Protocol of the Session on April 26, 2018

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Dr. Lohse.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fand es, offen gestanden, originell, dass die FDP hier ein Thema aufgerufen hat, dass der Bremer Senat vor einem Jahr in Vorbereitung auf die Haushaltsgespräche begonnen hat, intensiv mit dem Ergebnis zu bearbeiten, dass wir Ihnen ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Entscheidung in den Haushaltsberatungen vorgelegt haben, das Sie vor einem halben Jahr positiv entschieden haben. Es ist das Programm Sichere und Saubere Stadt, und es sind die Verstärkungsmittel, die wir dafür veranschlagt haben.

Ich möchte Ihnen noch einmal kurz die Aufgaben des Programms erläutern. Ich komme im Rahmen meiner Ausführungen auch konkret auf den Antrag der FDP zu sprechen.

Zunächst einmal ist es so, dass Bremen – und das stellen wir durch Begehungen fest, die seit dem Jahr 2008 jährlich in den verschiedenen Stadtteilen durchgeführt werden – im Verhältnis zu anderen Städten auf den Straßen im Durchschnitt einen guten Sauberkeitszustand aufweist, aber eben nur im Durchschnitt. Sie haben es an verschiedenen Stellen thematisiert, es gibt bestimmte Hotspots. Nach dem ersten warmen Wochenende mit den Grillpartys am Osterdeich, am Werdersee und in den Parks sahen besonders Teile der Grünanlagen verheerend aus.

Wir haben aber auch Straßenzüge – Sie wissen es selbst, ob es beispielsweise im Bremer Westen ist oder in anderen Stadtteilen –, die vermüllen und bei denen wir das gemeinsame Interesse haben, Abhilfe zu schaffen.

In meinem Ressort gibt es bislang die Leitstelle Saubere Stadt, die zukünftig in der AöR Die Bremer Stadtreiniger aufgehen wird. Bei der Leitstelle Saubere Stadt sind in den vergangenen Jahren im Durchschnitt 3 000 bis 4 000 Beschwerden eingegangen. Das heißt, es sind im Durchschnitt pro Werktag, wenn Sie 200 Werktage rechnen, 15 bis 20 Beschwerden, die meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter pro Tag erreichen. In aller Regel versuchen sie dann schnell Abhilfe zu schaffen, in dem sie den UWB, die ENO oder Nehlsen benachrichtigen. In vielen Fällen gelingt das auch, aber wir wissen auch, dass es viele Orte gibt, man mag dort schon gar nicht mehr hinschauen, ob das an den Bahntrassen ist, in bestimmten Kleingartengebieten oder an bestimmten Autobahnstrecken, an denen, bis hin zu Gewerbemüll, wild abgelagert wird.

Um mit all diesen Dingen nach der langen Durststrecke der Haushaltskonsolidierung jetzt konzentriert beginnen zu können, haben wir – wie gesagt – die Verstärkungsmittel für den Haushalt eingeworben. Jetzt hat offenbar Frau Steiner eine Frage. Ich fahre anschließend fort, um das Ganze noch ein bisschen zu erläutern.

(Glocke)

Herr Senator, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Steiner?

Sehr gern, Herr Präsident!

Bitte, Frau Steiner!

Sie sprachen eben die eingehenden Beschwerden an. Können Sie ungefähr einen Zeitraum zwischen dem Eingang einer Beschwerde und der Beseitigung des Mülls nennen? Wir haben gehört, dass es manchmal sehr lange dauert, sodass Reifen, die gemeldet worden seien, tatsächlich doch in die Weser geworfen worden seien, bevor sich irgendjemand um sie gekümmert habe.

Ich kann Ihnen keine belastbaren statistischen Zahlen nennen. Ich habe mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Abteilungsrundgängen persönlich gesprochen und die Auskunft erhalten, dass sie in der Regel versuchen, dass sich jemand am Tag des Eingangs eines Hinweises der Angelegenheit annimmt. Es mag aber aufgrund der Vielzahl der Fälle sein, dass das nicht in jedem Fall gelingt.

Sehr schwierig ist aber auch – das vielleicht noch zum Verständnis -, dass die Bußgeldbescheide bei uns von einer kleinen Handvoll Mitarbeiter erlassen und die Bußgelder eingetrieben werden. Das ist ein endlos mühsames Geschäft. Das wird gleich noch einmal eine Rolle spielen, wenn ich konkret auf Ihren Antrag eingehe.

