Protocol of the Session on April 5, 2017

Das hat Frau Kohlrausch ja auch gesagt.

(Abg. Güngör [SPD]: Sie können immer nur spalten!)

Sie können hier noch so viel dazwischen quatschen, es ist so, dass diese Punkte in Ihrem Antrag nicht enthalten sind.

(Abg. Güngör [SPD]: Ich mache es jetzt genauso wie Sie, Frau Vogt!)

Wenn man die Konkurrenzsituation innerhalb Bremens betrachtet, muss man den Blick auch darauf lenken, warum es in ärmeren Stadtteilen nicht gelingt, Lehrkräfte zu gewinnen. Dazu liegt heute kein Antrag vor – auch keiner von uns; das gebe ich zu -; denn das ist tatsächlich etwas schwierig. Außer den Entlastungsstunden, die wir hier seit Jahren fordern und die inzwischen auch in Ihren Antrag in leichter Form aufgenommen worden sind, müssen wir uns noch mehr einfallen lassen. Ich fände es sinnvoll, wenn wir uns damit einmal im Rahmen einer Deputation ausführlich beschäftigten.

(Beifall DIE LINKE)

Ich komme nun zum Antrag der rot-grünen Koalition. Wir halten ihn nicht für falsch, aber in vielen Punkten für viel zu unkonkret, weil er seinen Blick viel zu sehr auf die Perspektive des Jahres 2025 richtet. Wir haben aber jetzt ein Problem, das wir bekämpfen müssen.

(Beifall DIE LINKE)

Es fehlen noch einige wichtige Forderungen. Ein Beispiel soll genügen: Schon in den Schulen sollen Jugendliche – übrigens eine andere Zielgruppe als in den vergangenen Jahrzehnten – gezielt darauf angesprochen werden, sich für ein Lehramtsstudium zu bewerben. Das finde ich völlig richtig. Das wäre sehr wichtig. Allerdings bleibt im Moment offen, wo diese jungen Menschen dann studieren sollen. Dazu müsste die Universität die Ausbildungskapazitäten erhöhen. Im Moment weist sie Jahr für Jahr zahlreiche Bewerber und Bewerberinnen, die sich für ein Lehramtsstudium interessieren, ab. – Doch, Herr Güngör, das ist so! Fragen Sie meine und Ihre Kolleginnen und Kollegen aus dem Wissenschaftsbereich.

(Abg. Güngör [SPD]: Sie haben unseren Antrag immer noch nicht verstanden! Tut mir leid!)

Es wäre also nicht nur wichtig, Jugendliche für ein Studium zu werben, sondern es wäre auch wichtig, die Ausbildungskapazitäten zu erhöhen. Damit sind wir bei der Ressourcenfrage, die mit Sicherheit nicht von der Qualitätsfrage zu trennen, aber trotzdem nicht ganz unerheblich ist.

(Vizepräsident Imhoff übernimmt den Vorsitz.)

Schließlich zu diesem Punkt: Wir werden als Bundesland nicht umhinkommen, im nächsten Doppelhaushalt tatsächlich in Ausbildung zu investieren. Sonst werden wir auch im Jahr 2025 nicht genügend Lehrkräfte einstellen können.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist ein Punkt, den ich bei diesem Antrag leider etwas schwierig finde. Deshalb werden wir uns der Stimme enthalten.

In dem gemeinsamen Antrag der Koalition und der CDU, den wir heute Morgen bekommen haben, gibt es ein paar Punkte, die, wie ich finde, durchaus unterstützt werden können. Sie analysieren zwar weitgehend und benennen richtige Forderungen. Dann bleiben Sie aber in den Beschlusspunkten teilweise dahinter zurück. Deshalb ist es für mich schwierig, dem Antrag insgesamt zuzustimmen beziehungsweise nicht zuzustimmen.

Sie haben zwei Beschlusspunkte aufgemacht, leider allerdings mit Unterpunkten, sodass wir nicht ein

zeln abstimmen können. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass wir dem Beschlusspunkt „Vergleich mit Hamburg“ zustimmen werden, weil wir das absolut richtig finden. Auch die Ausführungen, die Herr Güldner dazu gemacht hat, teilen wir.

