Protocol of the Session on March 17, 2016

Dies wird von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern nicht genügend bedacht. Sie versuchen immer, eine Debatte zu führen, die die Länder so beschreibt, dass es dort nicht die demokratische Ordnung gibt, wie wir sie in der Bundesrepublik Deutschland kennen. Da mag ich in dem einen oder anderen Punkt folgen.

Aber die Antragstellerinnen und Antragsteller aus diesen Maghreb-Staaten haben eine Anerkennungsquote von weit unter fünf Prozent.

(Abg. Frau Leonidakis [DIE LINKE]: 8,2!)

Von weit unter fünf Prozent! Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland ein rechtsstaatliches Verfahren. Wir haben ein Verwaltungsverfahren. Wir haben Verwaltungsgerichte, die darüber entscheiden und sich hinreichend über die Situation in diesen Ländern schlau gemacht haben, die eine individuelle Entscheidung getroffen haben. Darauf kommt es an.

Selbst wenn jemand nachhaltig strafbar wird, wird auch für ihn persönlich individuell geprüft, ob er Gefahren ausgesetzt ist, wenn er in sein Heimatland zurückkehren müsste. Wenn diese Befürchtung besteht, kann eine Ausweisung oder Abschiebung überhaupt nicht erfolgen.

Deswegen sind wir summa summarum der Auffassung, dass der erste Absatz eigentlich nur die Wiederholung dessen ist, was im Gesetz steht und durch die Bürgerschaft bestärkt werden soll.

Der zweite Absatz, erfolgreiche Verhandlungen! Da sind Sie dem Verhandlungsmarathon, glaube ich, ein bisschen vorausgeeilt. Wir wünschen erfolgreiche Verhandlungen und hoffen, dass es der Bundesregierung gelingt, gerade die Probleme, die die Beischaf

fung von Dokumenten anbelangt, zu beseitigen und die Bereitschaft der Länder, der Maghreb-Staaten, diese Personen wieder bei sich aufzunehmen, zu erhöhen.

Der dritte Punkt! Ich hatte es vorhin gesagt. Wir orientieren uns an dem, was unsere Verwaltung und unsere Verwaltungsgerichte sagen, ob Personen aus diesen Ländern verfolgt werden. Das ist für uns der Maßstab. Ich wiederhole: Die Anerkennungsquote liegt weit unter 1,5 Prozent. Deswegen kann man auch vertreten, dass es sich hierbei um sichere Herkunftsstaaten handelt, wenn man parallel bedenkt, dass für Ausweisung und Abschiebung ganz enge rechtliche Rahmenbedingungen für jeden Einzelfall gewährt sind und dass niemand Gefahr laufen muss, in diesen Ländern Tod oder Schaden an Leib oder Leben zu erleiden. Deswegen halten wir diesen Antrag in seiner grundsätzlichen Botschaft für richtig und unterstützen ihn. – Danke schön!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat der Abgeordnete Herr Hinners das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich fange einmal mit Herrn Zenner als letzten Redner an. Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen, Herr Zenner. Die Tatsache, dass sichere Herkunftsstaaten deklariert werden, setzt ja das Asylverfahren nicht außer Kraft. Natürlich findet nach wie vor eine Einzelfallprüfung statt.

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber es ver- ändert das Verfahren schon!)

Damit komme ich auch schon zu den beiden Kolleginnen Frau Dr. Schaefer und Frau Aulepp. Ihre beiden Beiträge haben bei mir den letzten Nachweis erbracht, warum wir beispielsweise mit der geschlossenen Einrichtung nicht weiterkommen und warum wir hier in Bremen im letzten Jahr nur eine Abschiebung hatten. Sie wollen diese beiden Instrumente einfach überhaupt nicht benutzen.

(Beifall CDU)

Dann seien Sie doch konsequent. Wenn Sie beide schon ablehnen und das hier dokumentieren, warum sagt denn Herr Dr. Sieling im Bundesrat nicht auch: „Ablehnung“? Warum argumentiert er, wie Sie hier heute gesagt haben, Bremen werde sich enthalten? Das ist doch nicht konsequent. Entweder haben Sie die falschen Beiträge geliefert, oder Herr Dr. Sieling sieht es anders als Sie.

