geringen Preis, die berühmte Lasagne für 1,25 Euro. Verwundern kann es deshalb eigentlich nicht, wenn die Hersteller dem Rindfleisch das um ein Vielfaches günstigere Pferdefleisch aus dem Ausland beimischen. Der Skandal ist nur die Etikettierung, sie hätten es ja angeben können. Gesundheitsschädlich ist Pferdefleisch nicht.
Auch hinter dem Futtermittelskandal stehen ökonomische Anreize. Solange es günstiger ist, den heimischen Mais in die Biogasanlagen zu geben, werden Bauern auf Tierfutter aus dem Ausland ausweichen. Geiz ist eben geil, und durch solche Skandale, wie wir sie gerade erleben, muss man die Diskussion darüber beginnen, was uns Lebensmittel eigentlich wert sind und welches der angemessene Preis für Lebensmittelprodukte ist.
Die Globalisierung unterstützt natürlich den Wunsch der Konsumenten, die Vielfalt der Produkte täglich in jedem Regal erwerben zu können. Wer kann sich heute ein Kühlregal im Supermarkt ohne griechischen Schafskäse oder italienischen Mozzarella vorstellen? Man muss das Bewusstsein der Menschen für Nahrungsmittel und die Vorteile regionaler Lebensmittel wieder schärfen. Darauf zielen die letzten drei Punkte unseres Antrags ab.
Hier vielleicht noch ein Beispiel: Neulich habe ich an der Kasse im Supermarkt beobachtet, wie ein Kind einen Erwachsenen fragte, was denn dort auf dem Band an der Kasse liege. Es handelte sich um einen Knollensellerie und einen Rotkohl. Kinder kennen in der Welt von Convenience-Food und Fast Food überhaupt keine ursprünglichen Lebensmittel mehr. Daran merkt man, wie wichtig Ernährungslehre ist und wie früh man damit beginnen muss, das hatten wir heute Morgen auch schon.
Wir als CDU-Fraktion wollen also Maßnahmen auf Bundes- und EU-Ebene, genau wie die Regierungskoalition, und Verbesserungen hier in Bremen. Deshalb möchten wir um Unterstützung unseres Antrags werben. Da der Antrag der Regierungskoalition fast deckungsgleich mit den Forderungen des Nationalen Aktionsplans ist, an dem Herr Senator Dr. SchulteSasse ohnehin beteiligt war, halten wir ihn für überflüssig und werden ihn ablehnen. In puncto Lebensmittelüberwachung macht der Bund zwar Vorgaben, aber die Umsetzung ist Ländersache, und diese weist innerhalb Deutschlands eben extreme Unterschiede auf.
Hygienekontrolle allein genügt eben nicht, sondern man muss nach den ökonomischen Anreizen für den Betrug fahnden.
Wo sind auffällige Preisdifferenzen? Wie und warum verändern sich Warenströme? Das geht über Lebensmittelkontrolle allein weit hinaus. Wir brauchen ein effizienteres System der Lebensmittelüberwachung, das den internationalen verdeckten Strukturen der Lebensmittelproduktion und des Lebensmittelhandels Rechnung trägt. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist sehr zu begrüßen, dass wir anlässlich der aktuellen Nahrungsmittelskandale die Themenfelder Lebensmittelsicherung und -kontrolle, Verbraucherbewusstsein, Verbraucherhandeln und Tierhaltung hier debattieren und dass dazu auch verschiedene Anträge vorliegen, die sich mit verschiedenen Schwerpunkten dem Thema widmen. Ich sehe es nämlich nicht, dass wir hier einer Meinung sind. Frau Grobien, es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen unseren beiden Anträgen: Sie fordern lediglich einen Bericht, und wir fordern den Senat zum Handeln auf. Es ist an der Zeit, etwas anderes zu verlangen als nur einen Bericht.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. H i n n e r s [CDU]: Ist das nicht Ihr Senat? – Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Wir wollen ihn nicht überfordern!)
Auch wenn es in Bremen keine industrielle Tierhaltung gibt und Bremen kein Agrarland ist, tragen wir dennoch Verantwortung, ist doch das Land Bremen als Großkonsument durchaus ein großer und gewichtiger Akteur mit großer Marktmacht.
Bei der Deklarierung von Pferdefleisch als Rindfleisch und bei der Falschdeklarierung von Eiern als Bio-Eier, die keine Bio-Eier waren, handelt es sich ohne jeden Zweifel um schwere Fälle von Täuschungen der Verbraucherinnen und Verbraucher und möglicherweise um Betrug.
Gerade der Eierskandal zeigt, dass es nicht nur Fälle von Täuschungen der Verbraucherinnen und Verbraucher sind, sondern auch um Tierleid geht.