Zurück zu den Verstärkungsmitteln für die Sichere und Saubere Stadt. Es sollen hier konkret im Hinblick auf die Sauberkeit zusätzliche Reinigungsmaßnahmen und zusätzliche Kontrollen in den Stadtteilen durchgeführt werden. Es soll zusätzliche Öffentlichkeitsarbeit gemacht werden. Wir werden systematisch Graffiti schnell entfernen, damit nicht dort, wo ein Graffiti gesprüht worden ist, gleich anschließend das nächste Graffiti gesprüht wird. Es geht um die Wildkrautbeseitigung in Straßenräumen, die zuwuchern. Es geht auch um den Vollzug des Abfallortsgesetzes.

Diese Aufgaben werden mit dem Vertragsbeginn ab 1. Juli bei der Anstalt öffentlichen Rechts Die Bremer Stadtreiniger liegen. In der Anfangszeit ist vorgesehen, Mittel in Höhe von 2,2 Millionen Euro einzusetzen. Parallel wird beim Kollegen Mäurer der Ordnungsdienst seine Arbeit aufnehmen, der vor kurzem bei der Präsentation der Aktion „Bremen räumt auf“ vorgestellt worden ist. Es sind bereits vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorgestellt worden.

Wichtig sind auch Veränderungen in der Leistungsverpflichtung des neuen Straßenreinigungsvertrags. Der alte Vertrag läuft nach zehn Jahren aus, und der neue Vertrag ist jetzt abgeschlossen worden. In dem neuen Vertrag ist der Leistungsumfang der Straßenreinigung Bremen GmbH ausgeweitet worden ist, das heißt, es wird in den problematischen Straßen, die wir ja kennen, erhöhte Reinigungsfrequenzen geben. Die Leerungsfrequenz und die Anzahl der Straßenpapierkörbe – auch das ist ja immer wieder ein Thema – wird ebenfalls angehoben. Es wird zusätzliche Papierkörbe geben, die häufiger ausgeleert werden.

Wenn ich eines noch sagen darf: Frau Dr. Schaefer hat die Kehrwoche angesprochen. Die Bürgerinnen und Bürger sind auch in Bremen verpflichtet, den Gehweg vor ihrem Haus zu reinigen. Wenn Sie schauen, dann liegt vielfach der Müll auf den Gehwegen, und er bleibt dort auch liegen. Das heißt, es besteht eine Verpflichtung der Bremer Bürgerinnen und Bürger. Sie können die Bremer Bürgersteigreinigung oder ein anderes Unternehmen beauftragen, wenn sie sich von dieser Verpflichtung entledigen wollen. Es kosten ungefähr 20 Euro im Monat.

Diese Verpflichtung ist vorhanden. Wenn sie nicht durchsetzbar ist, dann wird man prüfen müssen, ob man es zukünftig anders regeln will, aber dann muss es auch von den Bürgern bezahlt werden.

(Glocke)

Herr Senator, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Dr. Schaefer?

Sehr gern, Herr Präsident!

Frau Dr. Schaefer, Sie haben das Wort!

Herr Senator, Sie haben vorhin den Ordnungsdienst angesprochen. Ich habe jetzt eine Frage zum Bußgeldkatalog. Herr Hinners hat das Bußgeld für 0,5 Liter Farbreste mit 20 Euro angesprochen. Wenn man sich den Bußgeldkatalog anschaut, dann stellt man fest, dass für die illegale Entsorgung eines Stuhls ein Bußgeld von 37,50 Euro fällig wird, die Nähmaschine kostet 100 bis 300 Euro und ein Pkw kostet 150 Euro.

Es ist also ein Missverhältnis vorhanden. Wird der Senat den Bußgeldkatalog überarbeiten?

Das ist eine völlig berechtigte Frage. Diese Situation hat ja auch der Abgeordnete Hinners zur Sprache gebracht. Er hat darauf hingewiesen, dass die Relation zwischen der Höhe verschiedener Bußgelder schon jetzt an der einen oder anderen Stelle Fragen aufwirft. Es ist so – und das ist vielleicht noch für das Verständnis wichtig –, dass der gemeinsame Erlass der Ressorts Inneres und Umwelt zum Bußgeldkatalog zehn Jahre alt ist. Das heißt, nach zehn Jahren kann man diesen Erlass gut und gern einmal wieder überarbeiten.

Er stellt eine Entscheidungshilfe bei der Bemessung der Bußgelder dar. Das heißt, die im Bußgeldkatalog genannten Regeln und Rahmensätze für die Bemessung der Geldbuße haben die Bedeutung einer Richtlinie, von der unter der Betrachtung des Einzelfalls nach oben oder nach unten abgewichen werden kann. Es kann sowohl die finanzielle Leistungsfähigkeit des Delinquenten als auch die Frage der Bewertung der konkreten Situation eine Rolle spielen. Das vielleicht noch einmal grundsätzlich zu diesem Katalog.