(Beifall CDU, ALFA)

Jetzt im Einzelnen! Frau Kollegin Dr. Schaefer, Sie sagen ausführlich,

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Jetzt bin ich gespannt!)

Antanzdiebstähle seien nicht zu akzeptieren, wir bräuchten Lösungen, Abschiebungen müssten möglich sein.

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Woraus schlie- ßen Sie das? – Abg. Röwekamp [CDU]: Aus Ihrem Verhalten! – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Das stimmt, ja! Habe ich so gesagt!)

Ich habe es mitgeschrieben. Und dann sagen Sie: Eigentlich geht das alles aus den und den Gründen gar nicht. Amnesty International ist eine ganz wichtige Institution, aber sie ersetzt kein staatliches Handeln!

(Beifall CDU, ALFA – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Ja, weil es nicht staatliches Han- deln ist!)

Genauso Frau Aulepp! Sie haben im Prinzip eine vergleichbare Rede gehalten. Jetzt werfen Sie mir vor, ich hätte vor drei Wochen in der Februar-Sitzung schon ähnliche Anträge gestellt. Sie haben sich offensichtlich vor den Spiegel gesetzt und Ihre Rede miteinander besprochen – was die Geschichte nicht besser macht.

Auch Sie nehmen einfach nicht zur Kenntnis, Frau Aulepp, dass der Bundesrat in den nächsten Tagen über diese weiteren Maßnahmen zur Erklärung der sicheren Herkunftsstaaten zu befinden hat. Ich – das sage ich für die gesamte CDU – habe von Ihnen nicht gehört, wie Sie dieses Problem einschätzen. Ihr Bundesaußenminister ist offensichtlich anderer Auffassung als Sie. In anderen Bundesländern ist die SPD auch anderer Meinung als Sie. Dann sagen Sie aber auch deutlich: Wir Bremer sind anderer Meinung als die SPD in anderen Bundesländern und im Bund! Dann kann jeder etwas damit anfangen!

(Beifall CDU)

Ich will das abkürzen. Ich sage, nach wie vor gibt es in jedem Fall eine Einzelfallprüfung, selbst bei den Schwerkriminellen. Das ist auch in Ordnung so. Aber unser Innensenator hat – ich muss wiederholen, was ich vorhin schon einmal gesagt habe – völlig recht, dass eine Abschiebung, wenn die Möglichkeit da ist, auch vollzogen werden muss. Wenn wir sichere Herkunftsstaaten haben, ist das deutlich erleichtert, als wenn dieses Problem erst auch noch geklärt werden muss. – Vielen Dank!

(Beifall CDU, FDP, ALFA)

Als nächste Rednerin hat die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich will die Debatte zu der geschlossenen Unterbringung hier nicht noch einmal in Gänze wiederholen. Wir haben im Februar sehr intensiv darüber diskutiert, Herr Hinners. Jetzt so zu tun, als wollten wir das nicht, finde ich nach der letzten Debatte nicht gerechtfertigt.

Ich möchte auf den heutigen Antrag und das heutige Thema eingehen. Sie haben Frau Aulepp und mir gerade vorgeworfen, wir, die Koalition, wollten gar keine Lösung. Ich weiß nicht, woraus Sie das schließen. Das einzige, was wir vielleicht aus dem Redebeitrag – –.

(Abg. Hinners [CDU]: Aus dem Ergebnis, Frau Dr. Schaefer!)

Herr Hinners, wissen Sie: Was wir beide versucht haben, ist, uns sachlich in dieser Debatte auseinanderzusetzen!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Dazu gehört eben auch, dass man nicht einfach nur sagt: Jemand ist kriminell, also muss er abgeschoben werden. – Das klingt schön nach Aktionismus. Das mag bei dem einen oder anderen draußen populär ankommen. Worauf ich hingewiesen habe, ist, dass es eine Einzelfallgerechtigkeit gibt, die Vorrang haben muss, und dass man auch bestehende gesetzliche Grundlagen wie das Aufenthaltsgesetz, das Strafgesetzbuch nicht ausblenden kann. Wenn wir uns mit der Frage auseinandersetzen, in welchem Rahmen Ausweisungen passieren können, gehört dazu, diese gesetzlichen Grundlagen zu erwähnen. Dann ist klar: So einfach, wie Sie sich das wünschen, ist es eben nicht.