Es wurden Hühner auf weit weniger Fläche als zulässig und vorgegeben gepfercht. Es ist also eigentlich kein Eierskandal, sondern ein Hühnerhaltungsskandal. Ich möchte anfügen, bei den meisten Skandalen führt die Spur immer wieder in die Tierhaltung, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Der Eierskandal ist mehr als ein kleinerer Etikettenschwindel oder eine leichte Mogelei. Die Ursache des Skandals dürfte wie so oft die Profitgier in der Nahrungsmittelindustrie gepaart mit der nötigen kriminellen Energie sein. Hinzu kommt, dass die Kontrollen bestenfalls löcherig waren und sind. Wer weiß, was wir täglich alles essen, ohne es zu wissen. Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen, so gut es geht, sicher sein können, dass das, was auf der Verpackung steht, auch darin enthalten ist, und zwar nur das und nichts anderes.
Wir Politikerinnen und Politikern müssen handeln. Wir müssten es schon längst getan haben, viel länger als die aktuellen Skandale alt sind, denn der wirkliche Skandal ist die Alltäglichkeit, die Normalität und die buchstäbliche Gewöhnlichkeit von Nahrungsmittelskandalen, die uns in regelmäßigen Abständen ereilen. Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen endlich umfassend vor solchen Praktiken geschützt und umfassend informiert werden. Ist das überhaupt möglich?
Nehmen wir diese Lasagne eines Discounters, die wahrscheinlich allein am heutigen Tag mehrere Tausend Mal verkauft wird! Sie kostet 1,69 Euro, ein echtes Schnäppchen! Hier sind, natürlich kleingedruckt, circa 20 Zutaten aufgeführt, die alle von irgendwo auf dieser Welt kommen – keiner weiß, woher sie kommen oder welche Wege, Produktionsketten oder Lieferketten dahinterstecken – und die dann zu einem, ich nenne es einmal Brei,
da wird von einer Mahlzeit gesprochen, verarbeitet werden. Darin stecken viele Wege, eventuell Tierleid und die Arbeit vieler Landwirtinnen und Landwirte. Ich finde, es ist eine Schande, dass man den Menschen so etwas als Mahlzeit verkaufen will.
Allein die Zutat Schwein enthält die Stationen Geburt der Ferkel, Mast in einem Schweinestall – bei dem geringen Preis der Lasagne tippe ich auf weniger tiergerechte Haltung –, Transport zum Schlachthof, wer weiß, wie weit es war und wie es den Tieren auf diesem ergangen ist, und von dort in Einzelteilen zur Endfertigung, um so zu enden. Das ist nur eine Lieferkette mit mehreren Stationen.
Insgesamt dürften bei den verschiedenen Lieferketten für jede Zutat dieses Fertiggerichts sehr viele Stationen zusammenkommen. Jede birgt große Risiken, an jeder Station besteht die Gefahr, dass jemand umdeklariert, panscht, streckt oder eine andere den Kunden täuschende Tätigkeit vornimmt, wenn er oder sie nur über ausreichend kriminelle Energie und kriminelle Kreativität verfügt.
Wir fordern den Senat deshalb auf, sich dafür einzusetzen, dass es eine finanzielle Beteiligung der Unternehmen an den entsprechenden Kontrollen gibt, die mit Betrug erzielten Gewinne abgeschöpft werden, das Strafmaß sich erhöht und – das ist ein Punkt, der mir sehr am Herzen liegt – endlich eine vernünftige Kennzeichnung der Haltungsform von tierischen Produkten stattfindet, wie es bei Eiern schon der Fall ist.
Realistischerweise wird es keine zu 100 Prozent sichere und gründliche Kontrolle und auch keine hundertprozentige Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher geben, aber die Weichen müssen gestellt werden, damit wir dem 100-Prozent-Ziel möglichst nahekommen.
Kontrollen und Transparenz sind die eine Seite der Medaille, Kriminalität gibt es überall, aber anders als in anderen Bereichen des Lebens sind die Skandale in der Lebensmittelbranche längst Teil des Systems. Es ist dieses System, das auf weite Wege, auf Tierleid in der Massentierhaltung, auf Bezug billigsten Futters und Marketingillusionen von glücklichen Kühen und Hühnern bei gleichzeitigem Niedrigstpreis beruht. Dieses System stinkt, es ist faul, marode und krank.
Die Nahrungsmittelkonzerne sind natürlich Teil dieses Systems, aber auch wir Verbraucherinnen und Verbraucher sind ein Teil davon. Es ist nicht so, dass nur die Konsumentinnen und Konsumenten von den Unternehmen abhängig sind, sondern umgekehrt, die Unternehmen sind auch von uns abhängig.