Zu den auf Bremen bezogenen Forderungen werden wir uns enthalten. Darin sind Punkte enthalten, die wir durchaus richtig finden, zum Beispiel die Forderung, Entlastung für Lehrkräfte in Stadteilen mit besonderen Problemlagen zu schaffen. Aber es gibt auch ein paar Punkte, die ich nicht als ganz richtig empfinde. Zum Beispiel zielen Sie darauf ab, die frühkindliche Bildung eher zu verschulen. Wenn ich die Senatorin bei ihrem Amtsantritt hier vor zwei Jahren richtig verstanden habe, hat sie genau das als nicht richtig empfunden, sondern hat gesagt, dass frühkindliche Bildung nicht nur verschult sein darf und auf Schule hinführen darf. Von daher halte ich diesen Punkt wie zwei, drei andere Punkte für falsch. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen das gern noch erläutern.

Von daher werden wir uns bei dem ersten Beschlusspunkt der Stimme enthalten. Dem zweiten werden wir zustimmen. – Danke schön!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur noch eine kleine Ergänzung zu dem Thema Personalentwicklungskonzept.

Es ist schon gesagt worden: Wir haben große Schwierigkeiten, künftigen Lehrermangel und Lehrerüberschuss, sogenannte Schweinezyklen – sie heißen leider so –, die wir seit der Gründung dieser Republik kennen, also steigende oder sinkende Geburtenraten, in einer Ausbildung zum Lehrerberuf an der Universität zu antizipieren. Das hat in dieser Republik bisher noch nie geklappt. Im Moment haben wir wieder zu wenig Lehrerinnen und Lehrer, vor allen Dingen in bestimmten Mangelfächern, aber im Hinblick auf die Geburtenraten und den Zuzug vieler Kinder wahrscheinlich irgendwann auch insgesamt.

In diesem Antrag wird gesagt, dass wir, so gut das heute möglich ist – ich glaube, wir müssen einräumen, dass das auch in Zukunft nicht perfekt vonstattengehen wird, weil man das Familienverhalten der Zukunft und, wie wir gesehen haben, auch die Zuwanderung nicht unbedingt vorhersehen kann –, Prognosen machen und dann die Ausbildungskapazitäten darauf einstellen müssen, damit es in Zukunft mehr Lehrerinnen und Lehrer gibt. Es geht zurzeit besonders darum, dass wir genügend Lehrkräfte für mathematischnaturwissenschaftliche Fächer, Sonderpädagogik und Deutsch als Zweitsprache für die zugewanderten Schülerinnen und Schüler bekommen. Dazu braucht

man dieses Personalentwicklungskonzept und muss möglicherweise auch die Kapazitäten an unseren Hochschulen erhöhen.

Direkt in diesem Zusammenhang steht der in dem Antrag enthaltene Satz, dass wir bei den Jugendlichen, bei unseren Schülerinnen und Schülern, für das Ergreifen des Lehrerberufs auch werben müssen. Denn es geht auch darum, welches Image dieser Beruf hat. Hat er nur das Image des Mühseligen und Beladenen? Kommt man ohnehin nie zu Ende, und wird alles immer schlimmer? Oder ist das nicht, gerade auch in sozialen Brennpunkten, für viele eine Herausforderung?

Zwar gibt es im Bremer Westen und in ähnlichen Stadtteilen manchmal auch eine unbesetzte Stelle, aber ich erlebe immer wieder, dass sich ganz viele Menschen bewusst – zum Teil seit dem Studium – entschieden und gesagt haben: Dorthin will ich gehen, weil dort der Effekt meiner pädagogischen Arbeit am deutlichsten sichtbar ist. Es ist am lohnendsten, dorthin zu gehen und mit den Kindern in diesem Stadtteil zu arbeiten. – Dafür müssen wir werben.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Das steht auch in diesem Antrag. Es steht auch darin, dass wir noch stärker als bisher – wir haben ja verschiedene Anstrengungen unternommen – Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen und ausländische qualifizierte Lehrkräfte in unseren Lehrbetrieb mit aufnehmen müssen.