Ich bleibe dabei: Asylrecht ist ein Individualrecht. Ihre Ausführungen zu den sicheren Herkunftsländern, Herr Zenner und Herr Hinners, haben uns wenig überzeugt. Wenn es Krisengebiete gerade in diesen Ländern gibt und das Auswärtige Amt selbst die Deutschen davor warnt, in solche Gebiete zu reisen, kann man sich hier nicht hinstellen und sagen: „Es handelt sich hierbei um sichere Regionen der Welt“, und damit eine Ausweitung der sicheren Herkunftsländer rechtfertigen.

Ich bleibe dabei: Es ist ein sehr schwerwiegendes Thema. Es geht um Einzelschicksale. Deswegen finde ich es mehr als gerechtfertigt, dass wir sehr sorgfältig mit diesem Thema und den gesetzlichen Grundlagen zu diesem Thema umgehen. – Herzlichen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat der Senator Herr Mäurer das Wort. – Bitte, Herr Mäurer!

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben mich überrascht. Ich dachte, es würden noch einige Beiträge folgen. – Was sagt mir die heutige Debatte? Ich komme mir vor wie im Februar. Es ist vielleicht drei, vier Wochen her, seitdem wir leidenschaftlich über das Asylpaket II diskutiert haben, um das Für und Wider gerungen haben – vor dem Hintergrund, dass der Bundesrat dies alles am gleichen Tag, ich glaube, es war eine Stunde vor der Befassung in der Bremischen Bürgerschaft, bereits entschieden hatte. Es war klar, dass dieses Gesetz kommt. Es wird jetzt im Bundesgesetzblatt verkündet.

In der Frage der Einstufung von Marokko, Tunesien, Algerien wage ich die Prognose: Auch diesem Gesetz wird, nachdem es die Bundesregierung und der Bundestag mit großer Mehrheit beschlossen haben, der Bundesrat am Freitag seine Zustimmung geben. Diese Zustimmung ist bedeutsam – das räume ich ein –, weil anders als beim Asylpaket II die Zustimmung des Bundesrates tatsächlich gefordert ist. Sie steht eigentlich nicht zur Diskussion, weil das grüne Musterland bereits im Vorfeld erklärt hat, es wird diesem Kompromiss zustimmen. Deswegen gehe ich davon aus, dass dieses Gesetz morgen mit großer Mehrheit auch mit vielen anderen Koalitionen, Rot-Grün, Hamburg, Hessen, kommen wird.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Nur ohne Bremen!)

Ohne Bremen! Auf uns kommt es dabei auch nicht an.

(Abg. Frau Neumeyer [CDU]: Leichter Weg! – Abg. Röwekamp [CDU]: Es kommt nie auf uns an! – Abg. Frau Neumeyer [CDU]: Schlimm! – Abg. Röwekamp [CDU]: Wie peinlich ist das denn? – Weitere Zurufe CDU)

Fakt ist, dass das Gesetz kommt.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Das ist peinlich!)

Es ist relativ müßig,

(Abg. Röwekamp [CDU]: Das andere ist ja möglich!)

darüber zu debattieren. Es gibt die verschiedensten Positionen. Die sind hier heute ausgetragen worden. Es gibt keine generelle Linie. Man sieht auch: Es gibt im sozialdemokratischen Bereich Befürworter wie Gegner. Bei den Grünen ist die Situation genauso. Es gibt gute Argumente, sich dafür und dagegen zu entscheiden. Auch im Senat ist das die Situation.

Wenn Sie mich fragen, welches meine Position ist, sage ich: Für mich ist das immer eine Frage der gerichtlichen Vorentscheidungen. Ich kann über einen Staat nur dann diskutieren, wenn ich die sichere Ge

wissheit habe, dass nach Auffassung unserer Gerichte die absolute Mehrzahl der Anträge abgelehnt wird. Das heißt, es ist im Grunde genommen eine Folgeentscheidung.