Wir entscheiden mit jedem Kauf über diese oder jene Form der Produktion, den Umgang mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – dabei möchte ich auch den Blick auf „Amazon“ richten, wie wir jüngst erfahren haben –, die Form der Tierhaltung und unserer eigenen Gesundheit. Diese Macht der Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet eine genauso große Verantwortung und Verpflichtung. Wer bei der Ernährung auf Nummer sicher gehen will und wessen Geldbeutel es halbwegs hergibt, bezieht seine Lebensmittel direkt, zum Beispiel die regionalen und saisonalen Produkte von Hofläden oder Wochenmärkten. Das ist unsere Entscheidung!
Falls wir eine Zukunft ohne Lebensmittelskandale wollen, müssen wir dieses System grundlegend verändern. Nötig sind Qualität statt Quantität, weniger, dafür gutes Fleisch, regionale Produktionskreisläufe, kurze Wege von den Erzeugern zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern und von den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu den Erzeugern.
Ich möchte an dieser Stelle auf den Antrag des Kollegen Imhoff, den wir hier heute leider nicht besprechen und beschließen, hinweisen, der mit seinem wunderbaren Antrag auch eine Antwort auf die Skandale gegeben hat, das passt jetzt sehr schön. Falls Herr Imhoff am Radio zuhört, die besten Genesungswünsche!
Dieser Appell und die Aufforderung richten sich natürlich nicht nur an die Privatkonsumentinnen und -konsumenten, sondern auch und vielleicht vor allem an den Senat: Bitte sorgen Sie dafür, dass weniger Fleisch auf die Teller in den öffentlichen Einrichtungen, Mensen, Kantinen und Cafeterien kommt und dies bitte aus artgerechter Haltung! Wenn wir nicht bei uns selbst anfangen, wird sich dieses System nicht verändern. – Danke!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Jahr 2013 ist aus verbraucherpolitischer Sicht gefühlt das Jahr der Lebensmittelskandale. Angefangen beim Pferdefleisch bis hin zu falsch deklarierten Eiern und verseuchten Futtermitteln hat man sich dieses ganze Jahr nur mit Lebensmittelskandalen beschäftigt. Auch wenn sich die Gesundheitsgefährdung zum Glück in Grenzen hält, wie sich mittlerweile herausgestellt hat, kann man nicht verleugnen, dass diese Skandale zu einer erheblichen Verunsicherung der Bevölkerung geführt haben und das in einem Bereich, der für jeden Menschen existenziell ist, denn Essen müssen wir schließlich alle.
Gerade weil Ernährung ein solch sensibler Bereich ist, müssen die Ursachen und die Verantwortlichkeiten der jüngsten Skandale klar benannt werden. Ich benenne es jetzt auch einfach einmal als das, was es ist! Bei diesen Skandalen, die ich gerade aufgezählt habe, handelt es sich nicht um ein Versehen, nicht um Hygieneverstöße, die durchaus einmal vorkommen können, auch wenn sie es nicht sollen, sondern hier wird eine erhebliche kriminelle Energie an den Tag gelegt, um Menschen, Verbraucherinnen und Ver––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Was ist zu tun? Jetzt komme ich auch zu dem, was Frau Grobien an unserem Antrag kritisiert hat. Was wir als Erstes tun müssen, ist, dass wir überhaupt erst einmal etwas unternehmen. Schauen Sie sich einmal genau an, wie dieser Aktionsplan aufgebaut ist! Darin stehen in vier von zehn Punkten wieder nur Prüfaufträge und das in Bereichen – dies müssten Sie, Frau Grobien, auch wissen –, in denen die Diskussion schon deutlich weiter ist. Die erweiterten Sanktionsmöglichkeiten, beispielsweise die Abschöpfung von Gewinnen, die durch Täuschung erzielt worden sind, sind ein Thema, das seit Jahren herauf- und herunterdiskutiert wird. Eigentlich wären diese Lebensmittelskandale einmal der Anlass gewesen zu sagen, wir schreiben nicht nur einen Prüfauftrag, sondern wir bemühen uns als Bundesregierung, jetzt endlich dafür die gesetzliche Grundlage zu schaffen.
Gleiches gilt für das Eigenkontrollsystem, bei dem es darum geht, die Täuschung und die Irreführung von Verbraucherinnen und Verbrauchern genauso wie die Hygieneverstöße endlich einmal verstärkt aufzunehmen. Auch dieser Punkt steht in dem Aktionsplan, der unter der Federführung Ihrer Verbrauchschutzministerin gestartet worden ist, wieder nur als Prüfauftrag. Dies genügt uns nicht. Deswegen haben die Grünen gemeinsam mit der SPD-Fraktion gesagt, wir wollen, dass nicht nur geprüft wird, sondern dass die Bundesregierung endlich einmal Farbe bekennt und sagt, das machen wir jetzt.