Protocol of the Session on January 28, 2010

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der 31. Jahresbericht des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit liegt uns vor, den diskutieren wir, das hat Frau Troedel schon gemacht. Vorab: Heute ist der 28. Januar, der sogenannte Europäische Datenschutztag, den wir seit vier Jahren begehen. Dieser Europäische Datenschutztag geht zurück auf eine Initiative des Europarates von 1985, wenn ich es richtig recherchiert habe. Warum ist dieser Tag entwickelt worden? Dieser Tag ist entwickelt worden nach der Unterzeichnung der Konvention 108 des Europarates, und mit dieser Konvention verpflichten sich die unterzeichnenden Staaten, Datenschutz ernst zu nehmen und mit sensiblen personenbezogenen Daten bei automatischer Verarbeitung vernünftig umzugehen. Also ein wichtiger Tag, den wir heute haben, und dass wir die Diskussion heute führen, ist eine gute Planung, vielen Dank dafür!

(Beifall bei der SPD)

Allgemeine Bemerkungen: Datenschutz hat Konjunktur! Deutsche Telekom, Deutsche Bahn, LIDL, Schlecker, die Anzahl der Skandale in der privaten Wirtschaft kann beliebig ausgeweitet werden, aktuell Ermittlungen gegen die Schlecker-Tochter „Ihr Platz“ durch den niedersächsischen Datenschutzbeauftragten. Das alles zeigt, gerade im privaten Bereich besteht Handlungsbedarf.

(Beifall bei der SPD)

Das heißt, hier hat die neue Bundesregierung noch viel Gelegenheit, sich einzubringen. Einige Sachen sind im letzten Jahr schon verändert worden mit der Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes, aber hier

ist noch eine Menge zu tun, ich sage nur das Stichwort: Arbeitnehmerdatenschutz.

(Beifall bei der SPD)

Das Verhalten von solchen Privatfirmen, die Mitarbeiter überwachen und bespitzeln, ist für uns Sozialdemokraten so nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Hier muss gegengesteuert werden, und man muss auch überlegen, ob der Strafrahmen durch Bußgeld ausreichend ist oder ob man andere Maßnahmen ergreifen muss, damit solche Vorkommnisse abgeschafft werden.

Jetzt kurz zum Bericht, Frau Troedel hat die wesentlichen Elemente genannt, und der Kollege Richter ist auch auf einige Sachen eingegangen! Für uns Sozialdemokraten gibt es drei Sachen, die ich noch kurz anreißen möchte: Einmal die Übermittlung der Meldedaten, hier besteht das Problem, dass nach der Föderalismuskommission jetzt ein Bundesgesetz gemacht werden muss. Hier erwarten wir als SPD-Fraktion, dass dort endlich Bewegung hineinkommt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Zweiter Punkt, für uns auch ganz wichtig, auch immer wieder auf der Tagesordnung! Stichwort Dataport: Die Zentralisierung, die Zusammenführung von IT-Verfahren ist sinnvoll, aber die Sicherheit darf dann nicht auf der Strecke bleiben. Wenn es so ist, dass wir in Bremen höhere Standards haben möchten als zum Beispiel die Kollegen aus Hamburg, dann dürfen wir uns an der Stelle nicht zurücklehnen und uns dort auf ein niedriges Niveau bringen lassen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dann eine Sache, die ich sehr interessant fand, und auch vielen Dank, dass das von Frau Dr. Sommer angesprochen worden ist: die Sache mit den Fotokopierern! Fotokopierer benutzt heute jeder, die wenigsten sind sich darüber im Klaren, dass die Systeme heutzutage Computer sind. Das bedeutet, alles, was man fotokopiert, kann später abgerufen werden. Es gab dort einen Bericht bei „buten un binnen“, vielen Dank dafür, dass Sie das so aufgenommen haben! Das bedeutet, jemand aus dem Wartungsdienst kann dann ohne große Probleme alles das, was fotokopiert worden ist, abrufen, also gerade für Arztpraxen oder Anwaltskanzleien ist das ein Sicherheitsleck erster Güte.

Zum Schluss noch einige allgemeine Anmerkungen Richtung FDP! Bei der FDP haben wir ja meh

rere Themen. Thema Nummer 1: Steuersenkungen, Thema Nummer 2: Gewoba-Verkauf, Thema Nummer 3 – darauf möchte ich kurz eingehen! – war im Wahlkampf Bürgerrechte, wir sind die Bürgerrechtspartei, wir sind die Datenschutzpartei! Da bitte ich, Herr Richter, dass Sie das vielleicht einmal mit nach Berlin nehmen, dass das Erste schon zu einem Misserfolg wurde, ich sage nur SWIFT-Abkommen! Dort hätte sich die FDP wunderbar positionieren können, und ich möchte mit Erlaubnis der Präsidentin an dieser Stelle ein Zitat aus dem „Handelsblatt“ bringen, Online-Ausgabe, also auch keine Vorfeldorganisation der SPD! Das „Handelsblatt“ schreibt am 1. Dezember 2009: „Westerwelle fällt um! Dass die Wahlversprechen der FDP eine kurze Halbwertzeit haben, ist mittlerweile hinlänglich bekannt, aber dass sie gleich beim ersten Härtetest wie ein Kartenhaus zusammenbrechen, ist doch bemerkenswert! Als Partei der Bürgerrechte und des Datenschutzes“ – das hat damit zu tun, Kollege Strohmeier –

