein Zukunftsprogramm. Ich hatte die Gelegenheit mit fast allen Dekanen an Universität und Hochschulen zu sprechen, es ist überall als ein starkes Signal angekommen. Darüber freue ich mich und dafür bedanke ich mich. – Dankeschön!

(Beifall SPD)

Als nächste Rednerin hat die Abgeordnete Strunge das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute den Wissenschaftsplan 2025, der die mittelfristige Entwicklung der Hochschulen darstellt und finanzielle Rahmenbedingungen vorgibt. Im Gegensatz zum letzten Wissenschaftsplan ist dieses Papier kein reines Spar- und Kürzungspapier. Das erkennen wir als Fraktion DIE LINKE durchaus an. Einige Hochschulen, insbesondere die Hochschule Bremerhaven, erhalten in den kommenden Jahren deutlich mehr Mittel. Das begrüßen wir, weil gerade in Bremerhaven zusätzliche Arbeitsplätze und zusätzliche Studierende für die gesamte Stadtentwicklung von sehr großer Bedeutung sind.

(Beifall DIE LINKE)

Man muss diese zusätzlichen Mittel und die neuen Personalzahlen aber doch auch in einen Kontext stellen. Die Hochschule Bremen wird 2025, trotz zusätzlichen Geldes, sogar weniger Vollzeitstellen haben, als im Jahr 2003. In der Zwischenzeit sind aber immer mehr Studierende in den Lehrveranstaltungen, das heißt im Klartext, die Qualität der Lernbedingungen wird im Schnitt verschlechtert. Das geht sowohl zulasten der Studierenden als auch zulasten der Beschäftigten.

(Beifall DIE LINKE)

Es gab zum Wissenschaftsplan 2025 umfangreiche Stellungnahmen. Ich möchte daraus zwei Zitate nennen: Der Wissenschaftsplan sei – Zitat – „der Beginn einer Reparaturphase von Schäden einer jahrelangen Sparpolitik“, meint der Personalrat der Hochschule Bremen. Der DGB sagt, der Plan sei eine – Zitat – „Rücknahme vergangener Fehlentscheidungen“. Das ist treffend formuliert, dem schließen wir uns an.

(Beifall DIE LINKE – Abgeordneter Gottschalk [SPD]: Ist das gut oder schlecht?)

Die Schuldenbremse hat vor allem unter dem damaligen SPD-Senator Willi Lemke katastrophale Kürzungen an der Universität und den Hochschulen gebracht. Studiengänge wurden geschlossen, zum Beispiel Behindertenpädagogik und Sport, die jetzt dringend gebraucht und mühsam wieder aufgebaut werden müssen. Die Politik war kurzsichtig und unverantwortlich. Durch diese Weichenstellung Mitte der Zweitausenderjahre wurde die Bremer Hochschule auch vom bundesweiten Niveau abgekoppelt. Bremen gibt aktuell nach offiziellen Statistiken pro Professur fast 100 000 Euro weniger

aus als der Bundesschnitt, vor allem weil die Ausstattung von Lehrstühlen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schlechter ist.

(Zuruf Abgeordneter Dr. Güldner [Bündnis 90/Die Grünen])

Deshalb ist es nun erklärtes Ziel des Wissenschaftsplans, diese Lücke wieder zu schließen. Aber kann das mit den zusätzlichen Mitteln gelingen? Reichen diese aus? Das bezweifeln wir. Alle Bundesländer erhöhen gegenwärtig gerade signifikant und vor allem stetig ihre Wissenschaftsausgaben.

(Abgeordnete Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir auch!)