Es ist in der Tat so, wenn man jetzt einen Einzelfall herausgreift – wie es mit dem FDP-Antrag gemacht worden ist -, nämlich die Zigarettenkippe, und das mit dem Bußgeld für einen Müllsack vergleicht, der illegal in einer Grünanlage entsorgt worden ist, dann passt irgendetwas nicht zusammen.

Mir ist noch ganz wichtig, und es ist wohl auch entscheidend: Ich glaube, dass es gut ist, dass wir die Debatte heute führen. Es ist auch gut, dass wir uns klar machen, mit welchen Schritten wir die Situation nach und nach verbessern. Wenn der Ordnungsdienst seine Arbeit aufnimmt, dann wird er durch seine Präsenz eine präventive Wirkung erzielen. Er wird auch den einen oder anderen einmal auf die Schulter tippen und sagen: Heben Sie das bitte doch wieder auf!

Der Ordnungsdienst kann auch bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten Verwarngelder bis zu 55 Euro verhängen, die an Ort und Stelle kassiert werden. Das ist eine Schwelle, die wir nicht überschreiten dürfen, denn dann ist es keine geringfüge Ordnungswidrigkeit mehr. Wir würden allerdings den Ordnungsdienst daran hindern, auf dieser niedrigschwelligen Stufe sofort wirksame Maßnahmen zu ergreifen, die – und da bin ich mir sicher – sich herumsprechen werden. Zum einen haben die Betroffenen meistens 55 Euro in der Tasche, es kann also noch bezahlt werden, oder man kann es sich bei Freunden leihen, zum anderen ist es so, dass es anderen Betroffenen schon richtig weh tut. Ich bin

mir ziemlich sicher, dass es spätestens eine Wirkung haben wird, wenn es zum zweiten oder dritten Mal passiert ist. Es wird dann wohl nicht wieder passieren.

Wir sollten auf diese präventive Wirkung setzen, die der Ordnungsdienst haben wird, wenn er in der zweiten Jahreshälfte in voller Personalstärke am Start sein wird.

Herr Janßen, Sie hatten die Frage gestellt, ob mit dem Ordnungswidrigkeitsrecht die gemeinnützige Arbeit anstatt einer Geldbuße vereinbar ist. Nach meinen Informationen – ich bin kein Jurist – ist es nicht miteinander vereinbar, denn im Ordnungswidrigkeitenrecht ist die gemeinnützige Tätigkeit nur für Jugendliche und Heranwachsende vorgesehen, und sie kann nur nach ausschließlicher Entscheidung eines Richters nach § 98 des Ordnungswidrigkeitengesetzes verhängt werden. Das heißt, dieser Weg steht hier nicht offen.

Es ist im Übrigen eine bundesrechtliche Vorschrift, die wir nicht durch eine landesrechtliche Regelung verändern können.

Vielleicht noch zum zweiten Punkt des Antrags der FDP, eine landesweite Strategie zur Reduzierung des Mülls zu entwickeln! Die Abfallentsorgung in der Stadt ist eindeutig eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung. Das heißt, es bedarf hier keiner landesweiten Strategie. Ich kann hier wirklich nur an Sie appellieren, lassen Sie uns die Arbeit des Ordnungsdienstes beobachten, wenn er die Arbeiten aufgenommen hat. Lassen Sie uns die Arbeit begleiten und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge machen.

Ich glaube, dass wir den Bußgeldkatalog überarbeiten müssen. Wenn wir eines Tages dazu kommen, dass wir sagen, dass wir das Bußgeld an bestimmten Stellen drastisch erhöhen müssen, dann mag das richtig sein. Ich glaube, jetzt ist es zu früh, Entsprechendes zu beschließen. – Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 19/1613, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür FDP, Abgeordneter Tassis [AfD])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, BIW, Abgeordneter Schäfer [LKR], Abge- ordnete Wendland [parteilos])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Gesetz zur Anpassung von Vorschriften aus dem Bereich Inneres an die europäische Datenschutz-Grundverordnung und zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes Mitteilung des Senats vom 18. April 2018 (Drucksache 19/1624) 1. Lesung 2. Lesung

wir verbinden hiermit:

Gesetz zur Anpassung bildungsrechtlicher Gesetze an die europäische Datenschutz-Grundverordnung Mitteilung des Senats vom 18. April 2018 (Drucksache 19/1625) 1. Lesung 2. Lesung

Dazu