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Bitte hier kei- ne Kommission! – Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Der Name ist nicht richtig übermit- telt worden!)

Strohmann, Entschuldigung! – „hat der FDP-Chef Guido Westerwelle die Liberalen im Wahlkampf präsentiert, als Partei der Umfaller und Wegducker hat sie sich gestern in Brüssel entpuppt.“ Das also nur zu dem, der durch die Gegend läuft und sagt, Datenschutz, Bürgerrechte sind für uns wichtige Themen. Auch an die Adresse: Nehmen Sie es mit nach Berlin!

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN – Zuruf von der FDP)

Frau Motschmann, eine Sache finde ich nicht besonders gut: Erst einmal der Satz „Datenschutz ist Täterschutz“, das kann man so nicht stehen lassen. Das ist, glaube ich, vom ehemaligen CSU-Innenminister Zimmermann gekommen, das sollte man eigentlich nicht mehr so verwenden,

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN – Zuruf von der CDU: Warum nicht?)

und mir ist eine Datenschützerin, die hochsensibel ist und am Anfang erst einmal Probleme ausleuchtet und anspricht, sehr viel lieber als eine Datenschützerin, die sich wegduckt und nichts macht.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis90/Die Grünen und bei der LINKEN – Abg. R o h - m e y e r [CDU]: Die Tankstellenräuber, ja!)

Deswegen unterstützen wir als SPD-Fraktion das Vorgehen an dieser Stelle, und in diesem Zusammen

hang hätte diese Bemerkung nicht nötig getan. Es sind doch jetzt Verfahren gefunden worden, das war nicht notwendig. Datenschutz ist wichtig, und deswegen, liebe Frau Dr. Sommer, lieber einmal mehr warnen, lieber einmal mehr einen Streit riskieren, als alldem aus dem Wege zu gehen!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN – Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

Vielen Dank für Ihr Vorgehen an dieser Stelle! Damit bin ich am Ende meiner Rede, vielen Dank! Einen Wunsch habe ich noch: An diesem Europäische Datenschutztag, ich weiß nicht, wer von Ihnen das wusste, (Glocke)

wäre es wunderbar, wenn wir es hinbekommen, im nächsten Jahr dazu irgendwelche Veranstaltungen zu haben, wie es auch andere Bundesländer machen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Troedel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte trotz der ausführlichen Darstellung der Vorsitzenden des Medienausschusses auf ein paar Punkte eingehen, die aus unserer Sicht noch einmal erwähnenswert sind! Ich beginne aber mit dem, was der Kollege Hamann ganz am Schluss gesagt hat: Es ist auch uns sehr wichtig, Frau Dr. Sommer, dass Sie uns allen, unabhängig von Partei, Fraktion, Geschlecht, Alter, in Sachen Datenschutz auf unsere politischen Hühneraugen treten. Im Vorgriff zu einer guten Diskussion zu kommen oder einem besseren Ergebnis, ist sinnvoller, als im Nachgang als Landesdatenschutzbeauftragte hinzugezogen zu werden, um Schaden zu begrenzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aus unserer Sicht: Machen Sie weiter so!

Die Veränderung von Entwicklung – und eine Entwicklung kann man es nicht nennen – vom Überwachungsstaat zur Überwachungsgesellschaft ist vollzogen. Der Sammelleidenschaft an einigen Punkten – das ist sowohl im Bericht als auch in Beiträgen noch einmal deutlich geworden – vom Innenministerium musste durch das Bundesverfassungsgericht deutlich Einhalt geboten werden. In der Wirtschaft ist dieser Schritt noch nicht gelungen, ganz im Gegenteil, wie uns in der letzten Zeit mit mehreren Skandalen und Erklärungen deutlich wurde. Vom lebhaften Handel mit Adressen, der Überwachung von Arbeitnehmer

