Protocol of the Session on February 16, 2017

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht der staatlichen Deputation für Umwelt, Bau, Verkehr, Stadtentwicklung, Energie und Landwirtschaft, Drucksache 19/873, Kenntnis.

Sonntagsöffnung von Bibliotheken endlich gesetzlich ermöglichen! Antrag der Fraktion der CDU vom 13. Dezember 2016 (Drucksache 19/874)

Dazu als Vertreter des Senats Frau Staatsrätin Emigholz.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rohmeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nicht zum ersten Mal debattieren wir das Thema der Sonntagsöffnung der Bibliotheken. Wir sind dabei nicht selbst diejenigen, die letztlich die gesetzlichen Bestimmungen so gestalten können, wie es eine Mehrheit hier im Hause eigentlich möchte, denn das Arbeitszeitgesetz, ein Bundesgesetz, verhindert es zur Zeit, dass die Stadtbibliothek Bremen trotz eines ausweislich absolut positiven Modellversuchs in den Jahren 2012 und 2013 regelmäßig ein Sonntagsöffnungsangebot machen kann. Eine Bibliothek ist – und wir werden gleich wieder hören, wie die Mehrheitsmeinung, die Meinung der SPD-Fraktion, hier ist – kein Aufbewahrungsort für Bücher. Meine Damen und Herren, eine Bibliothek ist ein Ort kultureller Bildung, eine Kultureinrichtung.

(Beifall CDU, Bündnis 90/Die Grünen)

Niemand erwägt tatsächlich, dass Theater und Museen sonntags geschlossen sind, aber die SPD in Bremen verhindert seit Jahren beharrlich, dass wir hier offensiver vorangehen können und gibt auch den Leitungen der Bibliotheken hier nicht die nötige Rückendeckung, wie wir mittlerweile aus leidvoller Erfahrung wissen. Ich weiß hier ganz deutlich auch die grüne Fraktion an unserer Seite, nicht nur jetzt mit Kirsten Kappert-Gonther in der Kulturdeputation, sondern auch in der Vergangenheit mit Carsten Werner. Es ist verstanden worden, dass es hier um kulturelle Bildung, um Teilhabe, auch um sonntägliche Familiengestaltung geht.

Ich freue mich, Herr Bolayela hat in der Kulturdeputationssitzung im letzten Jahr im Dezember gesagt, er würde sich wünschen, dass alle Familien sonntags in die Kirche gehen, das wollen wir auch, meine Damen und Herren, sofern Sie christlichen Glaubens sind, aber sie sollen danach auch die Möglichkeit haben, ins Museum zu gehen, in die Galerie zu gehen, ins Theater zu gehen oder in die Bibliothek zu gehen. Herr Bolayela, das ist dann wirklich ein schöner sonntäglicher Familientag.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, warum bringen wir diesen Antrag jetzt noch einmal hier ein? Auch da spreche ich aus leidvoller Erfahrung. Am 24. September wird der 19. Deutsche Bundestag gewählt. Kurz danach werden vermutlich die Verhandlungen über die Bildung einer neuen Koalition auf Bundesebene geführt werden.

Schon 2013 sind wir hier von Bremen aus mit dem Vorsatz nach Berlin gegangen – Sie wissen, wir hatten damals noch ein paar kulturpolitische Kontakte mehr in Berlin als heute –, dass man das dann ja einmal eben in den Koalitionsverhandlungen regeln kann. Die Beharrungskräfte sind auch dort nicht zu unterschätzen, meine Damen und Herren, darum gilt es jetzt, ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl, die Vorbereitungen zu treffen. Die Möglichkeiten, die wir hier von Bremen aus haben, sind geregelt. Die Möglichkeit, die wir als Landtag haben, ist eben die Möglichkeit, den Senat zu bitten, über eine Bundesratsinitiative initiativ zu werden. Darum stellen wir hier den Antrag. Wir wollen, dass Menschen sonntags eine Bibliothek besuchen können.

Wir haben ja vor Kurzem auch, nach einer Beratung in der Kulturdeputation, über eine erfolgreiche Öffnung, nicht in Bremen, sondern in Mönchengladbach, etwas lernen können. Wir haben lernen können, warum das nicht ein zu eins auf Bremen zu übertragen ist. Darum, Schluss mit den Experimenten, Schluss mit den Modellversuchen, Schluss mit den Sonderwegen, bundesweit sollte die Möglichkeit gegeben werden! Ob es die Kommunen dann machen, meine Damen und Herren, ist Sache der Kommunen, da bin ich aber im guten Vertrauen in die jeweiligen kommunalen Mandatsträger.