Der Bundesschnitt wird also zukünftig auch steigen, während Bremen versucht, sich an einen Bundesschnitt aus der Vergangenheit anzugleichen. Schlimmer noch: Die Personalausstattung wird in Teilbereichen sogar verschlechtert. Das Verhältnis zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Beschäftigten in Verwaltung und Technik wird an der Universität von aktuell 1 zu 1 auf 1 zu 0,9 gesenkt. Um die Ziele im Bereich Diversity, Gleichstellung und lebenslanges Lernen zu erreichen, braucht man unbefristete Dauerstellen. Auch in vielen anderen Bereichen an den Hochschulen werden Daueraufgaben in der Wissenschaft über befristete Drittmittel finanziert, das wissen wir alle hier im Haus. Das heißt für die Beschäftigen immer wieder befristete Beschäftigungsverhältnisse, keine Planungssicherheit. Deshalb brauchen wir zwingend ein Entfristungsprogramm für Drittmittelstellen, das fehlt aber immer noch. Wir finden dieses Entfristungsprogramm vor allem deshalb so entscheidend, weil es ein elementarer Bestandteil ist, wenn man gute Arbeit an den bremischen Hochschulen fordert und jetzt darf auch meine Fraktion klatschen.

(Beifall DIE LINKE)

Die Situation der studentischen Hilfskräfte wird auch nur am Rande erwähnt und ist wenig konkret. Von einem Tarifvertrag ist hier überhaupt nicht die Rede. Und wer gerade beim Streik auf dem Marktplatz war, der hat mitbekommen, dass die studentischen Hilfskräfte für einen Tarifvertrag kämpfen werden, sie sind eine der größten Statusgruppen, ohne die an den Hochschulen vieles zusammenbrechen würde.

(Zurufe Abgeordneter Gottschalk [SPD], Abgeord- nete Böschen [SPD])

Sie haben mehr Geld im Portemonnaie verdient als die 9,19 Euro, die gerade auf dem Marktplatz zu Recht als lächerlich bezeichnet wurden.

(Beifall DIE LINKE)

Selbstverständlich, wenn man die studentischen Hilfskräfte besser vergüten will, dann müssen diese Mittel auch im Wissenschaftsplan 2025 vorgehalten werden.

(Beifall DIE LINKE)

Ich komme noch einmal zurück in der zweiten Runde. – Herzlichen Dank!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir reden über den Wissenschaftsplan 2025 und damit über einen wichtigen Bereich für Bremen, denn Bremen ist eine Stadt der Wissenschaft. Bremerhaven ist eine Stadt, die mit der Hochschule immer mehr auf Wissenschaft setzt, mit dem Alfred-Wegener-Institut und dem, was sich darum herum organisiert hat. Wir als Städte leben davon, dass wir hoch qualifizierte Menschen an unseren Hochschulen haben und hoch qualifizierte Menschen für Bremen, aber auch für den Bedarf weit darüber hinaus ausbilden, dass hier Forschungsergebnisse erarbeitet werden, die wir hier, aber auch anderenorts gut nutzen können und brauchen. Insofern stellt sich die Frage: Wird hier genügend getan? Wir können in der Tat feststellen – da bin ich auch ganz bei der Fraktion DIE LINKE –, dass in der Vergangenheit in dem Bereich unter den Notwendigkeiten der Haushaltskonsolidierung und den bestehenden Gegebenheiten zu stark gespart worden ist.

Aber mit diesem Wissenschaftsplan, das muss man anerkennen, ist gesagt worden, das Spardiktat wollen wir nicht, sondern wir wollen hier darauf setzen, dass wir eine Zukunftsperspektive für Bremen und Bremerhaven erarbeiten. Das können und wollen wir als Freie Demokraten unterstützen.

(Beifall FDP)

Das Problem am Ende des Tages ist: Hier steht ein Plan, dieser Plan muss ausgefüllt werden und wir wissen noch nicht, ob zukünftige Regierungen diesen dann auch mit Haushaltsmitteln hinterlegen

werden, ob die Haushaltsgesetzgeber, sprich die dann gewählten Parlamentarier, die am 26. Mai 2019 gewählt sind, dies auch entsprechend ausfinanzieren. Insofern ist dies ein Plan und das Wesen des Plans ist eine Veränderung und wir hoffen an der Stelle nicht auf Veränderung, sondern auf eine Ausfinanzierung des Wissenschaftsplans.