Meine Damen und Herren, ich bitte doch, dem Abgeordneten Tittmann in den letzten Minuten mehr Aufmerksamkeit zu zollen!
„Terror am Arbeitsplatz! Schon zehntausend Bremer leiden darunter.“ Dass Ihnen das egal ist, das glaube ich!
2002: „Jeder neunte Mitarbeiter ist in seiner Berufslaufbahn schon einmal belästigt worden. Belästigung ist kein Randphänomen der Arbeitswelt. Aktuell sind in Deutschland 2,7 Prozent, also über 800 000 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, von Belästigung betroffen.“ Das geht aus einer repräsentativen Studie für die Bundesrepublik Deutschland hervor, meine Damen und Herren. Wenn Sie das so lustig finden, dann tun Sie mir Leid. Wie Sie ersehen können, kann jeder Arbeitnehmer, jede Arbeitnehmerin, Schüler, Schülerin Opfer einer derartigen Belästigung werden. Dem muss dringend, auch gesetzlich, begegnet werden. Darüber hinaus gibt es viele andere Möglichkeiten, Belästigung zu unterbinden, zum Beispiel an Schulen, indem man das Thema Belästigung, Terror und Gewalt – Gewalt an Schulen ist ein sehr gutes Thema – in Konferenzen, Klassenzimmern, im Lehrerzimmer, an Elternabenden oder an Projekttagen immer und immer wieder anspricht und diskutiert und geeignete Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen umsetzt. Auch am Arbeitsplatz sollten alle Beschäftigten für das Problem Belästigung und Terror am Arbeitsplatz sensibilisiert werden. Es müssen unabhängige Anlaufstellen für die Beschäftigten in Bezug auf Terror und Belästigung am Arbeitsplatz in allen Betrieben eingerichtet werden. Umfang und Art des Problems müssen untersucht werden, und selbstverständlich muss auch die Vertraulichkeit gewahrt bleiben und viele Dinge mehr. Sie sehen, meine Damen und Herren, hier ist also dringender Handlungsbedarf erforderlich. Nun bin ich auch schon sehr auf das Abstimmungsverhalten der SPD-Gewerkschaftsmitglieder gespannt. Wenn Ihnen die vielen Belästigungen und das schlimme Schicksal vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht egal sind, dann stimmen Sie diesem Antrag der Deutschen Volksunion zu!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Tittmann, es wird wohl niemand bestreiten, dass es die von Ihnen geschilderten Phänomene am Arbeitsplatz und in der Schule wirklich gibt.
Allerdings glaube ich, dass die Betroffenen etwas anderes brauchen als Ihre Ausführungen hier in der Bürgerschaft. Damit, dass Sie hier Ihre Tiraden abhalten, ist, glaube ich, keinem am Arbeitsplatz wirklich geholfen.
Es kommt hier auch weniger darauf an, neue gesetzliche Grundlagen zu schaffen oder die Verfassung zu ändern, sondern es kommt darauf an, wirkungsvollen Schutz für den Einzelnen in der konkreten Situation zu schaffen.
Ich denke, dass es da schon eine ganze Menge Ansatzpunkte gibt, und erinnere an die Programme zu der Streitschlichtung, zu einer Gewaltprävention in den Schulen. Ich weise darauf hin, dass Gewerkschaften und Betriebsräte für die Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen zuständig sind, die möglicherweise Opfer von solchen Belästigungen am Arbeitsplatz werden. Ich erinnere daran, dass es in vielen Betrieben auch Initiativen der Betriebsräte und der Gewerkschaften gegen diese Phänomene gibt. Besonders hervorheben möchte ich, dass es zum Beispiel bei Daimler-Chrysler in Bremen, wo eine sehr multinationale Belegschaft ist, immer wieder Initiativen gibt, um ausländerfeindliche Parolen zum Beispiel am Arbeitsplatz und in den Toiletten und Ähnliches zu entfernen.
Ich glaube, dass das sehr wichtige Ansatzpunkte sind. Diese Ansatzpunkte müssen ausgebaut werden, das, glaube ich, können die Betroffenen und ihre Organisationen auch natürlich mit Unterstützung der entsprechenden staatlichen Stellen, Möglichkeiten und Rechte allein, und dazu brauchen wir nicht Ihre Ausführungen, Herr Tittmann. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ziegert, Ihre Initiativen reichen bei weitem nicht aus, und den Arbeitnehmerinnen ist auch nicht mit leeren Worthülsen geholfen. Nach Erkenntnissen von Arbeitsmedizinern gehen zirka 40 Prozent der Belästigungen von Vorgesetzten aus.
Der gesamtwirtschaftliche Schaden, der sich aus schwacher Mitarbeiterbindung, hohen Fehlzeiten und niedriger Produktivität ergibt, beträgt sage und schreibe rund 220 Milliarden Euro. Die Rechtslage ist unklar, da sich Belästigung und Terror durch den Chef nur sehr schwer nachweisen lassen. Aus diesem Grund sollten Sie diesem Antrag der Deutschen Volksunion zum Wohle und Schutz vieler Beschäftigter zustimmen.
Nun frage ich Sie, Frau Ziegert: Muss ein Staat nicht zusammenbrechen, wenn ihm ein Schaden in Höhe von 220 Milliarden Euro jährlich zugefügt wird? Wenn man, wie Sie es selbst symbolisch in der letzten Sitzung gesagt haben, gewaltfreie Erziehung in der Landesverfassung gesetzlich verankern will, dann muss es doch wohl auch möglich sein, meinen
Antrag zur Änderung der Landesverfassung, Artikel 8, zum Schutz vieler Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Schüler ebenfalls zu ändern. Ein kluger Mann hat einmal gesagt: „Man kann nicht jeden lieben, aber niemand hat das Recht, einem anderen körperlichen oder seelischen Schaden zuzufügen.“ In diesem Sinne bitte ich Sie, diesem Antrag zuzustimmen!
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Beratung geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer das Gesetz zur Änderung der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen, Artikel 8, Recht auf Arbeit und freie Berufswahl, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Meine Damen und Herren, damit wären wir an das Ende unserer heutigen Tagesordnung gekommen. Ich bedanke mich, wünsche Ihnen noch einen nicht so arbeitsreichen Feierabend und schließe die Sitzung.