Ein wichtiger, ebenfalls darin enthaltener Punkt ist, dass wir ein großes Augenmerk auf die Leitungskräfte an Schulen richten müssen. Ich erlebe teilweise, dass Leitungskräfte durch die Veränderung von Schule sehr stark herausgefordert sind. Dort, wo früher an einer normalen Grundschule zehn, zwölf Lehrkräfte tätig waren, arbeiten heute 40 oder 50 multiprofessionelle Kräfte der unterschiedlichsten Berufsgruppen, die zu organisieren und zu managen sind und deren Einsatz zu planen ist. Das ist eine extrem herausfordernde Aufgabe. Daher brauchen wir auch ein Personalentwicklungskonzept für die Führungskräfte.

Ich möchte am Ende noch kurz sagen, was es mit der Besoldung und der Bezahlung auf sich hat. Wir haben gerade in der Deputation eine Vorlage bekommen, die diesbezüglich sehr differenziert war. Ihre generelle Botschaft lautete: Die Aussage, in allen Besoldungsgruppen und in allen Faktoren der Bezahlung sei Bremen schlechter als Niedersachsen, und deswegen gingen die Leute nach Niedersachsen statt nach Bremen, stimmt nicht. Vielmehr gibt es unterschiedliche Fallgruppen. Einmal ist Bremen besser, und einmal ist Niedersachsen besser. Ich muss einräumen, überwiegend sind es mehr Aspekte der Besoldung, in denen Niedersachsen besser ist. Die Vorlage mit den verschiedenen Beispielen zeigt aber, dass etwa die Berufsanfänger, also die Gymnasiallehrkräfte in Se

kundarstufe I und II, in der Besoldungserfahrungsstufe schon höher einsteigen. Sie haben gesagt, im Laufe der Zeit würde die Bremer überholt und abgehängt.

Sie schütteln immer den Kopf, Frau Vogt, wenn ich Sie zitiere. Aber Sie haben es gerade gesagt: „überholt und abgehängt“. Das habe ich mir aufgeschrieben. – Das stimmt nicht. Die 27 Jahre alte Gymnasiallehrkraft, ledig und kinderlos, verdient als Berufseinsteigerin im Jahresbrutto 1 695 Euro mehr als die niedersächsische Kollegin, und eine 43 Jahre alte, verheiratete Gymnasiallehrkraft mit zwei Kindern verdient immerhin noch 577 Euro mehr als in Niedersachsen.

Im Ergebnis gibt es also Fälle, in denen wir in Bremen besser bezahlen, und auch Fälle, in denen wir in Bremen schlechter bezahlen. Unser Antrag sagt: Wir müssen darüber nachdenken, ob man das sinnvollerweise zusammenführen kann. Ich glaube, das ist eine gute Richtung. Aber es ist nicht so, dass wir in Bremen die Einzigen sind, die hier aufholen müssen. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe eben zwei Punkte vergessen. Einen wichtigen Punkt, Herr Dr. Güldner, habe ich aber erwähnt: dass die Situation für viele Lehrkräfte in Niedersachsen durch die Beihilfeverordnung besser ist, wenn sie mehr Kinder haben. Das ist in der letzten Deputation auch vom Ressort offen und ehrlich so benannt worden.

(Abg. Dr. Güldner [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist ein Aspekt!)

Ich denke, es gehört zur Ehrlichkeit dazu, das hier dann auch zu sagen.

Ich finde es auch absolut richtig, dass wir gesagt haben, wir müssen uns konkurrenzfähig halten und uns das anschauen. Das finde ich an Ihrem Antrag völlig in Ordnung. Wir haben ihn nur konkretisiert, und in einigen Punkten sind wir darüber hinausgegangen.