Zu Bremen, meine Damen und Herren, will ich nicht sagen, dass ich bei den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten die Hoffnung aufgebe, aber ich weiß, es ist ein sehr, sehr dickes Brett, das man bei Ihnen manchmal bohren muss. Es wäre einfacher, wenn Sie dieses Brett, wo auch immer es bei Ihnen sitzt, wegnehmen und den freien Blick auf die Schönheit dieser Option, nämlich dass wir hier etwas Gutes für die Menschen wollen, mittragen und nicht wieder mit Verrenkung gleich erklären, warum das jetzt alles wieder der falsche Weg ist.

Bekennen Sie sich einfach einmal, denn die Zahlen des Modellversuchs haben gezeigt, dass die Menschen eine Bibliothek, die sonntags geöffnet ist, auch in Bremen angenommen haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bolayela.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das

Thema Sonntagsöffnung der öffentlichen Bibliotheken ist kein neues Thema hier im Hause.

Seit dem Jahr 2000 hat es bereits einige sehr engagierte und breite Diskussionen hier und deutschlandweit gegeben. Es gibt ja einige, die sagen, am Sonntag muss überall geöffnet werden. Es gibt auch Meinungen, die sagen, so nicht. Eines kann man aber seit 2001 feststellen: Für Einkaufszentren, in den Innenstädten und bei unterschiedlichen Kultureinrichtungen werden die Sonntagsöffnungen immer mehr ausgeweitet. Es gibt Tendenzen, dass einige den Sonntag als ganz normalen Tag ansehen möchten. Es wird aber auch die Meinung vertreten, dass Bibliotheken mit einer Sonntagsöffnung anderen Kultureinrichtungen gleichgestellt werden würden. Eine Sonntagsöffnung würde den Bildungsauftrag von öffentlichen Bibliotheken zusätzlich untermauern.

(Beifall FDP)

Diejenigen, die zum Beispiel keine Zeit oder kein Geld haben, sich eine Tageszeitung zu leisten, können sich dann am Wochenende Bücher in der Bibliothek ausleihen, das ist die eine Meinung. Andere vertreten die Meinung, dass man sich von Montag bis Samstag viele Bücher in das eigene Zuhause holen kann, um sie dort zu lesen.

Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt, dass unabhängig von Glaubensfragen die Sonntage und Feiertage für uns alle wichtig sind. Die Sonntage sind Ruhetage und müssen als solche bestehen bleiben. Nur die Sonntage und Feiertage geben uns gemeinsame Zeit für die Familie und Freunde. Deswegen müssen sie möglichst verlässlich für alle arbeitsfrei sein.

(Beifall SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte aus den Wahlprüfsteinen zur Bundestagswahl 2013 zitieren. Wir von der SPD haben damals gesagt – Zitat –: „Die SPD wird sich dafür einsetzen, eine entsprechende Anpassung im Arbeitszeitgesetz für die Möglichkeit der Sonntagsöffnungen zu prüfen.“ Wir wollten prüfen.

In der Vergangenheit gab es eine Bremer Bundesratsinitiative, mit der angestrebt worden ist, den Paragrafen 10 des Arbeitszeitgesetzes dahin gehend zu ändern. Der Antrag wurde im federführenden Sozialausschuss des Bundesrats abgelehnt. Wir hatten also keine Mehrheit, um das Thema weiter zu verfolgen.

Auf Initiative der rot-grünen Koalition gab es in Bremen mit dem Bürgerschaftsbeschluss vom 26. Januar 2012 Bewegung in der Sache. In den Herbst- und Wintermonaten 2012 und 2013 starteten wir in Bremen einen Modellversuch. Einmal im Monat, immer sonntags, war unsere Stadtbibliothek von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet. Im Ergebnis hat sich gezeigt, dass vereinzelte Sonntagsöffnungen, die im Zusammenhang mit anderen kulturellen Veranstaltungen

oder verkaufsoffenen Sonntagen, die in der Innenstadt stattfanden, gut angenommen worden sind.

Die Etablierung einer neuen Kultur des Sonntags, insbesondere für Familien analog zu den Museen und Theatern, konnte auf diese Weise nicht erreicht werden. Das gehört zur Wahrheit dazu. Man muss aber auch klar und deutlich sagen, unter den Beschäftigten der Stadtbibliothek gab es Spaltungen in Gegner und Befürworter. Außerdem waren die Gewerkschaften und Betriebsräte nicht ganz begeistert.

Danach hatte die Stadt Essen versucht, eine Ausnahmeregelung zu schaffen. Das Bundesverwaltungsgericht hat am 26. November 2014 eine entsprechende Ausnahmeregelung für nichtig erklärt. Sie können also sehen, dass schon viel passiert ist, und dass es viele Initiativen gegeben hat, um diese Themen überhaupt zu bewegen.