innen und Arbeitnehmern über die Durchleuchtung eines Gesundheitsprofils durch Arbeitgeber bis zur sogenannten Profilbildung von Bürgerinnen und Bürgern: Verstöße gegen den Datenschutz zuhauf! Negativbeispiele sind schon genannt worden – aber ich finde, sie müssen immer wieder genannt werden –, LIDL, Daimler, Postbank, Finanzberatung, Die Bahn, Telekom, Edeka und noch ein paar Läden mehr. Die Sanktionen wegen dieser Verstöße scheinen nicht zu greifen, die Geldstrafen werden einmal eben aus der ganz kleinen Portokasse bezahlt. Hier sind Überlegungen angesagt, dass die Verantwortlichen empfindlich und wirksam wegen Datenschutzdelikten bestraft werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Doch schauen wir in Bremens Verwaltung – Selbstkritik ist ja auch angebracht – einmal etwas genauer nach: Active Directory, die Modernisierung des EMail Systems, birgt eine Reihe von datenschutzrechtlichen Fragen. Durch die Umstellung der Technik bekommen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von BREKOM einen uneingeschränkten Zugriff auf Behördendaten, das heißt, auf Daten von Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt, und bei der BREKOM sind durch Fehlkonfigurationen ja bereits Datenpannen passiert. Dasselbe gilt für die Fernwartung durch externe Organisationen: Wer darf die Fernwartung durchführen, und wer hat dadurch Zugriff auf sensible und persönliche Daten? Wie soll verhindert werden, dass diese Daten weitergegeben werden? Die Liste lässt sich fortsetzen von Unfalldatenschreibern bei den Rettungsdiensten, die Verhaltensanalysen bei den Beschäftigten ermöglichen, bis zu fehlgeleiteten Schreiben mit Strafvollstreckungserinnerungen. Wie soll mit den Daten von Jugendlichen umgegangen werden, die auffällig geworden sind? Dürfen Elternvertretern und -vertreterinnen in Schulen diese sensiblen Daten bekannt gemacht werden? Auch muss offensichtlich auf Datenschutzverstöße bei der BAgIS und der Arge ein Augenmerk gerichtet werden.

Der Senat hat dafür Sorge zu tragen, dass die Zusammenarbeit zwischen der Datenschutzbeauftragten und diesen Institutionen erheblich verbessert wird. Die Liste der Auffälligkeiten ist lang; für Frau Dr. Sommer ist im Land Bremen noch sehr viel zu tun. Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass hier mittelfristig eine personelle Aufstockung um mindestens eine Vollzeitstelle für den Datenschutz eingerichtet werden soll.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben auf der einen Seite unseren rechtlichen Auftrag und auf der anderen Seite Kolleginnen und Kollegen, die in die Lage versetzt werden müssen umzusetzen, was sowohl der Medienausschuss als auch die einzelnen Fraktionen in Auftrag gegeben

haben. Das muss auch bewältigt und im Sinne der Betroffenen erledigt werden. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Öztürk.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren! Es wurde viel gesagt, und ich möchte an der Stelle im Namen meiner Fraktion der Landesdatenschutzbeauftragten, der Ausschussassistenz und den Ausschussvorsitzenden und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die an diesem Bericht mitgewirkt haben, Dank sagen.

(Beifall)

Einen ganz besonderen Dank möchte ich auch einem Abgeordneten zukommen lassen, ohne den der Datenschutz im Medienausschuss nie hätte behandelt werden können: ein riesengroßes Dankeschön an den Abgeordneten Schildt!

(Beifall)

Ich möchte an der Stelle im Namen meiner Fraktion darauf hinweisen, dass wir hinter dem Bericht des Ausschusses stehen und alles, was dort gesagt wurde, unterschreiben, weil wir da als Ausschuss gemeinsam agieren. Frau Motschmann nickt auch, anders hatte ich es auch nicht gemeint. Wenn ich aber gerade Ihren Namen erwähne, Frau Motschmann, würde ich gern auf eine kleine Kritik kommen, die Sie eben erwähnt haben! Der Slogan, der hier vor zwei Tagen auch schon gefallen ist, Datenschutz ist Täterschutz, stammt in der Tat aus einer politischen Zeit der Innenpolitik in Deutschland, die ich für sehr kontrovers halte, weil der – –.

(Abg. Frau M o t s c h m a n n [CDU]: Da- tenschutz soll kein Täterschutz sein, das woll- te ich sagen!)

Ja, ich möchte auch noch einmal darauf hinaus, Frau Kollegin! Es ist immer höchst schwierig, mit diesen Begriffen zu hantieren, weil diese Güterabwägung, dass man auf der einen Seite sagt, Datenschutz darf nicht so weit gehen, dass er in andere Bereiche eindringt, auf der anderen Seite kann man aber nicht sagen, die Polizei oder gewisse Behörden sollen alle möglichen Freiheiten haben, sondern ganz besondere Freiheiten haben, um den Datenschutz umgehen zu können. Das, denke ich, ist nicht im Interesse der grünen Fraktion; es ist aber auch nicht im Interesse ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.