Aber sei‘s drum! Mir ging es eigentlich um etwas ganz anderes, nämlich um zwei Punkte, die man hier zumindest noch einmal erwähnen sollte, auch wenn dazu keine Anträge vorliegen. Das eine ist – da greife ich das auf, was Sie eben gesagt haben, Herr Dr. Güldner – der sogenannte Schweinezyklus, sprich: die Delle bei der Lehramtsausbildung, die wir alle seit Jahrzehnten kennen. Ich weiß das von mir selbst, da ich einmal Lehramt studieren wollte. Mein Onkel hatte auch Lehramt studiert und sagte: Bloß nicht! Du wirst Taxifahrerin! – Zu dem Zeitpunkt, zu dem ich damals aus der Uni hinausgegangen wäre, hatten wir wieder Lehrkräftemangel. Das sind die Dellen, die uns bundesweit beschäftigen.

Herr Dr. Güldner, vielleicht wäre es sinnvoll, dass wir bei der Lehrerausbildung tatsächlich auf den Föderalismus verzichten und versuchen, eine bundesweite Steuerung vorzunehmen, auch in Fragen der Ausbildungskapazitäten. Denn das betrifft ja nicht allein das Bundesland Bremen, sondern das betrifft alle. Offensichtlich ist es in den letzten Jahrzehnten nie geglückt, diese Wellenbewegung in den Griff zu bekommen. Von daher sollte der Senat auch einmal überlegen, ob man nicht bundesweite Initiativen ergreifen kann, um die Ausbildung durch den Bund zu steuern.

Ich will einen zweiten Punkt ansprechen, der hier zumindest erwähnt werden sollte, auch wenn er noch nicht in Antragsform gegossen ist, weil er sehr schwierig ist. Wir haben bei den Lehrkräften eine sehr hohe Teilzeitquote zu verzeichnen. Fast 3 000 Lehrkräfte arbeiten in Teilzeit. Da wir vor den erhöhten Ausbildungsjahrgängen, die erst Mitte des nächsten Jahrzehnts an die Schulen kommen werden, mit dem Lehrkräftemangel umgehen müssen, müssen wir natürlich auch diese Teilzeitquote betrachten. Nicht alle sind in Teilzeit, weil sie kleine Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zu versorgen haben. Ich habe deswegen eine Berichtsbitte gestellt. Als ich dann die entsprechende Tabelle gesehen habe, fiel mir dummerweise nicht spontan ein, wie ich daraus für diese Sitzung einen Antrag basteln sollte; denn sie war im Hinblick auf die Altersstruktur der Teilzeitkräfte durchaus ernüchternd.

Ich fände es trotzdem sehr sinnvoll, wenn wir uns einmal fraktionsübergreifend damit befassten, weil ich glaube, dass wir andernfalls bis zu einem Jahrgang, der mehr Referendare an unsere Schulen spült, ein Riesenproblem haben. Wenn es uns gelingen sollte, mehr Leute aus ihrer Teilzeit herauszuholen, sodass sie wieder auf eine volle Stelle zurückzukommen oder zumindest mehr arbeiten, dann wäre das nur zu begrüßen. Man müsste einmal die Gründe erforschen, warum so viele Lehrkräfte in Teilzeit gehen, wenn der Grund nicht darin liegt, dass sie Kinder oder pflegebedürftige Angehörige betreuen.

Ansonsten habe ich mein Abstimmungsverhalten zu dem Antrag der Koalition und der CDU bereits erläutert.

Ich habe allerdings noch eine Frage an Sie, Herr Dr. vom Bruch. In Ihrem Ursprungsantrag unter Punkt j stand zur Klassenleitung durch Studierende, dass Sie das nicht mehr wollten. Ich finde es sehr schade, dass das aufgeweicht worden ist. Die Forderung, die Sie ursprünglich geteilt haben, finde ich absolut richtig.

Von daher: Die Absicht ist durchaus zu erkennen und an einigen Punkten sehr lobenswert. Aber manche Punkte finde ich nicht richtig. Deswegen werden wir uns zu Ziffer eins enthalten. – Danke!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Dr. Bogedan.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich erst einmal für die heutige Debatte bedanken. Sie ist sehr sachorientiert und damit aus meiner Sicht der Sache sehr angemessen geführt worden. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Zukunftschancen unserer Kinder. Ich freue mich deshalb sehr, dass die häufig reflexhafte, pauschale Debatte, die Bildung in Bremen sei schlecht, hier ausgeblieben ist und dass sehr genau hingeschaut wurde.