Zurück zu den Wahlkampfprüfsteinen zur Bundestagswahl 2013. Zitat: „CDU und CSU sehen einen gesellschaftlichen und kulturellen Bedarf, öffentliche Bibliotheken auch am Sonntag zu öffnen. Eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes allein, würde die flächendeckende Öffnung von Bibliotheken auch an Sonntagen allerdings nicht garantieren.“ Das gehört auch zu den Wahrheiten!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist in Deutschland, Gott sei Dank, nicht einfach möglich, eine neue Sonntagsöffnung durchzusetzen. Daher, liebe CDU, sagen Sie den Menschen lieber die ganze Wahrheit.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, in der Kulturdeputation haben wir uns Ende 2016 schon einmal mit dem Thema beschäftigt. Wir haben uns eine Bibliothek in einem schwierigen Stadtteil in Mönchengladbach angesehen. Wir mussten feststellen, dass das dortige Konzept in Bremen nicht umsetzbar ist. Dort arbeiten sie mit Fremdpersonal, und auf Dauer ist das in Bremen zu teuer.

Danach haben wir auf Vorschlag der Koalition – DIE LINKE kann das bezeugen – gemeinsam mit den Ressorts Bildung und Soziales geschaut, ob wir beispielsweise in einem Stadtteil wie Blumenthal ein gemeinsames Projekt organisieren können.

(Glocke)

In dem Moment kommt die CDU mit diesem Antrag, wohl wissend, dass ohne die Änderung des Bundesgesetzes in Bremen keine Veränderungen möglich sind. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.

(Beifall SPD)

Ich wurde hier angesprochen, und deshalb möchte am Ende meiner Rede meine persönliche Meinung zum Thema Sonntagsöffnungen sagen.

(Glocke)

Ich habe damals in der Kulturdeputation geschildert, wie ich einen Sonntag verstehe: Man geht in die Kirche, man besucht Freunde und die Familie, wenn man beides nicht machen möchte, kann man sich auch ausruhen, und das muss erlaubt sein. Das habe ich gesagt, und dazu stehe ich! – Danke!

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Kohlrausch.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich habe seit langer Zeit einen Bibliotheksausweis und gehöre damit zu den vielen Bremerinnen und Bremern, die die Stadtbibliothek und ihre umfangreichen Angebote gern nutzen.

(Beifall FDP, SPD)

Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich mit elf Jahren in das Viertel geradelt bin, um mir in der dortigen Stadtbücherei regelmäßig meine Lektüre auszuleihen. Dass es diese vielen Angebote in den Stadtteilen nicht mehr gibt, bedauere ich sehr, und ich bezweifle, dass ehrenamtlich geführte Schulbüchereien und Bibliotheksbusse den gleichen Zweck erfüllen.

Wir alle wissen doch, wie wichtig es ist, Leseanreize für die Jugendlichen zu schaffen, und deswegen gehöre ich auch zu den vielen Bremerinnen und Bremern, die sich eine Sonntagsöffnung der Bibliothek wünschen. Allerdings steht dem das Arbeitszeitgesetz entgegen. Es definiert sehr deutlich, wann Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Sonntagen arbeiten dürfen. Sonntagsarbeit ist zum Beispiel bei Kultureinrichtungen wie Theater, Kinos, Museen oder Konzertveranstaltungen, Sport-, Freizeit-, Vergnügungs- oder Erholungseinrichtungen erlaubt, aber der Gesetzgeber scheint normale Bibliotheken nicht zu den Kultureinrichtungen zu zählen. Das Modellprojekt zur Sonntagsöffnung in der Stadtbibliothek zeigt, dass der Sonntag bei den Besucherinnen und Besuchern außerordentlich positiv aufgenommen wurde, und das Modellprojekt in Mönchengladbach zeigt doch, dass die Sonntagsöffnung ein Erfolg sein kann. Der Sonntag als Bibliothekstag, das klingt doch wunderbar!

(Beifall FDP, Bündnis 90/Die Grünen)

Viele Bremerinnen und Bremer wünschen sich dies, und vor allem Familien können davon profitieren. So setzt Bremen ein Zeichen für die Familienfreundlichkeit und steigert somit die eigene Attraktivität.

(Beifall FDP)

Übrigens kommen Menschen nicht nur in die Bibliothek, um sich ein bestimmtes Buch auszuleihen, sie wollen sich, ähnlich wie in Museen, inspirieren lassen und sich austauschen.

Wichtig ist allerdings auch, dass die Arbeitnehmer der Stadtbibliothek hier eingebunden werden. Da sich die Belegschaft während des Modellprojekts in zwei Gruppen, nämlich die der Befürworter und die der Gegner gespalten hat, ist ein Fahrplan notwendig, wie man die Bereitschaft der Mitarbeiter zur Sonntagsarbeit erhöhen kann. Die Politik sollte die Wünsche der Bürgerinnen und Bürger umsetzen, wo es möglich ist. Diese möchten ihren Sonntag so gestalten können, wie sie ihn erholsam finden, und das kann beim Minigolf, im Kino oder auch eben bei einem Bibliotheksbesuch sein.